BGer 2A.618/1999
 
BGer 2A.618/1999 vom 11.01.2000
[AZA 0]
2A.618/1999/leb
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
11. Januar 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Betschart, Müller
und Gerichtsschreiber Uebersax.
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In Sachen
A.________, Beschwerdeführer,
gegen
Amt für öffentliche Sicherheit, Ausländerfragen, des Kantons Solothurn,
VerwaltungsgerichtdesKantons Solothurn,
betreffend
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,
wird festgestellt und in Erwägung gezogen:
1.- a) A.________, geb. 14. Oktober 1967, aus Burkina Faso, reiste nach eigener Darstellung am 7. Dezember 1996 illegal in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Am 21. April 1997 lehnte das Bundesamt für Flüchtlinge das Asylgesuch ab, und am 29. April 1998 wies die Schweizerische Asylrekurskommission eine dagegen erhobene Beschwerde ab. Am 5. Mai 1998 forderte das Bundesamt für Flüchtlinge A.________ auf, die Schweiz bis zum 31. Mai 1998 zu verlassen.
Am 9. Juli 1998 verurteilte das Amtsgericht Olten-Gösgen A.________ wegen verschiedener Straftaten, insbesondere qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, zu einer Zuchthausstrafe von drei Jahren und zu zehn Jahren Landesverweisung. Das Obergericht des Kantons Solothurn bestätigte dieses Urteil am 21. April 1999. Mit Verfügung vom 29. November 1999 ordnete das Departement des Innern des Kantons Solothurn die bedingte Entlassung von A.________ auf den 8. Dezember 1999 an, schob aber den Vollzug der Landesverweisung nicht bedingt auf. Am 7. Dezember 1999 verfügte das Amt für öffentliche Sicherheit, Ausländerfragen, des Kantons Solothurn die Ausschaffungshaft bis längstens zum 8. Februar 2000. Am 10. Dezember 1999 prüfte und bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn die Haft.
b) Mit handschriftlicher Eingabe in englischer Sprache vom 27. Dezember 1999 führt A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag auf Haftentlassung. Sinngemäss macht er geltend, er verstehe nicht, weshalb seine Haft um zwei Monate verlängert worden sei. In sein Heimatland werde er nicht zurückkehren, da er dort ein noch offenes (nicht näher bezeichnetes) Problem habe.
Das Verwaltungsgericht und das Amt für öffentliche Sicherheit, Ausländerfragen, des Kantons Solothurn schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen. A.________ nahm die Gelegenheit nicht wahr, sich nochmals zur Sache zu äussern.
c) Nachdem das Bundesgericht das Verwaltungsgericht aufgefordert hatte, zusammen mit den Akten ein Protokoll der haftrichterlichen Verhandlung einzureichen, führt das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung aus, unmittelbar im Anschluss an die Parteiverhandlung würden die Aussagen im teilweise vorbereiteten Urteilsentwurf festgehalten. Darauf werde in den nachfolgenden Erwägungen Bezug genommen, und das Urteil werde dem Ausländer mündlich eröffnet und gleichzeitig in schriftlicher Ausfertigung ausgehändigt. Es erübrige sich daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichts, den Akten ein separat angefertigtes Protokoll beizufügen.
2.- Das Bundesgericht hat bereits in BGE 125 II 377 E. 1 festgehalten, von der haftrichterlichen Verhandlung müsse ein Protokoll erstellt werden. Im - ebenfalls den Kanton Solothurn betreffenden - Urteil vom 6. Januar 2000 i.S. Do (Verfahren 2A.607/1999) hat das Bundesgericht die Protokollierungspflicht umfassend begründet. Dieses Urteil war dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn freilich bei der Fällung des angefochtenen Entscheids noch nicht bekannt. Nachdem im Urteil vom 6. Januar 2000 klar die Erwartung geäussert wurde, dass sich auch das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn künftig an diese Protokollierungspflicht halten wird, erübrigt es sich, darauf nochmals einzugehen. Klar ist immerhin, dass unter diesen Umständen aus der haftrichterlichen Verhandlung nichts zulasten des Beschwerdeführers abgeleitet werden darf.
3.- a) Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, soweit die Voraussetzungen von Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 122 II 148 ff.), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3). Nach Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG kann Ausschaffungshaft insbesondere verfügt werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung entziehen will (Gefahr des Untertauchens). Das trifft namentlich zu, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist, behördlichen Anordnungen keine Folge leistet, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert oder sonst wie klar zu erkennen gibt, keinesfalls in sein Herkunftsland zurückkehren zu wollen (BGE 125 II 369 E. 3b/aa S. 375). Bei einem straffälligen Ausländer ist eher als bei einem unbescholtenen davon auszugehen, er werde in Zukunft behördliche Anordnungen missachten (BGE 122 II 49 E. 2a; 119 Ib 193 E. 2b S. 198).
c) Gegen den Beschwerdeführer liegt ein - sogar rechtskräftiger - Wegweisungsentscheid des Bundesamts für Flüchtlinge vor, dessen Vollzug zurzeit mangels Reisepapieren nicht möglich ist. Auch wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig des Landes verwiesen, wobei unbekannt ist, ob die entsprechende Vollstreckungsverfügung (vgl. BGE 121 IV 345; 116 IV 105 E. 4 S. 115) bereits ergangen ist. Die Vollstreckbarkeit der Landesverweisung ist jedoch als Haftvoraussetzung nicht erforderlich, wenn deren Durchführung wie hier innert absehbarer Zeit als möglich erscheint (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. Januar 1998 i.S. Simic), und jedenfalls die Wegweisung als Grundlage für die Ausschaffungshaft genügt, nachdem die Fremdenpolizeibehörden gestützt darauf den Vollzug der Ausschaffung vorantreiben.
Was den Haftgrund betrifft, so hatte der Beschwerdeführer nach der Entlassung aus dem Strafvollzug keine Gelegenheit, selbständig auszureisen, da er unmittelbar den Fremdenpolizeibehörden zugeführt wurde. Er hat sich bisher, soweit ersichtlich, auch sonst nicht behördlichen Anordnungen widersetzt und schien auch noch vor dem Verwaltungsgericht kooperativ zu sein. Immerhin wurde er wegen erheblicher Straftaten, unter anderem wegen Handels mit Kokain, strafrechtlich verurteilt. Es stellt sich daher die Frage, ob die Ausschaffungshaft nicht eher hätte auf Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. e ANAG gestützt werden sollen, wonach in Haft genommen werden kann, wer Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist. Dies sowie die Frage, ob das Bundesgericht den Haftgrund, auf den die kantonalen Behör-den die Haft ausschliesslich stützen, ersetzen könnte, kann jedoch dahingestellt bleiben. Bereits die schwere Straffälligkeit an sich bildet einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Untertauchensgefahr. Entscheidend ist aber, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift an das Bundesgericht ausdrücklich ausführt, nicht in sein Heimat-land zurückzukehren bzw. zurückkehren zu wollen ("If the foreign police wanted to deport me to my country, I will not go ..."). Da dieser Umstand vom Beschwerdeführer selber in seiner Beschwerdeschrift angerufen wird, kann er im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden. Gemäss dem angefochtenen Urteil soll der Beschwerdeführer im Übrigen vor dem Verwaltungsgericht ausgesagt haben, allenfalls in ein Drittland ausreisen zu wollen; das liesse sich aber nur dann (gegebenenfalls) zu seinen Gunsten berücksichtigen, wenn er auch dartun könnte, wie dies auf rechtmässigem Weg geschehen soll, was indessen nicht ersichtlich ist. Zusammen mit der Straffälligkeit ergeben sich daher genügend Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Freilassung der Ausschaffung entziehen würde.
4.- a) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er verstehe nicht, weshalb seine Haft um zwei Monate verlängert worden sei. Dabei scheint er die strafrechtliche Zuchthausstrafe nicht von der ausländerrechtlichen Ausschaffungshaft unterscheiden zu können. Es ist daher festzuhalten, dass es sich bei der abgesessenen Zuchthausstrafe um eine Massnahme des Strafrechts handelte, die auf einer anderen gesetzlichen Grundlage beruhte, einem anderen Zweck, nämlich eben der Bestrafung, diente und inzwischen (bedingt) beendet ist. Im vorliegenden Verfahren geht es demgegenüber nicht um eine Verlängerung der Zuchthausstrafe, sondern um fremdenpolizeiliche und damit administrative Haft zwecks Vollzugs der dem Beschwerdeführer auferlegten Wegweisung bzw. der Landesverweisung. Nach Art. 13b Abs. 2 ANAG darf Ausschaffungshaft erstmalig höchstens drei Monate dauern. Die Festlegung der Haftdauer auf zwei Monate im vorliegenden Fall erweist sich unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nicht als unverhältnismässig. Mit der Ausschaffung wird die Haft im Übrigen jederzeit beendet, allenfalls auch vor Ablauf der vorläufig festgelegten Haftdauer von zwei Monaten. Es liegt am Beschwerdeführer selber, das Nötige dazu beizutragen.
b) Schliesslich sind auch keine anderen Gründe für eine Unzulässigkeit der verfügten Ausschaffungshaft ersichtlich.
5.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
b) Bei diesem Verfahrensausgang würde der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfertigt sich jedoch mit Blick auf seine finanziellen Verhältnisse, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen (Art. 153a Abs. 1 OG).
c) Das Amt für öffentliche Sicherheit, Ausländerfragen, des Kantons Solothurn wird ersucht, sicherzustellen, dass das vorliegende Urteil dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und verständlich gemacht wird.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.- Es werden keine Kosten erhoben.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für öffentliche Sicherheit, Ausländerfragen, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. Januar 2000
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: