BVerwGE 81, 95 - Raumplanungshoheit |
Bei der Anlegung oder wesentlichen Änderung militärischer Flugplätze dürfen das luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren und die abschließende Sachentscheidung nur dann entfallen, wenn und soweit diese nach den Umständen des Einzelfalls mit der Erfüllung des Verteidigungsauftrags gänzlich unvereinbar sind. Im übrigen sind sowohl das Verfahren als auch der Inhalt der Genehmigung hinsichtlich der Einzelheiten des Vorhabens dem jeweiligen Geheimhaltungsbedarf anzupassen und demgemäß jedenfalls eingeschränkt durchzuführen bzw. offenzulegen. |
Voraussetzung der "wesentlichen" Änderung eines Flugplatzes ist, daß die bisherige Konzeption des Unternehmens zwar im Kern beibehalten, jedoch in einem nicht nur peripheren, sondern den Charakter des Unternehmens kennzeichnenden Bereich zumindest teilweise erheblich anders ausgestaltet wird. Dabei kommt es auch darauf an, wieweit das Vorhaben rechtlich geschützte nachbarliche Interessen beeinträchtigt. |
Den Gemeinden steht nicht nur ein formelles Recht auf Beteiligung am luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zu. Sofern eine Genehmigungspflicht nicht wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses im Einzelfall entfällt, können die Gemeinden auch verlangen, daß das Genehmigungsverfahren durchgeführt und mit einer Sachenentscheidung abgeschlossen wird, wenn und soweit dies zur Koordinierung der örtlichen und der militärischen Planung erforderlich ist. |
Dem Bundesminister der Verteidigung ist es aufgrund des NATO-Truppenstatuts und des dazu bestehenden Zusatzabkommens verwehrt, Streitkräften der Vertragspartner den nicht genehmigten Flugbetrieb durch eine hoheitliche Anordnung (Verwaltungsakt) zu untersagen. |
LuftVG §§ 6, 30 Abs. 1 und 3; Art. 28 Abs. 2 GG; VwVfG § 35; NATO-Truppenstatut Art. II und XVI, Zusatzabkommen Art. 53 Abs. 4 |
Urteil |
des 4. Senats vom 16. Dezember 1988 |
- BVerwG 4 C 40. 86 - |
I. Verwaltungsgericht Minden II. Oberverwaltungsgericht Münster |
Die britischen Streitkräfte benutzen ein im Gebiet der klagenden Stadt M. gelegenes, im Eigentum der beklagten Bundesrepublik stehendes Gelände zu militärischen Zwecken. Sie unterhalten dort unter anderem einen Start- und Landeplatz für Hubschrauber, gegen den die Klägerin sich wendet. Die Klage hatte erst- und zweitinstanzlich keinen Erfolg. Die Revision blieb mit dem Antrag, den Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes zu untersagen, erfolglos. Wegen des Antrags, die Beklagte zu verpflichten, ein luftverkehrsrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen, wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Aus den Gründen: |
Gemäß § 6 Abs. 1 LuftVG dürfen Flugplätze nur mit Genehmigung angelegt und betrieben werden. Nach Absatz 4 Satz 2 dieser Vorschrift ist eine Änderung der Genehmigung erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll. Wenn militärische Flugplätze angelegt oder geändert werden sollen, entfällt zwar stets das in § 8 LuftVG vorgesehene Planfeststellungsverfahren (§ 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG), nicht jedoch das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG. Abweichungen kommen insofern nur in Betracht, soweit dies zur Erfüllung der besonderen Aufgaben u.a. der Bundeswehr oder der aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist (§ 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG).
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Der Senat hat bereits durch sein Urteil vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11 und 12.85 - (Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 18 = NVwZ 1988, 1122 = UPR 1988, 440) entschieden, daß auch militärische Flugplätze grundsätzlich genehmigungspflichtig sind. Daran wird festgehalten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in den Gründen seines Beschlusses vom 7. Oktober 1980 (BVerfGE 56, 298 [316]) ausgeführt, die militärischen Flugplätze unterlägen gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG weder einer externen Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG noch der Planfeststellung nach § 8 LuftVG. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsansicht jedoch nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen hergeleitet, sondern ist von einer einfachgesetzlichen Rechtslage ausgegangen, um die Notwendigkeit der Interessenabwägung zwischen den widerstreitenden Belangen bei dem Erlaß einer Lärmschutzverordnung zu bekräftigen. Da schon nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG nur das Planfeststellungsverfahren für militärische Flugplätze generell ausgenommen ist, kann nicht angenommen werden, das Bundesverfassungsgericht habe damit die Rechtsauffassung bekunden wollen, auch das Genehmigungsverfahren entfalle aufgrund dieser Vorschrift in jedem Fall. Ausgangspunkt seiner rechtlichen Überlegungen dürfte daher § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gewesen sein, der - wie bereits erwähnt - eine Abweichung erlaubt, soweit dies zur Erfüllung u.a. der Verteidigungsaufgaben erforderlich ist. Daß das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich dieser Voraussetzungen nicht weiter differenziert hat, mag auf der Vorstellung beruhen, eine "externe" Genehmigung von Militärflugplätzen nach § 6 LuftVG hindere in erheblichem Maße stets oder nahezu in jedem Fall die Erfüllung der Verteidigungsaufgaben von Bundeswehr und Stationierungsstreitkräften. Einer solchen Bewertung würde sich der Senat indes nicht anschließen können. Der Gesetzgeber hat die Interessenlage dahin bewertet, daß das Genehmigungsverfahren nicht - wie das Planfeststellungsverfahren in § 30 Abs. 1 Satz 2 LuftVG - schlechthin unterbleibt, sondern nur unter den besonderen Umständen des Einzelfalls entfallen darf, "soweit" dies unter den näher bezeichneten Voraussetzungen "erforderlich ist" (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG). Dieser Wortlaut der gesetzlichen Regelung spricht - anders als die Beklagte meint - eher dafür, daß bei der Anlegung und wesentlichen Änderung militärischer Flugplätze von der Vermutung einer generellen Genehmigungspflicht auszugehen ist. Das mag jedoch letztlich dahinstehen. Entscheidend ist vielmehr, welche Anforderungen an die gesetzlichen Voraussetzungen für ein "Abweichen" im Sinne des § 30 Abs. 1 LuftVG zu stellen sind, insbesondere, wann und in welchem Umfang die Erfüllung militärischer Aufgaben durch ein - nach Lage der Dinge auch eingeschränktes - Genehmigungsverfahren nach § 6 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 LuftVG in nicht unerheblicher Weise gefährdet oder gehindert wäre.
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Da diese Frage nicht generell zu beantworten ist, kommt es auf eine sachgerechte Würdigung aller Umstände des Einzelfalls an. Vorgänge, die ohnehin der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben, verschließen sich nicht einem förmlichen Genehmigungsverfahren, auch wenn sie militärischen Charakter haben. Wird ein Hubschrauberlandeplatz z.B. aus Lärmschutzgründen im Interesse der Bewohner verlegt und ist die Erfüllung des Verteidigungsauftrags davon nicht berührt, besteht für eine Abweichung von der Genehmigungspflicht kein Anlaß (so z.B. in dem Fall, der dem Urteil des Senats vom 3. Mai 1988 a.a.O. zugrunde liegt). Wenn in anderen Fällen zwar nicht das Vorhaben insgesamt, aber einzelne Teile oder Einzelheiten desselben aus militärischen Gründen geheimzuhalten sind, darf nur insoweit (z.B. durch eine Verschlüsselung oder das Auslassen dieser Umstände) im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG abgewichen werden. Das Genehmigungsverfahren und die abschließende Sachentscheidung (§§ 6, 30 Abs. 3 LuftVG) dürfen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nur dann völlig entfallen, wenn diese Maßnahmen nach den Umständen des Einzelfalles mit der Erfüllung des Verteidigungsauftrages gänzlich unvereinbar sind. Im übrigen sind sowohl das Verfahren als auch der Inhalt der Genehmigung hinsichtlich der Einzelheiten des Vorhabens dem jeweiligen Geheimhaltungsbedarf anzupassen und demgemäß zumindest eingeschränkt durchzuführen bzw. offenzulegen. Insbesondere soweit es möglich ist, geheimhaltungsbedürftige und geheimhaltungsfähige Umstände (z.B. Fragen der Truppenstärke und deren spezielle Ausrüstung) von nicht geheimhaltungsbedürftigen oder dazu nicht geeigneten Umständen (z.B. den Standort eines Flugplatzes) zu trennen und im Genehmigungsverfahren in unterschiedlichem Maße offenzulegen, ist davon Gebrauch zu machen. Es darf dann auf ein Genehmigungsverfahren und auf eine abschließende Sachentscheidung nach § 6 LuftVG nicht völlig verzichtet werden.
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Soweit die Offenlegung des Vorhabens oder jedenfalls einzelner Merkmale desselben nicht im Einzelfall aus einleuchtenden Gründen militärischer Geheimhaltung von vornherein auszuschließen ist, ist abwägend zu berücksichtigen, daß die durch das gesetzliche Genehmigungserfordernis gemäß §§ 6 Abs. 2, 30 Abs. 3 LuftVG geschützten Rechtsgüter (Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung, des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Städtebaus, der zivilen Luftfahrt und des Schutzes vor Fluglärm) ebenfalls einen vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachteten hohen Rang besitzen. Die Möglichkeit der Abweichung von dem Genehmigungserfordernis ist zudem gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz LuftVG dadurch begrenzt, daß die Abweichung zur Erfüllung der besonderen Aufgaben "unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" erforderlich sein muß. Gerade weil die - teils öffentlichen, teils dem Grundrechtsschutz (Art. 2 Abs. 2, 14 GG) unterstellten - Interessen im Einzelfall gegenüber besonders gewichtigen militärischen Belangen (teilweise) zurückstehen müssen, ist grundsätzlich der sachgerechte Ausgleich sowohl verfahrensmäßig durch eine angemessene Beteiligung der konkret betroffenen Träger oder Sachwalter dieser Interessen als auch inhaltlich durch eine Sachentscheidung über den Genehmigungsantrag zu suchen, die einer gerichtlichen Überprüfung nicht von vornherein verschlossen ist. Demgemäß ist in Fällen der vorliegenden Art insbesondere das durch § 6 Abs. 2 LuftVG (Erfordernisse des Städtebaus) geschützte Interesse der Gemeinde zu beachten, durch die Anlegung oder wesentliche Änderung eines militärischen Flugplatzes im Ortsbereich nicht mehr als unbedingt erforderlich in ihrer Bauleitplanung beeinträchtigt zu werden. "Wenn das militärische Vorhaben nach den Umständen des Einzelfalles nicht von vornherein absolut geheimzuhalten ist, so ist die Grenze der Geheimhaltung nicht allein im Hinblick auf militärische Belange, sondern auch mit Rücksicht auf die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienenden Planungsaufgaben der Gemeinde zu bestimmen. Je wichtiger die Informationen und je gravierender die Auswirkungen des militärischen Vorhabens für die Planung der Gemeinde sind, desto dringender muß es - soweit dies im Hinblick auf den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr noch vertretbar ist - in einem Genehmigungsverfahren nach §§ 6, 30 Abs. 3 LuftVG unter Beteiligung der Gemeinde geprüft weiden (vgl. Urteile vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4C 11 und 12.85 - a.a.O. und vom 20. November 1987 - BVerwG 4 C 39.84 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 17).
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Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung der Klägerin, daß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG Abweichungen von den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes - und damit auch des § 6 LuftVG - ausschließlich hinsichtlich des Verfahrens, nicht jedoch auch hinsichtlich der Sachentscheidung (hier: Ablehnung oder Erteilung der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung) erlaube. Eine solche einschränkende Auslegung ist weder durch den Wortlaut noch durch den Sinn und Zweck des Gesetzes gerechtfertigt. Insbesondere stützt Satz 2 des § 30 Abs. 1 LuftVG nicht die Auffassung der Klägerin. Daß das Planfeststellungsverfahren entfällt, besagt nicht, daß der Gesetzgeber eine besondere Regelung nur auf der Verfahrensebene hat treffen wollen. Das nach dem Gesetz besonders geschützte Interesse an der Geheimhaltung einzelner militärischer Vorgänge kann nicht nur im Ablauf des Verfahrens, sondern gleichermaßen auch dann berührt sein, wenn es um die Sachentscheidung und deren Verlautbarung geht. Wenn Gründe der Geheimhaltung dies im Einzelfall verlangen, mag daher ausnahmsweise auch ein isoliertes Verfahren nach § 30 Abs. 3 LuftVG den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (vgl. Urteil des Senats vom 3. Mai 1988 a.a.O.). Aber auch dann endet das Verfahren nicht formlos, vielmehr hat der Bundesminister der Verteidigung die Regierungen der betroffenen Länder von seiner Entscheidung zu unterrichten (§ 30 Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz LuftVG).
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Die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung, gemäß § 30 Abs. 1 LuftVG von dem generell vorgeschriebenen luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren abzuweichen, insbesondere eine förmliche Sachentscheidung nicht zu verlautbaren, ist einzelfallbezogen und plausibel zu begründen, ohne daß dabei Einzelheiten vertieft werden müssen. Wenn das Bedürfnis der Geheimhaltung gerade auch dieses erfordert, sind an die Begründung der Entscheidung unter Umständen nur sehr geringe Anforderungen zu stellen. Es genügt aber nicht der pauschale Hinweis, daß militärische Vorhaben stets geheimhaltungsbedürftig seien. Auch insofern sind außer dem Geheimhaltungsinteresse - worauf vorab bereits hingewiesen wurde - ebenso die rechtlich geschützten Interessen der betroffenen Bürger und Gemeinden sowie die Belange der öffentlichen Sicherheit (§ 30 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz LuftVG) zu beachten und eine den widerstreitenden Interessen angemessene - möglichst ausgleichende - Lösung zu suchen. Beispielsweise ist der Plan über den Umfang eines militärischen Schutzbereichs nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Schutzbereichsgesetz den Beteiligten nur bekanntzugeben, soweit sie betroffen sind, so daß ein vollständiges Bild über die Grenzen des Schutzbereichs nicht bekanntgemacht wird. Diese Beschränkung ist durch gewichtige öffentliche Belange des militärischen Geheimschutzes gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 7. September 1984 - BVerwGE 70, 77 [83]). Ferner ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorlage geheimzuhaltender Behördenakten gemäß § 99 VwGO hinzuweisen (vgl. insbesondere BVerwGE 66, 233 und BVerwGE 75, 1).
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Die dort angegebenen Maßstäbe dafür, ob glaubhaft gemacht worden ist, daß das Bekanntwerden bestimmter Vorgänge u.a. dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde oder daß sie ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen, gelten hier sinngemäß. Es genügt, wenn die zuständige Behörde ihre Wertung der Umstände, die die Geheimhaltungsbedürftigkeit begründen, so einleuchtend darlegt, daß diese Wertung unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange als triftig anzuerkennen ist. Da eine konkrete Eröffnung der Gründe von der Natur der Sache her nicht möglich ist, kann die Darlegung der Behörde in bezug auf die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen nur allgemeiner Natur sein. Sie muß jedoch mehr enthalten als die bloße Wiedergabe oder eine nur andere Umschreibung der gesetzlichen Gründe (BVerwGE 66, 233 [236]). In aller Regel muß erkennbar sein, daß der Bundesminister der Verteidigung die nach den konkreten Umständen naheliegenden Interessen der Betroffenen erkannt und auch gewürdigt hat.
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Der Senat verkennt nicht, daß auch im Verfahren der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung militärischer Flugplätze die Sachentscheidung ein im Verwaltungsstreitverfahren anfechtbarer Verwaltungsakt ist (§ 42 VwGO in Verbindung mit § 35 VwVfG) und daß Widerspruch und Anfechtungsklage hiergegen generell aufschiebende Wirkung haben (§ 80 Abs. 1 VwGO). Die aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes dadurch bei vielen Planungsvorhaben (z.B. auch zivilen Flughäfen, Autobahnen, Wasser-versorgungs- oder Abfallbeseitigungsanlagen) eintretenden Verzögerungen mögen - worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich hingewiesen hat - bei militärischen Vorhaben besonders nachteilig und angesichts des spezifischen Charakters der Verteidigungsaufgaben möglichst generell zu vermeiden sein. Dieses Interesse der Beklagten kann jedoch bei der Auslegung des geltenden Rechts, hier des § 30 Abs. 1 LuftVG, nicht ausschlaggebend sein. Zudem sind im öffentlichen Interesse zu vermeidende Verzögerungen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 2 VwGO anderweitig zu beheben: Nach Nummer 3 dieses Absatzes kann der Bundesgesetzgeber für bestimmte hoheitliche Maßnahmen vorschreiben, daß die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs generell entfällt. Nach Nummer 4 kann die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse anordnen. Ob - wie die Beklagte geltend macht - die aufschiebende Wirkung durch die Instanzgerichte zumeist wiederhergestellt wird (§ 80 Abs. 5 VwGO) und ob dies sachlich gerechtfertigt ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Selbst eine den Belangen der Verteidigung nicht angemessene Aussetzungspraxis der Instanzgerichte könnte nicht den Senat, sondern allenfalls den Gesetzgeber veranlassen, nicht nur das Planfeststellungsverfahren, sondern auch das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG generell entfallen zu lassen, wenn militärische Flugplätze angelegt oder geändert werden sollen.
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Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermag der Senat nicht zu erkennen, daß im Falle des hier umstrittenen Vorhabens die genannten Voraussetzungen gegeben sind, die gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG das Abweichen von der Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG ganz oder teilweise (hier insbesondere die Beschränkung auf ein isoliertes Anhörungsverfahren nach § 30 Abs. 3 LuftVG) rechtfertigen. Zwar trifft es zu, daß nicht die britischen Streitkräfte, sondern der Bundesminister der Verteidigung darüber zu befinden hat, ob und wieweit von der gesetzlichen Möglichkeit des Abweichens Gebrauch zu machen ist. Wenn jedoch die britischen Streitkräfte offenbar auf Veranlassung des Ministers einen Genehmigungsantrag nach § 6 LuftVG gestellt haben, ist dies zumindest ein Indiz dafür, daß das Bedürfnis der Geheimhaltung hier jedenfalls nicht besonders ins Gewicht fällt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das zwischenzeitlich durchgeführte Anhörungsverfahren geheimhaltungsbedürftige Umstände zum Schaden der Verteidigung offenkundig gemacht hat. Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte dafür, daß ein solcher Schaden eintreten könnte, wenn das im wesentlichen durchgeführte Genehmigungsverfahren nunmehr durch eine förmliche Sachentscheidung abgeschlossen würde. Die Beklagte hat ihre spätere Rechtsauffassung, daß das Genehmigungsverfahren an sich von vornherein nicht geboten gewesen sei, auch nicht mit einzelfallbezogenen Gesichtspunkten der Geheimhaltung, sondern im wesentlichen damit begründet, daß für militärische Flugplätze ein Genehmigungsverfahren generell nicht erforderlich sei. Damit kann sie jedoch - wie ausgeführt wurde - ebensowenig durchdringen wie mit dem - zwar verständlichen, aber rechtlich so nicht erfaßbaren - Anliegen, von Verzögerungen durch ein gerichtliches Verfahren generell verschont zu bleiben. Da jedoch all diese Anhaltspunkte den Sachverhalt möglicherweise nicht erschöpfend kennzeichnen, sondern weitere Umstände in Betracht kommen, um über die Geheimhaltungsbedürftigkeit des Vorhabens und seiner Einzelheiten im vorliegenden Fall abschließend zu entscheiden, hat das Berufungsgericht hierzu weitere Feststellungen zu treffen.
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Nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 LuftVG ist die Genehmigungspflicht im einzelnen nur gegeben, wenn ein Flugplatz angelegt wird (Abs. 1) oder wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert wird (Abs. 4 Satz 2). Damit hat sich das Berufungsgericht nicht näher befaßt, weil es die Klage schon für unzulässig hält. Seine sonstigen Feststellungen reichen auch insoweit nicht aus, um dem Senat eine abschließende Sachentscheidung im Revisionsverfahren zu ermöglichen. Für die Beurteilung der Rechtslage in diesem Zusammenhang gibt der Senat folgende Hinweise:
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Ob der Flugplatz mit den vorgesehenen Maßnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 LuftVG neu angelegt werden soll, erscheint zweifelhaft. Dazu bedarf es genauer Feststellungen über die tatsächliche Entwicklung des Flugbetriebs auf dem Gelände und der dazu etwa unter früherem Recht erteilten Genehmigungen. Ob der Parteivortrag der Beklagten hierzu richtig und vollständig ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Bedeutsam könnte ferner sein, ob näher zu ermittelnde Nutzungen kraft früheren Besatzungsrechts in den Geltungsbereich des Luftverkehrsgesetzes übergeleitet oder aufgrund vertraglicher Abmachungen beibehalten sind. Dafür könnte - auch wenn schriftliche Abmachungen nicht vorliegen - das näher zu ermittelnde (konkludente) Verhalten der Beteiligten von rechtlicher Bedeutung sein. Da die britischen Streitkräfte den Flugbetrieb nach mehrjähriger Unterbrechung jedenfalls ab 1963 anscheinend ohne weiteres und insbesondere ohne rechtsgeschäftliche Maßnahmen haben fortführen können, mag darin ein Indiz gesehen werden, daß die alten - zunächst wohl nur besatzungsrechtlich begründeten - Nutzungsrechte nicht erloschen sind und daß der Flugplatz trotz der Unterbrechungen im Grunde fortbestanden hat. Dies ist jedoch aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu beantworten.
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Ob die Erweiterung oder die Änderung der Anlage oder des Betriebs eines Flugplatzes "wesentlich" im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG ist, kann nicht generell beurteilt werden, sondern setzt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Zu vergleichen ist der bisherige mit dem geplanten Zustand hinsichtlich quantitativer und qualitativer Veränderungen erstens des Unternehmens selbst und zweitens seiner künftigen Auswirkungen auf die in seiner Nachbarschaft vorhandenen rechtlich geschützten Interessen (vgl. insbesondere § 6 Abs. 2 LuftVG). Dazu ist zu sagen:
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Wesentliche Änderungen des Flugplatzes rangieren hinsichtlich ihrer sachlichen Bedeutung für das Unternehmen zwischen der (Neu- )Anlegung einerseits und schlichten Einzelmaßnahmen des laufenden Flugbetriebs einschließlich dessen sachlicher Ausstattung andererseits. Voraussetzung ist, daß die bisherige Konzeption des Unternehmens zwar im Kern beibehalten, jedoch in einem nicht nur peripheren, sondern den Charakter des Unternehmens kennzeichnenden Bereich zumindest teilweise erheblich anders ausgestaltet wird. Die zusätzliche Stationierung einer Anzahl weiterer Fluggeräte kann ein wichtiger Anhaltspunkt für die wesentliche Änderung oder Erweiterung des Betriebs des Flugplatzes sein. Die rein zahlenmäßigen Unterschiede sind jedoch nicht ausschlaggebend. Es kommt vielmehr insofern darauf an, welche Kapazität der Flugplatz sowohl hinsichtlich seines Betriebes als auch hinsichtlich seiner Anlagen bisher hatte und ob er mit der weiteren Stationierung "sein Gesicht ändert". Die etwa aus Übungsgründen, taktischen Erwägungen wechselnder Art oder wegen der erforderlichen Flexibilität der Truppe (zeitweise) verstärkte Nutzung der Anlage macht aus einem Landeplatz oder Flugplatz kleinerer Größenordnung keinen insgesamt "wesentlich geänderten" größeren Flugplatz. Ebensowenig kann allein die Stationierung oder gar nur vorsorgliche Lagerung von Material und Fluggeräten ausschlaggebend sein, wenn der Umfang des Flugbetriebs trotzdem nahezu gleichbleibend ist. Voraussetzung ist vielmehr, daß die quantitative Steigerung des Flugbetriebs in eine geänderte Qualität des Unternehmens umschlägt. Ein Indiz dafür ist die nicht nur unbedeutende bauliche Umgestaltung des Flugplatzes und seiner Anlagen. Werden z.B. ein (neuer) Kontrollraum oder größere Wartungshallen nicht nur wegen der laufenden Modernisierung des Flugbetriebs und der Gerätschaften, sondern dazu eingerichtet, die Kapazität des Flugplatzes deutlich zu erweitern oder einen anders gearteten Flugbetrieb zu ermöglichen, ist anzunehmen, daß die Konzeption des Flugplatzes in einem zentralen Bereich anders ausgestaltet werden soll.
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Die "Wesentlichkeit" der Änderung oder Erweiterung eines Flugplatzes ist ferner auch danach zu bemessen, ob und wieweit das Vorhaben verstärkt rechtlich geschützte nachbarliche Interessen beeinträchtigt. § 6 Abs. 2 LuftVG macht - wie bereits ausgeführt - deutlich, daß der Gesetzgeber bei der Anlage und dem Betrieb von Flugplätzen auch gewisse nachbarliche Interessen berücksichtigt wissen will. Dem ist nicht nur im Genehmigungsverfahren, sondern auch dadurch Rechnung zu tragen, daß schon das gesetzliche Genehmigungserfordernis "Wesentlichkeit der Änderung" im Lichte dieser gesetzlichen Regelung beurteilt wird. Dazu gehören insbesondere die Belange des Städtebaus. Ferner ist auch in diesem Zusammenhang "wesentlich", was für den verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutz (Art. 2 Abs. 2, 14 GG) von erheblicher Bedeutung ist, zumal wenn dieser Schutz unter den gegebenen Umständen schwerpunktmäßig in das Genehmigungsverfahren verlagert ist. Bei der umfassenden Würdigung aller für und gegen die "Wesentlichkeit" der Änderung sprechenden Umstände sind daher auch die Auswirkungen des Vorhabens auf seine Umgebung mitzuberücksichtigen.
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Daß im vorliegenden Fall die Zahl der Hubschrauber vor 1963 bis 1969 von drei auf zwölf erhöht worden ist, daß bauliche Änderungen vorgenommen sind und daß der Start- und Landepunkt verlegt worden ist, reicht allein nicht aus, um eine wesentliche Änderung oder Erweiterung im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG festzustellen. Die gebotene umfassende Würdigung setzt dazu weitere tatsächliche Feststellungen voraus, insbesondere zur Bedeutung dieser Maßnahme für die Gesamtkonzeption der Anlage und ihrer Auswirkungen auf die Umgebung.
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Ergeben die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, daß eine Genehmigungspflicht besteht, kann die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung des Genehmigungsverfahrens, einschließlich des Abschlusses durch eine Sachentscheidung, haben, wenn die nachfolgend erörterten Voraussetzungen vorliegen. Auch hierzu fehlen weitere tatsächliche Feststellungen, die das Berufungsgericht nachzuholen hat. Im einzelnen ist zu bemerken:
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Das den Gemeinden in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren zustehende formelle Recht auf Beteiligung räumt ihnen in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition ein, sei es im Sinne eines Anspruchs auf Durchführung eines Verwaltungsverfahrens überhaupt, sei es im Sinne eines Anspruchs auf ordnungsgemäße Beteiligung an einem anderweitig eingeleiteten Verwaltungsverfahren (Urteil des Senats vom 22. Juni 1979 - BVerwG 4 C 40.75 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 11, S. 21 [27] = NJW 1980, 718; vgl. ferner Scherg, Beteiligungsrechte der Gemeinden nach dem Luftverkehrsgesetz, München 1982, S. 58 ff.). Diese formelle Rechtsposition der Gemeinde erfaßt indes nur ihr Interesse an einer angemessenen Beteiligung im Verwaltungsverfahren und kann daher schon dadurch erfüllt sein, daß der Gemeinde Gelegenheit zur Stellungnahme in dem Verfahren gegeben worden ist (so auch Urteil vom 3. Mai 1988 -BVerwG 4 C 11 und 12.85 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 18 S. 6 [9]). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall.
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In materieller Hinsicht umfaßt die Planungshoheit der Gemeinde nach ständiger Rechtsprechung des Senats das ihr als Selbstverwaltungskörperschaft zustehende Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet (vgl. BVerwGE 74, 124 [132]). Die Gemeinden können in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt werden, wenn das Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig stört, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzieht oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden (vgl. Urteil vom 11. April 1986 a.a.O.; ferner BVerwGE 69, 256 [261]). Ist dieses materielle Recht der Gemeinde durch ein genehmigungspflichtiges Vorhaben beeinträchtigt, kann sie unter den nachfolgend bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß das luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren durchgeführt und mit einer Sachentscheidung abgeschlossen wird. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Zwar ist das Selbstverwaltungsrecht den Gemeinden gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Durch die Regelungen in den §§ 6, 30 Abs. 3 LuftVG ist aber das Recht der Gemeinde auf eine angemessene Wahrung ihrer Planungshoheit nicht - wie die Beklagte meint - auf formelle Beteiligungsrechte begrenzt worden. Die vorgeschriebene Anhörung dient dazu, etwa entgegenstehende, abwägungserhebliche Interessen möglichst frühzeitig in den Planungsvorgang einfließen zu lassen (vgl. Urteil vom 20. November 1987 - BVerwG 4 C 39.84 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 17 S. 1 [3]). Rechtsbeeinträchtigungen materieller Art sollen dadurch möglichst von vornherein vermieden werden, nicht aber - wenn sie dennoch geschehen - unerheblich sein; eine die Gemeinden jenseits ihrer formellen Beteiligungsrechte treffende generelle Duldungspflicht enthält das Gesetz nicht. Will der Gesetzgeber durch verfahrensrechtliche Regelungen zugleich materielle Rechtspositionen begrenzen, hat dies aus Gründen der Rechtsklarheit ausdrücklich zu geschehen. Da für die Genehmigung militärischer Flugplätze nichts dergleichen angeordnet ist, vermag der Senat der Rechtsauffassung der Beklagten insofern nicht zu folgen (vgl. auch Urteil vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11 und 12.85 - NVwZ 1988, 1122 [1124] = UPR 1988, 440 [442], wo in einem ähnlichen Fall über das formelle Beteiligungsrecht der Gemeinde hinaus auf den materiellrechtlichen Schutz ihrer Planungshoheit abgestellt worden ist. Vgl. hierzu ferner Scherg, a.a.O. S. 108 ff. [111] und 259 ff. [261]).
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Die aus ihrem Selbstverwaltungsrecht herzuleitenden Rechte der Gemeinde richten sich nicht allein auf die Abwehr beeinträchtigender Maßnahmen, sondern können unter besonderen Voraussetzungen auch einen Anspruch auf Fortsetzung des luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahrens und dessen Abschluß durch eine Sachentscheidung umfassen. Zwar hat der durch ein nicht genehmigtes Vorhaben der öffentlichen Hand betroffene Dritte im allgemeinen keinen Rechtsanspruch auf Durchführung des Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens, sondern ist in der Regel durch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche hinreichend geschützt (vgl. Urteil des Senats vom 22. Februar 1980 - BVerwG 4 C 24.77 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 33; kritisch hierzu: Willi Blümel, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: "Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen", Schriftenreihe der Hochschule Speyer Bd. 87, Berlin 1982 S. 74 ff.). Daran fehlt es indes im vorliegenden Fall, wie unten noch näher auszuführen ist. Schon das mag für einen Anspruch auf Durchführung des Genehmigungsverfahrens sprechen, sofern dem Geheimhaltungsgründe nicht entgegenstehen. Die Rechtslage ist insbesondere deswegen anders zu beurteilen, weil die hier gebotene Koordination unter mehreren hoheitlichen Planungsträgern (vgl. Urteil des Senats vom 20. November 1987 a.a.O.) nur auf der Grundlage einer abschließenden Entscheidung im luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren sinnvoll stattfinden kann. Ein sachgerechtes Zusammenwirken von kommunaler Bauleitplanung und - hier: luftverkehrsrechtlicher - Fachplanung setzt in aller Regel voraus, daß interessenübergreifende Planungen in dem Gebiet der Gemeinde zu einem verbindlichen Abschluß gelangen, der für den anderen Planungsträger klare Verhältnisse schafft (ähnlich schon Urteil des Senats vom 22. Juni 1979 -BVerwG 4 C 40.75 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 11 S. 21 [24]). Dieser Rechtsgedanke kommt z.B. in den §§ 4 und 7 BauGB zum Ausdruck, wonach die Gemeinde davon ausgehen darf, daß ihre Planungen nach Ablauf bestimmter Äußerungsfristen denen anderer öffentlicher Planungsträger nicht im Wege stehen. Umgekehrt sollen gemäß § 9 Abs. 6 BauGB verbindliche Festsetzungen anderer Planungsträger in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden. Hinzuweisen ist ferner auf die §§ 37, 38 BauGB: Soweit die Gemeinden danach den Vorrang von baulichen Maßnahmen besonderer öffentlicher Zweckbestimmung (z.B. auch der Landesverteidigung) und näher bezeichnete Fachplanungen als eine Beschränkung ihrer Planungshoheit hinnehmen müssen, können sie ihre gesetzlichen Planungsaufgaben in dem umliegenden örtlichen Bereich nur dann ordnungsgemäß erfüllen, wenn ihnen gegenüber in angemessener Zeit durch eine Sachentscheidung klargestellt wird, welches Vorhaben genehmigt (bzw. planfestgestellt) wird oder ob der Antrag auf Genehmigung (oder Planfeststellung) abgelehnt wird (vgl. zur Rechtsstellung der Gemeinde bei einer Freigabe von ehemaligem Bahngelände für die allgemeine bauliche Nutzung: Urteil des Senats vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4C 48.86 -BVerwGE 81, 111). Dies gilt insbesondere auch für die Anlage und den Betrieb eines (militärischen) Flugplatzes im Gemeindegebiet. Innerhalb des Bauschutzbereichs unterliegt die örtliche Planung den Baubeschränkungen des § 12 Abs. 2 und 3 LuftVG, die bereits mit der Genehmigung des Flughafens und der damit zu verbindenden Festlegung des Bauschutzbereiches gelten. Möglicherweise noch schwerer als die in § 12 LuftVG angeordneten Bauhöhenbeschränkungen, die etwa Auswirkungen auf die im Bebauungsplan festzusetzende Geschoßzahl haben können, treffen die Gemeinde Beschränkungen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282) (z.B. Bauverbote in § 5 und Schallschutzanforderungen nach § 6). Hinzu kommt, daß die Gemeinde im Rahmen ihrer Bauleitplanung auch unterhalb der im Fluglärmgesetz vorgesehenen Grenzwerte liegende Lärmemissionen zu beachten und in ihre der Planungsentscheidung vorausgehende Abwägung einzustellen hat (Lau in: Giemulla/ Schmid, Luftverkehrsgesetz § 6 Rdnr. 58 und 63).
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Darüber, ob im Fall der Klägerin diese rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein Anspruch auf Sachentscheidung gegeben ist, kann nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entschieden werden. Wenn - wie es den Anschein hat - in unmittelbarer Nachbarschaft des Flugplatzes konkret geplante Wohngebiete liegen, dürfte eine Beeinträchtigung der Planungshoheit etwa durch erheblich vermehrten Fluglärm hier in Betracht zu ziehen sein (vgl. ähnlich BVerwGE 74, 124 [132] und vom 3. Mai 1988 - BVerwG 4 C 11 und 12.85 -NVwZ 1988, 1142 [1124] = UPR 1988, 440 [442]).
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Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen auch nicht dessen Annahme, daß die Klägerin die umstrittenen Maßnahmen hingenommen und sich mit den Beeinträchtigungen abgefunden habe. Seit Beginn des Flugverkehrs mit Hubschraubern im Jahre 1963 ist verschiedentlich über die Benutzung des Geländes verhandelt worden. Wenn die Klägerin von den Belästigungen Kenntnis hatte und bis zum Anhörungsverfahren 1977 die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit und dem zulässigen Umfang des Flugverkehrs nicht ausdrücklich gestellt hat, bedeutet dies nicht, daß sie bei ihren Planungen bereits die Unvermeidlichkeit der Beeinträchtigungen in Rechnung gestellt hat (wird ausgeführt).
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Sollte die Klage mit dem Begehren, das Genehmigungsverfahren fortzusetzen und mit einer Sachentscheidung abzuschließen, nach weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts begründet sein, hätte das Berufungsgericht die Bescheide des Beklagten vom 13. Januar und 13. Mai 1983 aufzuheben (vgl. § 113 Abs. 1 und 4 VwGO). Mit diesen Schreiben hat der Bundesminister der Verteidigung seine Entscheidung, das von ihm zuvor eingeleitete Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG ohne Sachentscheidung abzubrechen, der Klägerin kundgetan. Sein an sich abstrakt gehaltener Hinweis, militärische Flugplätze unterlägen weder einer externen Genehmigungspflicht nach § 6 LuftVG noch einer Planfeststellungspflicht nach § 8 LuftVG, kann in dem konkreten Zusammenhang nicht anders verstanden werden, als daß speziell im vorliegenden Fall ein Genehmigungsverfahren nicht weiter durchzuführen sei. Darin liegt die rechtliche Regelung eines Einzelfalles im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG.
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Der von der Klägerin unter Hinweis auf den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Januar 1984 - 9 TG 198/83 - (NJW 1984, 2055) und Ronellenfitsch, Zum Rechtsschutz bei Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte (VerwArch. 1985, 317 [334]), geltend gemachte Anspruch, die Beklagte zu verpflichten, bis zum Abschluß eines luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahrens den Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes zu untersagen, ist nicht begründet. Zwar kann die Klägerin, wenn das Vorhaben ohne die etwa erforderliche Genehmigung betrieben wird, von der Beklagten verlangen, daß diese sich bei den britischen Streitkräften im Verhandlungswege dafür einsetzt, die gesetzwidrigen Maßnahmen wegen der Pflicht zur Achtung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen (vgl. Art. II und XVI NATO-Truppenstatut und Art. 53 Abs. 4 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut). Darum geht es hier jedoch nicht. Die Klägerin will vielmehr, daß die Beklagte gegenüber den britischen Streitkräften eine Untersagungsverfügung mit der Qualität eines Verwaltungsaktes erläßt. Damit kann sie jedoch nicht durchdringen. Die völkerrechtlichen Beziehungen zwischen der beklagten Bundesrepublik Deutschland und den anderen Vertragspartnern des NATO-Truppenstatuts sind in diesem Zusammenhang wesentlich dadurch geprägt, daß Meinungsverschiedenheiten nicht im Wege einseitiger Anordnungen, sondern durch Zusammenarbeit beseitigt werden. Der Erlaß einer einseitigen hoheitlichen Anordnung stünde damit nicht in Einklang. Da die Vollziehung einer Untersagungsverfügung ohnehin nicht statthaft wäre, besteht für den Erlaß eines förmlichen Verwaltungsaktes auch insofern kein sachliches Bedürfnis.
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