BGer 1P.698/2003
 
BGer 1P.698/2003 vom 14.01.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
1P.698/2003 /mks
Urteil vom 14. Januar 2004
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiberin Scherrer.
Parteien
A.________,Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Beat Kurt,
gegen
Untersuchungsrichter 3 des Untersuchungsrichteramtes IV Berner Oberland, Bälliz 64, 3601 Thun,
Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.
Gegenstand
Art. 5 und 9 BV, Art. 17 KV BE (Nichtzulassung als Privatklägerin),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 17. Oktober 2003.
Sachverhalt:
A.
Am 7. Januar 2000 wurde in den Büros der Regionalfahndung Berner Oberland auf der Polizeiwache Thun eingebrochen und Bargeld in der Höhe von Fr. 12'190.-- gestohlen. Auf polizeiliche Anzeige hin eröffnete die Untersuchungsrichterin 2 des Untersuchungsrichteramtes IV Berner Oberland am 28. Februar 2000 die Strafverfolgung gegen unbekannte Täterschaft wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Die Ermittlungen blieben ergebnislos.
Mit am 23. Mai 2003 der Post übergebenem Schreiben reichte A.________ unter anderem wegen des erwähnten Einbruchdiebstahls Strafanzeige gegen unbekannte Täterschaft ein und erklärte, im Verfahren als Privatklägerin im Straf- und Zivilpunkt auftreten zu wollen. Sie äusserte überdies die Vermutung, der Diebstahl sei von Angehörigen des Polizeikommandos verübt worden und verlangte die Aufklärung des Falles.
B.
Mit Verfügung vom 11. September 2003 entschied der zuständige Untersuchungsrichter 3, A.________ nicht als Privatklägerin zuzulassen, da sie nicht unmittelbar in ihren eigenen, rechtlich geschützten Interessen betroffen sei.
Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ am 26. September 2003 an die Anklagekammer des Bernischen Obergerichtes. Die Anklagekammer wies die Beschwerde mit Beschluss vom 17. Oktober 2003 ab.
C.
Mit Eingabe vom 21. November 2003 erhebt A.________ staatsrechtliche Beschwerde und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen Verletzung von Art. 5 und 9 BV, Art. 17 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1996 (KV-BE; BSG 101.1) und Art. 47 des Gesetzes über das Strafverfahren vom 15. März 1995 (StrV-BE; BSG 321.1). Gleichzeitig stellt die Beschwerdeführerin Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.
Die Anklagekammer des Obergerichtes und der Untersuchungsrichter 3 schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid, der mit staatsrechtlicher Beschwerde insbesondere wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte angefochten werden kann (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 122 I 70 E. 1c S. 73 mit Hinweisen). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerde nur insoweit, als die Beschwerdeführerin geltend macht, die Auslegung und Anwendung von Art. 47 StrV-BE verstosse gegen Art. 9 BV. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die rechtsstaatlichen Schranken von Art. 5 BV beruft, kommt diesen keine eigenständige Bedeutung zu. Hinsichtlich der gerügten Verletzung von Art. 17 KV-BE kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden: Das Recht auf Einsicht in amtliche Akten bildete nicht Gegenstand des kantonalen Verfahrens, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die umstrittene Nichtzulassung der Beschwerdeführerin als Privatklägerin in den Schutzbereich der erwähnten Bestimmung der Kantonsverfassung fallen könnte.
2.
2.1 Als Privatklägerin oder Privatkläger kann sich am Strafverfahren beteiligen, wer durch eine strafbare Handlung unmittelbar in seinen eigenen rechtlich geschützten Interessen verletzt worden ist. Als in ihren rechtlich geschützten Interessen verletzt gilt auch die zum Strafantrag berechtigte Person (Art. 47 Abs. 1 StrV-BE).
2.2 Die Beschwerdeführerin vermag in keiner Weise aufzuzeigen, inwiefern die Anklagekammer die zitierte Bestimmung willkürlich angewandt haben soll. Durch den Einbruchdiebstahl in den Büros der Regionalfahndung Thun ist die Beschwerdeführerin nicht unmittelbar in einem eigenen, rechtlich geschützten Interesse betroffen. Die vage Vermutung, die Kantonspolizei selber könnte eine strafbare Handlung begangen und damit das in sie gesetzte Vertrauen verletzt haben, vermag mitnichten eine unmittelbare Betroffenheit zu begründen, welche die Stellung als Privatklägerin rechtfertigen könnte. Die Ausführungen im angefochtenen Entscheid halten offensichtlich vor dem Willkürverbot stand. Andererseits lässt sich aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf Behandlung nach Treu und Glauben nicht ableiten, die Beschwerdeführerin hätte - ungeachtet des kantonalen Strafverfahrensrechts - unter den gegebenen Umständen als Privatklägerin zugelassen werden müssen.
3.
Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Da sich die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erweist, ist auch das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (vgl. Art. 152 OG). Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (vgl. Art. 156 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Untersuchungsrichter 3 des Untersuchungsrichteramtes IV Berner Oberland und der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Januar 2004
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: