BGer 1A.1/2004
 
BGer 1A.1/2004 vom 02.02.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
1A.1/2004 /sta
Urteil vom 2. Februar 2004
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokat lic. iur. Christian von Wartburg,
gegen
Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.
Gegenstand
Auslieferung an Holland und Deutschland - B 137672,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Bundesamts für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, vom 5. Dezember 2003.
Sachverhalt:
A.
Interpol Den Haag ersuchte am 25. April 2003 um Verhaftung des französischen Staatsangehörigen X.________ wegen des Verdachts, er sei an einer Serie von ca. 50 Diebstählen beteiligt gewesen, die im Jahre 2002 in den Niederlanden unter Verwendung so genannter "libanesischer Schlingen" an EC-Geldautomaten begangen worden seien.
Am 2. Mai 2003 erliess das Bundesamt für Justiz den Auslieferungshaftbefehl gegen X.________, der sich damals noch in Untersuchungshaft im Regionalgefängnis Biel befand. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde am 3. Juli 2003 vom Bundesgericht abgewiesen.
B.
Am 17. Juli 2003 ersuchte das Ministerium der Justiz in Den Haag das Bundesamt um die Auslieferung X.________s, gestützt auf den Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Leeuwarden vom 9. Juli 2003. Am 23. September 2003 kündigte die Staatsanwaltschaft Freiburg im Breisgau telefonisch an, dass sie ebenfalls ein Auslieferungsbegehren stellen wolle.
C.
Am 9. Oktober 2003 erklärte die Gerichtspräsidentin des Gerichtskreises III Aarberg-Bürgen-Erlach X.________ des Diebstahls, gewerbsmässig und teilweise bandenmässig begangen, und des gewerbsmässigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage für schuldig, begangen zwischen dem 17. Januar 2003 und dem 9. Februar 2003 an verschiedenen Orten in der Schweiz. Sie verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 9 Monaten, abzüglich der ausgestandenen Untersuchungshaft von 243 Tagen, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 3 Jahren, und zu einer unbedingten Landesverweisung von 5 Jahren.
Gleichentags wurde X.________ aus der kantonalen Haft entlassen und in Auslieferungshaft versetzt. Einen Tag später unternahm er einen Fluchtversuch aus dem Gefängnis in Biel. Anschliessend wurde er ins Regionalgefängnis Bern verlegt.
D.
Am 4. November 2003 ersuchte das Justizministerium Baden-Württemberg formell um die Auslieferung X.________s, gestützt auf den Haftbefehl des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 13. Oktober 2003.
E.
Nachdem sich X.________ sowohl der Auslieferung an die Niederlande als auch an Deutschland widersetzt hatte, erliess das Bundesamt für Justiz am 5. Dezember 2003 einen Auslieferungsentscheid. Darin bewilligte es die Auslieferung sowohl an die Niederlande als auch an Deutschland für die den Auslieferungsersuchen vom 17. Juli 2003 bzw. vom 4. November 2003 zugrunde liegenden Straftaten. Der Auslieferung an Deutschland wurde aufgrund der grösseren Anzahl und Schwere der strafbaren Handlungen Priorität eingeräumt; gleichzeitig wurde die Weiterlieferung an die Niederlande bewilligt. Das Haftentlassungsgesuch X.________s wurde abgewiesen.
F.
Gegen den Auslieferungsentscheid erhebt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt, der Auslieferungsentscheid sei aufzuheben; das Bundesamt für Justiz sei aufzufordern, sowohl bei den holländischen wie bei den deutschen Behörden präzisere Begründungen bezüglich des Tatverdachts gegen ihn einzuverlangen und sie zu ersuchen, der Schweiz ein Gesuch um Übernahme der Strafverfolgung für die angefragten Straftaten zu unterbreiten. Gestützt auf diese Gesuche sei in der Folge die Strafverfolgung der angeblichen Taten des Beschwerdeführers in Holland und in Deutschland vom schweizerischen Richter zu übernehmen. Der Beschwerdeführer beantragt weiter, er sei unverzüglich auf freien Fuss zu setzen und es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege einschliesslich der unentgeltlichen Verbeiständung zu gewähren.
G.
Das Bundesamt für Justiz beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen. In seiner Replik hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Auslieferungsentscheid des Bundesamtes für Justiz kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 [IRSG, SR 351.1]). Da alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.
2.
Die Beurteilung der Auslieferungsersuchen richtet sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe, SR 0.353.1) sowie dem Ersten und Zweiten Zusatzprotokoll zum EAUe vom 15. Oktober 1975 (SR 0.353.11) und 17. März 1978 (SR 0.353.12), denen sowohl die Schweiz als auch Deutschland und die Niederlande beigetreten sind. Im Verhältnis zu Deutschland ist sodann der Zusatzvertrag vom 13. November 1969 (ZV; SR 0.353.913.61) zu beachten. Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln oder strengere Anforderungen an die Auslieferung stellen als das schweizerische Landesrecht, ist dieses anwendbar, namentlich das IRSG und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11).
3.
Die Vertragsparteien des EAUe sind grundsätzlich verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden des ersuchenden Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt oder zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sichernden Massnahme gesucht werden (Art. 1 EAUe). Auszuliefern ist wegen Handlungen, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach demjenigen des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Art. 2 Ziff. 1 EAUe).
Dem Beschwerdeführer wird sowohl im niederländischen als auch im deutschen Auslieferungsersuchen vorgeworfen, er habe zusammen mit einem Komplizen Geldautomaten mit einer Fangeinrichtung versehen, die das Einstecken der Karte gestattet, aber deren Auswurf verhindert habe. Am Automaten habe er ein Hinweisschild angebracht, das den Kunden aufforderte, im Falle einer Störung seine Geheimnummer dreimal- bzw. sechsmal hintereinander einzugeben. Der Beschwerdeführer oder sein Begleiter hätten dabei versucht, die Eingabe der Geheimnummer durch den Kunden zu beobachten. Nachdem der Kunde den Geldautomaten ohne seine Karte verlassen hatte, hätten der Beschwerdeführer oder sein Begleiter die Karte an sich genommen und mit ihr und der ihnen nunmehr bekannten Geheimnummer Bargeld an verschiedenen Geldautomaten abgehoben.
Diese Handlungen sind sowohl in Deutschland (als Diebstahl und Computerbetrug gemäss §§ 242 f., 263a Abs. 1 StGB/D) und den Niederlanden (als Diebstahl bzw. Diebstahl mit einem falschen Schlüssel gemäss Art. 310 f. StGB/NL) als auch in der Schweiz (als Diebstahl und betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 139 und 147 StGB) strafbar und mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmass von über einem Jahr bedroht.
4.
Das niederländische Auslieferungsersuchen und der beigelegte Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Leeuwarden werfen dem Beschwerdeführer die Entwendung und den unbefugten Gebrauch von EC-Karten vor, begangen in den Niederlanden, u.a. in Emmeloord, Joure, Meerkeerk und Aarle Rixtel, im Zeitraum zwischen dem 20. Juli 2002 und dem 18. November 2002 oder um diese Zeit herum.
4.1 Der Beschwerdeführer hält diese Zeitangaben für ungenügend: Sie liessen nicht erkennen, zu welchem Zeitpunkt die ihm vorgehaltenen Taten im Einzelnen stattgefunden hätten. Damit sei nicht erkennbar, für welche Handlungen die Auslieferung beantragt werde, und es sei ihm unmöglich zu beweisen, dass er zur Zeit der Tat nicht in den Niederlanden gewesen sei. Er habe deshalb in seiner Stellungnahme vom 27. November 2003 ausdrücklich eine Präzisierung des niederländischen Auslieferungsgesuchs beantragt. Das Bundesamt habe darauf verzichtet und ihm dadurch die Möglichkeit genommen, einen Alibibeweis gemäss Art. 53 Abs. 1 IRSG zu führen. Dies bedeute zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
4.2 Gemäss Art. 12 Abs. 2 lit. b EAUe ist dem Auslieferungsersuchen u.a. eine Darstellung der Handlungen beizufügen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird. Dabei sind u.a. Zeit und Ort ihrer Begehung "so genau wie möglich" anzugeben.
Diese Sachverhaltsangaben sollen es dem Rechtshilferichter ermöglichen, die rechtlichen Voraussetzungen der ersuchten Auslieferung zu prüfen (Entscheid 1A.180/2000 vom 26. Juni 2000 E. 5c). Dazu gehört neben der Prüfung einer allfälligen Verjährung im ersuchten Staat (vgl. dazu Auslieferungsentscheid E. 6a S. 4) auch die Prüfung eines liquiden Alibibeweises des Verfolgten. Ferner dienen die Zeit- und Ortsangaben dazu, den Umfang der Auslieferung festzulegen, d.h. die strafbaren Handlungen zu bezeichnen, deretwegen die Auslieferung erfolgt.
Im Folgenden ist zu prüfen, ob die Angaben des niederländischen Rechtshilfeersuchens, namentlich zu den Tatzeiten, zur Prüfung dieser Fragen genügen.
4.3 Im Gegensatz zu Art. 53 IRSG sieht das EAUe den Alibibeweis des Verfolgten als Auslieferungshindernis nicht ausdrücklich vor. Trotz der in Art. 1 EAUe verankerten grundsätzlichen Auslieferungspflicht ist der Möglichkeit eines Alibibeweises jedoch nach der Praxis des Bundesgerichtes auch im Rahmen eines gemäss EAUe durchgeführten Auslieferungsverfahrens angemessen Rechnung zu tragen: Es würde den allgemeinen Prinzipien des Auslieferungsrechtes und auch dem Verhältnismässigkeitsgebot widersprechen, einen offensichtlich Unschuldigen auszuliefern. Den Alibibeweis kann der Verfolgte allerdings nur mit dem Nachweis führen, dass er zur fraglichen Zeit überhaupt nicht am Tatort war. Dieser Nachweis ist unverzüglich und ohne Weiterungen zu erbringen (BGE 123 II 279 E. 2b S. 281 f. mit Hinweisen).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nie auch nur versucht, einen Alibibeweis zu erbringen, und zwar weder für den gesamten Zeitraum vom 20. Juli 2002 bis zum 18. November 2002, noch für die Anfangs- und Endtermine dieses Zeitraums, noch für einzelne Tage innerhalb dieses Zeitraums. Er hat überhaupt keine Angaben zu seinen Aufenthaltsorten im Jahre 2002 gemacht. Dann aber war das Bundesamt nicht verpflichtet, weitere Präzisierungen zu den Tatzeiten und -orten einzuholen, um einen allfälligen Alibibeweis des Beschwerdeführers zu überprüfen. Es liegt somit weder eine Verletzung von Art. 53 IRSG noch des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) vor.
4.4 Zu vage Angaben zu Tatzeit und -ort können zur Folge haben, dass das Auslieferungsersuchen und damit auch der Auslieferungsentscheid zu unbestimmt sind. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu bedenken, dass dem Beschwerdeführer eine Serie gleichartiger Taten (Entwendung von EC-Karten mittels einer Fangeinrichtung und das unbefugte Abheben von Geldbeträgen mit den entwendeten EC-Karten) vorgeworfen wird, begangen in den Niederlanden, und zwar innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums von ca. vier Monaten (Juli bis November 2002). Damit ist das Auslieferungsersuchen hinreichend präzise: Die Auslieferung umfasst sämtliche Straftaten, die nach dem beschriebenen Muster im genannten Zeitraum in den Niederlanden begangen worden sind.
Es wird Aufgabe der niederländischen Strafbehörden sein, zu ermitteln, an welchen der insgesamt 50 polizeilich gemeldeten Vorfällen dieser Art der Beschwerdeführer beteiligt war und ihm seine Anwesenheit an jedem einzelnen Tatort zur genauen Tatzeit nachzuweisen. Der Beschwerdeführer wird dabei Gelegenheit haben, Beweisanträge zu seiner Entlastung zu stellen und insbesondere vorbringen können, er sei zur jeweiligen Tatzeit gar nicht in den Niederlanden gewesen.
4.5 Nach dem Gesagten genügt die Sachverhaltsdarstellung des niederländischen Rechtshilfegesuchs den formellen Voraussetzungen sowohl des EAUe als auch von Art. 28 Abs. 3 lit. a IRSG, der "eine kurze Darstellung des wesentlichen Sachverhalts" verlangt.
5.
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es gehe aus den Ersuchen nicht hervor, aus welchen Gründen die deutschen und niederländischen Behörden ihn und nicht irgendeinen Dritten verdächtigten. Diese Rüge ist aktenwidrig: Sowohl im niederländischen Auslieferungsgesuch als auch im Haftbefehl des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau wird ausgeführt, dass die Person des Beschwerdeführers auf verschiedenen Aufnahmen zu erkennen sei, die von den Raumüberwachungskameras bzw. den Kameras der Geldautomaten gemacht worden seien.
Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Akten enthielten keine Bilder oder Videoprints zum Beleg, dass es sich auf den angeblich vorhandenen Videoaufnahmen tatsächlich um ihn handle. Er verkennt jedoch, dass Schuld- und Tatfragen im Auslieferungsverfahren grundsätzlich (vom oben, E. 4.2 genannten Alibibeweis abgesehen) nicht zu prüfen sind. Es ist Aufgabe des ausländischen Sachrichters, sich über das Bestehen dieser Tatsachen und über die Schuld des Verfolgten auszusprechen (BGE 123 II 279 E. 2b S. 281 mit Hinweisen). Dazu gehört auch die Identifikation des Beschwerdeführers auf den erwähnten Videoaufnahmen.
6.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer einen Verstoss gegen Art. 68 Ziff. 2 StGB i.V.m. Art. 37 Abs. 1 IRSG. Er sei in der Schweiz für gleich gelagerte Taten bereits rechtskräftig verurteilt worden. Die Straftaten, deretwegen die Auslieferung bewilligt worden sei, lägen zeitlich vor dem Urteil der Gerichtspräsidentin des Gerichtskreises III Aarberg-Bürgen-Erlach vom 9. Oktober 2003. Er habe deshalb gemäss Art. 68 Ziff. 2 StGB Anspruch darauf, für früher begangene Straftaten nur im Rahmen einer Zusatzstrafe zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dieser Anspruch werde bei einer Auslieferung an ausländische Behörden verletzt.
Zur Wahrung von Art. 68 Ziff. 2 StGB müsse die Schweiz die ersuchenden Behörden auffordern, dem schweizerischen Staat ein Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung zu unterbreiten. In diesem Sinne müsse in der vorliegenden Konstellation Art. 37 Abs. 1 IRSG ausgelegt werden.
6.1 Nach Art. 37 Abs. 1 IRSG besteht die Möglichkeit, die Auslieferung abzulehnen, wenn die Schweiz die Verfolgung der Tat oder die Vollstreckung des ausländischen Strafentscheides übernehmen kann und dies im Hinblick auf die soziale Wiedereingliederung des Verfolgten angezeigt erscheint. Das EAUe kennt jedoch keine vergleichbare Ablehnungsmöglichkeit: Verlangt der ersuchende Staat nicht die Übernahme der Strafverfolgung bzw. der Vollstreckung durch die Schweiz, sondern die Auslieferung des Verfolgten, ist die Schweiz staatsvertraglich verpflichtet, diesem Begehren stattzugeben, sofern die Auslieferungsvoraussetzungen nach EAUe erfüllt sind. Sie kann sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht, namentlich Art. 37 Abs. 1 IRSG, berufen, um sich dieser Verpflichtung zu entziehen (BGE 122 II 485 E. 3a und b S. 487).
Insofern kann offen bleiben, ob und inwiefern Art. 37 Abs. 1 IRSG überhaupt zur Anwendung gelangen kann, wenn der Verfolgte die Übernahme der Strafverfolgung durch die Schweiz zur Gewährleistung einer Zusatzstrafe i.S.v. Art. 68 Ziff. 2 StGB verlangt.
6.2 Der Beschwerdeführer wird deshalb sein Anliegen, für die vor der schweizerischen Verurteilung vom 9. Oktober 2003 begangenen Straftaten nur im Rahmen einer Zusatzstrafe zur Rechnung gezogen zu werden, im deutschen und niederländischen Strafverfahren vorbringen müssen, indem er die Bildung einer Zusatz- oder einer nachträglichen Gesamtstrafe verlangt, oder - wenn dies nicht möglich ist - einen Härteausgleich im Rahmen der Strafzumessung beantragt (so BGH NJW 1997 S. 1993 Nr. 15; a.A. Ruth Rissing-van Saan, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl., Berlin 2003, § 55 Rn. 23).
Sollte nach deutschem oder niederländischem Recht keinerlei Möglichkeit bestehen, die schweizerische Verurteilung zu berücksichtigen, würde dies dennoch kein Auslieferungshindernis begründen: Art. 68 Ziff. 2 StGB betrifft nur das schweizerische Strafverfahren und ist nicht Teil des internationalen ordre public. Das EAUe einschliesslich seiner Zusatzprotokolle und des Zusatzvertrags mit Deutschland kennen keine Verpflichtung zur Ermöglichung einer grenzüberschreitenden Zusatz- oder Gesamtstrafe und kein entsprechendes Auslieferungshindernis.
7.
Der Beschwerdeführer ist seit dem 9. Oktober 2003 - und nicht, wie er vorbringt, seit dem 10. Februar 2003 - in Auslieferungshaft: Dies ergibt sich klar aus dem Schreiben der Abteilung Straf- und Massnahmevollzug der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern vom 9. Oktober 2003. Seine Auslieferung an Deutschland wird, davon ist auszugehen, kurz nach Eröffnung des bundesgerichtlichen Entscheids in dieser Sache vollzogen werden. Unter diesen Umständen erscheint die Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft für die kurze Zeitspanne bis zum Vollzug der Auslieferung durchaus verhältnismässig. Dies gilt umso mehr, als akute Fluchtgefahr besteht, wie der Fluchtversuch des Beschwerdeführers aus dem Regionalgefängnis Biel vom 10. Oktober 2003 zeigt. Sein Antrag auf Entlassung aus der Auslieferungshaft ist deshalb abzuweisen.
8.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.
Da die Voraussetzungen hierfür gemäss Art. 152 OG vorliegen, ist dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Es sind deshalb keine Kosten zu erheben und Advokat Christian von Wartburg ist als unentgeltlicher Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.
2.2 Advokat Christian von Wartburg wird als amtlicher Vertreter des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. Februar 2004
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: