BGer U 303/2000 |
BGer U 303/2000 vom 24.10.2002 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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U 303/00
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Urteil vom 24. Oktober 2002
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II. Kammer
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Besetzung
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Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Fessler
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Parteien
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L._______, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch den Verband T.________,
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gegen
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Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur
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(Entscheid vom 28. Januar 2000)
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1949 geborene L._______ arbeitete ab 1. April 1972 bei der Bauunternehmung Q.________ SA einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. Am 5. August 1997 wurde er während den Ferien von einem Metallsplitter am rechten Auge getroffen. Nach zwei operativen Eingriffen am 6. und 28. August 1997 mit Implantation einer Kunstlinse blieben ein praktisch vollständiger Verlust des Visus rechts sowie des stereoskopischen Sehens zurück. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Nach mehreren gescheiterten Versuchen der Wiederaufnahme der Arbeit wurde L._______ vom 27. April bis 24. Juli 1998 in der Eingliederungsstätte X.________ im Rahmen beruflicher Massnahmen der Invalidenversicherung in Bezug auf Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit sowie die realistischen Einsatzmöglichkeiten im handwerklichen Bereich abgeklärt. In dieser Zeit klagte er neben Schmerzen im rechten Auge auch über Gleichgewichtsstörungen und orthostatische Beschwerden sowie über etwa zweimal im Monat auftretende Sehstörungen am linken Auge. Nach einem konsiliarischen Untersuch durch den Neurologen Dr. med. C.________ am 3. Dezember 1998 und nach Mitteilung vom 4. Januar 1999, dass das Taggeld auf Ende des Monats eingestellt werde, sprach die SUVA mit Verfügung vom 10. Februar 1999 L._______ eine ab 1. Februar 1999 laufende Invalidenrente von monatlich Fr. 377.-- (Invaliditätsgrad: 10 %) sowie eine Integritätsentschädigung von Fr. 29'160.-- (Integritätseinbusse: 30 %) zu. Auf Einsprache hin ordnete die Anstalt auf Vorschlag des Dr. med. F.________, FMH für Ophthalmologie, vom Ärzteteam Unfallmedizin eine konsiliarische Untersuchung in der Augenklinik des Spitals Y.________ an. Gestützt auf den Bericht des Oberarztes der Klinik, Dr. med. V._______, vom 6. Mai 1999 bestätigte die SUVA mit Entscheid vom 10. August 1999 die angefochtene Verfügung.
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B.
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Die von L._______ hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher er sinngemäss die Zusprechung einer höheren Rente und eventualiter die Rückweisung zu weiteren Abklärungen beantragte, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 28. Januar 2000 ab.
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C.
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L._______ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Rechtsbegehren, es seien Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid aufzuheben und ihm eine Rente auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 70 % zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die SUVA zurückzuweisen.
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Die SUVA beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat keine Vernehmlassung eingereicht.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der Einspracheentscheid vom 10. August 1999 blieb in Bezug auf die Integritätsentschädigung unangefochten. Die Vorinstanz hat diesen Punkt zufolge Teilrechtskraft richtigerweise nicht in die Prüfung miteinbezogen (BGE 125 V 413 und 119 V 347 sowie RKUV 1999 Nr. U 323 S. 98).
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2.
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Das kantonale Gericht hat den Anspruch auf eine Invalidenrente in dem von der SUVA festgelegten Umfang von 10 % im Wesentlichen mit folgender Begründung bestätigt: Gemäss Gutachten des Dr. med. V._______ vom 6. Mai 1999 bestehe bei Tätigkeiten, die das stereoskopische Sehen nicht stark beanspruchten, wie z.B. als Gärtner, keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Auf diese klare fachärztliche Einschätzung sei abzustellen. Somit sei der Beschwerdeführer für gewisse geeignete Arbeiten zu 100 % arbeitsfähig. Die von der SUVA beigezogenen Vergleichstätigkeiten gemäss ihrer Dokumentation über Arbeitsplätze (DAP) trügen der Gesundheitsschädigung angemessen Rechnung. Insbesondere habe der Unfallversicherer glaubhaft dargelegt, dass die fraglichen Beschäftigungen nur in staubfreier Umgebung durchgeführt werden müssten und auch kein stereoskopisches Sehen erforderten. Somit könne für die Ermittlung des Invalideneinkommens auf den Verdienst abgestellt werden, den der Beschwerdeführer an einem solchen Arbeitsplatz erzielen würde. Von diesen Löhnen sei rechtsprechungsgemäss kein so genannter leidensbedingter Abzug vorzunehmen, zumal nicht anzunehmen sei, der Versicherte hätte als Teilinvalider eine erhebliche, über die verminderte Arbeitsfähigkeit hinausgehende Erwerbseinbusse in Kauf zu nehmen.
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3.
