BGer 6S.295/2001
 
BGer 6S.295/2001 vom 24.08.2001
[AZA 0/2]
6S.295/2001/bie
KASSATIONSHOF
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24. August 2001
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des
Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Bundesrichterin
Escher und Gerichtsschreiber Borner.
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In Sachen
J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Claude Janiak, Hauptstrasse 104, Binningen,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
betreffend
mehrfache Urkundenfälschung
(Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichtsausschusses des Kantons Basel-Stadt vom 12. Januar 2001 [ZZ 6/2000/ASC/so]), hat sich ergeben:
A.- Der in Basel praktizierende Advokat Dr. J.________ war seit der am 9. Dezember 1987 durch D.________ erfolgten Gründung Protektor des liechtensteinischen Trusts "The D.________ Settlement". In dieser Funktion hatte er seine Zustimmung zur Verwaltung einschliesslich Kreditaufnahme und Verpfändung des Trustvermögens durch die C.________ AG in Vaduz zu erteilen. D.________ entwickelte nach der Gründung des Trusts über eine Reihe von ihm beherrschter Firmen eine rege Geschäftstätigkeit. Im Rahmen dieser Aktivitäten nahm er im eigenen Namen wie auch in dem des Trusts oder einer seiner Firmen bei verschiedenen Finanzinstituten Kredite auf.
Am 9. Januar 1989 gewährte die G.________ Ltd.
in London dem "D.________ Settlement" ein Darlehen über £ 600'000.--. Als Sicherheit wurden unter anderem dem Trustvermögen gehörende Aktien der British Petroleum und der British Gas in Pfand gegeben. J.________ unterzeichnete am 10. Januar 1989 als Protektor den Kreditvertrag. Gleichentags bestätigte er der G.________ Ltd. auf dem Briefpapier seiner Anwaltskanzlei, dass er sich der Sicherstellungsfunktion der Aktien bewusst sei, diese bis zur formellen Verpfändung zu ihren Gunsten in seinem Besitz halte und nicht ohne ihre schriftliche Zustimmung herausgeben werde. Im Hinblick auf eine Kreditverlängerung bestätigte J.________ der G.________ Ltd. am 27. April 1990, dass er die Aktien weiterhin für sie als Sicherheit halten werde und dafür besorgt sei, dass sie ihrer Zürcher Niederlassung übergeben würden.
Im Rahmen einer erneuten Kreditverlängerung bestätigte J.________ am 18. März 1991 ein drittes Mal, die besagten Aktien für die G.________ Ltd. zu halten. In Wirklichkeit hatte er die Aktien weder gesehen noch jemals in Händen gehabt.
Am 5. Juni 1990 unterzeichnete D.________ namens der von ihm beherrschten T.________ Ltd. mit der Bank Z.________ einen Kreditvertrag über £ 1'500'000.--. Als Sicherheit dienten sämtliche gegenwärtigen und künftigen Vermögenswerte des "D.________ Settlement", die der Bank verpfändet wurden. Das gesamte Aktienkapital der Bank Z.________ wurde am 2. November 1990 von der Bank X.________ in Zürich (heute Bank Y.________) übernommen. Der Übernehmerin wurde ein nachgeführtes Vermögensverzeichnis des Trusts ausgehändigt, welches J.________ am 27. Februar 1991 als zutreffend bestätigte und lediglich um eine Verbindlichkeit des Trusts zugunsten der T.________ Ltd. ergänzte. Die Bank verzichtete daraufhin auf das ihr im Übernahmevertrag eingeräumte Recht, bezüglich gewisser Kreditpositionen der Bank Z.________ Vorbehalte anzubringen und gewährte der T.________ Ltd. am 15. Mai 1991 einen weiteren Kredit über £ 1'000'000.-- sowie D.________ persönlich einen solchen über £ 1'500'000.--; letzterer diente der Ablösung des am 5. Juni 1990 der T.________ Ltd. gewährten Kredits. Wie sich später herausstellte, entsprach das von J.________ als korrekt bezeichnete Vermögensverzeichnis in keiner Weise der Wirklichkeit.
B.- Das Strafgericht Basel-Stadt sprach J.________ am 5. November 1998 der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von sieben Monaten. Von der Anklage des mehrfachen Betrugs sprach es ihn frei und auf die Zivilbegehren der Bank Y.________ trat es nicht ein.
Auf Appellation des Verurteilten und Anschlussappellation der Bank Y.________ bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 17. Dezember 1999 das erstinstanzliche Urteil, wobei es die Schadenersatzforderung der Bank auf den Zivilweg verwies.
Das Bundesgericht hiess die von J.________ dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde am 10. Oktober 2000 gut, soweit es darauf eintrat, und hob das Urteil des Appellationsgerichts auf.
C.- Mit Urteil vom 12. Januar 2001 (Verf. Nr. ZZ 6/2000/ ASC/so) bestätigte das Appellationsgericht den erstinstanzlichen Entscheid erneut und wies das Entschädigungs- und Genugtuungsbegehren von J.________ ab.
D.-J.________ beantragt mit Nichtigkeitsbeschwerde, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und er sei freizusprechen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, ihn freizusprechen.
Die ordentlichen und ausserordentlichen Kosten sämtlicher Instanzen seien der Staatsanwaltschaft aufzuerlegen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt schliesst auf Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt beantragt, gestützt auf das angefochtene Urteil, auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten, eventualiter diese abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Hält der Kassationshof die Beschwerde im Strafpunkt für begründet, so hebt er den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurück (Art. 277ter BStP). Auf die Rechtsbegehren kann nur in diesem Umfang eingetreten werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde an den von der kantonalen Behörde festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer ergänzende Ausführungen hiezu macht oder die Beweiswürdigung der Vorinstanz kritisiert, ist er im vorliegenden Verfahren nicht zu hören.
2.-Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der Falschbeurkundung. Er sieht in der rechtlichen Qualifikation seiner Erklärungen gegenüber den Banken als Urkunde sowie im Vorwurf, jemandem vorsätzlich oder eventualvorsätzlich einen unrechtmässigen Vorteil verschafft zu haben, Bundesrecht verletzt.
a) Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird. Mittel zum Beweis kann nur sein, was generell geeignet ist, Beweis zu erbringen.
Als Urkunden gelten daher unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Tragweite zu beweisen (Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB). Der Urkundencharakter eines Schriftstückes ist indessen relativ, das heisst, er kann auf einzelne Inhalte zutreffen und auf andere nicht. Die Beweisbestimmung eines Schriftstücks kann sich nach der Praxis einerseits unmittelbar aus dem Gesetz ergeben und anderseits aus dessen Sinn und Natur abgeleitet werden. Ebenfalls nach Gesetz oder aber nach der Verkehrsübung bestimmt sich, ob und inwieweit einer Schrift Beweiseignung zukommt (BGE 125 IV 17 E. 2a/aa; 273 E. 3a/aa je mit Hinweisen).
Eine Falschbeurkundung nach Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen.
Im Unterschied zur Urkundenfälschung im eigentlichen Sinn, welche das Herstellen einer unechten Urkunde erfasst, deren wirklicher Aussteller mit dem aus ihr ersichtlichen Autor nicht identisch ist, betrifft die Falschbeurkundung die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der also der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen. Nach allgemeiner Ansicht stellt die einfache schriftliche Lüge indes keine Falschbeurkundung dar. Eine qualifizierte schriftliche Lüge im Sinne der Falschbeurkundung wird nach der neuern bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur angenommen, wenn der Urkunde eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihr daher ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Dies ist der Fall, wenn allgemein gültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen hingegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf entsprechende Angaben verlässt (BGE 125 IV 17 E. 2a/aa).
b) Vorliegend stehen eine Reihe von unwahren Erklärungen gegenüber Finanzinstituten in Frage. So hat der Beschwerdeführer auf dem Briefpapier seiner Anwaltskanzlei gegenüber der G.________ Ltd. drei Mal wahrheitswidrig bestätigt, im Besitz bestimmter Aktien zu sein und diese als Sicherheit für einen Kredit zu halten, den die Adressatin dem "D.________ Settlement" ausgerichtet hatte. Dann bestätigte er als Protektor eines Trusts gegenüber der Bank X.________ als Übernehmerin der Bank Z.________ dessen Vermögensverzeichnis in wahrheitswidriger Weise als zutreffend.
Wer als Anwalt auftritt, tut dies in der Regel aufgrund einer Bewilligung. Er hat sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit an die Standesregeln des Anwaltsberufes zu halten und untersteht daher staatlicher Aufsicht. Diese Bedingungen verschaffen dem Anwalt eine besondere Vertrauensstellung gegenüber dem Publikum. Aufgrund dieser ist er zu wahrheitsgetreuen Angaben verpflichtet und deshalb gegenüber Dritten auch besonders glaubwürdig. Der Beschwerdeführer gab seine wiederholten Erklärungen als Mitinhaber einer renommierten Anwaltskanzlei gegenüber einer ausländischen Bank auf deren Ersuchen ab. Diese Position ist durchaus vergleichbar mit den von der Rechtsprechung bejahten Fällen von Falschbeurkundung (Übersicht und Hinweise in BGE 125 IV 273 E. 3a/bb).
Als Protektor des Trusts hatte der Beschwerdeführer seine Zustimmung zur Verwaltung einschliesslich Kreditaufnahme und Verpfändung des Trustvermögens durch die Treuhänderin zu erteilen. Mit dieser Garantenstellung kam ihm zweifellos eine erhöhte Vertrauensstellung zu, wie die Vorinstanz zu Recht unter Hinweis auf die eingehende Begründung des Strafgerichts Basel-Stadt festhält (Urteil vom 5. November 1998 S. 14 f.).
Was der Beschwerdeführer zu seinen wahrheitswidrigen Erklärungen ausführt, ändert nichts an der Qualifikation als Falschbeurkundung. Dem Verfasser eines Dokumentes z.B.
in Gestalt einer garantenähnlichen Stellung kommt erhöhte Glaubwürdigkeit zu, auch wenn das Dokument rechtlich betrachtet keine Bürgschaft oder Garantieerklärung darstellt.
Auch aus dem anschliessenden Gebrauch einer Erklärung durch den Adressaten in einem konkreten Fall kann noch nicht auf das Fehlen einer Urkunde geschlossen werden. Im Übrigen erschöpfen sich die Darlegungen des Beschwerdeführers im Wesentlichen in unzulässigen Vorbringen.
c) Die Absicht, sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, dient der Abgrenzung des Urkundenstrafrechts gegenüber einem wenig ernst gemeinten und daher strafrechtlich irrelevanten Verhalten. Beim Vorteil genügt jede Besserstellung, auf die kein Anspruch besteht. Nicht massgebend ist hingegen, ob der Vorteil auch tatsächlich erlangt wird (BGE 114 IV 126 E. 2c). Nach bundesgerichtlicher Praxis genügt auch die Eventualabsicht (BGE 102 IV 191 E. 4).
d) Vorliegend stellt die Vorinstanz fest, dass dem Beschwerdeführer klar sein musste, dass die G.________ Ltd.
dem "D.________ Settlement" überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu den damaligen Konditionen einen Kredit gewährt und diesen anschliessend verlängert hätte, falls er der Sicherstellungsvereinbarung nicht zugestimmt und die Bestätigung über den Verbleib der Aktien nicht unterzeichnet hätte.
Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen war dem Beschwerdeführer anlässlich der Übernahme der Bank Z.________ durch die Bank X.________ auch bekannt, wofür der Vermögensstatus des "D.________ Settlement" und seine Bestätigung benötigt wurden.
Gestützt auf diese Erkenntnisse durfte die Vorinstanz zum Schluss kommen, dass dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass seine Erklärungen für D.________ beziehungsweise die T.________ Ltd. im Rahmen von Kreditverhandlungen von Vorteil sein könnten. Worin der Vorteil genau bestanden hatte, spielt keine Rolle.
Der Beschwerdeführer holt auch hier zu einer Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz aus, was nicht zulässig ist. Zudem geht es nicht an, von der angeblich nicht eingetretenen Schädigung der Banken auf das Fehlen einer Vorteilsabsicht zu schliessen.
3.- Nach den vorstehenden Ausführungen erweist sich die Nichtigkeitbeschwerde als unbegründet. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 24. August 2001
Im Namen des Kassationshofes
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: