BGer C 213/2000
 
BGer C 213/2000 vom 11.06.2001
[AZA 7]
C 213/00 Gb
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer;
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold
Urteil vom 11. Juni 2001
in Sachen
U.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch die ORION-Rechtsschutz, Kornhausstrasse 18, 9001 St. Gallen,
gegen
Amt für Wirtschaft und Arbeit, Abteilung Rechtsdienst und Entscheide, Verwaltungsgebäude, 8510 Frauenfeld, Beschwerdegegner,
und
Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung, Eschlikon/TG
A.- Mit Verfügung vom 23. Juni 1997 stellte das Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kantons Thurgau (heute: Amt für Wirtschaft und Arbeit; nachfolgend: AWA) U.________ (geboren 1952) wegen Nichtbefolgung der Weisungen des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (nachfolgend:
RAV) für die Dauer von 31 Tagen in der Anspruchsberechtigung ein.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung (nachfolgend: Rekurskommission) mit Entscheid vom 4. Mai 2000 ab.
C.- U.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid und demzufolge die verfügten Einstelltage aufzuheben.
Die Rekurskommission und das AWA schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft lässt sich nicht vernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Versicherte ist verpflichtet, mit Unterstützung des Arbeitsamtes alles Zumutbare zu unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu verkürzen (Art. 17 Abs. 1 AVIG); so muss er jede vermittelte zumutbare Arbeit annehmen (Art. 17 Abs. 3 AVIG). Gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG ist er in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn er die Kontrollvorschriften oder die Weisungen des Arbeitsamtes nicht befolgt, namentlich eine ihm zugewiesene zumutbare Arbeit nicht annimmt. Dieser Einstellungstatbestand ist auch dann erfüllt, wenn der Versicherte die Arbeit zwar nicht ausdrücklich ablehnt, es aber durch sein Verhalten in Kauf nimmt, dass die Stelle anderweitig besetzt wird; so hat er bei den Verhandlungen mit dem künftigen Arbeitgeber klar und eindeutig die Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden (BGE 122 V 38 Erw. 3b mit Hinweisen). Ein Verschulden des Versicherten liegt somit vor, wenn und soweit der Eintritt oder das Andauern der Arbeitslosigkeit nicht objektiven Faktoren zuzuschreiben ist, sondern in einem nach den persönlichen Umständen und Verhältnissen vermeidbaren Verhalten liegt, für das die Versicherung nicht aufzukommen hat (ARV 1998 Nr. 9 S. 44 Erw. 2b mit Hinweisen). In beweisrechtlicher Hinsicht muss der Einstellungstatbestand mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erfüllt sein (ARV 1993/94 Nr. 31 S. 225 Erw. 3a).
2.- Streitig ist die Einstellung in der Anspruchsberechtigung.
a) Anlässlich des Beratungsgesprächs vom 20. Mai 1997 wies das RAV die Versicherte an, sich mit der Firma X.________ AG telefonisch in Verbindung zu setzen. Am 29. Mai 1997 meldete die Firma X.________ AG, dass die Beschwerdeführerin sie weder telefonisch noch persönlich kontaktiert habe und dass nach wie vor dringend jemand für diese Arbeit gesucht werde. In ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 1997 führte die Versicherte aus, dass ihr Ehemann noch am 20. Mai 1997 um 17.45 Uhr mit Frau K.________ von der Firma X.________ AG telefoniert habe, welche ihm mitteilte, dass eine Ferienablösung für Ende Juni, anfangs Juli gesucht werde und die Beschwerdeführerin sich dann wieder melden solle. Da sie jedoch zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Familie in die Ferien verreisen wolle, könne sie diesen Job nicht annehmen. Im Übrigen unternehme sie alles, um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden; dies beweise der am 5. Juni 1997 abgeschlossene Arbeitsvertrag. Das AWA hielt in seiner Verfügung vom 23. Juni 1997 fest, dass Frau K.________ um die angegebene Zeit nicht mehr im Büro erreichbar sei, sie sich an kein Gespräch mit dem Ehemann der Versicherten erinnern könne und die Ferienaushilfe für Juli und August gebraucht werde; zudem seien für die fragliche Zeit gemäss Auskunft des Gemeindearbeitsamtes keine Ferien angegeben worden. An der Verhandlung vom 4. Mai 2000 führte der Ehemann der Beschwerdeführerin aus, dass er ganz sicher bei der Firma X.________ AG angerufen und geglaubt habe, mit der zuständigen Person zu sprechen; 1997 sei ein schlimmes Jahr gewesen und man habe nicht einmal Ferien machen können.
b) Die Versicherte wäre auf Grund der ihr obliegenden Schadenminderungspflicht (Art. 17 Abs. 1 AVIG) gehalten gewesen, selbst eine befristete Arbeitsstelle anzutreten.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sie angeblich Ferien mit ihrer Familie plante, nachdem sie diese vorgängig beim Gemeindearbeitsamt nicht angemeldet hatte und die Familie in diesem Jahr sodann gar nicht in die Ferien verreiste. Die Tatsache, dass sie ab Mitte August 1997 eine neue Stelle antreten konnte, vermag sie ebenfalls nicht zu entlasten; denn einerseits war ihr diese Arbeit bei Ablehnung der zugewiesenen Stelle noch nicht zugesichert, und andererseits wäre die Ferienaushilfe - so wie die Beschwerdeführerin sie verstand (Ende Juni, anfangs Juli) - noch vor Antritt der neuen Stelle beendet gewesen.
Nach dem Gesagten ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass die Versicherte eine ihr zumutbare Arbeit abgelehnt hat. Somit ist die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bereits aus diesem Grund gerechtfertigt, und es kann offen bleiben, ob sie sich bei der Firma X.________ AG telefonisch gemeldet hat oder nicht.
c) Gemäss Art. 45 Abs. 3 AVIV stellt die Ablehnung einer zumutbaren Stelle ohne entschuldbaren Grund ein schweres Verschulden dar, weshalb die Einstellung für 31 bis 60 Tage vorgesehen ist (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV; vgl. auch ARV 1999 Nr. 33 S. 196 Erw. 3a). Das AWA hat sich in seiner Verfügung vom 23. Juni 1997 an den untersten Rahmen der Einstellungsdauer gehalten. Die Einstellung in der Anspruchsberechtigung ist auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Arbeitslosenversicherung, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau,
Abteilung Arbeitslosenkasse, und dem Staatssekretariat
für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 11. Juni 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin:
i.V.