BGer 1P.221/2002 |
BGer 1P.221/2002 vom 01.05.2002 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.221/2002 /zga
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Urteil vom 1. Mai 2002
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
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Bundesrichter Nay, Aeschlimann,
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Gerichtsschreiber Pfäffli.
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Dr. X.________, Beschwerdeführer,
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gegen
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Rita Fuhrer, Regierungsrätin, Vorsteherin Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
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Beschwerdegegnerin,
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Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen Standes Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich.
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Ermächtigungsgesuch
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(Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen Standes Zürich vom 14. März 2002)
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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X.________ erstattete am 6. Dezember 2001 bei der Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen Standes Zürich Strafanzeige gegen Regierungsrätin Fuhrer, Vorsteherin der Direktion für Soziales und Sicherheit, wegen Verdachts auf betrügerische Vermögensschädigung, Erpressung, ev. Nötigung, Kreditschädigung, falsche Anschuldigung, Urkundenunterdrückung, ev. Urkundenfälschung. Die Geschäftsleitung überwies die Eingabe am 20. Dezember 2001 zu Bericht und Antrag an die Justizkommission des Kantonsrates. Am 14. Januar 2002 forderte die Justizkommission X.________ auf, seine Eingabe bis Ende Januar 2002 zu konkretisieren, ansonsten das Begehren um Ermächtigung im Sinne von § 38 Kantonsratsgesetz (KRG) von der Hand gewiesen werde. Dieser teilte mit Schreiben vom 30. Januar 2002 der Justizkommission u.a. mit, es stehe den Parlamentsdiensten nicht an, Untersuchungshandlungen vorzunehmen. Die Untersuchungsbehörde sei im vorliegenden Fall der Staatsanwalt, welcher über die Zulassung der Strafklage befinde und Strafantrag stellen werde. Es stehe kein Schriftenwechsel an, da an die Beschuldigung keine Bedingungen gestellt werden. Es genüge eine schriftliche oder mündliche Anzeige.
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2.
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Die Geschäftsleitung des Kantonsrates wies mit Beschluss vom 14. März 2002 das Ermächtigungsgesuch gegen die Vorsteherin der Direktion für Soziales und Sicherheit von der Hand. Zur Begründung führte sie zusammenfassend aus, die Ermächtigung zur Strafverfolgung setze voraus, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit überhaupt ein strafbarer Tatbestand vorliege. Das sei insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Sachverhalt keinerlei strafrechtlich relevanten Elemente aufweise oder wenn die Täterschaft der angezeigten Magistratsperson ausser Betracht falle. Der Gesuchsteller habe - trotz Aufforderung - keinerlei konkrete Hinweise beibringen können.
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3.
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Gegen diesen Beschluss der Geschäfsleitung des Kantonsrates erhob X.________ am 22. April 2002 staatsrechtliche Beschwerde.
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Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.
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4.
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Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur. Soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 127 II 1 E. 2c mit Hinweis).
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5.
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Gemäss Art. 366 Abs. 2 StGB sind die Kantone berechtigt, Bestimmungen zu erlassen, wonach die Strafverfolgung der Mitglieder ihrer obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden wegen Verbrechen oder Vergehen im Amte vom Vorentscheid einer nicht richterlichen Behörde abhängig gemacht und die Beurteilung in solchen Fällen einer besonderen Behörde übertragen wird. Wie im angefochtenen Entscheid ausgeführt, hat der Kanton Zürich von diesem Recht Gebrauch gemacht, indem er in § 38 Kantonsratsgesetz (KRG) ein Ermächtigungsverfahren u.a. für Mitglieder des Regierungsrates vorsieht. Gegen eine solche Person kann wegen einer in Ausübung des Amtes begangenen Handlung eine Strafuntersuchung nur eingeleitet werden, wenn der Kantonsrat dazu die Ermächtigung erteilt hat (§ 38 Abs. 1 KRG). Die Geschäftsleitung des Kantonsrates nimmt die Anzeigen und Ermächtigungsgesuche Dritter entgegen und unterbreitet diese dem Rat zum Entscheid. Offensichtlich unbegründete Anzeigen und Ermächtigungsgesuche kann die Geschäftsleitung ohne Weiterungen oder nach Beizug der Akten und einer schriftlichen Stellungnahme der betroffenen Person selbständig von der Hand weisen (§ 38 Abs. 2 KRG).
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6.
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Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 127 I 38 E. 3c mit Hinweisen). Diesen Anforderungen vermag die Eingabe vom 22. April 2002 in weiten Teilen nicht zu genügen. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
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7.
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Der Beschwerdeführer ist sinngemäss der Auffassung, das Ermächtigungsverfahren gemäss § 38 KRG verstosse gegen das Rechtsgleichheitsgebot und sei willkürlich, da Magistratspersonen dadurch priviliegiert würden.
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Das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV, Art. 4 aBV) und das eng mit diesem verbundene Willkürverbot (Art. 9 BV) gelten auch gegenüber den gesetzgeberischen Erlassen. Ein Erlass verstösst gegen das Willkürverbot, wenn er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist; er verletzt das Gebot der Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen (BGE 110 Ia 7 E. 2b mit Hinweisen; BGE 125 I 1 E. 2b/aa).
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Für das vom Beschwerdeführer beanstandete Ermächtigungsverfahren liegen klarerweise sachlich vertretbare Gründe vor. Es ist auch allgemein üblich. Im Interesse der Sicherung einer unabhängigen Verwaltung soll nicht jedermann ohne weiteres berechtigt sein, gegen Behördenmitglieder Strafverfahren einzuleiten. Die Beschwerde erweist sich insoweit als offensichtlich unbegründet.
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8.
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Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da der Kantonsrat seine Darlegungen nicht ernsthaft geprüft habe. Der Beschwerdeführer legt jedoch nicht dar, aufgrund welcher Angaben die Geschäftsleitung des Kantonsrates auf ein mögliches strafbares Verhalten von Regierungsrätin Fuhrer hätte schliessen müssen. Da er sich auf die blosse Behauptung bzw. Aufzählung von Straftatbeständen beschränkte, verletzte die Geschäftsleitung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, wenn sie das Ermächtigungsgesuch mit der gegebenen Begründung als offensichtlich unbegründet von der Hand wies.
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9.
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Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da sich die Beschwerde von vornherein als aussichtslos erwies (Art. 152 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht
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im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und der Geschäftsleitung des Kantonsrates des Eidgenössischen Standes Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Mai 2002
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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