BGer 2C_390/2009 |
BGer 2C_390/2009 vom 14.01.2010 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_390/2009, 2C_391/2009
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Urteil vom 14. Januar 2010
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Müller, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Zünd,
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Gerichtsschreiber Uebersax.
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Parteien
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2C_390/2009
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1. X.________ SA,
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2. Y.________ SA,
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Beschwerdeführerinnen,
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beide vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
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und
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2C_391/2009
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Y.________ SA,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
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gegen
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Einwohnergemeinde A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Martin Sacher.
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Gegenstand
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2C_390/2009
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Anschlussgebühren (Wasser und Kanalisation),
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2C_391/2009
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Anschlussgebühren (Wasser und Kanalisation),
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Beschwerden gegen die Urteile der Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau vom 24. März 2009.
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Sachverhalt:
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A.
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A.a Mit Entscheid vom 15. Oktober 2007 wies der Gemeinderat der Einwohnergemeinde A.________ eine Einsprache der Y.________ SA gegen eine Verfügung vom 8. Mai 2006 ab, mit welcher der Y.________ SA Anschlussgebühren für Wasser und Kanalisation im Betrag von Fr. 196'700.-- zuzüglich Zins zu 5% ab 1. Juli 2006 auferlegt worden waren. Dagegen führte die Y.________ SA Beschwerde bei der Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau. Diese verpflichtete die Y.________ SA zur Leistung desselben Betrages wie im Einspracheentscheid, aber ohne Auferlegung eines Verzugszinses. In der Rechtsmittelbelehrung wurde ausgeführt, es könne dagegen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Y.________ SA reichte in der Folge eine solche Beschwerde ein. Dabei machte sie unter anderem geltend, die Rechtsmittelordnung des Kantons Aargau verstosse gegen Bundesrecht, weil es sich bei der Schätzungskommission nach Baugesetz nicht um ein oberes Gericht handle und ein Rechtsmittel an ein solches nicht vorgesehen sei (bundesgerichtliches Verfahren 2C_391/2009).
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A.b Die Einwohnergemeinde A.________ beantragte in ihrer Stellungnahme vom 14. September 2009 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Schätzungskommission nach Baugesetz äusserte sich am 7. August 2009 teilweise zur Sache, wobei sie den Entscheid darüber, ob es sich bei ihr um ein oberes kantonales Gericht handle, dem Bundesgericht überliess.
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B.
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B.a Mit weiterem Entscheid vom 25. Februar 2008 wies der Gemeinderat der Einwohnergemeinde A.________ eine zweite Einsprache der Y.________ SA gegen eine Verfügung vom 15. Oktober 2007 ebenfalls ab, mit welcher der Y.________ SA in anderem Zusammenhang weitere Anschlussgebühren für Wasser und Kanalisation im Betrag von Fr. 31'125.-- zuzüglich Zins zu 5% ab 1. Juli 2006 auferlegt worden waren. Dagegen führten die X.________ SA und die Y.________ SA Beschwerde bei der Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau. Diese trat am 24. März 2009 auf die Beschwerde der X.________ SA nicht ein und verpflichtete die Y.________ SA zur Leistung desselben Betrages wie im Einspracheentscheid, aber ohne Auferlegung eines Verzugszinses. In der Rechtsmittelbelehrung wurde erneut ausgeführt, es könne dagegen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die X.________ SA und die Y.________ SA reichten in der Folge ebenfalls eine solche Beschwerde ein, wobei sie wiederum unter anderem geltend machten, die Rechtsmittelordnung des Kantons Aargau verstosse gegen Bundesrecht, weil es sich bei der Schätzungskommission nach Baugesetz nicht um ein oberes Gericht handle und ein Rechtsmittel an ein solches nicht vorgesehen sei (bundesgerichtliches Verfahren 2C_390/2009).
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B.b Die Einwohnergemeinde A.________ beantragte in ihrer Stellungnahme vom 14. September 2009 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Schätzungskommission nach Baugesetz äusserte sich am 7. August 2009 teilweise zur Sache, wobei sie den Entscheid darüber, ob es sich bei ihr um ein oberes kantonales Gericht handle, wie im Parallelverfahren dem Bundesgericht überliess.
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C.
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C.a Mit in beiden Verfahren parallel ergangenen Verfügungen vom 14. Oktober 2009 ersuchte der Instruktionsrichter der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (im Sinne eines Meinungsaustausches) und das Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau (in Form eines Amtsberichts), sich zur Frage der unmittelbaren Vorinstanz des Bundesgerichts auf kantonaler Ebene schriftlich zu äussern.
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C.b In seinen in den beiden Verfahren eingereichten, inhaltlich gleich lautenden Eingaben vom jeweils 6. November 2009 hielt das Verwaltungsgericht fest, die kantonal letztinstanzliche Zuständigkeit der Schätzungskommission im fraglichen Zusammenhang erscheine bundesrechtswidrig und das Verwaltungsgericht übernehme die Streitsachen, falls sie vom Bundesgericht überwiesen würden. Auch gemäss dem gemeinsam für beide Verfahren erstellten Amtsbericht des Departements Volkswirtschaft und Inneres vom 11. November 2009 müsste der Rechtsmittelweg an das Verwaltungsgericht gehen, sollte das Bundesgericht zum Schluss gelangen, die Schätzungskommission erfülle die Erfordernisse eines oberen Gerichts als unmittelbare kantonale Vorinstanz des Bundesgerichts nicht.
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D.
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D.a In zwei parallelen ergänzenden Stellungnahmen vom 10. Dezember 2009 beantragten die Y.________ SA (im Verfahren 2C_391/ 2009) sowie die X.________ SA und die Y.________ SA (im Verfahren 2C_390/2009), die Streitsachen seien in Gutheissung der jeweiligen Beschwerden an die Schätzungskommission zurückzuweisen und diese sei anzuweisen, die Zustellung ihrer jeweiligen Entscheide bis zur provisorischen Regelung der Weiterzugsmöglichkeit durch die kantonale Legislative zu sistieren.
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D.b In ihrer gemeinsamen Eingabe für beide Verfahren vom 10. Dezember 2009 schliesst die Schätzungskommission, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen, eine Beurteilung durch das Bundesgericht nicht von vornherein aus und hält dafür, es sei wohl vom kantonalen Gesetzgeber zu entscheiden, wie die Letztinstanzlichkeit innerkantonal zu regeln sei.
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Erwägungen:
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1.
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Die zwei bundesgerichtlichen Verfahren weisen einen engen Zusammenhang auf. So stehen sich hauptsächlich die gleichen Verfahrensbeteiligten gegenüber. Die hier vorweg zu entscheidende Frage, ob die bundesrechtliche Voraussetzung eines oberen Gerichts als unmittelbare kantonale Vorinstanz des Bundesgerichts erfüllt ist, stellt sich überdies in beiden Fällen genau gleich. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren 2C_390/2009 und 2C_391/2009 zu vereinigen und über die erwähnte Rechtsfrage in einem einzigen Urteil zu entscheiden (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 128 V 192 E. 1 S. 194 mit Hinweisen).
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2.
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2.1 Nach Art. 86 Abs. 2 BGG setzen die Kantone als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderen Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen. Gemäss Art. 86 Abs. 3 BGG können die Kantone für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen.
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2.2 Das Bundesgericht hat sich bereits mehrfach mit den sich aus Art. 86 Abs. 2 BGG ergebenden Konsequenzen befasst (vgl. BGE 135 II 94 ff.; 134 II 318 E. 4.4 S. 323 f.; sowie die Urteile 2C_360/2009 vom 23. Juni 2009 und 1C_346/2009 vom 6. November 2009): Danach ist der Begriff der "oberen Gerichte" in Art. 86 Abs. 2 BGG bundesrechtlicher Natur; nur soweit er den Kantonen Freiräume zugesteht, können diese sich auf ihre Organisationsautonomie berufen. Als unmittelbare kantonale Vorinstanzen des Bundesgerichts kommen sowohl die höchsten kantonalen Gerichte in Verwaltungs-, Zivil- oder Strafsachen als auch verwaltungsunabhängige besondere Justizbehörden in Frage. Ein doppelter Instanzenzug ist nicht nötig; genauso wenig muss ein einheitliches Gericht für sämtliche öffentlich-rechtlichen Materien bezeichnet werden. Das Bundesrecht schliesst besonders geeignete Spezialgerichtsbehörden als Vorinstanzen somit nicht aus. Hingegen verlangt das Erfordernis des "oberen" Gerichts, dass die entsprechende Justizbehörde für das ganze Kantonsgebiet zuständig und hierarchisch keiner anderen Gerichtsinstanz unterstellt ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn gegen ihre Entscheide ein ordentlicher Beschwerdeweg an eine andere kantonale Instanz offen steht. Dabei ist nicht nur ausschlaggebend, dass die Gerichtsbehörde im gerade fraglichen Sachbereich letztinstanzlich entscheidet, sondern dass ihre Entscheide ganz allgemein, also auch in ihren übrigen Zuständigkeitsbereichen, nicht an eine höhere kantonale Instanz weitergezogen werden können. Ob die erforderliche hierarchische Unabhängigkeit auch bereits dann fehlt, wenn eine Spezialjustizbehörde der Aufsicht eines anderen kantonalen Gerichts untersteht, ohne dass gegen ihre Entscheide ein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann, bezeichnete das Bundesgericht in BGE 135 II 94 E. 4.1 S. 98 f. als "fraglich", ohne die Problematik abschliessend zu beurteilen.
