BGer 2P_59/2007
 
BGer 2P_59/2007 vom 12.06.2007
Tribunale federale
{T 0/2}
2P.59/2007 /fco
Urteil vom 12. Juni 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Karlen,
Gerichtsschreiber Moser.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
gegen
Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 19/21, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Bewilligung zur Beschäftigung von unselbständig tätigen Psychotherapeuten,
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Kammer, vom 21. Dezember 2006.
Sachverhalt:
A.
Gemäss § 17 Abs. 1 der zürcherischen Verordnung über die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom 1. Dezember 2004 (im Folgenden: PsyV/ZH) darf eine gemäss § 22a des kantonalen Gesetzes vom 4. November 1962 über das Gesundheitswesen (Gesundheitsgesetz, im Folgenden: GesG/ZH) zur Ausbildung von Psychotherapeuten berechtigte Fachperson (entsprechend spezialisierte Ärzte sowie Psychotherapeuten mit qualifizierter Ausbildung) mit Bewilligung der Gesundheitsdirektion unselbständige Psychotherapeuten anstellen, sofern diese über die in § 17 Abs. 2 PsyV/ZH umschriebene minimale Ausbildung verfügen. Insgesamt dürfen gemäss § 17 Abs. 3 PsyV/ZH höchstens sechs unselbständig tätige Psychotherapeuten angestellt werden, wovon höchstens drei die Voraussetzungen für die Zulassung zur selbständigen Berufsausübung erfüllen dürfen.
B.
Dr. med. X.________ beschäftigt vier zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Psychotherapeuten im Anstellungsverhältnis. Durch eine Verfügung der kantonalen Gesundheitsdirektion vom 26. Juni 2006 wurde er verpflichtet, die Zahl der bei ihm angestellten Psychotherapeuten, welche über die Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung verfügen, per 1. Juni 2008 auf drei zu reduzieren. X.________ setzte sich gegen diese Anordnung beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erfolglos zur Wehr.
C.
X.________ führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2006 mit Eingabe vom 27. Februar 2007 staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, dieses Urteil sowie die vorangegangene Verfügung der Gesundheitsdirektion aufzuheben und die Sache zur Erteilung der Bewilligung zur Beschäftigung von vier Psychotherapeuten an die Gesundheitsdirektion zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen seines Urteils Abweisung der Beschwerde. Die Gesundheitsdirektion stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vor diesem Zeitpunkt ergangen ist, richtet sich das Verfahren in Anwendung von Art. 132 Abs. 1 BGG noch nach den Bestimmungen des vormaligen Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG).
2.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, der sich auf kantonales Recht stützt und gegen den als eidgenössisches Rechtsmittel nur die staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist (Art. 84 Abs. 2 sowie Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch die an ihn ergangene Anweisung, die Zahl seiner Angestellten zu reduzieren, in seiner Rechtsstellung betroffen und damit gemäss Art. 88 OG zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert.
3.
Der Beschwerdeführer erblickt in der Vorschrift von § 17 Abs. 3 PsyV/ZH, durch welche ihm die Beschäftigung von mehr als drei zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Psychotherapeuten untersagt wird, einen Verstoss gegen die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Eventualiter wirft er die Frage auf, ob die festgelegte Höchstzahl als Pro-Kopf-Beschränkung oder aber als Beschränkung auf 300 Stellenprozente zu verstehen sei. Der in der Minderheitsbegründung des Verwaltungsgerichts erwähnte Aspekt der indirekten Diskriminierung der Frauen wird in der staatsrechtlichen Beschwerde mit Grund nicht aufgegriffen, da der allein beschwerdeführende Arbeitgeber nicht Träger des betreffenden Grundrechtes sein kann. Die streitige Einschränkung ist allein unter dem Gesichtswinkel der Wirtschaftsfreiheit zu beurteilen.
Wie in der Beschwerdeschrift (S. 6) zutreffend klargestellt wird, handelt es sich bei der hier in Frage stehenden Bewilligung für die Beschäftigung von angestellten Psychotherapeuten und die damit verbundenen Bedingungen nicht um die Zulassung als Leistungserbringer für die Krankenversicherung, sondern einzig um die kantonalrechtliche Zulassung zur Berufsausübung, welche als Polizeibewilligung einzustufen ist.
4.
Die gesetzliche Grundlage prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, wenn ein schwerer Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit in Frage steht, ansonsten beurteilt es die Auslegung des kantonalen Rechts nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Ob der vorliegend streitige Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit des als Arbeitgeber betroffenen Arztes als schwer einzustufen ist, kann dahingestellt bleiben. Die erforderliche gesetzliche Grundlage erscheint grundsätzlich gegeben. Gemäss § 10 Abs. 1 des Gesundheitsgesetzes hat der Inhaber einer Bewilligung die bewilligte Tätigkeit persönlich auszuüben. Das Gesetz geht aber davon aus, dass es neben den zur selbständigen Berufsausübung zugelassenen Medizinalpersonen auch ausgebildete oder noch in Ausbildung stehende Angehörige der betreffenden Berufe gibt, welche ihren Beruf nicht selbständig ausüben dürfen, aber als Assistenten und Vertreter eingesetzt werden können, und überlässt die Regelung der hiefür geltenden Voraussetzungen dem Verordnungsgeber (§ 8 Abs. 3 GesG/ZH). Wer als dazu berechtigte Fachperson Psychotherapeuten beschäftigt, welche die Voraussetzungen zur selbständigen Berufsausübung (noch) nicht erfüllen bzw. unselbständig tätig sind, muss in der Lage sein, die ihm obliegende Aufsicht über die unter seiner Kontrolle arbeitenden Psychotherapeuten auszuüben, was eine Beschränkung der Zahl dieser Angestellten auf Verordnungsstufe zu rechtfertigen vermag. Diese Schranke ergibt sich aus der Natur der Sache und braucht im Gesetz nicht ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Aufgrund der Bestimmung von § 15a GesG/ZH, wonach der Staat, soweit notwendig, den Nachwuchs für die Berufe der Gesundheitspflege zu fördern hat, durfte der Verordnungsgeber bei der Regelung der obenerwähnten Frage auch diese letztere Zielsetzung aufgreifen. Die in § 17 Abs. 3 PsyV/ZH festgelegte Begrenzung auf höchstens drei zur selbständigen Berufsausübung zugelassene Angestellte bezieht sich nach Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht auf Stellenprozente, sondern auf die Zahl der (ganz- oder teilzeitlich) angestellten Personen.
5.
5.1 Ein öffentliches Interesse an der beanstandeten Regelung erscheint an sich ebenfalls gegeben. Es entspricht nach dem Gesagten einem berechtigten gesundheitspolizeilichen Anliegen, die Zahl der unter der Aufsicht einer Fachperson unselbständig tätigen Medizinalpersonen zur Sicherung einer wirksamen Aufsicht zu beschränken. Dasselbe gilt für das mitanvisierte Ziel, Ausbildungsplätze für Psychotherapeuten zu sichern. Es handelt sich dabei, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, nicht um einen den Kantonen untersagten protektionistischen, auf Beeinflussung des Marktgeschehens ausgerichteten wirtschaftspolitischen Eingriff in die unternehmerische Freiheit, sondern um eine sozialpolitisch motivierte, wettbewerbsneutrale und damit mit der Wirtschaftsfreiheit grundsätzlich vereinbare Massnahme (vgl. die Übersicht zur diesbezüglichen Rechtsprechung bei Fritz Gygi/Paul Richli, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., Bern 1997, S. 98 f; betreffend Lehrlingsausbildung als Zuschlagskriterium im öffentlichen Beschaffungswesen: Urteil 2P.242/2006 vom 16. März 2007, E. 4.2.3).
5.2 Fraglich erscheint jedoch die Verhältnismässigkeit des streitigen Eingriffes: Die zahlenmässige Beschränkung der in einer Arztpraxis unselbständig tätigen Psychotherapeuten dient der Sicherung einer wirksamen Aufsicht durch die verantwortliche Fachperson. Von diesem Kontrollzweck her gesehen erscheint es sinnwidrig zu verlangen, dass höchstens drei der maximal sechs im Anstellungsverhältnis beschäftigten Psychotherapeuten die Zulassung zur selbständigen Berufsausübung besitzen dürfen. Bei vollausgebildeten Psychotherapeuten, welche ihren Beruf auch selbständig ausüben dürften, ist die Wahrnehmung der Aufsicht durch den verantwortlichen Inhaber der Arztpraxis naturgemäss regelmässig weniger aufwendig als bei noch in der Ausbildung stehenden Psychotherapeuten, welche nicht zur selbständigen Berufsausübung fähig und berechtigt sind. Wenn davon ausgegangen wird, dass es der verantwortlichen Fachperson möglich ist, die Aufsicht über sechs in Ausbildung stehende Psychotherapeuten auszuüben, dann besteht unter dem Gesichtswinkel der Sicherung einer wirksamen fachlichen Kontrolle, welche eine Beschränkung der Gesamtzahl der Beschäftigten einzig zu rechtfertigen vermag, keine Handhabe, für die Anstellung von voll ausgebildeten Psychotherapeuten eine tiefere Limite anzusetzen. Das geltend gemachte Interesse an der Erhaltung von Ausbildungsplätzen vermag diese Widersprüchlichkeit nicht zu rechtfertigen, umso weniger, als ein gesundheitspolitisch relevanter Mangel an entsprechenden Ausbildungsplätzen seitens des Kantons nicht belegt worden ist. Die dem Beschwerdeführer entgegengehaltene Regelung von § 17 Abs. 3 PsyV/ZH ist in diesem Sinne unverhältnismässig, weshalb der angefochtene Entscheid wegen Verletzung der Wirtschaftsfreiheit in Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben ist.
5.3 Eine weitergehende Anordnung, wie sie im Beschwerdebegehren beantragt wird (Rückweisung der Sache an die Gesundheitsdirektion zur Erteilung der Bewilligung für vier Psychotherapeuten) und bei Verweigerung einer Polizeibewilligung an sich möglich ist (vgl. Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 400, mit Hinweisen), drängt sich vorliegend nicht auf; mit der Aufhebung der an den Beschwerdeführer ergangenen Anweisung zur Beschränkung der Zahl seiner Angestellten ist die verfassungskonforme Lage wieder hergestellt.
6.
Da der Kanton Zürich im vorliegenden Verfahren kein Vermögensinteresse verfolgt, ist er, wiewohl er unterliegt, von der Tragung der Gerichtskosten befreit (Art. 156 Abs. 2 OG). Er hat jedoch dem anwaltlich vertretenen, obsiegenden Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 159 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2006 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gesundheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (3. Kammer) schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 12. Juni 2007
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: