BGer 5C.90/2002 |
BGer 5C.90/2002 vom 24.06.2002 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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5C.90/2002 /min
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Urteil vom 24. Juni 2002
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II. Zivilabteilung
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Bundesrichter Bianchi, Präsident,
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Bundesrichter Raselli, Ersatzrichterin Geigy-Werthemann,
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Gerichtsschreiber Zbinden.
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K.________,
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Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno Gebistorf, Falkengasse 3, Postfach 5345, 6000 Luzern 5,
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gegen
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B.________,
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Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin Edith Heimgartner, Postfach 6453, 6000 Luzern 6.
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Anordnung von Kindesschutzmassnahmen im Rahmen von Eheschutzmassnahmen,
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Berufung gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 6. März 2002.
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Sachverhalt:
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A.
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Am 8. Februar 2001 bewilligte die delegierte Richterin des Präsidenten II des Amtsgerichts Luzern-Stadt K.________ (Ehemann; Berufungskläger) und B.________ (Ehefrau; Berufungsbeklagte) gestützt auf Art. 175 ZGB für unbestimmte Zeit getrennt zu leben. Sie teilte die elterliche Obhut über die ehelichen Kinder der Ehefrau zu, regelte ferner das Besuchs- und Ferienrecht des Ehemannes und ordnete die Weiterführung der bereits mit Entscheid vom 19. Januar 2001 gemäss Art. 308 Abs. 2 ZGB errichteten Erziehungsbeistandschaft an. Sodann verpflichtete sie den Ehemann zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen an die drei Kinder und an die Ehefrau und traf weitere Anordnungen hinsichtlich des Getrenntlebens der Parteien.
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B.
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Auf Rekurs beider Parteien entzog das Obergericht des Kantons Luzern am 6. März 2002 beiden Parteien gestützt auf Art. 311 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB die elterliche Sorge (Ziff. 3.1), errichtete gestützt auf Art. 311 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 368 Abs. 1 ZGB über die drei Kinder eine Vormundschaft (Ziff. 3.2), beliess aber die Kinder bis zu einem anders lautenden Entscheid des Vormundes in der Obhut des Ehemannes (Ziff. 3.3). Ferner regelte das Obergericht das Besuchs- und Ferienrecht der Ehefrau und hob die Erziehungsbeistandschaft auf (Ziff. 5). Schliesslich legte es die vom Ehemann zu bezahlenden Unterhaltsbeiträge für die Kinder und für die Ehefrau in Abänderung des erstinstanzlichen Entscheides neu fest (Ziff. 6).
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C.
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Gegen diesen Entscheid hat der Ehemann sowohl staatsrechtliche Beschwerde (5P.151/2002) als auch Berufung (5C.90/2002) eingereicht. Mit Letzterer beantragt er, die Ziffern 3.1, 3.2, 3.3 und 5 des angefochtenen Entscheides seien aufzuheben und die Kinder unter seine Obhut zu stellen. Ferner sei eine Erziehungsbeistandschaft nach Art. 308 ZGB anzuordnen. Eventualiter sei die Sache zwecks Regelung der Kinderbelange im Sinne der Berufungsanträge und zur Neuregelung des Kostenpunktes an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt in seinen Gegenbemerkungen, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Es wurde keine Berufungsantwort eingeholt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Wird in der gleichen Sache sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben, so ist in der Regel zuerst über die staatsrechtliche Beschwerde zu befinden, und der Entscheid über die Berufung ist auszusetzen (Art. 57 Abs. 5 OG). Eine Ausnahme rechtfertigt sich namentlich dann, wenn - wie hier - auf die Berufung von vornherein nicht eingetreten werden kann (BGE 117 II 630 E. 1a).
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2.
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Die Berufung richtet sich gegen die im Rahmen der Regelung des Getrenntlebens nach Art. 175 ZGB getroffenen Kindesschutzmassnahmen. Der Berufungskläger äussert sich nicht zur Berufungsfähigkeit des von ihm angefochtenen Entscheides. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf eine Berufung eingetreten werden kann (BGE 124 III 382 E. 2a S. 385, 406 E. 1a in fine S. 419).
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2.1 Gemäss Art. 48 Abs. 1 OG ist die Berufung in der Regel erst gegen Endentscheide der oberen kantonalen Gerichte oder der sonstigen Spruchbehörden zulässig, die nicht durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel angefochten werden können. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berufung ist somit namentlich, dass es sich beim angefochtenen Entscheid um einen Endentscheid handelt.
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2.2 Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass letztinstanzliche kantonale Entscheide, in denen Eheschutzmassnahmen angeordnet oder verweigert werden, vom Rechtsuchenden nicht mit Berufung angefochten werden können (BGE 115 II 297 E. 2 S. 289 f. mit Hinweisen; 116 II 21 E. 1c S. 25 f.). In BGE 127 III 474 E. 2 S. 476 ff. hat es sich mit der gegen diese Rechtsprechung vorgetragenen Kritik auseinander gesetzt und im Ergebnis daran festgehalten, dass Eheschutzentscheide regelmässig keine Endentscheide im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG darstellen und deshalb ihre Berufungsfähigkeit zu verneinen ist. Begründet wird dies damit, dass kantonale Entscheide betreffend Erlass oder Ablehnung von Eheschutzmassnahmen im Regelfall provisorischen Charakter haben, da die in Art. 172 ff. ZGB vorgesehenen Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft nur solange aufrechterhalten bleiben, als aussergewöhnliche Verhältnisse vorliegen (BGE 127 III 474 E. 2b/aa S. 477 mit Hinweis auf BGE 115 II 297 E. 2 S. 299). Bei veränderten Verhältnissen passt der Richter auf Begehren eines Ehegatten die Massnahmen an oder hebt sie auf, wenn ihr Grund weggefallen ist (Art. 179 Abs. 1 ZGB). Das Bundesgericht soll sich aber grundsätzlich mit einer Streitsache nur einmal befassen müssen (Poudret, Commentaire de la loi d'organisation judiciaire, Band II, Bern 1990, N. 1.1.6 zu Art. 48 OG). Berufungsfähig ist ein kantonaler Entscheid daher nur, wenn damit das Schicksal des streitigen bundesrechtlichen Anspruchs besiegelt wird.
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2.3 Wie das Bundesgericht in BGE 116 II 21 E. 1d S. 26 betreffend die Anordnung der Gütertrennung im Eheschutzverfahren erwogen hat, sprechen erhebliche praktische Gründe gegen die Berufungsfähigkeit von Entscheiden über Eheschutzmassnahmen und für die ausschliessliche Zulassung der staatsrechtlichen Beschwerde; denn damit wird eine Gabelung des Rechtsweges im Bereiche der Eheschutzmassnahmen vermieden. Dies trifft auch auf Anordnungen betreffend die elterliche Sorge und betreffend Kindesschutzmassnahmen überhaupt zu. Werden solche Anordnungen im Rahmen eines Eheschutzverfahrens getroffen, so sind sie nicht auf Dauer ausgerichtet, d.h. es fehlt ihnen der definitive Charakter, weshalb sie nicht unter Art. 44 lit. d OG fallen und nicht berufungsfähig sind. Zur Anfechtung der im angefochtenen Entscheid des Obergerichtes getroffenen Kindesschutzmassnahmen (Ziff. 3.1, 3.2, 3.3 und 5) steht somit ebenso wie zur Anfechtung der Unterhaltsregelung nur die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung.
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3.
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Liegt somit kein kantonaler Endentscheid vor, so kann auf die Berufung nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Berufungskläger aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, da die Berufungsbeklagte nicht zur Berufungsantwort eingeladen worden ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Berufungskläger auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 24. Juni 2002
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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