BGer 2C_370/2010 |
BGer 2C_370/2010 vom 26.10.2010 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_370/2010
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Urteil vom 26. Oktober 2010
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Karlen, Stadelmann,
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Gerichtsschreiber Küng.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Executive MBA HSG Gert Wiedersheim,
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gegen
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Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Entzug der Bewilligung zur selbständigen zahnärztlichen Tätigkeit,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Januar 2010.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich erteilte Dr.med.dent. X.________ (geb. 1954) im Jahr 1991 die Bewilligung zur selbständigen zahnärztlichen Tätigkeit im Kanton Zürich. Auf Grund hygienischer Mängel in seiner Praxis wurde die Bewilligung am 25. August 2006 auf die Ausübung einfacher klinischer Tätigkeiten eingeschränkt; nach Erfüllen der Auflagen wurde die Beschränkung am 6. Oktober 2006 wieder aufgehoben. Wegen massiver und nachhaltiger Störung der Vertrauenswürdigkeit verfügte die Gesundheitsdirektion am 12. August 2009 den definitiven Entzug der Bewilligung. Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Januar 2010 ab.
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B.
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Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________ dem Bundesgericht, den erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuweisen mit der Weisung, eine mündliche öffentliche Verhandlung durchzuführen; eventualiter sei eine mildere Disziplinarmassnahme anzuordnen.
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Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen:
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1.
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Der in Anwendung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11) ergangene kantonal letztinstanzliche Entscheid kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG ist nicht gegeben; namentlich greift Art. 83 lit. t BGG nicht, da es vorliegend weder um die Bewertung der geistigen noch der körperlichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers geht, sondern um dessen Vertrauenswürdigkeit.
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2.
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2.1 Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung von Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Diese erblickt er darin, dass die Vorinstanz seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen (öffentlichen) Verhandlung abgelehnt habe.
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2.2 Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich urteilt in der Regel im schriftlichen Verfahren, wobei eine Partei eine mündliche Verhandlung beantragen kann (vgl. §§ 58 f. des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG/ZH]). Gemäss § 62 VRG/ZH sind die Verhandlungen vor Verwaltungsgericht öffentlich. Die Öffentlichkeit ist nach dieser Regelung nur vorgeschrieben für den Fall, dass gestützt auf § 59 VRG/ZH eine mündliche Verhandlung angeordnet worden ist.
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2.3 Vor der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer beantragt, es sei "eine mündliche Verhandlung durchzuführen"; es sei ihm gestützt auf § 59 VRG/ZH die Möglichkeit einzuräumen, "im Rahmen eines mündlichen Verfahrens seinen Rechtsstandpunkt darzulegen".
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Die Vorinstanz hat dazu festgestellt, der Beschwerdeführer habe damit gerade nicht eine öffentliche Verhandlung im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK verlangt. Die vorliegenden Akten seien umfassend und der Beschwerdeführer habe gestützt darauf seinen Rechtsstandpunkt ausführlich darlegen können. Die Beschwerdeantwort der Gesundheitsdirektion habe keine relevanten neuen Vorbringen enthalten und auch die neuen Akten (namentlich Wiedererwägungsgesuch und Patientenanfrage) seien ebensowenig entscheidrelevant. Damit bestehe auch kein Anlass für die Durchführung eines mündlichen Verfahrens.
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2.4 Soweit sich der Beschwerdeführer auf Art. 30 Abs. 3 BV beruft, ist die Rüge unbegründet. Diese Bestimmung verleiht kein Recht auf eine mündliche Verhandlung; sie garantiert nur, dass, wenn eine Gerichtsverhandlung stattfindet, diese - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - öffentlich sein muss (BGE 128 I 288 E. 2).
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2.5 Beim Entzug einer ärztlichen Praxisbewilligung wird indessen über einen zivilrechtlichen Anspruch im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK entschieden (Urteil 2P.310/2004 vom 18. Mai 2005 E. 3.3). Der Beschwerdeführer hat daher gestützt auf diese Bestimmung einen Anspruch auf eine Parteiverhandlung im kantonalen Gerichtsverfahren (BGE 134 I 229 E. 4.2); dies impliziert ein Recht auf eine mündliche Verhandlung (Urteil 8C_67/2007 vom 25. September 2007 E. 3.2.4; BGE 128 I 288 E. 2.3), denn die in dieser Konventionsbestimmung verlangte Öffentlichkeit des Verfahrens kann nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung hergestellt werden (ALFRED KÖLZ UND ANDERE, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 1999, N. 5 zu § 59). Die kantonale Rechtsmittelinstanz hat deshalb grundsätzlich eine öffentliche Verhandlung anzuordnen, wenn in einem unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallenden Verfahren eine solche ausdrücklich oder zumindest konkludent beantragt worden ist (BGE 122 V 47 E. 3b). Dies ist bereits anzunehmen, wenn aus der Beschwerdeschrift geschlossen werden kann, dass sinngemäss eine solche Verhandlung beantragt wird (BGE 122 V 47 E. 4a).
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Die Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Strassburger Organe zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK anerkennt, dass auf den sich aus dieser Bestimmung ergebenden Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet werden kann. Insbesondere in Verfahren, die nach der Praxis des betroffenen Kantons - wie im vorliegenden Fall im Kanton Zürich - üblicherweise schriftlich durchgeführt werden, muss sich die Partei, die eine öffentliche Verhandlung wünscht, der Notwendigkeit eines entsprechenden Antrages bewusst sein. Ein Verzicht wird in diesem Fall regelmässig angenommen, wenn kein entsprechender Antrag gestellt wird (BGE 127 I 44 E. 2e/aa). Der Verzicht kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen, muss jedoch eindeutig und unmissverständlich sein.
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2.6 Ein Gericht kann zwar ohne Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK aufgrund einer antizipierten Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangen, auf eine Befragung von Zeugen oder auch der Parteien könne verzichtet werden. Das Recht auf eine öffentliche Verhandlung besteht indessen unabhängig von einer Parteiverhandlung zum Zweck der Beweisabnahme (Urteil 8C_67/2007 vom 25. September 2007 E. 3.2.4).
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2.7 Wenn der Beschwerdeführer ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte, kann darin kein eindeutiger und unmissverständlicher Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK) erblickt werden; ein Antrag auf eine mündliche Verhandlung, die gemäss § 62 Abs. 1 VRG/ZH öffentlich sein muss, ist zumindest sinngemäss als Antrag auf eine öffentliche Verhandlung auszulegen. Das Bundesgericht verlangt denn auch, dass das Verwaltungsgericht bei Zweifeln über den Antrag nachfragen muss, ob eine öffentliche Verhandlung gewünscht wird (BGE 127 I 44 E. 2e/bb).
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2.8 Die Vorinstanz hätte daher näher prüfen müssen, ob Gründe vorliegen, die ein - ohnehin nur ausnahmsweise zulässiges (BGE 122 V 47 E. 3b) - Absehen von der vom Beschwerdeführer beantragten öffentlichen Verhandlung hätten rechtfertigen können.
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Die dem angefochtenen Entscheid zu entnehmende Begründung, die Akten böten eine hinreichende Entscheidungsgrundlage und der Beschwerdeführer habe gestützt darauf seinen Rechtsstandpunkt ausführlich darlegen können, vermag für die Verweigerung der durch die Konvention garantierten mündlichen und öffentlichen Verhandlung nicht zu genügen. Auch kann nicht gesagt werden, dass unter solchen Umständen eine zuverlässige Urteilsfindung eher in einem ausschliesslich schriftlichen Verfahren gewährleistet wäre und von einer zusätzlich durchgeführten mündlichen Verhandlung ohnehin keine neuen Erkenntnisse zu erwarten wären. Vielmehr erscheint eine mündliche Verhandlung gerade in Fällen wie hier, wo es um die persönliche Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers geht, als grundsätzlich geeignet, zur Klärung allfälliger noch streitiger Punkte beizutragen. Triftige Gründe, welche dennoch gegen eine öffentliche Verhandlung sprechen würden, sind nicht ersichtlich und werden denn auch weder von der Vorinstanz noch von der Beschwerdegegnerin namhaft gemacht. Schliesslich kann angesichts der zum Teil bereits von der Vorinstanz fallen gelassenen Beanstandungen nicht von einer offensichtlich unbegründeten oder unzulässigen Beschwerde gesprochen werden.
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3.
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3.1 Nach dem Ausgeführten lässt sich das Absehen von einer mündlichen öffentlichen Verhandlung nicht mit der Garantie von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbaren. Die Beschwerde erweist sich insoweit als begründet. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde und zur Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz, ohne dass es darauf ankäme, ob dies am Ausgang des Verfahrens etwas ändern könnte (BGE 134 I 331 E. 3.1).
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3.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
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2.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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3.
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Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor Bundesgericht eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
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4.
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Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. Oktober 2010
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Zünd Küng
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