BGer K 78/2001 |
BGer K 78/2001 vom 02.04.2002 |
[AZA 7]
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K 78/01 Gi
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IV. Kammer
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari;
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Gerichtsschreiber Hochuli
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Urteil vom 2. April 2002
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in Sachen
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B.________, 1947, Beschwerdeführer,
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gegen
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Die Eidgenössische Gesundheitskasse, Brislachstrasse 2, 4242 Laufen, Beschwedegegnerin,
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und
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Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
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A.- B.________, geboren 1947, war mit seiner 1971 geborenen Ehefrau und seiner 1994 erstgeborenen Tochter im Jahr 1998 bei der Eidgenössischen Gesundheitskasse (EGK; nachfolgend: Kasse) nach KVG obligatorisch krankenpflegeversichert sowie in den Monaten Januar und Februar 1998 im überobligatorischen Bereich zusatzversichert, als er - mit der Bezahlung der Krankenversicherungsprämien in Rückstand geraten - am 1. November 1998 die Schweiz verliess, ohne sich und seine Familie zuvor bei der zuständigen Einwohnerkontrollstelle in St. Gallen abgemeldet zu haben.
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Nach einer Reise durch Frankreich, Spanien, Portugal und Marokko kehrten sie am 4. oder 5. April 1999 wieder in die Schweiz zurück, wo die Ehefrau im Juni 1999 eine zweite Tochter gebar.
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Am 7. Januar 2000 liess die Kasse B.________ in der Betreibung Nummer X.________ einen Zahlungsbefehl über eine Forderung von Fr. 2'156. 95 nebst Zins zu 5 % seit 10. September 1998 (zuzüglich Kosten und Spesen im Gesamtbetrag von Fr. 171.-) für "Prämienausstände sowie diverse Kostenbeteiligungen per 31. Dezember 1998" zustellen, wogegen die Ehefrau Rechtsvorschlag erhob. Mit Verfügung vom 18. Januar 2000 beseitigte die Kasse den Rechtsvorschlag, woran sie auf Einsprache hin fest hielt (Einspracheentscheid vom 9. Februar 2000).
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B.- B.________ führte dagegen Beschwerde und beantragte sinngemäss, er anerkenne die geltend gemachten Forderungen der Kasse bis Ende Oktober 1998. Er habe jedoch die Versicherung auf diesen Zeitpunkt gekündigt, da er sich und seine Familie bei der Kasse mündlich und auf unbestimmte Zeit ins Ausland abgemeldet habe. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde gestützt auf die Vernehmlassung der Kasse teilweise gut, indem es den gegen den Zahlungsbefehl erhobenen Rechtsvorschlag nur in dem Umfang aufhob, als der Versicherte der Kasse einen - infolge eines Rechenfehlers seitens der Kasse um Fr. 155.- reduzierten - Betrag von Fr. 2'001. 95 zuzüglich Fr. 60.- Mahn- und Fr. 20.- Umtriebsspesen sowie Fr. 70.- Betreibungskosten schulde (Entscheid vom 26. April 2001).
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert B.________ seinen vorinstanzlichen Antrag und ergänzt seine bisherige Begründung sinngemäss dahingehend, er und seine Familie hätten am 1. November 1998 den bisherigen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben, indem sie alsdann in ihrem Heim auf sechs Rädern gewohnt hätten. Sie seien "fest entschlossen" gewesen, sich "auf unbestimmt längere Zeit im Ausland niederzulassen". Infolge einer hartnäckigen Erkrankung seiner Ehefrau seien sie schliesslich gezwungen gewesen, sich an die "bessere medizinische Versorgung in der Schweiz zu wenden".
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Während die Kasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- a) Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw. 1b, je mit Hinweisen).
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b) Obwohl die Kasse im Einspracheentscheid auf weitere Zahlungsrückstände - nämlich eine per 1. Februar 2000 angeblich bestehende Schuld von Fr. 5'212. 00 - hingewiesen hatte, ist auf diese und allenfalls noch weitergehenden Forderungen der Kasse gegen den Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht einzugehen, da die Kasse, soweit ersichtlich, dazu bisher nicht verbindlich - in Verfügungsform - Stellung bezogen hat. In Bezug auf allfällige Prämienforderungen aus der umstrittenen Fortdauer des obligatorischen Krankenpflegeversicherungsverhältnisses sei lediglich auf die zu beachtende Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 3 KVV (BGE 125 V 266) hingewiesen.
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2.- a) Streitig ist einzig, ob der Beschwerdeführer der Kasse auch für die Monate November und Dezember 1998 Prämien von insgesamt Fr. 690.- (monatlich Fr. 147.- für B.________, Fr. 155.- für die Ehefrau und Fr. 43.- für die Tochter) schuldet. Ausdrücklich anerkannt hat er mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Restforderung gemäss angefochtenem Entscheid von Fr. 1'311. 95 (Fr. 2001. 95 minus Fr. 690.-) samt den ebenfalls unbestrittenen, durch die Vorinstanz zugesprochenen Spesen und Kosten im Gesamtbetrag von Fr. 150.-.
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b) Da somit nicht Versicherungsleistungen im Streit stehen, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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3.- Gemäss Art. 61 ff. KVG in Verbindung mit Art. 89 ff. KVV ist jede versicherte Person verpflichtet, - in der Regel monatlich zu bezahlende - Prämien zu entrichten. Die Vorinstanz hat die massgebende Rechtsprechung über die Vollstreckung der Prämienzahlungs- und Kostenbeteiligungspflicht der Versicherten gegenüber dem Versicherer (BGE 119 V 331 f. Erw. 2b mit Hinweisen; vgl. auch BGE 121 V 110 Erw. 2) korrekt dargelegt, weshalb darauf verwiesen wird.
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4.- Bezüglich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bestimmt Art. 5 Abs. 3 KVG, dass die Versicherung endet, wenn die versicherte Person der Versicherungspflicht nicht mehr untersteht, was - vorbehältlich Art. 3 Abs. 3 lit. b KVG - unter anderem mit der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland der Fall ist. Wohnsitz in der Schweiz stellt somit gestützt auf Art. 3 Abs. 1 KVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1KVG - abgesehen von Sonderfällen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und 3KVG - das massgebende Kriterium für die Versicherungspflicht nach KVG dar (vgl. Eugster, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 11).
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Da die Abmeldung bei der Einwohnerkontrolle nur eine Indiz für die Wohnsitzaufgabe ist, muss die Versicherungspflicht gestützt auf Art. 3 Abs. 1 KVG und auf Grund der ratio legis eines möglichst lückenlosen Versicherungsschutzes bestehen bleiben, wenn mit der Abmeldung schweizerischer Staatsangehöriger bei der hiesigen Einwohnerkontrolle oder ihrem Verlassen des schweizerischen Territoriums keine Begründung eines neuen Wohnsitzes im Ausland verbunden ist (Eugster, a.a.O., Rz 23 Fn 44, Maurer, Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 35 mit Hinweisen).
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5.- a) Im Wesentlichen beruft sich der Beschwerdeführer sinngemäss darauf, die Versicherung habe mit dem Verlassen der Schweiz am 1. November 1998 geendet, da er vor der Abreise ins Ausland bei der Kasse "persönlich vorgesprochen" und sich damit rechtsgenüglich abgemeldet habe.
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Demgegenüber bestreitet die Kasse, vor der Auslandabwesenheit von den Versicherten darüber informiert worden zu sein. Die vorinstanzliche Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer weder bei der Kasse noch bei der zuständigen Einwohnerkontrollbehörde vor der Ausreise aus der Schweiz am 1. November 1998 abgemeldet hatte, ist für das Eidg.
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Versicherungsgericht verbindlich (Erw. 2b).
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b) Die Vorinstanz legte im angefochtenen Entscheid mit ausführlicher Begründung, worauf verwiesen wird, zutreffend dar, dass die Familie des Beschwerdeführers am 1. November 1998 einzig zu Reisezwecken ins Ausland verreist waren, da sie während den gut vier Monaten ihrer Auslandabwesenheit insgesamt vier verschiedene Länder bereist hatten und - trotz gegenteiliger Behauptungen - in Bezug auf keinen der bereisten Orte konkrete Anhaltspunkte für die Begründung eines neuen Wohnsitzes (wie zum Beispiel die Hinterlegung von Ausweispapieren oder die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung) nachzuweisen vermochten. Aus der Gesamtheit der objektiven Umstände (vgl. ZAK 1990 S. 247 f. Erw.
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3a) konnte die Vorinstanz zu Recht nicht auf eine erkennbare Absicht des dauernden Verbleibens in Bezug auf einen der bereisten Orte schliessen. Dass der Beschwerdeführer und seine Familie am bisherigen Wohnort in der Schweiz den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen (BGE 125 V 77 Erw. 2a mit Hinweisen) beibehielten, dokumentierten sie unter anderem dadurch, dass sie hierher zurück kehrten und sich am 9. April 1999 bei der bisher zuständigen Einwohnerkontrollbehörde in St. Gallen meldeten, als die Ehefrau aus gesundheitlichen Gründen die "bessere medizinische Versorgung in der Schweiz" in Anspruch nehmen wollte. Offenbar sollte auch das zweite Kind (im Juni 1999) in der Schweiz geboren werden. Dies, obgleich sie es angeblich hassten, in der Schweiz zu leben. Im vorinstanzlichen Verfahren führten die Versicherten sinngemäss aus, sie hätten nur auf den richtigen Zeitpunkt (anfangs Juli 1999) gewartet, bis sie wieder in die Schweiz hätten zurück kehren und hier mit einer geeigneten neuen Wohnung rechnen können. Da der einmal begründete Wohnsitz in der Schweiz praxisgemäss bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen bleibt (Erw. 4), ist nach dem Gesagten der im vorinstanzlichen Entscheid vertretenen Auffassung, wonach der Beschwerdeführer und seine Familie - trotz vorübergehender Auslandsabwesenheit - weder ihren bisherigen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben noch einen neuen im Ausland begründet hatten, beizupflichten.
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c) Wird das Ende der Versicherung (abgesehen vom Tod des Versicherten) nach Art. 5 Abs. 3 KVG einzig durch das Ende der Versicherungspflicht bestimmt und liegt vorliegend diesbezüglich offensichtlich kein Sonderfall im Sinne von Art. 3 Abs. 2 oder 3 KVG (Erw. 4) vor, so ergibt sich aus der Nichtaufgabe des bisherigen Wohnsitzes in der Schweiz und der Nichtbegründung eines neuen Wohnsitzes im Ausland, dass das bestehende obligatorische Krankenpflegeversicherungsverhältnis mit der Kasse - zumindest mit Blick auf die vorliegend strittige Periode vom 1. November bis
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31. Dezember 1998 - fortbestand, weshalb die mit vorinstanzlichem Entscheid ausgesprochene Beseitigung des Rechtsvorschlages hinsichtlich Bestand und Umfang der Forderungen nicht zu beanstanden ist.
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6.- Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 156 Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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II.Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
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III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 2. April 2002
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der IV. Kammer:
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Der Gerichtsschreiber:
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