BGer 9C_1010/2008 |
BGer 9C_1010/2008 vom 09.03.2009 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_1010/2008
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Urteil vom 9. März 2009
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Borella, Seiler,
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Gerichtsschreiber R. Widmer.
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Parteien
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V.________ AG, Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcus Desax,
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Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Alters- und Hinterlassenenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
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vom 29. Oktober 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Die seit Februar 2006 als V.________ AG im Handelsregister eingetragene Gesellschaft war bereits seit 1995 unter verschiedenen Namen (u.a. X.________ AG) tätig und rechnete über die paritätischen Beiträge mit der Ausgleichskasse des Kantons Zürich ab. Gemäss Vereinbarung vom 4. Januar 1999 hatte die Y.________/USA, als Muttergesellschaft der X.________ AG Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch der Schweizerischen Gesellschaft per 1. April 1999 Optionen zugeteilt, die auf einem 1997 errichteten "Stock Option Plan" basierten. Das Bezugsrecht war in dem Sinne aufgeschoben und beschränkt, dass ein erstes Drittel der Optionen ab dem 1. Januar 2000, ein weiteres Drittel ab 1. Januar 2001 und das restliche Drittel ab 1. Januar 2002 ausgeübt werden konnten, wobei für die bis 31. März 2009 befristete Ausübung ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis vorausgesetzt war. Gestützt auf die Deklarationen in der Jahresrechnung 1999, den dazu gehörenden Nachtrag sowie die Bewertungen der ausgegebenen Optionen stellte die Ausgleichskasse der X.________ AG am 6. April 2000 paritätische Beiträge von insgesamt Fr. 3'335'367.30 in Rechnung.
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Mit Schreiben vom 5. Oktober 2001 ersuchte die X.________ AG die Ausgleichskasse um Rückerstattung derjenigen Beiträge, die auf den 1999 zugewiesenen Optionen an die im Kanton Z.________ wohnhaften Mitarbeiter erhoben worden waren. Die Ausgleichskasse lehnte dieses Begehren ab. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 ersuchte die X.________ AG die Ausgleichskasse um Rückerstattung von paritätischen Beiträgen im Gesamtbetrag von Fr. 1'025'350.-, entsprechend sämtlichen Beiträgen, die auf den 1999 ausgegebenen Optionen entrichtet und noch nicht infolge vorzeitigen Ausscheidens von Mitarbeitern zurückbezahlt worden waren. Nach Durchführung einer Arbeitgeberkontrolle lehnte die Ausgleichskasse das Rückerstattungsgesuch mit Verfügung vom 28. Juni 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 22. Januar 2007, ab.
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B.
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Die V.________ AG liess Beschwerde führen mit den Anträgen, unter Aufhebung des Einspracheentscheides sei die Ausgleichskasse zu verpflichten, ihr die paritätischen Beiträge von insgesamt Fr. 1'025'350.- zurückzuerstatten; eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Ausgleichskasse zurückzuweisen. Mit Entscheid vom 29. Oktober 2008 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab.
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C.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die V.________ AG die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern.
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Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
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1.
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Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Rückforderung zu viel bezahlter oder nicht geschuldeter Beiträge (Art. 25 Abs. 3 ATSG [SR 830.1]; Art. 41 AHVV [SR 831.101]) sowie die Revision und Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen und Einspracheentscheide (Art. 53 Abs. 1 und 2 ATSG) zutreffend wiedergegeben. Diese Grundsätze gelten auch, wenn nicht die Revision oder Wiedererwägung einer Verfügung im formellen, sondern einer Verfügung im materiellen Sinn (vgl. dazu BGE 117 V 97 E. 2b S. 102) in Frage steht, wie im vorliegenden Fall, welchem eine Rechnung der Ausgleichskasse über paritätische Beiträge vom 6. April 2000 zugrunde liegt. Fehlt eine fristgerechte Intervention der beitragspflichtigen Person, entfaltet der im formlosen Verfahren ergangene Entscheid in gleicher Weise Rechtswirkungen, wie wenn er im durch Art. 51 Abs. 1 ATSG umschriebenen Rahmen erlassen worden wäre, wobei die Frist, innert welcher formlose Mitteilungen anzufechten sind, auf ein Jahr festgesetzt wurde (BGE 134 V 145 E. 5 S. 149 ff.).
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Ergänzend ist Folgendes zu beachten: Art. 55 Abs. 1 ATSG sieht vor, dass in den Art. 27-54 oder in den Einzelgesetzen nicht abschliessend geregelte Verfahrensbereiche sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 (VwVG; SR 172.021) bestimmen. Weil das ATSG keine Vorschrift zur Frist enthält, innert welcher ein Revisionsgesuch bei der Verwaltung einzureichen ist, sind gestützt auf Art. 55 Abs. 1 ATSG die Bestimmungen des VwVG anwendbar (KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, Rz. 23 zu Art. 53).
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Gemäss Art. 67 Abs. 1 VwVG ist das Revisionsbegehren der Beschwerdeinstanz innert 90 Tagen nach Entdeckung des Revisionsgrundes, spätestens aber innert 10 Jahren nach Eröffnung des Beschwerdeentscheides, schriftlich einzureichen. Dass die prozessuale Revision von Verwaltungsverfügungen nur innerhalb der für die Revision von Beschwerdeentscheiden massgebenden Fristen zulässig ist, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht im Übrigen bereits vor Inkrafttreten des ATSG erkannt, als dieses Institut erst in einzelnen Sozialversicherungszweigen gesetzlich geregelt war (RKUV 1994 Nr. U 191 S. 145 mit Hinweis). Zusätzlich hat das Gericht im nämlichen Urteil festgehalten, dass die Fristen des Art. 67 VwVG im Sinne eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu beachten sind, wenn die prozessuale Revision von Verfügungen in Frage steht, die von Verwaltungsbehörden erlassen wurden, für welche das VwVG nicht gilt.
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2.
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Die Beschwerdeführerin berief sich im vorinstanzlichen Verfahren darauf, dass bei der Y.________/USA im Sommer 2002 Bilanzfälschungen grossen Stils aufgedeckt worden seien. Am 31. März 2003 habe ein Untersuchungsausschuss einen Bericht vorgelegt. In der Folge seien die Jahresrechnungen der Gesellschaft ab 2000 berichtigt worden. Eine Neubewertung der Optionen 1999 im März 2003 habe ergeben, dass die Optionen von Anfang an als non-valeurs zu betrachten waren. Kenntnis davon, dass die Bewertung der Optionen 1999 auf falschen Zahlen beruhte, habe die Beschwerdeführerin erst im März 2003 erhalten.
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Mit Schreiben vom 22. Dezember 2004, das als Revisionsgesuch betrachtet werden kann, beantragte die Beschwerdeführerin alsdann von der Ausgleichskasse die Rückerstattung der zu viel bezahlten Beiträge. Ein mündliches Gesuch wurde den Angaben der Beschwerdeführerin zufolge bereits am 16. März 2004 gestellt. Nach den Feststellungen des kantonalen Gerichts handelte es sich dabei allerdings bloss um eine Ankündigung anlässlich der Arbeitgeberkontrolle vom 16./17. März 2004. Ob ein Rückerstattungsgesuch bereits im März 2004 oder erst im Dezember 2004 gestellt wurde, braucht nicht näher geprüft zu werden. Denn selbst wenn auf das frühere Datum abzustellen wäre, müsste das Revisionsgesuch als verspätet betrachtet werden, nachdem die Gesellschaft laut ihren eigenen Ausführungen schon seit März 2003 Kenntnis von der nach ihrer Ansicht von Anfang an unrichtigen Bewertung der ausgegebenen Optionen hatte. Die Frist von 90 Tagen zur Einreichung des Revisionsgesuches gemäss Art. 67 Abs. 1 VwVG war in jedem Fall abgelaufen, weshalb die Ausgleichskasse dieses mittels Nichteintreten hätte erledigen müssen. Die Stichhaltigkeit des geltend gemachten Revisionsgrundes braucht zufolge Fristversäumnisses nicht geprüft zu werden.
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3.
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Zu prüfen ist sodann, ob die Vorinstanz in Übereinstimmung mit der Ausgleichskasse, welche auf das Rückerstattungsgesuch im Einspracheentscheid vom 22. Januar 2007 auch unter dem Titel Wiedererwägung eingetreten ist, zu Recht die ursprüngliche, rechtsbeständige materielle Verfügung nicht als zweifellos unrichtig qualifiziert hat (vgl. BGE 117 V 8 E. 2a S. 12).
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Diese Frage ist mit dem kantonalen Gericht zu bejahen. Die Wiedererwägung ist das Verfahren zur Korrektur einer anfänglich unrichtigen Rechtsanwendung (unter Einschluss unrichtiger Feststellung im Sinne der Würdigung des Sachverhaltes [BGE 115 V 308 E. 4a/cc S. 314]). Inwieweit die Ausgleichskasse bei der Beitragsfestsetzung gemäss ihrer Rechnung über paritätische Beiträge vom 6. April 2000 die einschlägigen Normen des AHVG und der Verordnung unrichtig angewendet habe, wird in der Beschwerde nicht dargelegt und ist auch nicht zu erkennen. Vielmehr beschränkt sich die Beschwerdeführerin in ihrer umfangreichen Eingabe zur Hauptsache auf Aspekte, die allenfalls im Zusammenhang mit einem nach Massgabe von Art. 67 Abs. 1 VwVG rechtzeitig eingereichten Revisionsgesuch näher hätten geprüft werden müssen, eine Wiedererwägung der Beitragsfestsetzung jedoch in keiner Weise nahelegen oder gar zu begründen vermögen.
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4.
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Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und J.________ schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 9. März 2009
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Meyer Widmer
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