BGer C 24/2003
 
BGer C 24/2003 vom 16.05.2003
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 24/03
Urteil vom 16. Mai 2003
III. Kammer
Besetzung
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Nussbaumer
Parteien
M.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Ehemann L.________
gegen
Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn, Untere Sternengasse 2, 4500 Solothurn, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn
(Entscheid vom 27. November 2002)
Sachverhalt:
A.
Die mit dem schweizerischen Staatsangehörigen L.________ verheiratete M.________, Staatsangehörige von Kamerun, reiste am 8. März 2002 in die Schweiz ein. Am 6. Juni 2002 gebar sie eine Tochter. Mit Antrag vom 8. August 2002 meldete sie sich bei der Arbeitslosenversicherung zum Leistungsbezug im Rahmen von 50 % einer Vollzeitbeschäftigung an. Mit Verfügung vom 30. August 2002 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn einen Leistungsanspruch ab 8. August 2002 bis auf weiteres, da sich M.________ weder über die Mindestbeitragszeit von sechs Monaten noch über einen Beitragsbefreiungsgrund ausweisen könne.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 27. November 2002 ab.
C.
M.________ lässt durch ihren Ehemann Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Arbeitslosenkasse anzuweisen, ihr ab 8. August 2002 Taggelder der Arbeitslosenversicherung auszubezahlen.
Das kantonale Gericht und die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 30. August 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen anwendbar.
2.
Nach Art. 13 Abs. 1 AVIG hat die Beitragszeit erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist für die Beitragszeit von zwei Jahren (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Angerechnet werden auch laut Art. 13 Abs. 2bis AVIG (in der am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen und hier anwendbaren Fassung gemäss Gesetzesänderung vom 8. Oktober 1999) Zeiten, in denen sich die Versicherten der Erziehung von Kindern unter 16 Jahren widmeten und daher keine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, sofern die Versicherten im Anschluss an die Erziehungsperiode aufgrund einer wirtschaftlichen Zwangslage eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen müssen (lit. a) und die Erziehungsperiode in der Schweiz verbracht haben und diese in der Rahmenfrist für die Beitragszeit mehr als 18 Monate gedauert hat.
Von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG (in der am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen und hier anwendbaren Fassung gemäss Gesetzesänderung vom 8. Oktober 1999) Personen, die innerhalb der Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten nicht in einem Arbeitsverhältnis standen und die Beitragszeit nicht erfüllen konnten wegen Krankheit, Unfall oder Mutterschaft, sofern sie während dieser Zeit Wohnsitz in der Schweiz hatten.
Schweizer, die nach einem Auslandaufenthalt von über einem Jahr in einem Staat ausserhalb der Europäischen Gemeinschaft in die Schweiz zurückkehren, sind laut Art. 14 Abs. 3 AVIG (gemäss der am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen und hier anwendbaren Gesetzesänderung vom 8. Oktober 1999) während eines Jahres von der Erfüllung der Beitragszeit befreit, sofern sie sich über eine entsprechende Beschäftigung als Arbeitnehmer im Ausland ausweisen können. Unter den gleichen Voraussetzungen sind Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, deren Niederlassungsbewilligung nicht erloschen ist, von der Erfüllung der Beitragszeit befreit. Der Bundesrat bestimmt zudem, unter welchen Voraussetzungen Ausländer, die nicht Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft sind, und deren Niederlassungsbewilligung nicht erloschen ist, nach einem Auslandaufenthalt von über einem Jahr von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind (vgl. dazu Art. 13 Abs. 2 AVIV).
3.
Laut den Akten war die Beschwerdeführerin vom 13. Mai 2000 bis 17. Juni 2001 in Yaoundé als Arbeitnehmerin erwerbstätig und ist am 8. März 2002 in die Schweiz eingereist. Am 6. Juni 2002 gebar sie eine Tochter. Gestützt auf diesen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin im massgebenden Zeitpunkt der Verwaltungsverfügung vom 30. August 2002 (BGE 121 V 366 Erw. 1b) weder eine beitragspflichtige Beschäftigung von sechs Monaten ausgeübt noch eine Erziehungsperiode in der Schweiz von mehr als 18 Monaten verbracht und auch nicht während der ganzen Zeit der Mutterschaft (vgl. dazu Art. 13 Abs. 1 AVIV) in der Schweiz gewohnt . Der Befreiungstatbestand des Art. 14 Abs. 3 AVIG findet auf Personen, die erstmals in die Schweiz einreisen und daher nicht von einem Auslandaufenthalt zurückkehren, - unabhängig von der Staatsangehörigkeit - keine Anwendung (ARV 1996 Nr. 6 S. 20 Erw. 4; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 203). Die in Kamerun ausgeübte Erwerbstätigkeit kann sodann mangels Sozialversicherungsabkommen nicht als der Beitragszeit gleichgestellte Zeiten angerechnet werden. Schliesslich ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung zu einem späteren Zeitpunkt nach Erlass der Kassenverfügung vom 30. August 2002 erfüllt (vgl. BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen). Arbeitslosenkasse und kantonales Gericht haben daher zu Recht eine Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin verneint.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 16. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: