BGE 147 V 161 |
17. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ersatzkasse UVG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_268/2020 vom 19. April 2021 |
Regeste |
Art. 6 Abs. 1, Art. 18 und Art. 22 UVG; Art. 17 Abs. 1 ATSG; Revision der Invalidenrente der Unfallversicherung. |
Sachverhalt |
A. Die 1955 geborene A. war als Haushälterin in einem Privathaushalt angestellt, als sie am 29. September 1995 bei einem Auffahrunfall ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) erlitt. Da sie von ihrem Arbeitgeber nicht ordnungsgemäss unfallversichert worden war, anerkannte die Ersatzkasse UVG ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Insbesondere sprach sie der Versicherten mit Verfügung vom 14. Mai 2002 ab 1. Mai 2002 eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % und eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Einbusse von 35 % zu.
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Nachdem die Ersatzkasse UVG in einem Revisionsverfahren bei der Begutachtungsstelle Interdisziplinäre Begutachtungen Bern GmbH (IB-Bern) eine polydisziplinäre Expertise eingeholt hatte, hob sie die laufende Rente mit Verfügung vom 1. Oktober 2018 und Einspracheentscheid vom 9. Mai 2019 per 31. August 2018 auf.
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B. Die von A. hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 6. März 2020 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A., ihr sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides die bisherige Invalidenrente auch über Ende August 2018 hinaus auszurichten.
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Während die Ersatzkasse UVG auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 3 |
3.1 Die Zusprechung von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung setzt grundsätzlich das Vorliegen eines Berufsunfalles, eines Nichtberufsunfalles oder einer Berufskrankheit voraus (Art. 6 Abs. 1 UVG). Der Unfallversicherer haftet jedoch für einen Gesundheitsschaden nur insoweit, als dieser nicht nur in einem natürlichen, sondern auch in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum versicherten Ereignis steht ( BGE 129 V 177 E. 3 S. 181).
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3.4 Tritt nach einem Unfallereignis - aber unabhängig von diesem - eine Gesundheitsschädigung auf, welche für sich alleine zu einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit führt, so besteht selbst dann kein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Erwerbsunfähigkeit, wenn auch das Unfallereignis für sich alleine eine Erwerbsunfähigkeit verursacht hätte (sog. "überholende Kausalität", vgl. Urteile 8C_630/2007 vom 10. März 2008 E. 5.2 und SVR 2011 UV Nr. 5 S. 17 ff., 8C_474/2010 E. 4.3). Denkt man nämlich in jenen Fällen das Unfallereignis weg, so fiele die Erwerbsunfähigkeit nicht dahin.
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Erwägung 4 |
Erwägung 5 |
5.2.3 Ein Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung besteht nach Art. 18 Abs. 1 UVG, wenn die versicherte Person infolge des Unfalles - welcher sich vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters ereignet haben muss - zu mindestens 10 % invalid ist. Geprüft wird der Rentenanspruch nach Art. 19 Abs. 1 UVG in jenem Zeitpunkt, in dem von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen sind. Mit dem Rentenbeginn fallen die Taggeld- und unter Vorbehalt von Art. 21 UVG auch die Heilbehandlungsleistungen dahin. Der Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung besteht grundsätzlich lebenslang; allerdings werden die Renten jener versicherten Personen, die im Zeitpunkt des Unfalls älter als 45 Jahre waren, in Anwendung von Art. 20 Abs. 2ter UVG bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters gekürzt.
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5.2.5 Steht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, dass eine rentenberechtigte Person auch ohne den Unfall ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr länger erwerbstätig wäre, so besteht in Anwendung der allgemeinen Definition des natürlichen Kausalzusammenhanges (vgl. E. 3.2 hiervor) keine Kausalität zwischen dem Unfall und dem Erwerbsausfall mehr. Die hier entscheidende Frage, ob ein solcher Wegfall der Kausalität für die Invalidenrente nach UVG einen Revisionsgrund darstellt, hat der Gesetzgeber für den überaus häufigsten Fall, nämlich jenen der altersbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit, klar negativ beantwortet. Es würde diesem gesetzgeberischen Willen und der damit verbundenen Konzeption der unfallversicherungsrechtlichen Invalidenrente als lebenslange Rente zuwiderlaufen, wenn diese Frage in der hier interessierenden Konstellation, in dem die Erwerbsaufgabe auf einer nach dem Unfall und unabhängig von diesem aufgetretenen Krankheit beruhte, anders beantwortet würde. Die vorinstanzliche Auffassung, wonach die vollständige Erwerbsunfähigkeit aufgrund der unfallfremden entzündlich-demyelinisierenden Erkrankung des Zentralnervensystems der Beschwerdeführerin einen Revisionsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ATSG darstellt, verstösst demnach gegen Bundesrecht.
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5.3 Entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen kann somit ein Revisionsgrund nicht einzig aufgrund der 100%igen Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin wegen einer unfallfremden Erkrankung bejaht werden. Entsprechend ist die Beschwerde in dem Sinne teilweise gutzuheissen, als der kantonale Gerichtsentscheid aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen ist, damit es mit dieser Vorgabe über die Beschwerde neu entscheide. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
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