BGE 128 V 20 |
5. Urteil i.S. E. gegen IV-Stelle des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich I 334/01 vom 15. Februar 2002 |
Regeste |
Art. 34 Abs. 1 IVG: Anspruch auf eine Zusatzrente für den Ehegatten. |
- Ob der Arbeitgeber die Beitragsabrechnungs- und -zahlungspflicht erfüllt hat, ist für den Anspruch auf eine Zusatzrente unerheblich. |
Sachverhalt |
A.- Am 7. Mai 1999 meldete sich die 1943 geborene E. zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an unter Hinweis auf einen am 10. Mai 1997 erlittenen Unfall. Dabei gab sie an, dass sie in der Zeit von 1973 bis zum Unfall im Jahre 1997 im Betrieb ihres Ehemannes, im Elektro-Ingenieur-Büro X., als Büroangestellte gearbeitet und einen Verdienst von jährlich Fr. 20'000.- erzielt habe.
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Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die Verhältnisse ab, wobei sie unter anderem die Einsatzfähigkeit der Versicherten in Beruf und Haushalt feststellen liess und X. einen Fragebogen für den Arbeitgeber zusandte. Gestützt auf diese Unterlagen ermittelte sie nach der auf Teilerwerbstätige anwendbaren gemischten Methode einen Invaliditätsgrad von 71% und sprach der Versicherten mit Wirkung ab 1. Mai 1998 eine ganze Invalidenrente zu (Verfügung vom 9. April 2000).
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B.- Die von E. hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer Zusatzrente für ihren Ehemann wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 4. April 2001 ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt E. das Rechtsbegehren stellen, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese ihr zusätzlich zur Invalidenrente eine Zusatzrente für ihren Ehemann ausrichte.
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Während die IV-Stelle unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: |
1. Nach Art. 34 Abs. 1 IVG haben rentenberechtigte verheiratete Personen, die unmittelbar vor ihrer Arbeitsunfähigkeit eine Erwerbstätigkeit ausübten, Anspruch auf eine Zusatzrente für ihren Ehegatten, sofern diesem kein Anspruch auf eine Alters- oder Invalidenrente zusteht, wobei die Zusatzrente nur ausgerichtet wird, wenn der andere Ehegatte: a) mindestens ein volles Beitragsjahr aufweist; oder b) seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat. Der Bundesrat hat gestützt auf die ihm in Art. 34 Abs. 2 IVG eingeräumte Kompetenz die Bestimmung des Art. 30 IVV erlassen, wonach den erwerbstätigen Personen im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG gleichgestellt sind: a) Arbeitslose, welche Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen; b) Personen, die nach krankheits- oder unfallbedingter Aufgabe der Erwerbstätigkeit Taggelder als Ersatzeinkommen beziehen.
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a) Die Vorinstanz erwog, dass die Versicherte als Erwerbstätige im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG zu betrachten sei, wenn sie eine Entschädigung aus einem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag bezogen oder wenn sie erheblich mehr im Geschäft ihres Ehemannes mitgearbeitet habe, als dies ihr Beitrag an den Unterhalt der Familie verlange, und dafür von ihrem Ehemann eine Entschädigung im Sinne von Art. 165 Abs. 1 ZGB in Form von Barlohn bezogen habe. Eine gemäss dem übereinstimmenden Willensentschluss beider Eheleute entschädigungslos und damit unentgeltlich geleistete Mitarbeit eines Ehegatten im Geschäft des andern könne mit Blick auf die gesetzgeberische Absicht, mit der Zusatzrente einen Einkommenswegfall abzugelten, nicht als Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG verstanden werden. So gelte AHV-beitragsrechtlich gemäss Art. 5 Abs. 3 AHVG für mitarbeitende Familienmitglieder auch nur der Barlohn als massgebender Lohn. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Lohnzahlung von Fr. 20'000.- pro Jahr sei nicht belegt; erwiesen sei einzig, dass die letzten Einträge im Individuellen Konto aus dem Jahre 1966 datierten, was ein gewichtiges Indiz dafür darstelle, dass die Versicherte aus der Tätigkeit bei ihrem Ehemann keinen Barlohn erzielt habe, wäre sie bzw. ihr Ehemann als Arbeitgeber doch andernfalls ihrer AHV-Beitragspflicht nicht nachgekommen. Die Beschwerdeführerin mache denn auch weder geltend, sie habe einen jährlichen Barlohn von Fr. 20'000.- erzielt, noch bringe sie vor, dass sie gegenüber den Steuerbehörden Einkünfte aus eigener Erwerbstätigkeit deklariert habe. Mit ihrem Hinweis auf die Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 lit. b AHVG und ihren Ausführungen in der Replik habe die Beschwerdeführerin indirekt eingeräumt, dass sie kein abrechnungspflichtiges Einkommen ausbezahlt erhalten habe. Sei damit überwiegend wahrscheinlich, dass die Versicherte aus der Mitarbeit im Betrieb ihres Ehemannes keinen Barlohn bezogen habe, gelte sie nicht als erwerbstätig im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG.
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b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, in AHV-rechtlicher Hinsicht werde von einer Erwerbstätigkeit ausgegangen, sobald sich die Tätigkeit dahin gehend kennzeichne, dass eine wirtschaftliche Zielsetzung angestrebt werde. Für die im Betrieb des Ehegatten mitarbeitende Ehefrau könne die Qualifikation der Erwerbstätigkeit nicht abweichend (d.h. einschränkend) vorgenommen werden. Denn nach der Rechtsprechung sei eine Beitragspflicht auf den Entgelten gemäss Art. 165 Abs. 1 und 3 ZGB zu bejahen, und es sei verfehlt, zwischen dem Bezug eines Barlohnes und dem Erhalt von Naturalleistungen zu differenzieren. Bei Anwendung dieser allgemeinen Umschreibung der Erwerbstätigkeit ergebe sich, dass die von der Versicherten über Jahre hinweg erbrachte Arbeit als Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sei. Die Beschwerdeführerin sei offensichtlich und eindeutig mit dem Ziel tätig gewesen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen, habe sie doch umfangreiche Büroarbeiten erledigt, Telefonate mit den Architekten geführt, das gesamte Sekretariat geleitet und bei der Ausarbeitung von Submissionen mitgewirkt. Sodann habe sie eine Kollektivkrankenversicherung abgeschlossen mit einer festen Jahreslohnsumme von Fr. 20'000.-. In der Steuererklärung sei regelmässig der Doppelverdienerabzug vorgenommen worden. Der Arbeitgeber habe die Versicherte im entsprechenden, ihm von der IV-Stelle zugesandten Fragebogen als Arbeitnehmerin qualifiziert. Im Weitern sei der Invaliditätsgrad nach der gemischten Methode ermittelt worden. Die fehlende Entrichtung von AHV-Beiträgen lasse noch nicht darauf schliessen, dass keine Erwerbstätigkeit vorliege. Es sei im Übrigen eine Erfahrungstatsache, dass bei gemeinsam tätigen Ehegatten lediglich der eine die AHV-Beiträge abrechne, mit welchem Vorgehen im Übrigen nicht konkret Beiträge "gespart" würden, erhöhe sich doch durch die Tatsache, dass ein Barlohn nicht ausgewiesen sei, in entsprechendem Umfang die Beitragspflicht aus selbstständiger Erwerbstätigkeit des Ehemannes. Soweit die Vorinstanz auf den fehlenden Nachweis eines Barlohnes abstelle, führe dies zu einer unerträglichen, offensichtlich nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprechenden Schlechterstellung der Ehefrauen.
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c) In seiner Vernehmlassung führt das BSV aus, gestützt auf die Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 lit. b AHVG würden die im Betrieb ihres Ehegatten mitarbeitenden Versicherten in beitragsrechtlicher Hinsicht zwar gleich behandelt wie nichterwerbstätige Ehegatten von erwerbstätigen Versicherten (Art. 3 Abs. 3 lit. a AHVG); damit werde aber auch klar zum Ausdruck gebracht, dass die im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten gerade nicht zu den nichterwerbstätigen Ehegatten gehörten und ihre Mitarbeit vielmehr als Erwerbstätigkeit zu betrachten sei. Diese Auffassung entspreche der seit 1993 geltenden Verwaltungspraxis, wonach der Invaliditätsgrad der im Betrieb des Ehepartners mitarbeitenden Versicherten nach der gemischten Methode ermittelt werde, d.h. die Mitarbeit im Betrieb des Ehepartners wie die Ausübung einer Teilerwerbstätigkeit behandelt werde, wofür im Übrigen seit 1. Januar 2001 eine klare Regelung auf Verordnungsstufe (Art. 27bis Abs. 1 IVV) bestehe. Im Übrigen wäre es widersprüchlich, im Rahmen der Invaliditätsbemessung die Ausübung einer Teilerwerbstätigkeit zu bejahen und diese bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Zusatzrente zu verneinen. Die vorinstanzliche Auslegung widerspreche schliesslich auch dem gesetzgeberischen Willen, der gerade darin bestehe, mittels Zusatzrente ein Einkommen, das zum Familienunterhalt beigetragen habe, teilweise zu ersetzen. Es sei auch nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, nur dann eine Erwerbstätigkeit zu bejahen, wenn die versicherte Person ein AHV-beitragspflichtiges Erwerbseinkommen erzielt habe; vielmehr könnten auch im Ausland lebende Erwerbstätige, die unmittelbar vor ihrer Arbeitsunfähigkeit keine Beiträge entrichtet hätten, in den Genuss einer Zusatzrente kommen.
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Im Rahmen verfassungskonformer oder verfassungsbezogener Auslegung ist sodann, soweit mit den erwähnten normunmittelbaren Auslegungselementen vereinbar, rechtsprechungsgemäss der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, wobei der klare Sinn einer Gesetzesnorm nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung beiseite geschoben werden darf. Begründet wird die verfassungskonforme Auslegung hauptsächlich mit der Einheit der Rechtsordnung und der Überordnung der Verfassung. Da die neue Bundesverfassung am Stufenbau der landesinternen Rechtsordnung grundsätzlich nichts geändert hat (vgl. Art. 182 Abs. 1 BV), sind die Normen auch unter Geltung der neuen Bundesverfassung so auszulegen, dass sie mit deren Grundwerten übereinstimmen (BGE 126 V 97 Erw. 4b, 106 Erw. 3 Ingress, je mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).
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b) Der Wortlaut der Bestimmung des Art. 34 Abs. 1 IVG - "die [...] eine Erwerbstätigkeit ausübten", "si elles exerçaient une activité lucrative", "che [...] esercitavano un'attività lucrativa" - stimmt in allen drei Amtssprachen überein und setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch für den Anspruch auf eine Zusatzrente die Ausübung einer bezahlten beruflichen Arbeit voraus (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Aufl., Mannheim 1996, S. 461).
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Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne bedeutet der Begriff der Erwerbstätigkeit, wie er namentlich Art. 4 Abs. 1 AHVG (sowie den auf das AHVG verweisenden Art. 3 IVG und Art. 27 EOG) zu Grunde liegt, die Ausübung einer auf die Erzielung von Einkommen gerichteten bestimmten (persönlichen) Tätigkeit, durch welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht wird. Für die Beantwortung der Frage, ob Erwerbstätigkeit vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die betreffende Person subjektiv eine Erwerbsabsicht für sich in Anspruch nimmt. Diese muss vielmehr auf Grund der konkreten wirtschaftlichen Tatsachen nachgewiesen sein. Wesentliches Merkmal einer Erwerbstätigkeit ist sodann eine planmässige Verwirklichung der Erwerbsabsicht in der Form von Arbeitsleistung, welches Element ebenfalls rechtsgenüglich erstellt sein muss (BGE 125 V 384 Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, S. 19 f. Rz 1.33 und S. 66 ff. Rz 3.4 ff.; UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 28 ff.).
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Dieser AHV-rechtliche Begriff der Erwerbstätigkeit hat auch für andere Sozialversicherungszweige (nebst Invalidenversicherung und Erwerbsersatzordnung) Geltung, so namentlich für die Arbeitslosenversicherung (Art. 2 Abs. 1 lit. a und Art. 3 Abs. 1 AVIG; THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 24), die berufliche Vorsorge (Art. 2 und 3 BVG; Erw. 6 des Urteils L. vom 14. Dezember 1989 [Inhaltsangabe publiziert in SZS 1990 S. 181]; SZS 1997 S. 55 Erw. 3b) und die obligatorische Unfallversicherung (Art. 1 UVG und Art. 1 UVV [in der seit 1. Januar 1998 geltenden Fassung]; zur Rechtslage vor Inkrafttreten dieser Bestimmung: RKUV 1992 Nr. U 155 S. 251; FRÉSARD, L'assurance-accidents obligatoire, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 2). In das den Definitionen allgemeiner Begriffe gewidmete 2. Kapitel des (noch nicht in Kraft getretenen) Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; BBl 2000 5041 ff.) wurde der Terminus mittelbar über die Bestimmungen zu den "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern" (Art. 10 ATSG) und den "Selbstständigerwerbenden" aufgenommen (Art. 12 ATSG).
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Negativ ausgedrückt werden nach grammatikalischer Lesart von der Anspruchsberechtigung ausgeschlossen die Personen, die im massgebenden Zeitpunkt keiner (überprüfbaren) Erwerbstätigkeit - weder einer selbstständigen (Art. 8 ff. AHVG) noch einer unselbstständigen (Art. 5 ff. AHVG) - nachgingen, mithin die Nichterwerbstätigen (Art. 10 AHVG [unter Ausschluss der nicht dauernd voll Erwerbstätigen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Satz 3 AHVG in Verbindung mit Art. 28bis AHVV, welche bei Erfüllen der entsprechenden Voraussetzungen einzig beitragsrechtlich wie Nichterwerbstätige behandelt werden; vgl. hiezu BGE 115 V 174 Erw. 10d; KÄSER, a.a.O., S. 215 ff. Rz 10.1 ff.]).
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Im Wortlaut des Art. 34 Abs. 1 IVG findet die von der Vorinstanz getroffene Unterscheidung somit keine Stütze. Hätte der Gesetzgeber - entsprechend dem angefochtenen Entscheid - einzig die Erzielung eines Einkommens, das in Form von Barlohn ausbezahlt wird oder der Beitragspflicht unterliegt, genügen lassen wollen, wäre eine einschränkende Formulierung (vgl. für die zweite Variante beispielsweise Art. 2 Abs. 1 lit. a AVIG; NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 161) am Platze gewesen. Anzufügen bleibt, dass das kantonale Gericht, soweit es implizit annimmt, bei mitarbeitenden Familiengliedern unterliege nur der Barlohn der Beitragspflicht, von einer unzutreffenden Rechtslage ausgeht: Gemäss Art. 5 Abs. 3 AHVG gilt als massgebender Lohn für mitarbeitende Familienglieder nur der Barlohn: a) bis zum 31. Dezember des Jahres, in welchem sie das 20. Altersjahr vollendet haben; sowie b) nach dem letzten Tag des Monats, in welchem Frauen das 64. und Männer das 65. Altersjahr vollendet haben. Mit anderen Worten gehört für mitarbeitende Familienglieder innerhalb dieser Altersgrenzen - mithin auch für die Beschwerdeführerin - nicht nur der Barlohn, sondern auch der Naturallohn zum Beitragsobjekt (vgl. dazu auch KÄSER, a.a.O., S. 174 Rz 4.167 f.).
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Obwohl die grammatikalische Lesart somit für die von Beschwerdeführerin und BSV vertretene Auffassung spricht, darf der Auslegungsvorgang an diesem Punkt nicht abgebrochen werden, da der Wortlaut in allen drei sprachlichen Fassungen den von der Vorinstanz angenommenen Rechtssinn nicht geradezu ausschliesst.
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c) Zu der im Rahmen der 10. AHV-Revision im Grundsatz neu gefassten Regelung der Zusatzrente (Art. 34 Abs. 1 IVG) wird in der bundesrätlichen Botschaft vom 5. März 1990 (BBl 1990 II 1 ff.) ausgeführt, Ausgangspunkt der vorgeschlagenen, an das Kriterium der Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfenden Anspruchsregelung sei die Überlegung, dass ein Teil des von einem Versicherten erzielten Erwerbseinkommens für den Unterhalt der ehelichen Gemeinschaft bestimmt sei (Art. 163 ZGB). Der ganze oder teilweise Wegfall dieses Einkommensbestandteils werde durch die Zusatzrente abgegolten (BBl 1990 II 45). Da in den nachfolgenden parlamentarischen Beratungen hierüber, namentlich über den Begriff der Erwerbstätigkeit, nicht weiter diskutiert wurde (Amtl.Bull. 1993 N 216, 292; Amtl.Bull. 1994 S 554, 608; Amtl.Bull. 1994 N 1359), kann festgehalten werden, dass sich auch den Materialien keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Interpretation des Begriffes der Erwerbstätigkeit entnehmen lassen.
