BGer 1P.573/2001
 
BGer 1P.573/2001 vom 16.11.2001
[AZA 0/2]
1P.573/2001/mks
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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16. November 2001
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Aeschlimann, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Steinmann.
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In Sachen
X.________, z.Zt. in der Strafanstalt Pöschwies, Regensdorf, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Max Birkenmaier, Walchestrasse 17, Zürich,
gegen
Direktion der kantonalen Strafanstalt Pöschwies, Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich,
betreffend
disziplinarische Bestrafung,
hat sich ergeben:
A.- X.________ steht im Strafvollzug in der kantonalen Strafanstalt Pöschwies. Am 24. Januar 2001 kam es dort beim Mittagessen zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem diensttuenden Aufseher. X.________ warf darauf sein gefülltes Essgeschirr gegen das Fenster.
Wegen dieses Vorfalls bestrafte die Direktion der Strafanstalt X.________ am 24. Januar 2001 disziplinarisch mit einer Woche Gruppenausschluss und ordnete die Schadensübernahme an; einem allfälligen Rekurs wurde vorsorglich die aufschiebende Wirkung entzogen.
In der Folge erhob X.________ gegen den Disziplinarentscheid Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich. Diese wies den Rekurs mit Entscheid vom 29. Juni 2001 ab. Sie auferlegte dem Rekurrenten die Verfahrenskosten, schrieb sie indessen wegen Unerhältlichkeit sogleich ab.
B.- Gegen diesen Entscheid der Direktion der Justiz und des Innern führt X.________ mit Eingabe vom 4. September 2001 staatsrechtliche Beschwerde und verlangt dessen Aufhebung.
Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Er macht eine Verletzung von Art. 9 und 29 BV geltend. Auf die Begründung im Einzelnen ist, soweit erforderlich, in den Erwägungen einzugehen.
Die Direktion der Justiz und des Innern beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Direktion der Strafanstalt hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerdeschrift die Spannungen zwischen ihm und der Strafanstalt dar, macht auf verschiedene Vorfälle und disziplinarische Sanktionen aufmerksam und weist auf seine Bemühungen hin, zu einer Lösung zu gelangen, das Mittagessen mit dem von ihm und andern Insassen geäusserten Bedürfnis nach sportlicher Betätigung zu vereinbaren.
Die vorliegende Beschwerde bezieht sich von ihrem Streitgegenstand her einzig auf den Vorfall vom 24. Januar 2001. In dieser Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, die Direktion der Strafanstalt und die Direktion der Justiz und des Innern hätten den Sachverhalt nicht hinreichend abgeklärt, Beweisanträge abgelehnt, den Offizialgrundsatz nach § 7 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG) verletzt und ihm dadurch in Missachtung von Art. 9 und 29 BV das rechtliche Gehör verweigert.
a) Der Umfang des rechtlichen Gehörs und der Untersuchungsmaxime bestimmt sich in erster Linie nach dem kantonalen Recht, dessen Anwendung das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde auf Willkür hin überprüft (BGE 124 I 49 E. 3a S. 51, 124 I 241 E. 2 S. 242 f., mit Hinweisen).
Soweit die bundesverfassungsrechtlichen Garantien nach Art. 29 BV in Frage stehen, hat der Betroffene Anspruch darauf, vor dem Erlass einer ihn betreffenden Verfügung angehört zu werden, erhebliche Beweise beizubringen und in die Akten Einsicht zu nehmen. Dem Mitwirkungsrecht des Betroffenen entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Partei entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242, mit Hinweisen). Das Beweisverfahren kann indessen geschlossen werden, wenn die Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind oder wenn aufgrund bereits abgenommener Beweise ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung weitere Beweiserhebungen als entbehrlich erscheinen. Das Bundesgericht greift auf staatsrechtliche Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211, mit Hinweisen).
b) Dem Beschwerdeführer ist vorgeworfen worden, das Essgeschirr (der Anstalt) gegen das Fenster geworfen zu haben. Dieser Vorwurf wird von ihm nicht bestritten: Weder in der staatsrechtlichen Beschwerde noch in den kantonalen Rekursen (von ihm selber bzw. von seinem Rechtsvertreter) wird behauptet, das Geschirr nicht gegen das Fenster geworfen zu haben. Im Rekurs vom 13. Februar 2001 wird als zutreffend bezeichnet, "dass der Rekurrent schliesslich das Essgeschirr zum Fenster hinauswarf und dass dieses an den Gitterstäben zerbarst". Der Rekurrent habe ein Zeichen setzen wollen.
In Anbetracht dieser Umstände durfte die Direktion der Justiz und des Innern ohne weiteres davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer sein Geschirr tatsächlich gegen das Fenster geworfen hat. Bei dieser Sachlage brauchten zu diesem Umstand keine weiteren Beweise mehr erhoben zu werden.
Es ist nicht ersichtlich, weshalb die vom Beschwerdeführer genannten Zeugen hätten einvernommen werden müssen.
Zudem erweist sich der Antrag um Zeugenbefragung als widersprüchlich, wird doch im Rekurs vom 13. Februar 2001 ausgeführt, dass "sich im weiten Umkreis keine Mitgefangenen befanden". Es braucht daher auch nicht geprüft zu werden, ob vor der Direktion der Justiz und des Innern ein entsprechender Beweisantrag hinlänglich gestellt worden ist. Schliesslich verfügte die Direktion der Justiz und des Innern über die Akten sowie über die Vernehmlassung der Strafanstalt.
Bei dieser Sachlage hat die Direktion der Justiz und des Innern weder das kantonale Verfahrensrecht noch Art. 29 BV verletzt, indem sie ihrem Entscheid den Vorwurf zugrunde legte, dass der Beschwerdeführer sein Geschirr gegen das Fenster geworfen habe.
c) Die Vorbringen des Beschwerdeführers betreffen im Grunde genommen mehr die Umstände, wie und warum es zu der Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Aufseher gekommen ist. Diese könnten zudem in Zusammenhang mit früheren Auseinandersetzungen gesetzt werden.
Ob die Direktion der Justiz und des Innern diese Umstände aus der Sicht des Beschwerdeführers hinreichend abgeklärt hat, kann indessen offen bleiben. Entscheidend ist vielmehr, dass sie das Verhalten des Beschwerdeführers - das Werfen des Geschirrs gegen das Fenster - unabhängig von diesen Umständen und unabhängig vom Verhalten des Aufsehers sowohl im angefochtenen Entscheid als auch in der Vernehmlassung als unzulässig bezeichnete. Bei dieser Würdigung, die der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zieht, brauchten auch in dieser Hinsicht keine Beweiserhebungen vorgenommen zu werden.
2.- Demnach erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
In Anbetracht dieses Resultates kommt der Frage, ob der vorsorgliche Entzug der aufschiebenden Wirkung im kantonalen Verfahren vor der Verfassung standhalte, keine praktische Bedeutung mehr zu, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nach Art. 152 OG. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers kann ohne weiteres angenommen werden. Hingegen erweist sich die Beschwerde von vornherein als aussichtslos. Das Gesuch ist daher abzuweisen.
In Anbetracht der Bedürftigkeit rechtfertigt es sich indessen, auf Kosten zu verzichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
3.- Es werden keine Kosten erhoben.
4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Direktion der kantonalen Strafanstalt Pöschwies sowie der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 16. November 2001
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: