BGer C 208/2003
 
BGer C 208/2003 vom 26.03.2004
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 208/03
Urteil vom 26. März 2004
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Hochuli
Parteien
Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich, Beschwerdeführer,
gegen
S._________, Beschwerdegegner
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 31. Juli 2003)
Sachverhalt:
A.
Der 1947 geborene, seit Juli 2002 zur Arbeitsvermittlung angemeldete S._________ war von Dezember 2002 bis Januar 2003 als selbstständig erwerbender Fotograf im Land B._________ berufstätig. Weil er für diese Zeit keine persönlichen Arbeitsbemühungen nachweisen konnte, stellte ihn das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (nachfolgend: AWA oder Beschwerdeführer) für die Dauer von 9 Tagen ab 1. März 2003 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ein (Verfügung vom 25. April 2003), woran das AWA mit Einspracheentscheid vom 16. Mai 2003 fest hielt.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des S._________ hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. Juli 2003 gut und hob die verfügte Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das AWA die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids.
Während S._________ sinngemäss auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden (mit In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG] am 1. Januar 2003 unverändert gebliebenen) Bestimmungen über die Anspruchsvoraussetzung des tatsächlichen Aufenthalts in der Schweiz (Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG), die Pflicht der versicherten Person, alles Zumutbare zu unternehmen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu verkürzen, und ihre entsprechenden Bemühungen nachweisen können zu müssen (Art. 17 Abs. 1 AVIG), die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei ungenügenden persönlichen Arbeitsbemühungen (Art. 30 Abs. 1 lit. c AVIG) sowie die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.
Fest steht, dass sich der Beschwerdegegner Ende Juni 2002 zur Arbeitsvermittlung in eine Vollzeitbeschäftigung ab 1. Juli 2002 anmeldete und in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 persönlich nicht um zumutbare Arbeit bemühte. Dies, obgleich er nach eigenen Angaben schon im Juli 2002 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung eingestellt worden war, weil er sich im Vormonat, als er noch im zu Ende gehenden Arbeitsverhältnis im S._________ berufstätig war, nicht genügend um zumutbare Arbeit bemüht hatte.
3.
Streitig und zu prüfen ist, ob und gegebenenfalls wie lange er wegen ungenügenden Arbeitsbemühungen im Dezember 2002 und Januar 2003 in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist.
3.1 Die Vorinstanz hob die vom AWA verfügte und mit Einspracheentscheid vom 16. Mai 2003 bestätigte Einstellung in der Anspruchsberechtigung mit der Begründung auf, der Versicherte sei von Dezember 2002 bis Januar 2003 im Land B._________ einem Zwischenverdienst nachgegangen, habe daher infolge Auslandabwesenheit in dieser Zeit die Anspruchsvoraussetzung des tatsächlichen Aufenthalts in der Schweiz im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG nicht erfüllt und sei somit in dieser Zeit nicht anspruchsberechtigt gewesen. Aus BGE 126 V 520 folge, dass kein Raum für eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung bestehe, wenn der Versicherte in der fraglichen Zeit keinen Anspruch auf Taggelder erworben habe. Das kantonale Gericht übersah, dass im Falle von BGE 126 V 520 die Anspruchsvoraussetzung der Vermittlungsfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 f AVIG) von Anfang an nicht erfüllt war, weshalb weder die Rahmenfrist für den Leistungsbezug (Art. 9 Abs. 2 AVIG) zu laufen begann noch der Versicherungsfall der "Arbeitslosigkeit" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. a AVIG überhaupt eintrat (vgl. BGE 126 V 523 Erw. 4). Obwohl eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung nur möglich ist, wenn sämtliche gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind (BGE 126 V 523 Erw. 4 mit Hinweis), und dementsprechend nur während der Zeit der Anspruchsberechtigung vorgenommen werden kann, braucht sich das sanktionswürdige Verhalten nicht während laufender Anspruchsberechtigung zugetragen zu haben. So muss sich zum Beispiel die versicherte Person gemäss ihrer Schadenminderungspflicht nach konstanter Praxis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts auch die vor der Meldung auf dem Arbeitsamt unterlassenen Stellenbewerbungen entgegenhalten lassen (ARV 1982 Nr. 4 S. 40 Erw. 2b, 1981 Nr. 29 S. 127 Erw. 2a; zuletzt: unveröffentlichte Urteile P. vom 15. Dezember 2003, C 200/03, C. vom 23. Januar 2003, C 280/01, und S. vom 22. Oktober 1998, C 267/98; vgl. auch ARV 1993/94 Nr. 26 S. 184 Erw. 2b mit Hinweis). Die von der Vorinstanz angerufene Rechtsprechung ist deshalb für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht einschlägig, weil der Versicherte ab Juli 2002 grundsätzlich anspruchsberechtigt war.
3.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertritt das AWA die Auffassung, für den Beschwerdegegner sei voraussehbar gewesen, dass er nach seinem Arbeitseinsatz im Land B._________ von Dezember 2002 bis Januar 2003 wieder Leistungen der Arbeitslosenversicherung würde in Anspruch nehmen müssen. Deshalb sei er gehalten gewesen, sich für die Zeit nach seiner Rückkehr genügend um Arbeit zu bemühen. Die Landesabwesenheit habe ihn von dieser Pflicht nicht entbunden. Bei den zur Verfügung stehenden Kommunikationsmitteln (Internet, E-Mail etc.) und Personalvermittlungsagenturen sei es heute ohne weiteres möglich und zumutbar, sich auch vom Ausland aus für eine neue Arbeitsstelle zu bewerben. Die zutreffenden Ausführungen des AWA stehen in Übereinstimmung mit der einschlägigen Praxis, wonach auch eine ferienbedingte Landesabwesenheit einen Versicherten nicht von der Pflicht entbindet, sich persönlich genügend um Arbeit zu bemühen (ARV 1988 Nr. 11 S. 96 Erw. 2) und der Einstellungstatbestand der ungenügenden Arbeitsbemühungen schon dann erfüllt ist, wenn der Versicherte nicht alles Zumutbare unternimmt, um einen drohenden Schaden abzuwenden (Urteil M. vom 23. Juni 1989, C 20/89). Demnach stellte das AWA den Versicherten zu Recht in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ein. Was der Versicherte hiegegen vorbringt, ändert nichts daran.
4.
Das AWA setzte die Einstellungsdauer innerhalb des für leichtes Verschulden vorgeschriebenen Rahmens von 1 bis 15 Tagen (Art. 45 Abs. 2 lit. a AVIV) auf 9 Tage fest. Dies ist nach Lage der Akten und in Berücksichtigung der Vorbringen des Beschwerdegegners (vgl. Erw. 2 hievor) im Rahmen der Ermessensprüfung (Art. 132 OG; vgl. BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen) nicht zu beanstanden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. Juli 2003 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 26. März 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: