BGer H 267/2002 |
BGer H 267/2002 vom 21.01.2004 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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H 267/02
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Urteil vom 21. Januar 2004
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Ferrari und nebenamtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke
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Parteien
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A.________, Beschwerdeführer,
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gegen
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Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
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(Entscheid vom 27. August 2002)
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Sachverhalt:
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A.
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Die T.________ AG mit Sitz in Kriens war als abrechnungs- und beitragspflichtiger Arbeitgeber der Ausgleichskasse Luzern (nachfolgend: Ausgleichskasse) angeschlossen. Nachdem es ab 1995 zu Liquiditätsproblemen gekommen war, kam die Gesellschaft ab Mai 1996 ihrer Beitragszahlungspflicht nicht mehr nach. Eine Zahlungsvereinbarung vom 29. November 1996 bezüglich der Beiträge für die Zeit von April bis November 1996 hielt sie nicht ein. Am 11. Dezember 1997 hinterlegte sie die Bilanz beim Richter und beantragte einen Konkursaufschub bis spätestens 31. März 1998. Mit Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Land vom 15. Dezember 1997 wurde dem Begehren entsprochen und ein Sachwalter eingesetzt. Am ... 1998 eröffnete der Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Land den Konkurs, was von der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern mit Entscheid vom ... 1998 bestätigt wurde. Mit Konkursanzeige vom 11. September 1998 erhielt die Ausgleichskasse Luzern Kenntnis davon, dass der Konkurs im summarischen Verfahren nach Art. 231 SchKG durchgeführt wurde. Am 12. Oktober 1998 reichte sie eine Forderung von Fr. 326'858.30 in den Konkurs ein und reduzierte diese mit Nachträgen vom 27. Oktober und 18. Dezember 1998 sowie 5. Januar 1999 schliesslich auf Fr. 278'239.75. Auf eine telefonische Rückfrage beim Konkursamt vom 15. November 1999 wurde ihr mitgeteilt, dass mit keiner Dividende zu rechnen sei. Mit Verfügung vom 13. Januar 2000 forderte die Ausgleichskasse vom ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten der T.________ AG, B.________, Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge (einschliesslich Verwaltungskostenbeiträge, Mahngebühren, Betreibungskosten und Verzugszinsen) aus der Zeit von Mai 1996 bis Februar 1998 in Höhe von Fr. 264'212.90. Mit einer weiteren Verfügung gleichen Datums forderte sie von A.________, welcher bis Ende August 1997 Mitglied des Verwaltungsrates der Gesellschaft gewesen war, den Betrag von Fr. 190'237.25 für entgangene Beiträge aus der Zeit von Mai 1996 bis Juni 1997. Gegen diese Verfügungen erhoben die Betroffenen mit separaten Eingaben Einspruch.
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B.
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Am 9. März 2000 erhob die Ausgleichskasse je getrennt Klage gegen B.________ und A.________ auf Schadenersatz in der je verfügten Höhe.
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In Gutheissung der Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern B.________ mit Entscheid vom 13. August 2002, der Ausgleichskasse den Betrag von Fr. 264'212.90 zu bezahlen. Mit einem weiteren Entscheid vom 27. August 2002 verhielt es A.________ zur Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von Fr. 190'237.25, unter solidarischer Haftbarkeit der Beklagten bis zu diesem Betrag.
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C.
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A.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Klage abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Fortsetzung des Beweisverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und die Ausgleichskasse schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der als Mitinteressierter beigeladene B.________ hat sich nicht vernehmen lassen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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2.
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2.1 Im kantonalen Entscheid werden die Rechtsgrundlagen der Arbeitgeberhaftung (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die Rechtsprechung zur subsidiären Haftbarkeit der verantwortlichen Organe (BGE 123 V 15 Erw. 5b mit Hinweisen), zur Haftungsvoraussetzung des qualifizierten Verschuldens (BGE 108 V 202 Erw. 3a; ZAK 1985 S. 620 Erw. 3b; vgl. auch BGE 121 V 244 Erw. 4b) und zum erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der absichtlichen und grobfahrlässigen Missachtung von Vorschriften und dem eingetretenen Schaden (BGE 119 V 406 Erw. 4a mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
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2.2 Richtig sind auch die vorinstanzlichen Ausführungen bezüglich der für die Geltendmachung der Schadenersatzforderung gültigen Fristen (Art. 82 Abs. 1 und 2 AHVV). Zu ergänzen ist, dass die mit dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 auf den 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Änderungen (Art. 52 Abs. 3 und 4 AHVG, eingefügt durch Anhang Ziff. 7 ATSG) auf den vorliegenden Fall nicht Anwendung finden, weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1, 126 V 166 Erw. 4b).
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3.
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3.1 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält der Beschwerdeführer zu Recht nicht daran fest, die einjährige Verwirkungsfrist von Art. 82 Abs. 1 AHVV habe bereits mit der Konkurseröffnung am ... 1998 zu laufen begonnen. Im Falle eines Konkurses besteht praxisgemäss in der Regel dann ausreichend Kenntnis des Schadens, wenn die Kollokation der Forderungen eröffnet bzw. der Kollokationsplan (und das Inventar) zur Einsicht aufgelegt wird (BGE 126 V 444 Erw. 3a mit Hinweisen). Dies gilt auch dann, wenn das summarische Konkursverfahren zur Durchführung gelangt, da dessen Anordnung noch keine Kenntnis des Schadens begründet (BGE 126 V 445 Erw. 3b mit Hinweisen). Eine ausnahmsweise Vorverlegung des Zeitpunktes der Schadenskenntnis kann in Betracht fallen, wenn die Ausgleichskasse beispielsweise auf Grund von Angaben bei Gläubigerversammlungen ernsthaft mit einem Beitragsverlust rechnen muss (BGE 121 V 240 ff.). Im vorliegenden Fall lag bei Erlass der Schadenersatzverfügung vom 13. Januar 2000 noch kein Kollokationsplan auf. Am 27. Februar 1999 wurde im Kantonsblatt Luzern jedoch die Auflage der Lastenverzeichnisse als Teilkollokationsplan veröffentlicht. Auf eine telefonische Anfrage beim Konkursamt vom 15. November 1999 erhielt die Ausgleichskasse die Auskunft, dass sie voraussichtlich keine Dividende erhalten und mit der gesamten Forderung zu Verlust kommen werde. Die Ausgleichskasse hat die Schadenersatzverfügung unter diesen Umständen zu Recht bereits vor der Auflegung des definitiven Kollokationsplanes erlassen. Im Hinblick darauf, dass die Auflage- und Anfechtungsfrist des Teilkollokationsplanes vom 26. Februar bis 18. März 1999 dauerte (Kantonsblatt Luzern vom 27. Februar 1999, S. 527) und eine zweite Auflage vom 19. bis 29. April 1999 erfolgte (Kantonsblatt Luzern vom 27. März 1999, S. 847), hat sie die einjährige Verwirkungsfrist von Art. 82 Abs. 1 AHVV mit der Schadenersatzverfügung vom 13. Januar 2000 gewahrt, selbst wenn auf das Ende der ersten Auflagefrist abgestellt wird.
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3.2 Nicht gehört werden kann der Einwand des Beschwerdeführers, er habe die Ausgleichskasse bereits am 17. November 1997 über die bestehenden Probleme in Kenntnis gesetzt. Abgesehen davon, dass die Ausgleichskasse damit noch keine Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV erlangt hatte (vgl. BGE 129 V 195 Erw. 2.1 mit Hinweisen), datiert das genannte, in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde als beklagtischer Beleg 1 bezeichnete Schreiben vom 17. November 1999, weshalb der Beschwerdeführer daraus nichts für sich ableiten kann. Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz erweist sich damit als unbegründet.
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4.
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4.1 Gegenstand der Schadenersatzforderung bilden nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit von Mai 1996 bis Juni 1997, einschliesslich Verwaltungskostenbeiträge, Mahngebühren, Betreibungskosten und Verzugszinsen. Der Beschwerdeführer war während dieser Zeit Mitglied des Verwaltungsrates der T.________ AG und hatte damit formelle und materielle Organstellung im Sinne von Art. 52 AHVG und der Rechtsprechung (BGE 114 V 79 Erw. 3 und 213 ff.). Er unterliegt daher der subsidiären Organhaftung nach der Rechtsprechung zu Art. 52 AHVG, von welcher auch im Lichte der bundesrätlichen Botschaft zur 11. AHV-Revision und des ATSG nicht abzugehen ist (BGE 129 V 11 ff.). Streitig und zu prüfen ist, ob er den Schaden im Sinne dieser Bestimmung schuldhaft (mit)verursacht hat.
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4.2 Ob ein Organ schuldhaft gehandelt hat, hängt entscheidend von der Verantwortung und den Kompetenzen ab, die ihm von der juristischen Person übertragen wurden. Bei nicht geschäftsführenden Verwaltungsratsmitgliedern von Aktiengesellschaften ist entscheidend, ob sie den ihnen obliegenden Kontroll- und Aufsichtspflichten nachgekommen sind. Nach Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR obliegt dem Verwaltungsrat die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen. Gemäss dieser Bestimmung hat das Verwaltungsratsmitglied nicht nur die Pflicht, an den Verwaltungsratssitzungen teilzunehmen, sondern sich periodisch über den Geschäftsgang zu informieren und bei Unregelmässigkeiten in der Geschäftsführung einzuschreiten (vgl. Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, § 30, N 49). Die Bestimmung entspricht weitgehend dem bis Ende Juni 1992 gültig gewesenen Art. 722 Abs. 2 Ziff. 3 OR, wonach die Verwaltung einer Aktiengesellschaft die mit der Geschäftsführung beauftragten Personen zu überwachen und sich regelmässig über den Geschäftsgang unterrichten zu lassen hatte. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht hiezu festgestellt hat, setzt die Sorgfaltspflicht voraus, dass der Verwaltungsrat die ihm unterbreiteten Berichte kritisch liest, nötigenfalls ergänzende Auskünfte verlangt und bei Irrtümern oder Unregelmässigkeiten einschreitet. Dabei wird es aber einem Verwaltungsratspräsidenten einer Grossfirma nicht als grobfahrlässiges Verschulden angerechnet werden können, wenn er nicht jedes einzelne Geschäft, sondern nur die Tätigkeit der Geschäftsleitung und den Geschäftsgang im Allgemeinen überprüft und daher beispielsweise nicht beachtet, dass in Einzelfällen die Abrechnung der Lohnbeiträge nicht erfolgt ist. Das Gegenstück wäre der Präsident des Verwaltungsrates einer Firma, der faktisch das einzige ausführende Organ der Firma ist, oder aber der Verwaltungsratspräsident einer Firma, dem aus irgendwelchen Quellen bekannt ist oder doch bekannt sein sollte, dass die Abrechnungspflicht möglicherweise mangelhaft erfüllt wird (BGE 114 V 223 Erw. 4a, 108 V 202 Erw. 3a; ZAK 1985 S. 620 Erw. 3b, je mit Hinweisen).
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4.3 Der Beschwerdeführer war in der fraglichen Zeit neben dem Verwaltungsratspräsidenten und Delegierten B.________ einziges Verwaltungsratsmitglied der T.________ AG. Während er zuvor kollektiv mit dem geschäftsführenden Verwaltungsratspräsidenten unterschriftsberechtigt war, zeichnete er nach einer Statutenänderung vom ... (Publikation im SHAB vom ...) einzeln. Dass er sich faktisch mit Geschäftsführungsaufgaben befasst hat, ist nicht erstellt. Als nicht geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied oblagen ihm indessen die allgemeine Sorgfaltspflicht nach Art. 717 Abs. 1 OR und die Aufsichts- und Kontrollpflichten gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR, an welche angesichts der einfachen Organisationsstruktur der Gesellschaft praxisgemäss hohe Anforderungen zu stellen sind (BGE 108 V 203 Erw. 3b). Diesen Anforderungen hat der Beschwerdeführer nicht genügt, weil er es unterlassen hat, rechtzeitig geeignete Massnahmen zur Sicherstellung einer ordnungsgemässen Erfüllung der Beitragszahlungspflicht zu treffen, obschon ihm die finanziellen Schwierigkeiten der Gesellschaft bekannt waren. Er hat selbst dann nicht gehandelt, als die Gesellschaft mit der Ausgleichskasse am 29. November 1996 eine ratenweise Zahlung der ausstehenden Beiträge für die Zeit von April bis November 1996 vereinbart hatte. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, von dieser Vereinbarung Kenntnis gehabt zu haben. Wenn er geltend macht, die Stundung sei entgegen seinem Willen erfolgt und eine Beitragszahlung wäre ohne weiteres noch möglich gewesen, so räumt er ein, dass ihm die Zweckentfremdung der Beiträge bekannt war oder er damit jedenfalls rechnen musste. Umso mehr hätte er Anlass gehabt, sich bezüglich der Einhaltung des Abzahlungsplanes (und der in der Zahlungsvereinbarung ausdrücklich erwähnten Pflicht zur ordnungsgemässen Bezahlung der laufenden Beiträge) zu vergewissern. Entsprechende Bemühungen vermag er nicht nachzuweisen. Zwar hat er seinen Angaben zufolge wiederholt mündlich auf die Pflicht zur Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge hingewiesen. Damit ist er den ihm obliegenden Kontroll- und Aufsichtspflichten indessen nicht hinreichend nachgekommen. Vielmehr hätte er den Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer förmlich und nötigenfalls unter Androhung seiner Demission aus dem Verwaltungsrat zur Einhaltung der Verbindlichkeiten gegenüber der Ausgleichskasse anhalten müssen, zumal es sich um einen sowohl in betraglicher als auch in zeitlicher Hinsicht erheblichen Beitragsausstand handelte. Entsprechende Vorkehren hat er erst am 18. Juli sowie 18. und 25. August 1997 getroffen, bevor er am 2. September 1997 aus dem Verwaltungsrat ausgetreten ist. Indem er bis dahin zugewartet und die Beitragsschuld weiter hat anwachsen lassen, obschon seinen Angaben zufolge noch Mittel zu deren Tilgung vorhanden waren, hat er den eingetretenen Schaden zumindest mitverursacht. Wenn das kantonale Gericht das Verhalten des Beschwerdeführers als grobfahrlässig qualifiziert hat, so beruht dies weder auf einer mangelhaften Feststellung des Sachverhalts noch verstösst es sonst wie gegen Bundesrecht. Zu weiteren Abklärungen, einschliesslich der beantragten Zeugeneinvernahme des B.________, besteht kein Anlass, weil davon keine neuen entscheidwesentlichen Ergebnisse zu erwarten wären (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 95 Erw. 5b, 122 V 162 Erw. 1d, je mit Hinweisen). Es liegt diesbezüglich auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 1 BV) durch die Vorinstanz vor.
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5.
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5.1 Der Vorinstanz ist auch darin beizupflichten, dass keine Entlastungs- oder Rechtfertigungsgründe im Sinne der Rechtsprechung gegeben sind. Wie im angefochtenen Entscheid zu Recht festgestellt wird, hing der Fortbestand des Unternehmens nicht von einem vorübergehenden Nichtbezahlen der Sozialversicherungsbeiträge, sondern von weit höheren zusätzlichen Mitteln ab. Angesichts der langdauernden Liquiditätsprobleme der Gesellschaft und des hohen Mittelbedarfs durften die verantwortlichen Organe nicht davon ausgehen, dass es sich um bloss vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten handelte, welche durch das Nichtbezahlen der Sozialversicherungsbeiträge überbrückt werden könnten (BGE 108 V 183 ff.). Andere Gründe, welche die Nichtbezahlung der Sozialversicherungsbeiträge als erlaubt oder nicht schuldhaft erscheinen liessen, sind nicht ersichtlich. Fehl geht in diesem Zusammenhang auch die Berufung des Beschwerdeführers auf den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV). Davon, dass die Ausgleichskasse freiwillig jahrelang auf die Durchsetzung ihrer Forderungen verzichtet habe, kann nicht die Rede sein (vgl. Erw. 5.2 hienach). Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer aus dem angeblichen Schreiben vom 17. November 1997 an die Ausgleichskasse, welches - wie bereits erwähnt - vom 17. November 1999 datiert, etwas für sich abzuleiten.
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5.2 Es liegen sodann keine Umstände vor, welche nach der Rechtsprechung zu einer Herabsetzung der Schadenersatzpflicht Anlass zu geben vermöchten (BGE 122 V 189 Erw. 3c). Zwar hat die Ausgleichskasse für die Beiträge ab Juni zunächst keine Betreibung eingeleitet und der Gesellschaft mit Zahlungsvereinbarung vom 29. November 1996 eine ratenweise Abzahlung der ausstehenden Beiträge gewährt. Gemäss dieser Vereinbarung sollten die ebenfalls noch ausstehenden Beiträge für April 1996 sofort und diejenigen für Mai 1996 im Dezember 1996 bezahlt werden. Der Ausstand für Juni bis November 1996 sollte in sechs monatlichen Raten, erstmals per Ende Januar 1997 bezahlt werden. Die Vereinbarung enthielt den Hinweis, dass bei Nichteinhaltung des Abzahlungsplanes oder nicht fristgerechter Bezahlung der laufenden Beiträge der Gesamtausstand in Betreibung gesetzt bzw. die bestehenden Betreibungen fortgesetzt würden, wobei der Abzahlungsplan als Mahnung diene. Ungeachtet dessen, dass die Zahlungsvereinbarung von der Gesellschaft nicht eingehalten wurde, hat die Ausgleichskasse der Firma am 2. Juni 1997 einen weiteren kurzfristigen Zahlungsaufschub bis Mitte Juni 1997 gewährt und ihr am 30. Juli 1997 nochmals Frist bis zum 10. August 1997 gesetzt, um den gesamten Beitragsausstand auszugleichen. Für die Beiträge von Juni 1996 bis April 1997 (sowie die Jahresschlussrechnung 1996) hat sie am 22. August 1997 Betreibungsbegehren gestellt und auf Rechtsvorschlag der Schuldnerin am 26. September 1997 Veranlagungsverfügungen erlassen. Am 4. Dezember 1997 wurden die Fortsetzungsbegehren auf Pfändung gestellt, welche am 4. Dezember 1997 mit einem provisorischen Verlustschein im Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG endeten. Bezüglich der Beiträge für Mai und Juni 1997 wurde das Betreibungsbegehren am 21. September 1997 gestellt und die Veranlagungsverfügung am 7. November 1997 erlassen. Das Fortsetzungsbegehren wurde am 18. März 1998 eingereicht und führte am 7. April 1998 zu einem provisorischen Verlustschein. Der Ausgleichskasse kann unter diesen Umständen zum Vorwurf gemacht werden, die ausstehenden Beiträge nicht sofort in Betreibung gesetzt zu haben. Nach den gesamten Umständen (kurze Dauer der angesetzten Nachfristen, Angaben der Gesellschaft über einen unmittelbar bevorstehenden erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit den kreditgebenden Banken) kann jedoch nicht gesagt werden, dass sie gegen elementare Vorschriften der Beitragsveranlagung und des Beitragsbezugs verstossen hat oder sich auf andere Weise einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Eine Herabsetzung des Schadenersatzes könnte zudem nur erfolgen, wenn und soweit das pflichtwidrige Verhalten der Ausgleichskasse für die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens adäquat kausal gewesen wäre (BGE 122 V 189 Erw. 3c). So verhält es sich jedoch nicht, weil nicht anzunehmen ist, dass der Schaden nicht eingetreten oder geringer ausgefallen wäre, wenn die Ausgleichskasse die Beiträge nach der Nichteinhaltung der Zahlungsvereinbarung sofort in Betreibung gesetzt hätte.
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6.
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6.1 Die Höhe des eingeklagten Schadens ist auf Grund der von der Ausgleichskasse mit der Klage eingereichten Unterlagen ausgewiesen. Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vor, weshalb es bei dem von der Vorinstanz bestätigten und im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich festgestellten Schadensbetrag von Fr. 190'237.25 zu bleiben hat.
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6.2 Zu bejahen ist auch der für die Haftung vorausgesetzte adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten und dem eingetretenen Schaden (BGE 119 V 406 Erw. 4a mit Hinweisen). Zwar fehlt es an einem adäquaten Kausalzusammenhang, wenn auch ein pflichtgemässes Verhalten den Schaden nicht hätte verhindern können (Forstmoser, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Aufl. Zürich 1987, S. 100 N 272). Indessen vermag die blosse Hypothese, der Schaden wäre auch bei pflichtgemässem Verhalten eingetreten, die Adäquanz nicht zu beseitigen. Dass ein Schaden ohnehin eingetreten wäre, muss vielmehr mit Gewissheit oder doch mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (Forstmoser, a.a.O. S. 100 N 273; Oftinger, Schweiz. Haftpflichtrecht, Band I, 4. Aufl. Zürich 1975, S. 124 f.; Kramer, Die Kausalität im Haftpflichtrecht: neue Tendenzen in Theorie und Praxis, ZbJV 123/1987 S. 304; AJP 2003 S. 1460 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, weil nicht anzunehmen ist, dass auch ein pflichtgemässes Verhalten des Beschwerdeführers den Schaden nicht hätte verhindern können. Nach dem Gesagten lässt sich die Kausalität auch mit einem pflichtwidrigen Verhalten der Ausgleichskasse nicht verneinen. Ebenso wenig kann sich der Beschwerdeführer darauf berufen, der während des Konkursaufschubes gerichtlich eingesetzte Sachwalter habe es unterlassen, die Beitragsausstände zu beheben. Primäre Ursache des Beitragsverlustes bildet das pflichtwidrige Verhalten der verantwortlichen Gesellschaftsorgane. Die Kausalität wird nicht dadurch aufgehoben, dass der Sachwalter später die ausstehenden Beiträge nicht bezahlt. Zudem bleibt die Beitragszahlungspflicht während des Konkursaufschubes und der Nachlassstundung vorbehältlich gegenteiliger Anordnungen des Konkursrichters Sache des Schuldners (RDAT 1999 I Nr. 71 S. 278; nicht veröffentlichtes Urteil D. vom 6. Januar 1998, H 99/95). Zur beantragten Zeugeneinvernahme des Sachwalters besteht daher kein Anlass. Was schliesslich den Hinweis des Beschwerdeführers auf die differenzierte Solidarität nach Art. 759 OR betrifft, ist festzustellen, dass das schuldhafte Verhalten eines solidarisch Ersatzpflichtigen nur dann als inadäquat für den eingetretenen Schaden gelten kann, wenn das Verschulden des Dritten oder des Geschädigten dermassen schwer wiegt, dass das eigene Fehlverhalten eindeutig in den Hintergrund tritt und damit nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung nicht mehr als adäquate Schadensursache erscheint (BGE 127 III 457 oben mit Hinweisen). Dies trifft hier nicht zu. Zudem kann Art. 759 Abs. 1 OR im Rahmen von Art. 52 AHVG nicht Anwendung finden, um eine Herabsetzung der Schadenersatzpflicht zu begründen (vgl. AHI 1996 S. 291).
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7.
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Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses gehen die Kosten zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherung und B.________ zugestellt.
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Luzern, 21. Januar 2004
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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