BGer 9C_73/2007 |
BGer 9C_73/2007 vom 16.07.2007 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_73/2007
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Urteil vom 16. Juli 2007
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Lustenberger, Kernen,
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Gerichtsschreiber Maillard.
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Parteien
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G.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten,
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gegen
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Winterthur-Columna Sammelstiftung 2. Säule, Paulstrasse 9, 8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin,
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Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Zweigstelle Zürich, Binzstrasse 15, 8045 Zürich, vertreten durch Advokat
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Dr. Hans-Ulrich Stauffer, Rümelinsplatz 14, 4001 Basel, Mitbeteiligte.
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Gegenstand
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Berufliche Vorsorge,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
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vom 2. Februar 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1964 geborene G.________ arbeitete vom 15. November 1994 bis 13. Juni 1997 bei der Firma M.________ als technischer Sachbearbeiter und war dadurch bei der Winterthur Columna Sammelstiftung 2. Säule (nachfolgend Stiftung) obligatorisch berufvorsorgeversichert. Danach war er arbeitslos und meldete sich am 4. März 1999 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Am 7. Dezember 2001 sprach ihm die IV-Stelle Schwyz ab 1. August 1999 eine halbe und ab 1. April 2000 eine ganze Invalidenrente zu. Dabei ging sie von einer seit August 1998 dauernd bestehenden hälftigen und seit Ende 1999 vollständigen Einschränkung in der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit aus. Auf das am 28. Juli 2002 wiedererwägungsweise gestellte Begehren, den Beginn der Invalidität auf den 13. Juni 1997 festzulegen, trat die IV-Stelle mit Verfügung vom 8. November 2002 nicht ein, was letztinstanzlich vom damaligen Eidgenössischen Versicherungsgericht (heute Bundesgericht) mit Urteil vom 20. August 2003 (I 374/03) bestätigt wurde. Da der Eintritt der Arbeitsfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma M.________ und nach Verstreichen der Nachdeckungsfrist erfolgt sei, lehnte es die Stiftung daraufhin ab, G.________ eine Invalidenrente aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge zu gewähren.
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B.
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Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die von G.________ am 5. Dezember 2005 gegen die Stiftung eingereichte Klage auf Zusprechung einer Invalidenrente der beruflichen Vorsorge mit Entscheid vom 2. Februar 2007 ab.
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C.
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G.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Stiftung sei zu verpflichten, ihm ab 1. Juni 1998 aus dem Vorsorgeverhältnis eine Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 50% und spätestens ab 1. April 2000 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 100% gemäss den gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen auszurichten.
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Während die Stiftung auf Abweisung der Beschwerde schliesst, beantragt die beigeladene Stiftung Auffangeinrichtung BVG sinngemäss deren Gutheissung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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2.
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Strittig ist, ob der Beschwerdeführer gegenüber der Stiftung Anspruch auf eine Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge hat. Dies hängt entscheidend von der Frage ab, wann die für die Entstehung des Invalidenleistungsanspruchs relevante Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist.
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3.
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Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen über den Anspruch auf Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 BVG) und die Grundsätze für die Abgrenzung der Leistungspflicht von Vorsorgeeinrichtungen (BGE 123 V 262 E. 1a S. 263, 120 V 15 E. 1a S. 18, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Das Gleiche gilt bezüglich der vorinstanzlichen Ausführungen zur Bindung der Vorsorgeeinrichtungen an die Feststellungen der IV-Organe insbesondere hinsichtlich des Eintritts der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit (BGE 130 V 270 E. 3.1 S. 273, 129 V 73 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.
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4.
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4.1 Das kantonale Gericht hat zunächst unbestrittenermassen festgestellt, dass die Rentenverfügung der IV-Stelle vom 7. Dezember 2001 der Beschwerdegegnerin nicht zugestellt worden sei. Es sei daher frei zu prüfen, wann beim Beschwerdeführer die zur Invalidität führende Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei. Der Beschwerdeführer erblickt einen Widerspruch und eine Verletzung der Vorschriften über die Kognition, indem die Vorinstanz weiter erwogen hat, dass sich der Beschwerdeführer indessen die von der Invalidenversicherung getätigten Feststellungen entgegenzuhalten lassen habe, sofern sie sich nicht als offensichtlich unhaltbar erweisen würden.
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4.2 Der in E. 4.1 erwähnte (scheinbare) Widerspruch lässt sich ohne Weiteres auflösen. In BGE 129 V 73 E. 4.2.2 S. 76 wurde eine Bindungswirkung der invalidenversicherungsrechtlichen Feststellungen für die Vorsorgeeinrichtung verneint, wenn sie nicht spätestens im Vorbescheidsverfahren (Art. 73bis IVV) und, nach dessen Ersetzung durch das Einspracheverfahren ab 1. Januar 2003, angelegentlich der Verfügungseröffnung in das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren einbezogen wird. Hält sich die Vorsorgeeinrichtung demgegenüber im Rahmen des invalidenversicherungsrechtlich Verfügten, ja stützt sie sich - wie hier - darauf, ist das Problem des Nichteinbezugs des Vorsorgeversicherers ins IV-Verfahren gegenstandslos. In diesem Fall kommt ohne Weiterungen die vom Gesetzgeber gewollte, in den Art. 23 ff. BVG zum Ausdruck gebrachte Verbindlichkeitswirkung unter Vorbehalt offensichtlicher Unrichtigkeit des IV-Entscheids zum Zuge. Mit anderen Worten: Stellt die Vorsorgeeinrichtung auf die invalidenversicherungsrechtliche Betrachtungsweise ab, muss sich die versicherte Person diese entgegenhalten lassen, soweit diese für die Festlegung des Anspruchs auf eine Invalidenrente entscheidend war , und zwar ungeachtet dessen, ob der Vorsorgeversicherer im IV-Verfahren beteiligt war oder nicht. Vorbehalten sind jene Fälle, in denen eine gesamthafte Prüfung der Aktenlage ergibt, dass die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung offensichtlich unhaltbar war (in SZS 2004 S. 451 f. zusammengefasst wiedergegebenes Urteil F. vom 9. Februar 2004, B 39/03, E. 3.1).
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4.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat daher die Vorinstanz seine Vorbringen zu den von der Invalidenversicherung getroffenen Feststellungen zum Eintritt der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit zu Recht nur unter dem Blickwinkel der offensichtlichen Unhaltbarkeit geprüft. Auch wenn sie zwar durchblicken lässt, dass eine freie Prüfung zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, hat sie doch mit in allen Teilen überzeugender Begründung dargetan, dass die Feststellung der IV-Stelle, eine dauernde Arbeitsunfähigkeit sei erst nach der missglückten arbeitsmarktlichen Massnahme (17. August 1998) eingetreten, nicht offensichtlich unrichtig ist. Gegenteiliges wird vom Beschwerdeführer denn auch - zu Recht - nicht geltend gemacht. Seine Einwendungen basieren vielmehr auf der wie dargelegt unzutreffenden Annahme, es bestehe keine Bindung der Vorsorgeeinrichtung an die Feststellung der Invalidenversicherung.
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4.4 Bleibt somit die Beschwerdegegnerin an die Feststellung der Invalidenversicherung, die relevante Arbeitsunfähigkeit sei erst am 17. August 1998 eingetreten, gebunden, entfällt die Leistungspflicht der Stiftung ohne Weiteres, war doch der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt unbestrittenermassen nicht mehr bei ihr obligatorisch berufsvorsorgeversichert. Die Beschwerde ist daher unbegründet.
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5.
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Im Sinne einer Eventualbegründung hat das kantonale Gericht weiter erwogen, dass der Beschwerdeführer selbst dann keine Ansprüche gegenüber der Stiftung hätte, wenn vom Eintritt der massgeblichen Arbeitsunfähigkeit am 1. August 1997 ausgegangen würde, da die Versicherungsdeckung spätestens nach Ablauf der Nachdeckungsfrist von einem Monat nach Dienstaustritt (13. Juni 1997) am 13. Juli 1997 abgelaufen sei. Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, die Vorin-stanz gehe fälschlicherweise davon aus, der Arbeitsvertrag sei per 13. Juni 1997 aufgelöst worden. Der Lohn sei jedoch bis Ende Juni 1997 bezahlt worden, weshalb der Dienstaustritt frühestens an diesem Tag erfolgt sei. Mit dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, dass unter dem arbeitsvertraglichen Kündigungsrecht die Befugnis jeder Partei zu verstehen ist, das Vertragsverhältnis durch einseitige Willenserklärung aufzulösen, wenn die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt sind. Es handelt sich um ein typisches Gestaltungsrecht, das durch eine Erklärung des Berechtigten an die Gegenpartei ausgeübt wird (BGE 113 II 259 E. 2a S. 261). Der Beschwerdeführer hat das Arbeitsverhältnis (im Rahmen der Neuanstellung) gesetzeskonform mit eingeschriebenem Brief am 5. Juni 1997 zum 13. Juni 1997 aufgelöst. An der rechtsgestaltenden Wirkung dieser Kündigung vermag damit nichts zu ändern, dass dem Beschwerdeführer - aus welchen Gründen auch immer - im Juni 1997 noch der volle Monatslohn ausbezahlt worden ist.
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6.
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Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die obsiegende Vorsorgeeinrichtung hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG; BGE 126 V 143 E. 4a S. 149 mit Hinweisen).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
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Luzern, 16. Juli 2007
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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