BVerwGE 72, 269 - Politische Verfolgung |
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen politisch motivierte Ausschreitungen Dritter dem Staat wegen Schutzversagung als eigene - mittelbar staatliche - politische Verfolgung zuzurechnen sind. |
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Folgewirkungen eines separatistischen Bürgerkriegs für die davon Betroffenen als asylbegründende politische Verfolgung anzusehen sind (hier entschieden für die Bürgerkriegsauseinandersetzungen in Sri Lanka). |
Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG |
Urteil |
Des 9. Senats vom 3. Dezember 1985 |
- BVerwG 9 C 33.85 - |
I. Verwaltungsgericht Stuttgart II. Verwaltungsgerichtshof Mannheim |
Die Kläger begehren als srilankische Staatsangehörige tamilischer Abstammung in der Bundesrepublik Deutschland Asyl, weil sie im Falle ihrer Rückkehr nach Sri Lanka (dem früheren Ceylon) politische Verfolgung befürchten. Auf die nach erfolglosem Verwaltungsverfahren erhobene Klage gab das Verwaltungsgericht ihrem Begehren statt. Die hiergegen vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten eingelegte Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Die Revision des Bundesbeauftragten hatte Erfolg.
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Aus den Gründen: |
Für die außerhalb des tamilischen Nordens gelegenen Gebiete Sri Lankas mit überwiegendem oder hohem singhalesischen Bevölkerungsanteil - im folgenden als singhalesische Siedlungsgebiete bezeichnet - nimmt das Berufungsgericht an, daß die dort lebenden Tamilen deshalb als politisch Verfolgte im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG anzuerkennen seien, weil ihnen als Gruppe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Wiederholung von Übergriffen drohe, denen die tamilische Bevölkerung während der Pogrome zwischen dem 24. Juli und dem 2. August 1983 durch singhalesische Volkszugehörige ausgesetzt gewesen sei. Dieser rechtliche Schluß wird ... von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen ...
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Politisch motivierte Verfolgungshandlungen Dritter sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der damit übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Staat als dessen eigene - mittelbar staatliche - politische Verfolgung nur dann zuzurechnen, wenn er "Einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt oder tatenlos hinnimmt und damit den Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er hierzu nicht willens oder nicht in der Lage ist" (BVerfGE 54, 341, 358; Urteil vom 2. August 1983 - BVerwGE 67, 317 [318]).
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Dafür, daß dem srilankischen Staat nach diesen Voraussetzungen für die vom Berufungsgericht in der Zukunft für wahrscheinlich gehaltenen Übergriffe privater Dritter eine asylrechtliche Verantwortlichkeit zugewiesen werden könnte, ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts kein Anhaltspunkt. Seine in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen darüber, daß der srilankische Staat während der Unruhen im Juli/August 1983 erst nach fünf Tagen wirksam gegen die Pogrome habe einschreiten können und sich daher als schutzunfähig erwiesen habe, sind schon deshalb für die vorliegende Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil sich allein aus dieser Rückschau nicht ergibt, daß und inwiefern Entsprechendes auch für die vom Berufungsgericht für die Zukunft erwarteten Übergriffe singhalesischer Volkszugehöriger auf Tamilen gilt.
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Abgesehen davon kann dem Berufungsgericht auch nicht in der seine Wertung der Ereignisse vom Juli/August 1983 tragenden Ansicht gefolgt werden, dem srilankischen Staat sei unter asylrechtlichen Gesichtspunkten vorzuwerfen, er habe damals der betroffenen tamilischen Bevölkerung aus Unfähigkeit den Schutz versagt. Das Berufungsgericht kommt zu dieser Annahme aus der Überlegung, die Frage, ob der Staat zum Schutze seiner Bürger vor politisch motivierten Übergriffen Dritter fähig sei, beantworte sich einerseits nach der Effektivität seiner Maßnahmen und andererseits nach der Zeitspanne, innerhalb deren der Staat gegenüber politisch motivierten Übergriffen einzugreifen in der Lage sei; im letzteren Fall erweise sich die Schutzunfähigkeit des Staates schon dann, wenn er Schutzmaßnahmen nicht in sehr kurzer Zeit "inswerksetzen" könne. Eine solche Differenzierung ist mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats jedoch nicht vereinbar. Im Urteil vom 30. Oktober 1984 - (BVerwGE 70, 232 [236 f.]) hat der Senat ausgeführt, daß dem Staat stets eine gewisse Zeitspanne zugebilligt werden müsse, um Übergriffen Dritter begegnen zu können, weil Gegenmaßnahmen - besonders bei spontanen und schweren Ausschreitungen - nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zur Wirkung gelangen könnten und die Effektivität staatlichen Schutzes mit steigendem Ausmaß der Übergriffe nicht zu-, sondern abnehme. Diese Erwägungen gelten nicht - wie das Berufungsgericht meint - nur für die Wirkung, sondern notwendigerweise ebenso auch für Organisation und die Einleitung von Gegenmaßnahmen.
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Aus den Feststellungen, die das Berufungsgericht mit Blick auf die zukünftige Entwicklung in den singhalesischen Siedlungsgebieten Sri Lankas getroffen hat, folgt überdies auch positiv, daß der srilankische Staat der tamilischen Bevölkerungsminderheit gegenüber zur Schutzgewährung willens und in der Lage ist. So hat das Berufungsgericht in Auswertung eines Berichtes der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Colombo vom 8. Januar 1985 festgestellt, die srilankische Regierung habe bei gegebener Besorgnis, daß es wieder zu Ausschreitungen der Singhalesen gegen ihre tamilischen Nachbarn kommen könne, wiederholt mit kurzfristig verhängten Ausgangssperren in vorwiegend singhalesischen Siedlungsgebieten reagiert. Sie habe damit Racheaktionen dort lebender Singhalesen entgegengewirkt, deren Familienangehörige im Norden und Osten des Landes Opfer terroristischer Anschläge von Tamilen geworden seien. Ferner hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Regierung öffentliche Garantien für die Sicherheit der in den singhalesischen Siedlungsgebieten lebenden Tamilen abgegeben habe. Die Bedeutung dieser Feststellung hat das Berufungsgericht zwar dadurch abgeschwächt, daß seiner Auffassung nach die Regierung sich nicht auf die Disziplin der Sicherheitskräfte verlassen könne. Dem kommt aber für die hier maßgebliche Frage nach der asylrechtlichen Verantwortlichkeit des srilankischen Staates deshalb keine Bedeutung zu, weil den übrigen Feststellungen des Berufungsgerichts nichts dafür zu entnehmen ist, daß an der Ernsthaftigkeit der Sicherheitsgarantien des srilankischen Staates und an ihrer prinzipiellen Wirksamkeit durchgreifende Zweifel bestünden. Das gilt um so mehr, als es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts trotz der seit 1983 erheblich vermehrten Spannungen seither in den singhalesischen Siedlungsgebieten nicht wieder zu pogromartigen Ausschreitungen gekommen ist, die nach Art und Umfang denjenigen des Jahres 1983 entsprechen würden.
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Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht die Feststellungen des Berufungsgerichts, nach denen der srilankische Staat Übergriffe in Einzelfällen nicht hat verhindern können ... Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß eine mittelbar staatliche Verfolgung wegen Schutzversagung nicht schon dann angenommen werden kann, wenn der Staat keinen lückenlosen Schutz vor politisch motivierten Übergriffen durch nichtstaatliche Stellen oder Einzelpersonen gewährleisten kann. Die Forderung nach einem derart lückenlosen Schutz ginge - in bezug auf politisch motivierte Ausschreitungen privater Dritter nicht anders als in bezug auf Übergriffe allgemein-krimineller Art - an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbei. Sie ist daher auch ungeeignet, die asylrelevante Verantwortlichkeit des Staates für das Handeln nichtstaatlicher Stellen und Einzelpersonen zu begründen (Urteil vom 2. August 1983 - a.a.O. S. 320).
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Bei zutreffender rechtlicher Betrachtung ist nach alledem davon auszugehen, daß die Feststellungen des Berufungsgerichts seinen rechtlichen Schluß nicht zu tragen vermögen, die von ihm für die Zukunft in den singhalesischen Siedlungsgebieten für wahrscheinlich gehaltenen Übergriffe von Singhalesen gegen Tamilen müßten als mittelbar staatliche politische Gruppenverfolgung, d. h. als eine jedem einzelnen Tamilen drohende politische Verfolgung zur Anerkennung der betroffenen Kläger als Asylberechtigte führen. Da sich dabei aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt, daß der srilankische Staat nicht nur willens, sondern auch prinzipiell in der Lage ist, den unter asylrechtlichen Gesichtspunkten zu fordernden Schutz zu gewähren, sieht der Senat keinen Anlaß, in der vorliegenden Sache auf die im rechtswissenschaftlichen Schrifttum neuerdings geäußerte Kritik an der Ansicht einzugehen, eine mittelbar staatliche politische Verfolgung könne auch dann in Betracht kommen, wenn der Staat zur Schutzgewährung nicht in der Lage, zu ihr also "unfähig" sei (Randelzhofer in: Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, RdNr. 61 und 62 zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2, Quaritsch, Recht auf Asyl, 1985, S. 99).
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Für den tamilischen Norden ... liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht andere Voraussetzungen vor. Ihre rechtliche Würdigung kann jedoch ebenfalls nicht zur Anerkennung der davon betroffenen Kläger als Asylberechtigte führen.
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Im tamilischen Norden hat die nach 1983 in Sri Lanka allgemein eingetretene Verhärtung der Fronten zwischen Singhalesen und Tamilen zu einer Verschärfung der terroristischen Aktivitäten der tamilischen Befreiungsbewegung geführt, die aus meist jugendlichen Tamilen besteht und vom südindischen Bundesstaat Tamil Nadu aus unterstützt wird, in dem 50 Millionen Tamilen leben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Befreiungsbewegung das Ziel, einen unabhängigen Tamilenstaat "Eelam" auf dem Gebiet des tamilischen Nordens und dreier für den Tamilienstaat ebenfalls reklamierter Bezirke im Osten der Insel "herbeizuschießen". Die Befreiungsbewegung operiert durch sieben selbständige Terroristenorganisationen, die militärsich gut organisiert und ausgebildet sind, nach Guerilla-Taktik vorgehen und sich zur Einschüchterung auch gegen eigene Landsleute wenden. Auf der anderen Seite hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die srilankische Regierung Armeeinheiten in Stärke von rund 50 000 Mann und Polizeieinheiten in Stärke von rund 12 000 Mann im tamilischen Norden stationiert. Die Auseinandersetzungen zwischen den ganz überwiegend aus Singhalesen bestehenden Sicherheitskräften und der tamilischen Befreiungsbewegung haben nach der Bewertung des Berufungsgerichts seit den von den Separatisten im März und im November 1984 gestarteten Offensiven die Ausmaße eines Bürgerkriegs erreicht. Die durch Überfälle sowie durch Minen- und Bombenanschläge verunsicherten, häufig unter Alkohol stehenden staatlichen Sicherheitskräfte reagieren mit unsystematischen Zerstörungen an Häusern und Ortschaften sowie mit wahllosen Vergeltungsschlägen gegen die tamilische Bevölkerung, unter der eine hohe Zahl an Todesopfern zu beklagen ist ...
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Von asylbegründender Bedeutung sind diese Maßnahmen jedoch deshalb nicht, weil ihnen unter den hier vom Berufungsgericht festgestellten Voraussetzungen eines separatistischen Bürgerkriegs die politische Motivation im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG fehlt. Nach dieser Vorschrift ist eine Verfolgung politisch dann, wenn sie nach ihrer Motivation auf die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder die politische Überzeugung der Betroffenen zielt (Urteil vom 17. Mai 1983 - BVerwGE 67, 184).
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An einer derartigen Motivation des staatlichen Handelns fehlt es hier. Mit dem Einsatz seiner Sicherheitskräfte verfolgt der srilankische Staat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die unparteiische Erfüllung eines "Ordnungsauftrages". Er ist in der im Norden Sri Lankas herrschenden Bürgerkriegssituation vielmehr parteiischer Gegner. Auf die separatistischen Bestrebungen und die terroristischen Gewaltaktionen der tamilischen Befreiungsbewegung reagiert er mit dem Ziel, durch die Stationierung und den Einsatz seiner Sicherheitskräfte seine staatliche Einheit und seinen territorialen Bestand zu wahren. Solche auf die staatliche Herrschaftssicherung gerichteten Maßnahmen eines Staates stellen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht schon für sich allein politische Verfolgung dar (vgl. z. B. Urteil vom 8. Mai 1984 - BVerwG 9 C 161.83 - Buchholz 402.25 § 1 Nr. 21 S. 55/56). Gerade ein Mehrvölkerstaat wird in besonderem Maße auf die Sicherung seiner staatlichen Einheit und seines Gebietsbestandes bedacht sein und dieses Ziel auch durchsetzen dürfen, ohne die hiervon Betroffenen notwendigerweise im asylrechtlichen Sinne politisch zu verfolgen (Urteil vom 17. Mai 1983 - BVerwGE 67, 195, 200 f.). An Gründen, aus denen die hier zur Rede stehenden Maßnahmen des srilankischen Staates zur Herrschaftssicherung zugleich auch als politische Verfolgung gelten könnten, fehlt es nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts.
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Richtig ist zwar, daß sich - wie das Berufungsgericht feststellt - der Einsatz und die Maßnahmen der Sicherheitskräfte im Norden des Landes "gezielt gegen die Angehörigen der tamilischen Bevölkerung" richten. Damit ist aber unter den hier gegebenen Verhältnissen nicht auch festgestellt, daß die tamilische Bevölkerung dort aus rassischen und damit aus politischen Gründen im Sinne des Asylrechts verfolgt wird. Bei zutreffender rechtlicher Betrachtung ergibt sich vielmehr, daß sich der Einsatz der srilankischen Sicherheitskräfte gegen den tamilischen Bürgerkriegsgegner und seine separatistischen Bestrebungen richtet, nicht aber gegen die Tamilen aus rassischen Gründen. Die staatlichen Maßnahmen dienen - anders ausgedrückt - nicht der Verfolgung der Tamilien um ihrer ethnischen personalen Merkmale willen, sondern gelten ihnen deshalb, weil sie selbst oder ihre militanten Kampforganisationen in ihrem Namen die Staatsgewalt aktiv bekämpfen und in den Ausmaßen eines Bürgerkriegs die staatliche Einheit mit gewaltsamen Aktionen in Frage stellen. Aus diesem Grunde kann dem Berufungsgericht auch nicht in der Ansicht gefolgt werden, daß in der von ihm festgestellten separatistischen Bürgerkriegssituation unterschieden werden könne zwischen den "kämpfenden Bürgerkriegsparteien" und der tamilischen "Zivilbevölkerung" und daß jedenfalls die gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Maßnahmen der srilankischen Sicherheitskräfte als rassisch und damit politisch motiviert anzusehen seien. Überdies trägt diese Annahme des Berufungsgerichts auch nicht seinen Feststellungen über die von der tamilischen Befreiungsbewegung und ihren Terroristenorganisationen geübte Guerilla-Taktik Rechnung. Diese ist - wie sich sowohl unmittelbar aus diesem Begriff als auch aus dem übrigen Zusammenhang der berufungsgerichtlichen Feststellungen ergibt - dadurch gekennzeichnet, daß die Terroristenorganisationen weitgehend vom Untergrund aus und unter Einbeziehung der Zivilbevölkerung operieren, die für die eigentlichen Kampforganisationen zumindest die - erforderlichenfalls durch Einschüchterungen gefügig gemachte - Einsatzbasis darstellt und daher in der Regel auf eine für den Bürgerkriegsgegner nicht näher auszumachende Weise in das Kampfgeschehen einbezogen ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich daher die von ihm festgestellten wahllosen und häufig von "hilfloser Wut" geprägten Vergeltungsschläge der Sicherheitskräfte auch dort nicht vom unmittelbaren Kampfgeschehen trennen, wo die "Zivilbevölkerung" davon betroffen wird. Die jeweils als Reaktion auf Angriffe und Terrorakte der tamilischen Befreiungsbewegung erfolgenden Vergeltungsaktionen sind im einen wie im anderen Fall Teil der Bürgerkriegsauseinandersetzungen und demnach weder hier noch dort asylrechtsbegründend. Das gilt auch für die vom Berufungsgericht an Hand von Einzelbeispielen hervorgehobenen besonders brutalen Vergeltungsaktionen der Sicherheitskräfte. Sie erscheinen zwar in ihrer Überreaktion in besonderem Maße verabscheuungswürdig, können aber allein wegen ihrer Schwere einen Asylanspruch nicht begründen (vgl. Urteil vom 17. Mai 1983 - BVerwGE 67, 184, [188]).
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Danach ergibt sich, daß die Auseinandersetzungen im Norden Sri Lan-kas in einer für die asylrechtliche Betrachtung ausschlaggebenden Weise durch die Bürgerkriegssituation geprägt sind und nicht die Züge einer politischen Verfolgung aus rassischen oder anderen asylerheblichen Gründen tragen. Dafür spricht schließlich auch die - an früherer Stelle näher erörterte - Feststellung, daß der srilankische Staat in den singhalesischen Siedlungsgebieten keine eigene politische Verfolgung der Tamilen als Volksgruppe betreibt, sondern im Gegenteil erfolgreiche Anstrengungen unternimmt, Ausschreitungen der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit gegen die tamilische Minderheit zu verhindern. Wenn aber der srilankische Staat die Tamilen in den singhalesischen Siedlungsgebieten vor rassistischen Exzessen zu schützen sucht, fehlt es auch unter diesem Gesichtspunkt an einer tatsächlichen Grundlage für den Schluß des Berufungsgerichts, daß derselbe Staat im Norden gegen die Tamilen als Rasse oder Gruppe gerichtete Motive habe.
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Mit diesem Ergebnis rückt der Senat nicht ab von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Anspruch auf Asyl auch dann bestehen kann, wenn sich politische Verfolgung aus bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen herleitet (vgl. Beschluß vom 17. Januar 1980 -BVerwG 1 B 573.79 - Buchholz 402.24 §28 AuslG Nr. 18). Ein Asylanspruch unter solchen Verhältnissen hat aber zur - hier gerade nicht gegebenen - Voraussetzung, daß die Verfolgung im Einzelfall politisch motiviert und nicht - wie vorliegend - als eine Maßnahme im Zuge der Bürgerkriegshandlungen anzusehen ist. Eine politische Motivation unter Bürgerkriegsverhältnissen könnte demnach beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn die Maßnahmen gegen den Bürgerkriegsgegner nicht alle Betroffenen gleichmäßig treffen sollen, sondern Einzelne oder bestimmte Gruppen unter ihnen in Abhängigkeit von asylerheblichen Gesichtspunkten selektiert und in asylrelevanter Weise anders behandelt werden. Dafür, daß hier seitens der srilankischen Streitkräfte solche Differenzierungen vorgenommen würden, ist den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nichts zu entnehmen...
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