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2.3 Nach Ansicht der Schätzungskommission erscheint die Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht einheitlich. Sie beruft sich dabei insbesondere auf zwei Urteile des Bundesgerichts vom 19. Februar 2008, die Entscheide der aargauischen Jagdkommission betreffen. Nach Art. 130 Abs. 3 BGG stand jedoch den Kantonen eine Frist von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes zu, um die erforderlichen Ausführungsbestimmungen im Sinne von Art. 86 Abs. 2 BGG zu erlassen. Da das Bundesgerichtsgesetz am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist (vgl. AS 2006 1069), lief diese Frist am 31. Dezember 2008 ab (vgl. BGE 135 II 94 E. 3.1 und 3.2 S. 96 f.). Art. 86 Abs. 2 BGG war damit am 19. Februar 2008 noch nicht verbindlich. Gemäss der weiteren Argumentation der Schätzungskommission habe das Bundesgericht sodann auch Entscheide des Einzelrichters des aargauischen Steuerrekursgerichts entgegengenommen und beurteilt, ohne die Frage zu prüfen, ob es sich um ein oberes Gericht handle. Die Schätzungskommission belegt dies allerdings mit keinen entsprechenden Referenzen. So oder so prüft das Bundesgericht seine Zuständigkeit zwar von Amtes wegen (vgl. Art. 29 Abs. 1 BGG). Es ist aber nicht verpflichtet, von sich aus in jedem Fall der Frage nachzugehen, ob der Entscheid einer oberen Gerichtsbehörde angefochten ist, wenn dies von keinem Verfahrensbeteiligten bestritten wird und es auch keine sonstigen Hinweise gibt, dass daran Zweifel bestehen könnten. Das Bundesgericht kann nicht sämtliche Besonderheiten in der Organisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit aller Kantone kennen. Es lässt sich daher aus dem Umstand, dass das Bundesgericht die Problematik allenfalls in einzelnen Fällen nicht erkannt hat, in denen sie gar nicht thematisiert wurde, nicht ableiten, es habe damit die Vereinbarkeit mit Art. 86 Abs. 2 BGG anerkannt (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2C_360/2009 vom 23. Juni 2009 E. 2.2.2).
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3.
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3.1 Im Kanton Aargau wird die Verwaltungsgerichtsbarkeit von den Rekurs- und Schätzungskommissionen, dem Versicherungsgericht und dem Verwaltungsgericht ausgeübt (§ 100 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 [KV]). Ein Gericht kann für mehrere Gerichtsbarkeiten eingesetzt werden (§ 97 Abs. 3 KV).
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3.2 Fünf Rekurs- und Schätzungskommissionen zählen zu den so genannten Spezialverwaltungsgerichten, nämlich das Steuerrekursgericht, die Schätzungskommission nach Baugesetz, die Landwirtschaftliche Rekurskommission, das Rekursgericht im Ausländerrecht und das Personalrekursgericht. Es handelt sich um selbständige Gerichte mit je einem oder zwei Präsidenten, eigenen Richtern und eigenem Kanzleipersonal. Für die Zuständigkeit, die Gerichtsorganisation und das Verfahrensrecht gelten die Bestimmungen in den jeweiligen Sachgesetzen. Für die Schätzungskommission nach Baugesetz sind die Bestimmungen im aargauischen Gesetz über Raumplanung, Umweltschutz und Bauwesen (Baugesetz, BauG) massgebend (vgl. insbes. §§ 35, 38, 78 Abs. 2, 108, 134 und 148 ff. BauG). Die Spezialverwaltungsgerichte unterstehen als kantonale Gerichte der parlamentarischen Oberaufsicht, die durch den Grossen Rat des Kantons Aargau ausgeübt wird (§ 80 KV). Weder das Obergericht noch das Verwaltungsgericht haben aufsichtsrechtliche Zuständigkeiten (vgl. §§ 68 f. und 82 f. des aargauischen Gesetzes vom 11. Dezember 1984 über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden [Gerichtsorganisationsgesetz, GOG]).
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3.3 Die Spezialverwaltungsgerichte bilden zusammen eine organisatorische Einheit (§ 67a Abs. 1 GOG). Die Vereinheitlichung der fünf Spezialverwaltungsgerichte beschränkt sich auf die räumliche Zusammenfassung, den personellen Austausch auf Kanzlei- und Gerichtsschreiberebene, die administrative Organisation (Rechnungsführung, Informatik usw.) sowie die gegenseitige Stellvertretung der Präsidentinnen und Präsidenten (vgl. §§ 44 f., 61 und 67a GOG). Die Landwirtschaftliche Rekurskommission, das Rekursgericht im Ausländerrecht sowie das Personalrekursgericht entscheiden in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich als einzige kantonale Gerichtsinstanz. Das Steuerrekursgericht und die hier fragliche Schätzungskommission nach Baugesetz urteilen teilweise letztinstanzlich, teilweise als Vorinstanz des Verwaltungsgerichts.
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3.4 Nach § 54 Abs. 1 und 3 des aargauischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 4. Dezember 2007 (VRPG) können Entscheide der Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau gleich wie solche der übrigen Spezialverwaltungsgerichte beim Verwaltungsgericht nur angefochten werden, wenn ein solches Rechtsmittel in einem Spezialgesetz vorgesehen ist. Gemäss § 35 Abs. 2 BauG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung stand gegen den Beitragsplan während der Auflagefrist sowie gegen andere auf das Baugesetz gestützte Abgabeverfügungen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau offen; nach der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung derselben Bestimmung (vgl. AGS 2008, S. 368 ff.) ist zunächst beim verfügenden Organ Einsprache zu erheben, woraufhin Beschwerde bei der Schätzungskommission nach Baugesetz geführt werden kann; die Anrufung des Verwaltungsgerichts ist jedoch ausgeschlossen. Die Schätzungskommission entscheidet insofern letztinstanzlich. Hingegen steht die Beschwerde an das Verwaltungsgericht offen gegen Entscheide der Schätzungskommission in Enteignungsstreitigkeiten (sowohl Fragen der formellen als auch der materiellen Enteignung; vgl. § 148 Abs. 3 BauG in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung). Die Regelung über den Weiterzug von Entscheiden der Schätzungskommission an das Verwaltungsgericht ist mithin uneinheitlich.
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3.5 Wohl handelt es sich bei der Schätzungskommission nach Baugesetz um ein Gericht. Auch in aufsichtsrechtlicher Hinsicht ergeben sich mit Blick auf Art. 86 Abs. 2 BGG keine Probleme. Die Schätzungskommission erfüllt jedoch die Anforderungen an ein oberes Gericht deshalb nicht, weil Streitigkeiten in Enteignungssachen an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden können und sie diesem somit insoweit hierarchisch unterstellt ist. Daran ändert nichts, dass die Schätzungskommission über die hier fraglichen Abgabestreitigkeiten letztinstanzlich urteilt. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst eine solche Regelung gegen Art. 86 Abs. 2 BGG, was grundsätzlich auch die kantonalen Behörden anerkennen. Von keiner Seite wird geltend gemacht und es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Ausnahmetatbestand vorläge, indem ein Bundesgesetz die direkte Anrufung des Bundesgerichts durch eine untere Gerichtsbehörde zuliesse (vgl. Art. 86 Abs. 2 zweiter Halbsatz BGG) oder es um einen Entscheid mit vorwiegend politischem Charakter ginge (vgl. Art. 86 Abs. 3 BGG).
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4.
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4.1 Erfüllt der Kanton Aargau somit im Bereich der Zuständigkeit der Schätzungskommission nach Baugesetz die Voraussetzungen von Art. 86 Abs. 2 BGG nicht, fragt sich, welche Konsequenzen sich daraus für die vorliegenden Fälle ergeben.
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4.2 Gemäss BGE 135 II 94 E. 6.2 S. 102 f. sind grundsätzlich verschiedene Lösungsansätze möglich. Besteht etwa für ein Rechtsgebiet in analogen Rechtsstreitigkeiten Klarheit darüber, welches kantonale Gericht zuständig sein könnte, oder erscheint ein bestimmtes Gericht am ehesten als zuständig, so kann das Bundesgericht diesem eine entsprechende Beschwerde direkt überweisen. Gibt es mehrere Möglichkeiten, darf das Bundesgericht nicht in die Gestaltungsfreiheit des Kantons eingreifen und muss es den kantonalen Behörden überlassen, eine angemessene Lösung zu treffen. Voraussetzung dafür ist freilich eine gewisse Gleichwertigkeit der Varianten. Ist eine davon klar vorzuziehen, so kann das Bundesgericht diese jedenfalls für eine provisorische Lösung der Verhältnisse anwenden.
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4.3 Im vorliegenden Fall gibt es zwei mögliche Lösungen, um das gesetzliche Rechtsschutzdefizit kurzfristig zu beheben: Entweder wird gänzlich ausgeschlossen, dass Entscheide der Schätzungskommission nach Baugesetz an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden können, oder diese Rechtsmittelmöglichkeit wird gegen alle ihre Urteile eröffnet. Die beiden Lösungen sind aber nicht gleichwertig. So beseitigt die erste gewisse Unklarheiten im Zusammenhang mit der Verflechtung der Spezialverwaltungsgerichte nicht. Insbesondere aber führt sie zur Beschränkung des gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutzsystems. Demgegenüber belässt die zweite Variante keine weiteren Unklarheiten und sie führt zu einer Ausweitung des bestehenden Rechtsschutzes. Sie ist daher klar vorzuziehen. Das Verwaltungsgericht und das Departement Volkswirtschaft und Inneres haben sich denn auch in diesem Sinne für die provisorische Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts und eine Überweisung der vorliegenden Streitfälle an dieses ausgesprochen. Insofern steht einer solchen Lösung nichts entgegen. Inwieweit sich eine Rückweisung an die Schätzungskommission und Sistierung der Beschwerden rechtfertigen sollten, wie die Beschwerdeführerinnen beantragen, ist nicht ersichtlich. Indessen kann ihnen entgegen der Auffassung der Einwohnergemeinde A.________ aber auch nicht als Verstoss gegen Treu und Glauben entgegen gehalten werden, dass sie nicht direkt an das Verwaltungsgericht gelangt sind, sondern gemäss der aargauischen Gesetzesordnung und der Rechtsmittelbelehrung in den angefochtenen Entscheiden das Bundesgericht angerufen haben. Aufgrund der unklaren Ausgangslage konnte von den Beschwerdeführerinnen nicht zwingend erwartet werden, vorsorglich auch das Verwaltungsgericht anzurufen.
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4.4 Bei dieser Lösung handelt es sich indessen nur um eine solche auf provisorischer Grundlage für die vorliegenden und eventuelle andere hängige Fälle. Ergänzend und mit Blick auf künftige Fälle wird auf Art. 130 Abs. 4 BGG verwiesen, wonach die Kantone bis zum Erlass der Ausführungsgesetzgebung (unter anderem zu Art. 86 Abs. 2 BGG) die notwendigen Bestimmungen in den dafür anwendbaren kantonalen Rechtsetzungsverfahren in die Form nicht referendumspflichtiger Erlasse kleiden können (vgl. dazu BGE 135 II 94 E. 6.3 S. 103 f.). Im Hinblick auf die Anpassung der aargauischen Gerichtsorganisation durch den Gesetzgeber, die zwar offenbar im Gang ist, aber noch eine gewisse Zeit dauern könnte, dürfte ein solches Vorgehen Klarheit schaffen und sich daher rechtfertigen.
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5.
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5.1 Auf die beiden Beschwerden ist somit nicht einzutreten, und sie sind dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zur weiteren Behandlung zu überweisen.
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5.2 Bei diesem Prozessausgang und unter Berücksichtigung der Anträge der Verfahrensbeteiligten rechtfertigt es sich, für die bundesgerichtlichen Verfahren keine Kosten zu erheben und keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 66 und 68 BGG).
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Demnach verfügt das Bundesgericht:
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1.
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Die bundesgerichtlichen Verfahren 2C_390/2009 und 2C_391/2009 werden vereinigt.
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2.
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Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
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3.
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Die Beschwerden werden zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau überwiesen.
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4.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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5.
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Eine Parteientschädigung für die bundesgerichtlichen Verfahren wird nicht zugesprochen.
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6.
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Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Einwohnergemeinde A.________, der Schätzungskommission nach Baugesetz des Kantons Aargau sowie dem Verwaltungsgericht, 4. Kammer, und dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 14. Januar 2010
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Müller Uebersax
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