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d) In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass im Dritten Abschnitt ("Die Leistungen") des Ersten Teiles ("Die Versicherung") des IVG unter lit."C. Die Renten", "I. Der Anspruch", nicht nur die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Zusatzrente (Art. 34 IVG), sondern auch die Grundlagen der Invaliditätsbemessung (Art. 28 IVG; vgl. auch Art. 25 ff. IVV) geregelt sind, in welchen zwischen Erwerbstätigen, Nichterwerbstätigen und Teilerwerbstätigen unterschieden wird. Dabei werden die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeitenden Versicherten - worauf das BSV zu Recht hinweist - wie Teilerwerbstätige behandelt (Rz 2129 f. der bis 31. Dezember 1999 in Kraft gewesenen bundesamtlichen Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit [WIH] in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung; Rz 3106 f. des bundesamtlichen Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit [KSIH] in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung; Art. 27bis Abs. 1 IVV in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Diese neue Ordnung spricht im Rahmen der Auslegung dafür, diese Teilerwerbstätigkeit unter die Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG zu subsumieren.
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In der Frage, ob auch Versicherte, welche unmittelbar vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Beitragspflicht nicht unterliegendes Einkommen erzielten, als Erwerbstätige im Sinne des Art. 34 Abs. 1 IVG zu betrachten sind, führt das systematische Auslegungselement demgegenüber nicht weiter.
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e) Sinn und Zweck der in Art. 34 Abs. 1 IVG geregelten Zusatzrente besteht - wie bereits im Rahmen des historischen Auslegungselementes (Erw. 3c hievor) erwähnt - darin, den Wegfall des Einkommensbestandteils, der bisher zum Unterhalt der ehelichen Gemeinschaft beitrug (Art. 163 ZGB), finanziell aufzufangen. Diese Einkommenseinbusse besteht unabhängig davon, ob die versicherte Person für ihre Tätigkeit Bar- oder Naturallohn sowie ob sie der Beitragspflicht unterliegendes oder nicht unterliegendes Einkommen erzielte, sodass auch unter teleologischen Gesichtspunkten nichts für eine restriktive Interpretation des Begriffes der Erwerbstätigkeit spricht.
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f) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die erwähnten, normunmittelbaren Auslegungselemente die auf den Wortlaut des Art. 34 Abs. 1 IVG gestützte Auslegung bestätigen, wonach als Erwerbstätigkeit auch die nicht mit Bar-, sondern mit Naturallohn abgegoltene Arbeit im Betrieb des Ehegatten gilt, ebenso wie die Arbeit, mit welcher der Beitragspflicht nicht unterliegendes Einkommen erzielt wird. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Grundsätze der verfassungskonformen oder verfassungsbezogenen Auslegung gestützt, da die im angefochtenen Entscheid vorgenommene Gesetzesinterpretation zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen würde zwischen den im Betrieb des Ehepartners mitarbeitenden Versicherten mit Barlohn und denjenigen mit Naturallohn sowie zwischen den ein beitragspflichtiges Einkommen erzielenden Versicherten und denjenigen, auf welche dies nicht zutrifft.
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4. Wird Art. 34 Abs. 1 IVG im dargelegten Sinne verstanden, erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Zusatzrente für den Ehegatten. Denn auf Grund der von der Verwaltung im Hinblick auf die Ermittlung des Invaliditätsgrades getätigten Abklärungen (Bericht über die Einsatzfähigkeit in Beruf und Haushalt vom 22. November 1999; Fragebogen für den Arbeitgeber vom 10. Juni 1997) ist erstellt, dass die Versicherte eine auf die Erzielung von Einkommen gerichtete persönliche Tätigkeit ausübte, durch welche ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht wurde. Dass der Arbeitgeber auf dem von ihr erzielten Naturallohn keine Beiträge abrechnete und bezahlte, vermag an der Anspruchsberechtigung der Versicherten auf eine Zusatzrente für den Ehegatten indessen nichts zu ändern, ist doch nach richtiger Auslegung der Bestimmung des Art. 34 Abs. 1 IVG (Erw. 3 hievor) nicht einmal die Erzielung eines der Beitragspflicht unterliegenden Einkommens vorausgesetzt (vgl. auch BGE 113 V 352).
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