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3.1 Entgegen der Vorinstanz kann vorliegend für die Bestimmung des Invalideneinkommens nicht ohne weiteres auf die von der SUVA als trotz unfallbedingter gesundheitlicher Beeinträchtigung noch zumutbar bezeichneten Tätigkeiten gemäss DAP-Blätter Nr. 708, 957, 1264, 1279 und 1339 abgestellt werden. Vorab trifft zu, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sinngemäss zu Recht geltend gemacht wird, dass das in diesem Zusammenhang verwendete Standardformular «Zumutbarer Arbeitsplatz» nach den körperlichen Anforderungen (wie Heben und Tragen, Hantieren mit Werkzeugen, Haltung/Beweglichkeit, längerdauernde Haltung und Fortbewegung) einer bestimmten Tätigkeit fragt, so ob beispielsweise Arbeiten über Kopfhöhe nie/selten/manchmal/oft/sehr oft auszuführen sind. Hingegen wird nicht nach den Anforderungen an die Sinnesorgane, insbesondere die Augen, differenziert. Sehbehinderungen werden vom Anforderungsprofil her lediglich insofern erfasst, als nach der Häufigkeit des Gehens auf unebenem Gelände, des Treppensteigens sowie Besteigens von Leitern gefragt wird. Dass insoweit die fraglichen Tätigkeiten zumutbar sind, steht ausser Diskussion. Anderseits ist unklar, ob damit allen wesentlichen arbeitsmässigen Einschränkungen Rechnung getragen wird, welche sich aus dem Augendefekt, insbesondere dem fehlenden stereokopischen Sehen, ergeben. Unter der Rubrik «Arbeitsplatzbeschrieb» auf den dem Einspracheentscheid vom 10. August 1999 beigelegten DAP-Blättern werden lediglich die hauptsächlichen Verrichtungen genannt, welche die betreffende Tätigkeit umfasst. Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass allfällige Beeinträchtigungen des Sehvermögens sich auf bestimmte dieser Arbeiten, insbesondere wo es um Überwachungsaufgaben geht, auswirken, lässt sich daraus nicht entnehmen.
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3.2 Die vom kantonalen Gericht und von der SUVA als zumutbar erachteten Tätigkeiten können auch aus folgendem Grund nicht ohne weiteres für die Ermittlung des Invalideneinkommens herangezogen werden. Dr. med. V._______, welcher den Beschwerdeführer am 3. Mai 1999 ophthalmologisch untersuchte, hat zur Frage, ob es wegen der Unfallfolgen am rechten Auge zu einer Überbeanspruchung des bisher gesunden linken Auges mit entsprechenden Sehstörungen gekommen sei, und wenn ja, in welcher Hinsicht dadurch die Leistungsfähigkeit eingeschränkt werde, Folgendes ausgeführt: «Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten und hängt sehr davon ab, ob das betroffene Auge vor dem Unfall das dominante Auge war oder nicht. Dies konnte ich nicht eruieren. Eine Überbeanspruchung des gesunden Auges (...) bei Monokelsituation ist gut bekannt. Inwieweit dadurch die Leistungsfähigkeit von Herrn L. eingeschränkt ist, hängt vorwiegend von der Art seiner Tätigkeit ab. Von mir aus gesehen sind Tätigkeiten, die das stereoskopische Sehen nicht stark beanspruchen, wie z.B. eine Tätigkeit als Gärtner, ohne Einschränkung durchführbar.» (Bericht vom 6. Mai 1999). Mit diesem Beispiel nahm Dr. V._______ darauf Bezug, dass der Beschwerdeführer in der Eingliederungsstätte X.________ während fünf Wochen im technischen Dienst der Gärtnerei eingesetzt war. Wegen einer vom Hausarzt Dr. O.________, Innere Medizin FMH, erwähnten Empfindlichkeit des linken Auges und einer bei anstrengenden Arbeiten auftretenden Migräne (Bericht vom 22. Mai 1998) habe der Beschwerdeführer dort allerdings nur rund fünf Stunden täglich eingesetzt werden können, wobei er eine Arbeitsleistung von 60 bis 70 % erbracht habe (Bericht vom 21. Juli 1998). Aufgrund der Zumutbarkeitsbeurteilung durch Dr. V._______ und die Feststellungen in der Eingliederungsstätte X.________ ist eine reduzierte Leistungsfähigkeit an den von der SUVA genannten Arbeitsplätzen sowie im technischen Dienst einer Gärtnerei nicht ausgeschlossen, und zwar selbst dann nicht, wenn die betreffenden Tätigkeiten auch unter Berücksichtigung des fehlenden stereoskopischen Sehens grundsätzlich in Betracht fielen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass gemäss Bericht des Neurologen Dr. med. C.________ vom 4. Dezember 1998 mässige bis deutliche interokuläre Schmerzen bestehen, welche im Sinne sicherer Kausalität auf die rechtsseitige Augenverletzung zurückzuführen sind.
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3.3 Nach dem Gesagten wird die SUVA ein externes Gutachten zur Frage einzuholen haben, inwiefern die Arbeitsfähigkeit unfallbedingt eingeschränkt ist, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass das Leistungsvermögen wegen der Sehbehinderungen, namentlich der geringeren Belastbarkeit des linken Auges reduziert ist. Gestützt darauf wird die Anstalt die zumutbaren Erwerbstätigkeiten zu bezeichnen haben und auf dieser Grundlage das Invalideneinkommen neu ermitteln. In diesem Sinne ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Eventualstandpunkt begründet.
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4.
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Dem Prozessausgang entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 135 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 28. Januar 2000 und der Einspracheentscheid vom 10. August 1999 aufgehoben, und es wird die Sache an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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4.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 24. Oktober 2002
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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