13. Urteil vom 7. Mai 1991 i.S. S. gegen Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
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Regeste
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Art. 33ter, 39 Abs. 2 und Abs. 3 AHVG, Art. 55ter AHVV, Art. 34quater Abs. 2 BV: Betrag des Zuschlages beim Rentenaufschub.
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Sachverhalt
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A.- Der am 7. November 1919 geborene Kurt S. meldete sich im April 1984 bei der Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber zum Bezug einer Altersrente an. Nachdem er sich über die Berechnungsgrundlagen seiner auf den 1. Dezember 1984 entstandenen Ehepaarrente hatte informieren lassen, entschloss er sich zum Aufschub, was die Verwaltung mit Formularschreiben vom 17. Dezember 1984 bestätigte.
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Am 14. September 1989 rief Kurt S. die Altersrente auf den 1. Dezember 1989 ab. Daraufhin sprach ihm die Ausgleichskasse ab diesem Datum eine ordentliche volle Ehepaar-Altersrente im maximalen Grundbetrag von Fr. 2'250.-- zu, welche im Hinblick auf die fünfjährige Aufschubsdauer um den höchstmöglichen Prozentsatz von 50%, somit um Fr. 1'125.-- auf Fr. 3'375.-- im Monat erhöht wurde (Verfügung vom 12. Oktober 1989).
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Bereits mit Schreiben vom 20. September 1989 hatte der Versicherte die Verwaltung ersucht, ihm "die Anpassung (der) aufgeschobenen Ehepaar-Altersrente (zahlbar ab 1. Dezember 1989) an den ab 1. Januar 1990 geltenden Rentenindex durch eine beschwerdefähige Verfügung bekannt zu geben". Am 12. Januar 1990 erliess die Kasse eine Verfügung, mit welcher sie die Rente ab anfangs 1990 neu auf Fr. 3'525.-- festsetzte, wobei sie den Grundbetrag von Fr. 2'250.-- gestützt auf die Verordnung 90 über Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV um 6,66% auf Fr. 2'400.-- erhöhte, den Zuschlag dagegen unverändert bei Fr. 1'125.-- beliess.
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B.- Beschwerdeweise beantragte Kurt S., die Ausgleichskasse habe auch den monatlichen Rentenzuschlagsbetrag auf den 1. Januar 1990 an die Lohn- und Preisentwicklung anzupassen. Mit Entscheid vom 21. Mai 1990 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde ab.
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C.- Kurt S. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das vorinstanzliche Rechtsbegehren erneuern.
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Während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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Die auf diese gesetzlichen Bestimmungen gestützte nähere Regelung des Rentenaufschubes findet sich in den Art. 55bis bis 55quater AHVV. Während Art. 55bis AHVV den Ausschluss vom Rentenaufschub und Art. 55quater AHVV die Aufschubserklärung und den Abruf der aufgeschobenen Rente ordnen, bestimmt Art. 55ter AHVV die Berechnung des Zuschlages beim Rentenaufschub. Dieser bemisst sich nach einem variablen, mit zunehmender Aufschubsdauer ansteigenden Prozentsatz des Grundbetrages. Er beläuft sich, je nach einer Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren, auf 8,4 bis 50,0%. Laut Abs. 2 Satz 1 von Art. 55ter AHVV gilt der massgebende Prozentsatz insbesondere für die einfache, die Ehepaar-Altersrente und die Zusatzrenten; Satz 2 bezeichnet als Bezugsgrösse für die Ermittlung des frankenmässigen Zuschlages jene Rente, die im Zeitpunkt des Abrufs beansprucht werden könnte. Massgebend ist also nicht der (in der Regel tiefere) Betrag im Zeitpunkt, da der Anspruch auf die Altersrente entstanden ist. Art. 55ter Abs. 3 AHVV bestimmt sodann, dass der so ermittelte Betrag des Zuschlages der Preis- und Einkommensentwicklung nicht angepasst wird.
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a) (Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates)
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b) Die Vorinstanz hat unter Bezugnahme auf BGE 98 V 257 Erw. 1 erwogen, der versicherungsmässige Gegenwert einer während der Aufschubszeit nicht bezogenen Rentenleistung lasse sich spätestens nach Ablauf der Aufschubszeit betragsmässig berechnen. Dieser Betrag bleibe in der Folge unverändert und werde insbesondere auch durch eine nach der Aufschubszeit eingetretene Preis- und Einkommensentwicklung nicht beeinflusst. Dagegen seien zwischen Aufschub und Abruf teuerungsbedingt eingetretene Erhöhungen der Rente insofern berücksichtigt, als nach Art. 55ter Abs. 2 Satz 2 AHVV für die Ermittlung des frankenmässigen Zuschlages jene Rente massgebend sei, die im Zeitpunkt des Abrufs beansprucht werden könnte. Es gebe grundsätzlich zwei Möglichkeiten, um dem Ansprecher den versicherungsmässigen Gegenwert der nichtbezogenen Rentenleistungen zukommen zu lassen. So könnte der gesamte zurückbehaltene Betrag dem Versicherten nach Ablauf der Aufschubszeit im Sinne einer Kapitalabfindung auf einmal bar ausbezahlt werden, bei welcher Lösung sich die Frage einer nachträglichen Anpassung dieser Summe an eine nach dem Zeitpunkt der Auszahlung eingetretene Teuerung gar nicht stellen könne. Die andere denkbare Lösung bestehe darin, dass die nichtbezogenen Renten im Zeitpunkt des Abrufs in einen nach versicherungsmathematischen Gesichtspunkten bemessenen monatlichen Zuschlag zur Grundrente umgewandelt würden. Bei einer solchen Lösung bestehe für den Versicherten in der Tat die Gefahr, dass im Falle einer erheblichen Teuerung der reale Wert des betragsmässig unverändert ausgerichteten Zuschlags zur Rente immer geringer werde. Dieses Risiko liege aber in der Natur der Sache begründet und müsse vom Versicherten hingenommen werden. Es sei im übrigen wesentlich geringer als das Risiko, das statistische Durchschnittsalter von Personen seines Jahrganges nicht zu erreichen und damit erheblich weniger an Renten zu beziehen, als dies dem versicherungsmässigen Gegenwert der aufgeschobenen Leistungen entsprechen würde. Würde aber das Risiko einer zukünftigen Teuerung berücksichtigt, so müsste der Zuschlag anfänglich jedenfalls geringer sein, weil der versicherungsmässige Gegenwert der nichtbezogenen Renten nicht überstiegen werden dürfe. Wenn sich nun der Verordnungsgeber in Art. 55ter AHVV für die Abgeltung des versicherungsmässigen Gegenwerts der nichtbezogenen Leistungen in Form eines betragsmässig unveränderten, der künftigen Lohn- und Preisentwicklung nicht mehr angepassten Zuschlages zur ordentlichen Altersrente entschieden habe, dann halte sich dies zweifellos innerhalb der Grenzen der dem Bundesrat vom Gesetz eingeräumten Befugnisse. Keinesfalls gehe es aber an, wie der Beschwerdeführer beantrage, auf dem ursprünglich berechneten fixen Zuschlag einen Teuerungsausgleich zu beziehen, würde doch auf diese Weise der kapitalisierte Wert des Rentenzuschlages den versicherungsmässigen Gegenwert der während der Aufschubszeit nichtbezogenen Renten mit der Zeit immer mehr übersteigen, was sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren lasse.
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c) Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 55ter Abs. 3 AHVV gehe über den dem Bundesrat in Art. 39 Abs. 3 AHVG eingeräumten Rechtsetzungsauftrag (einheitliche Festsetzung der Erhöhungsfaktoren für Männer und Frauen, Ordnung des Verfahrens, Ausschluss einzelner Rentenarten vom Aufschub) hinaus. Indem der Bundesrat zusätzlich zur Regelung der Erhöhungsfaktoren das Kriterium der Teuerung miteinbezogen habe, habe er sich über den Inhalt und das Ausmass der Delegationsermächtigung hinweggesetzt. Als Ausführungsverordnung dürfe Art. 55ter AHVV das Gesetz nur konkretisieren, von dessen Zielsetzung aber nicht abweichen. Beanstandet werde nicht das System der Bemessung des versicherungsmässigen Gegenwertes nach Art. 55ter Abs. 1 AHVV, sondern der Umstand, dass der versicherungsmässige Gegenwert der aufgeschobenen Renten der künftigen Lohn- und Preisentwicklung nicht angepasst werde, wodurch der zurückbehaltene Rentenbetrag bei jedem Teuerungsanstieg kaufkraftmässig an Wert verliere. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfolge durch die geforderte Teuerungsanpassung des Rentenzuschlages keine versicherungsmässige Leistungsverbesserung. Das dem Rentner durch den Aufschub zustehende Äquivalent bleibe versicherungsmässig auf dem Stand, den es am Ende der Aufschubszeit gehabt habe. Mit einer Teuerungsanpassung solle lediglich dieser Äquivalentwert erhalten werden, was der gesetzlich gewollten Regelung entspreche, wie sie auch für die Grundrente vorgesehen sei. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung gehe es ferner nicht an, dass der Versicherte, welcher die Rente aufschiebe und daher schon das Risiko eingehen müsse, das statistische Durchschnittsalter von Personen seines Alters nicht zu erreichen und damit erheblich weniger an Renten zu beziehen, als dies dem versicherungsmässigen Gegenwert der aufgeschobenen Leistungen eigentlich entsprechen würde, zusätzlich noch das Risiko der Kaufkraftminderung tragen solle.
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Ferner beruft sich der Beschwerdeführer auf Art. 34quater BV (angemessene Deckung des Existenzbedarfes, Anpassung der Renten mindestens an die Preisentwicklung) und Art. 33ter AHVG (Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung). Diese Bestimmungen würden den Bundesrat verpflichten, auch den Betrag des Zuschlages im Falle eines Rentenaufschubes (nicht nur den Rentengrundbetrag) der Preis- und Einkommensentwicklung anzupassen.
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d) Das BSV weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, der versicherungsmässige Gegenwert gemäss Art. 39 Abs. 2 AHVG bedeute die Summe der aufgezinsten, nichtbezogenen Renten und des sogenannten Sterblichkeitsgewinnes, wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 98 V 256 Erw. 1 entschieden habe (bestätigt in BGE 105 V 52 Erw. b). Das habe zur Folge, dass die Gesamtleistung, welche wegen des Aufschubes nicht sofort ausbezahlt werde, auf die verbleibende Rentenbezugsdauer aufzuteilen sei. Versicherte, welche ihre Rente aufschieben, würden dadurch nicht benachteiligt, da in den aufgeschobenen Leistungen ein Zinsertrag eingerechnet werde und bei Rentenabruf im Zuschlag enthalten sei. Zusätzlich umfasse der Zuschlag noch einen Anteil an den Beträgen, die infolge Hinschieds von Versicherten innerhalb der Aufschubsdauer nicht ausbezahlt worden seien. Mit dieser Regelung habe der Verordnungsgeber die ihm in Art. 39 AHVG eingeräumte Befugnis zur Festsetzung der Berechnungsregeln für den Aufschubszuschlag nicht überschritten.
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e) Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass zumindest in denjenigen Fällen, in denen einerseits während der Aufschubszeit keine Teuerung besteht, die Bemessungsregel des Art. 55ter Abs. 2 Satz 2 AHVV folglich nicht greift (vgl. Erw. 1 in fine), in denen anderseits eine steigende Lohn- und Preisentwicklung nach dem Abruf einsetzt, der nach Art. 55ter Abs. 1 AHVV ermittelte versicherungsmässige Gegenwert der nichtbezogenen Renten wirtschaftlich (kaufkraftmässig) weniger einbringt, als wenn der Versicherte in der Aufschubszeit über die Rente hätte verfügen können. Das hat denn auch das Verwaltungsgericht zutreffend eingeräumt. Selbst das BSV macht nicht geltend, dass den (den versicherungsmässigen Gegenwert darstellenden) Prozentzahlen des Art. 55ter Abs. 1 AHVV auch Faktoren zugrunde gelegt würden, welche eine nach Beendigung der Aufschubszeit eingetretene voraussichtliche Teuerung mitberücksichtigen.
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Obgleich somit nach der in Art. 55ter AHVV gewählten Konzeption im Falle einer nach dem Rentenabruf eintretenden oder fortwährenden Teuerung der versicherungsmässige Gegenwert der aufgeschobenen Renten an Kaufkraft verliert, liegt kein Verstoss gegen Art. 39 Abs. 2 und Abs. 3 AHVG vor; denn diese Grundsatz- und Delegationsbestimmungen verpflichten den Bundesrat offensichtlich nicht zur Einführung des geforderten Teuerungsausgleichs auf der Rentenzulage. Aber auch die übrigen angerufenen und einschlägigen Verfassungs- und Gesetzesnormen betreffend Rentenanpassung führen zu keinem anderen Ergebnis. Wohl schreibt Art. 34quater Abs. 2 BV vor, dass die im Rahmen der ersten Säule zu schaffenden AHV-Renten den Existenzbedarf angemessen decken sollen und mindestens der Preisentwicklung anzupassen sind, und in Art. 33ter AHVG hat der Bundesgesetzgeber diesen verfassungsmässigen Auftrag konkretisiert. Im Lichte dieses verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Erfordernisses, dass die AHV-Renten den Existenzbedarf angemessen decken sollen und in der Regel alle zwei Jahre der Lohn- und Preisentwicklung anzupassen sind, ist indessen eine aufgeschobene Rente anders zu beurteilen als eine laufende Rente. Der Rentenzuschlag bietet nur Ausgleich im Rahmen der während der Aufschubszeit herrschenden Verhältnisse, was hinsichtlich der nicht bezogenen Renten durch Art. 55ter Abs. 2 Satz 2 AHVV (Berechnung des Zuschlages aufgrund des Grundbetrages der Rente im Zeitpunkt des Abrufes) kaufkraftmässig hinreichend gewährleistet ist. Wenn der Versicherte die Rente aufschiebt, besteht von Verfassungs und Gesetzes wegen keine Verpflichtung, den versicherungsmässigen Gegenwert der aufgeschobenen Rente an die spätere Lohn- und Preisentwicklung in einer Zeit anzupassen, für welche der Versicherte den Rentenzuschlag nicht zwecks angemessener Deckung des Existenzbedarfes bezieht; hiefür steht ihm die für diese Zeit laufende Grundrente zur Verfügung, welche nach den Regeln des Art. 33ter AHVG und den Ausführungsbestimmungen periodisch an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst wird.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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