BGer 6B_191/2009 |
BGer 6B_191/2009 vom 23.06.2009 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_191/2009
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Urteil vom 23. Juni 2009
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
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Gerichtsschreiberin Koch.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Müller,
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gegen
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Generalprokurator des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Qualifizierte Widerhandlung gegen das BG über die Betäubungsmittel,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 16. Dezember 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Kreisgericht II Biel-Nidau sprach X.________ am 24. Oktober 2006 des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, des Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, der Widerhandlung gegen das Waffengesetz, der versuchten Entwendung eines Fahrzeugs zum Gebrauch sowie der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz durch Verkauf von insgesamt mindestens 200 Gramm Heroingemisch (Reinheitsgrad ca. 13%) an A.________ schuldig. Es verurteilte ihn zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus unter Anrechnung der Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafantritts, als Zusatzsstrafe zur Strafverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 16. Februar 2006.
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B.
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Das Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer bestätigte am 13. November 2007 die von X.________ angefochtenen Schuldsprüche wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und banden- und gewerbsmässigen Diebstahls zum Nachteil von B.________.
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C.
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Die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht am 2. Juni 2008 gut, soweit es darauf eintrat. Es wies die Sache zur Durchführung einer Konfrontationseinvernahme mit dem Zeugen A.________ an die Vorinstanz zurück. Auf die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung in Bezug auf die Verurteilung wegen qualifizierten Diebstahls zum Nachteil von B.________ trat es nicht ein.
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D.
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Am 16. Dezember 2008 bestätigte das Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, nach durchgeführter Konfrontationseinvernahme, den Schuldspruch wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Es bestrafte X.________ mit einer Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren.
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E.
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Gegen dieses Urteil erhebt X.________ Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt einen Freispruch vom Vorwurf der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Es sei mit einer Freiheitsstrafe von maximal 30 Monaten zu bestrafen, unter Anrechnung der Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafvollzugs. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er stellt ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Der Beschwerdeführer erhebt die Rüge der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung nach Art. 97 BGG. Er macht geltend, es sei willkürlich, dass die Vorinstanz die Aussagen des Zeugen A.________ deshalb als glaubhaft erachte, weil er mit seinen Angaben auch sich selbst belaste.
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1.2 Die Vorinstanz hält die Aussagen des Zeugen A.________ unter anderem für glaubhaft, weil sich dieser selbst bezichtigt hat, er habe vom Beschwerdeführer 500 Gramm Heroingemisch gekauft und ihm deshalb Geld geschuldet. Damit habe er eine auch gegen ihn gerichtete Strafverfolgung in Kauf genommen. Weitere Hinweise für die Wahrheit der Zeugenaussage erblickt die Vorinstanz im Detailreichtum der Aussagen, in der zeitlichen Einordnung, den im Kern gleichbleibenden Aussagen bei mehreren Befragungen, der gegen den Zeugen ausgesprochenen Drohung durch den Beschwerdeführer, der Bestätigung der Aussagen des Zeugen A.________ durch den Zeugen C.________ sowie im Handschriftengutachten, welches die Urheberschaft des Beschwerdeführers in Bezug auf das Drohschreiben gegen den Zeugen A.________ bestätigt. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer dem Zeugen A.________ im Zeitraum von Ende September 2004 bis am 14. November 2004 insgesamt mindestens 200 Gramm Heroingemisch zu einem Reinheitsgrad von 13% verkauft hat.
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1.3 Nach der bundesgerichtlichen Praxis liegt Willkür in der Beweiswürdigung nach Art. 9 BV vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Für die Annahme von Willkür genügt es nicht, wenn eine andere Lösung auch als vertretbar oder sogar zutreffender erscheint (BGE 132 I 175 E. 1.2 S. 177; 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f., je mit Hinweisen).
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1.4 Dass die Vorinstanz die Aussagen des Zeugen A.________ unter anderem deshalb für glaubhaft hält, weil er sich selbst schwer belastet, ist nachvollziehbar. Gestützt auf seine eigene Aussage ist der Zeuge A.________ für den Kauf von 500 Gramm Heroingemisch bestraft worden. Dabei hat die Vorinstanz die Zeugenaussagen zu Recht nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang der Aussagen des Beschwerdeführers, des Zeugen C.________ und des Handschriftengutachtens des kriminaltechnischen Dienstes gewürdigt. Aufgrund der Aussage des Zeugen C.________ und des Handschriftengutachtens erachtet es die Vorinstanz als erwiesen, dass der Beschwerdeführer den Zeugen A.________ schriftlich und mündlich bedroht hat, er schneide ihm einen Finger ab, wenn er das Geld nicht bezahle. Hingegen erachtet die Vorinstanz die Aussagen des Beschwerdeführers, wonach die Schulden des Zeugen A.________ nicht aus dem Drogenhandel, sondern vielmehr aus der Gewährung eines Darlehens von Fr. 900.-- herrühren, als widersprüchlich. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer dem Zeugen A.________, welchen er lediglich aus 12 Tagen gemeinsamer Untersuchungshaft kenne, einen solchen Betrag hätte leihen sollen. Er selbst habe auch kein Geld gehabt und angeblich den Betrag bei seinem Bruder borgen müssen. Im Lichte dieser Feststellungen durfte die Vorinstanz davon ausgehen, dass die Selbstbelastung ein Indiz für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen A.________ bildet. Die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet.
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2.
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2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass die Aussagen des Zeugen A.________ Widersprüche enthielten (bezüglich seines [A.________'s] Drogenkonsums, der Drogenbelieferung durch andere Händler, der Anzahl der Lieferungen, der Menge, des Zeitpunkts, der Höhe seiner Schulden, zur Geldübergabe und zur Natelnummer des Beschwerdeführers). Sie lasse zu Unrecht ausser Acht, dass der Zeuge A.________ seinen massiven Betäubungsmittelkonsum mit dem Drogenhandel finanziert habe. Seine Angaben seien frei erfunden. Die Vorinstanz setze sich nicht mit seinen Rügen auseinander, sondern halte diese nicht für geeignet, an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen zu zweifeln. Dadurch verfalle sie in Willkür.
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2.2 Die Vorinstanz stützt sich in ihrer Beweiswürdigung nicht nur auf die Aussagen des Zeugen A.________ (vgl. E. 1.4). Dass dessen Aussagen in den Details (Drogenmenge, Personen, die den Kaufpreis abholten, Höhe seiner Schulden aus dem Kauf von Drogen beim Beschwerdeführer) nicht vollständig übereinstimmen, ist aufgrund des erheblichen Zeitablaufs zwischen den einzelnen Einvernahmen und dem Tatgeschehen (Taten von Ende September 2004 bis am 14. November 2004, Einvernahmen vom Dezember 2004, September 2005 und Dezember 2008) erklärbar. Diese Differenzen ändern nichts am zentralen Inhalt der Aussage, wonach der Zeuge A.________ vom Beschwerdeführer in mehreren Malen Heroin gekauft hat. Zur Menge stellt die Vorinstanz auf die ersten Aussagen des Zeugen A.________ ab, welche die niedrigste Mengenangabe enthält. Darin hat er angegeben, er habe in vier Malen jeweils 50 Gramm Heroin übernommen.
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2.2.1 Aktenwidrig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, der Zeuge habe an der Verhandlung der Vorinstanz vom 16. Dezember 2008 ausgesagt, er habe - mit Ausnahme der Lieferungen des Beschwerdeführers - nichts mit Drogen zu tun gehabt. Der Zeuge hat in der zitierten Einvernahme nicht von Drogen, sondern von "solchen Sachen" gesprochen (angefochtenes Urteil S. 9). Was er damit gemeint hat, kann offen bleiben, Jedenfalls hat er nach den Feststellungen der Vorinstanz auch ausgesagt (angefochtenes Urteil S. 8), er sei durch den Beschwerdeführer erstmals mit Heroin ("sugar") in Kontakt gekommen, ohne zu erwähnen, wie es sich mit anderen Drogen verhalten hat.
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2.2.2 Nicht entscheidend für die Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen sind die Frage des Kokainkonsums des Zeugen A.________ und die diesbezüglichen Drogenkäufe bei einem weiteren Drogenhändler. Die Vorinstanz musste zu diesen Fragen keine Stellung nehmen, da aus diesen Handlungen kein Schluss auf die Aktivitäten im Zusammenhang mit den Heroinkäufen beim Beschwerdeführer abgeleitet werden kann. Der Drogenkonsum des Zeugen A.________ ist nicht geeignet, seine Aussagen als grundsätzlich falsch hinzustellen. Es bestehen auch keine Hinweise, dass der Drogenkonsum seine Aussagen beeinträchtigt hätte.
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2.2.3 Soweit der Beschwerdeführer die Feststellung der Vorinstanz beanstandet, wonach der Zeuge A.________ vor dem Beschwerdeführer Angst habe, geht er nicht näher auf die diesbezüglichen Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil ein. Auf seine Beschwerde ist in diesem Punkt nicht einzutreten.
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2.3 Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Zeuge A.________ wolle seinen wahren Drogenlieferanten nicht nennen, ist eine reine Mutmassung. Aus der von der Vorinstanz umfassend vorgenommenen Beweiswürdigung resultiert vielmehr ein schlüssiges Gesamtbild. Danach hat der Beschwerdeführer an A.________ Heroin verkauft, so wie es dieser als Zeuge angegeben hat. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz erweist sich im Ergebnis nicht als willkürlich.
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3.
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Die Beschwerde ist insgesamt abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 23. Juni 2009
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Favre Koch
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