BGer 6P.93/2005
 
BGer 6P.93/2005 vom 17.08.2005
Tribunale federale
{T 0/2}
6P.93/2005+6S.286/2005 /gnd
Urteil vom 17. August 2005
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Monn.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, 6430 Schwyz,
Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer,
Postfach 2265, 6431 Schwyz.
Gegenstand
Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung; Diebstahl etc.,
Staatsrechtliche Beschwerde und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom
31. Mai 2005.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Mit Urteil vom 20. Januar 2005 sprach das Strafgericht Schwyz X.________ des mehrfachen Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie des mehrfachen Verweisungsbruchs schuldig und bestrafte ihn mit 30 Monaten Zuchthaus, unter Anrechnung von 234 Tagen Untersuchungshaft. In Bezug auf drei Zivilforderungen wurde er zur Zahlung von insgesamt Fr. 446'869.95 verpflichtet. Weitere Forderungen wurden auf den Zivilweg verwiesen.
In teilweiser Gutheissung einer Berufung wurde der Strafpunkt durch das Kantonsgericht Schwyz mit Urteil vom 31. Mai 2005 aufgehoben und X.________ mit 28 Monaten Zuchthaus bestraft, unter Anrechnung von 245 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und das Urteil des Strafgerichts bestätigt. Die Kosten des Berufungsverfahrens (inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung) wurden X.________ zu neun Zehnteln auferlegt.
X.________ gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde und eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei in verschiedenen Punkten zu kassieren und die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesgerichts zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
2.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger gerügt werden (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Der Beschwerdeführer hat dabei die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber vorzubringen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden (Art. 9 BV). Willkürlich ist ein Entscheid jedoch nicht schon, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen ist, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Der Beschwerdeführer hat dabei darzulegen, dass und inwiefern der angefochtene Entscheid im bemängelten Punkt willkürlich ist. Eine bloss appellatorische Kritik genügt den Anforderungen einer staatsrechtliche Beschwerde nicht (BGE 128 I 295 E. 7a S. 312).
Die Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde muss in derselben vorgebracht werden. Verweisungen auf die Akten oder auf die Ausführungen der Parteien im kantonalen Verfahren sind unzulässig (BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120).
3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht sei bei der Beweiswürdigung mehrfach in Willkür verfallen (Beschwerde S. 3). Soweit er dazu z.B. auf die "Protokolle der Polizei" verweist (Beschwerde S. 7), kann darauf nicht eingetreten werden. Zur Begründung bringt er im Übrigen (auch unter dem Titel Verletzung des rechtlichen Gehörs) ausschliesslich appellatorische Kritik vor (vgl. Beschwerde S. 4 - 18), auf die nicht eingetreten werden kann. So kam es z.B. in den Fällen A.________ und B.________ unter anderem aufgrund einer DNA-Spur, der für den Beschwerdeführer typischen Fensterbohrmethode und einem an beiden Tatorten aufgefundenen Schuhsohlenmuster zu einer Verurteilung. Es kann dazu auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 5 - 12). Diese hat sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Die Beschwerde geht darauf nicht näher ein und legt keine Willkür dar.
4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei nicht ordentlich und gesetzmässig verteidigt gewesen. Man habe ihm zwar "formal" einen Pflichtverteidiger gestellt, aber dieser habe ihn "in geradezu impertinenter Art und Weise" verraten und getäuscht (Beschwerde S. 3). Soweit er in diesem Zusammenhang auf seinen fünfseitigen Ablehnungsantrag im kantonalen Verfahren verweist (Beschwerde S. 3), ist darauf nicht einzutreten, da solche Verweisungen nicht zulässig sind. Im Übrigen führt er aus, er habe dem Pflichtverteidiger einen Plan erläutert, wie er den Gerichtspräsidenten "in die Falle tapsen lasse", worauf sich der Verteidiger "unterwürfig-dienlich geriert" habe (vgl. Beschwerde S. 3/4). Auf derartige unsubstanziierte Vorwürfe, die nicht darzutun vermögen, dass der Pflichtverteidiger seinen Aufgaben nicht nachgekommen wäre, kann ebenfalls nicht eingetreten werden.
5.
Am Rande macht der Beschwerdeführer geltend, es sei zu bezweifeln, dass Geld und Gut in der angegebenen Grössenordnung gestohlen worden sei, weshalb die Zivilforderungen nicht liquid seien (Beschwerde S. 9 ff.). Darauf kann nicht eingetreten werden. Die Vorinstanz führt aus, im kantonalen Berufungsverfahren seien die den Geschädigten zuerkannten Zivilforderungen nicht angefochten worden, womit diese (ausser im Falle eines Freispruchs oder einer Einstellung) nicht überprüft werden könnten (angefochtener Entscheid S. 4/5). Der Beschwerdeführer macht nur geltend, der Zivilpunkt sei ordnungsgemäss angefochten worden (Beschwerde S. 13), ohne dass er diese Behauptung belegen würde. In seinen Anträgen vor der Vorinstanz hat er jedenfalls die Aufhebung von Ziff. 5 des erstinstanzlichen Dispositivs nicht verlangt (vgl. angefochtenen Entscheid S. 3). Im Übrigen befasst er sich mit der Erwägung der Vorinstanz, die auf dem kantonalen Verfahrensrecht beruht, nicht. Folglich kann sich auch das Bundesgericht damit nicht auseinandersetzen
6.
Soweit der Beschwerdeführer mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde verschiedene Verletzungen der BV und der EMRK geltend macht (Beschwerde S. 3), ist darauf nicht einzutreten. Derartige Rügen sind mit staatsrechtlicher Beschwerde vorzubringen (vgl. oben E. 2).
7.
Im Zusammenhang mit der Strafzumessung, die im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden kann, bemängelt der Beschwerdeführer, er sei zu Unrecht als Berufsverbrecher bezeichnet und die Strafe deswegen erhöht worden (Beschwerde S. 15). Zu diesem Schluss kam das Obergericht des Kantons Luzern jedoch bereits in einem Urteil vom 1. Juli 1997 (angefochtener Entscheid S. 14). Angesichts der neuen Taten mit dem hohen Deliktsbetrag durfte die Vorinstanz feststellen, der Beschwerdeführer sei ein Berufsdelinquent mit hoher krimineller Energie, gepaart mit technischer Raffinesse und Umsichtigkeit in der Auswahl, Planung und Ausführung der Einbrüche (angefochtener Entscheid S. 15). Von einer bundesrechtswidrigen Überlegung bei der Strafzumessung kann keine Rede sein.
8.
In Bezug auf die Anträge 2f und 2g, die die Kosten des Berufungsverfahrens und der amtlichen Verteidigung betreffen (Beschwerde S. 2), enthält die Beschwerde keine gesonderten Ausführungen. Darauf muss das Bundesgericht deshalb nicht weiter eingehen.
9.
Aus diesen Gründen ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten, und die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG; Art. 278 Abs. 1 BStP). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege muss abgewiesen werden, weil der Beschwerdeführer nicht genügend darlegt, dass er bedürftig ist. Seine Versicherung an Eides statt (Beschwerde S. 2) ist als Nachweis unzureichend. Im Übrigen waren seine Rechtsbegehren von vornherein unbegründet, weshalb die unentgeltliche Rechtspflege auch unter diesem Gesichtswinkel nicht gewährt werden kann (Art. 152 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'600.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. August 2005
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: