BGer 1C_410/2010
 
BGer 1C_410/2010 vom 07.03.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
1C_410/2010
Urteil vom 7. März 2011
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Christen.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller,
gegen
Kanton Zürich, vertreten durch die Direktion der Justiz und des Innern, Kantonale Opferhilfestelle, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Opferhilfe,
Beschwerde gegen das Urteil vom 28. Juni 2010 des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich,
II. Kammer.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geboren 1973) reichte am 30. Juli 2008 bei der Opferhilfestelle des Kantons Zürich zwei Gesuche um opferhilferechtliche Genugtuung ein. Zur Begründung führte er aus, von einem Mann in den Jahren 1985 bis 1991 sexuell missbraucht und genötigt sowie von einer unbekannten Person, einer Gruppe von unbekannten Personen und einer weiteren unbekannten Person zwischen dem 26. April 1982 und dem 29. März 1985 mindestens zweimal vergewaltigt, sexuell missbraucht und sexuell genötigt worden zu sein. Die Opferhilfestelle trat am 7. August 2008 auf die Gesuche nicht ein, da die mutmasslichen Straftaten vor dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes (dem 1. Januar 1993) begangen worden seien und im Übrigen der Genugtuungsanspruch verwirkt sei.
Mit Urteil vom 3. September 2008 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die von X.________ erhobene Beschwerde ab. Dabei schützte es die Begründung der Opferhilfestelle, wonach der behauptete Genugtuungsanspruch vom zeitlichen Geltungsbereich des Opferhilfegesetzes nicht erfasst sei.
Eine dagegen geführte Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 9. Juli 2009 teilweise gut und wies die Sache zu neuem Entscheid an das Sozialversicherungsgericht zurück (Urteil 1C_498/2008). Es erwog, das Sozialversicherungsgericht habe zu klären, ob die sexuellen Übergriffe für die psychischen Beschwerden ursächlich seien. Die Anwendbarkeit des Opferhilfegesetzes (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) sei zu bejahen, wenn der Taterfolg (psychische bzw. psychosomatische Störungen) erst nach dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetz eingetreten sei. Es sei zu klären, ob die Gesuche um Genugtuung rechtzeitig eingereicht worden seien.
B.
Das Sozialversicherungsgericht zog bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich die Akten der Invalidenversicherung sowie beim militärärztlichen Dienst die Akten betreffend die Entlassung von X.________ aus der Rekrutenschule bei.
Mit Urteil vom 28. Juni 2010 wies das Sozialversicherungsgericht die Beschwerde erneut ab.
C.
X.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt die Aufhebung des Urteils des Sozialversicherungsgerichts. Die Sache sei an die Vorinstanz, eventualiter an die Opferhilfestelle, zurückzuweisen, um ein psychotraumatisches Gutachten zu erstellen. Für das vorinstanzliche Verfahren sei die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen.
Das Sozialversicherungsgericht und das Bundesamt für Justiz haben je auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Opferhilfestelle hat sich vernehmen lassen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde. In der Replik hält X.________ an seinen Anträgen fest.
Erwägungen:
1.
1.1 Gemäss Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz betrifft die Abweisung einer Beschwerde gegen einen Nichteintretensentscheid auf ein Gesuch um Leistungen aufgrund des Opferhilfegesetzes des Bundes. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben.
1.2 Die Vorinstanz hat als oberes Gericht kantonal letztinstanzlich entschieden. Gegen ihr Urteil ist die Beschwerde nach Art. 86 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Abs. 2 BGG zulässig.
1.3 Der Beschwerdeführer hat sich am Verfahren vor der Vorinstanz beteiligt. Seine Legitimation ist zu bejahen (Art. 89 Abs. 1 BGG).
1.4 Das angefochtene Urteil schliesst das Verfahren ab. Es handelt sich um einen Endentscheid, gegen welchen die Beschwerde gemäss Art. 90 BGG zulässig ist. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt. Sie habe nicht verifiziert, wann die sexuellen Übergriffe endeten. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Übergriffe erst im Jahr 1994, mithin nach dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes, endeten.
2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die unrichtige Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
2.3 In den bisherigen Rechtsschriften hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht, die sexuellen Übergriffe hätten länger als bis ins Jahr 1991 gedauert. Die Invalidenversicherung hält in ihrem Bericht vom 19. September 2006 (S. 3) fest, der Beschwerdeführer sei bis zu seinem 17. Lebensjahr unter Drohungen von einem erwachsenen Mann massiv sexuell missbraucht worden. Laut der Strafanzeige sollen die Übergriffe aufgehört haben, als der Beschwerdeführer ca. 18 Jahre alt war. Das war im Juni 1991.
Unter diesen Umständen hatte die Vorinstanz mangels konkreter Hinweise keine Veranlassung davon auszugehen, die sexuellen Übergriffe hätten erst im Jahr 1994 geendet. Eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts ist ihr deshalb nicht vorzuwerfen. Die Rüge ist insofern unbegründet. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eingereichten Beilagen sind neu und unzulässig. Dass dazu erst der Entscheid der Vorinstanz Anlass gegeben hat, bringt der Beschwerdeführer nicht vor (Art. 99 Abs. 1 BGG).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe der Vorinstanz eine spezifische psychiatrische Begutachtung beantragt. Diese habe unter Hinweis auf die Aktenlage in antizipierter Beweiswürdigung seinen Antrag abgelehnt. Ob die psychischen und psychosomatischen Leiden des Beschwerdeführers auf die sexuellen Übergriffe zurückzuführen seien, sei aber nicht Gegenstand der in den Akten liegenden Gutachten gewesen. Die Vorinstanz habe deshalb den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Sie habe namentlich das Gutachten der IV-Stelle vom 15. Januar 2009 willkürlich gewürdigt.
3.2 Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV liegt vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157; 124 I 208 E. 4a S. 211; je mit Hinweisen). Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz in Willkür verfallen ist.
3.3
3.3.1 In den Akten befinden sich drei Berichte (vom 29. August 2006, vom 19. September 2006 und vom 17. Dezember 2008) des Facharztes FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, der den Beschwerdeführer behandelt. Sodann liegen ein Bericht der Psychiatrischen Poliklinik des Universitätsspitals Zürich vom 12. Januar 2009 und ein psychiatrisches Gutachten vom 15. Januar 2009 einer Fachärztin für Neurologie FMH und für Psychiatrie und Psychotherapie in den Akten. Die Berichte des Facharztes und das Gutachten der Fachärztin wurden im Rahmen von Abklärungen der IV-Stelle zuhanden der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich erstattet, bei der sich der Beschwerdeführer zum Bezug von Leistungen angemeldet hatte. Der Bericht vom 12. Januar 2009 ist an den Facharzt adressiert. Ferner enthalten die Akten einzelne Dokumente aus den Strafakten des vom Beschwerdeführer angestrebten Strafverfahrens und Dokumente des militärärztlichen Dienstes, dessen Kopien weitgehend unleserlich sind.
Der Beschwerdeführer reichte im Rahmen der bundesgerichtlichen Beschwerde einen weiteren Bericht des Facharztes vom 4. November 2010 ein. Dabei handelt es sich um ein unzulässiges Novum, welches im bundesgerichtlichen Verfahren unberücksichtigt bleibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
3.3.2 Die Vorinstanz stützte ihre Beurteilung auf die Berichte des behandelnden Facharztes sowie das Gutachten der Fachärztin. In Würdigung der medizinischen Aktenlage sei davon auszugehen, der Beschwerdeführer habe nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes Ende März 2005 vorübergehend an einer psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung gelitten und sei deshalb längere Zeit arbeitsunfähig gewesen. Dieses psychische Leiden sei bei Antritt einer neuen Arbeitsstelle vollständig remittiert gewesen, der Beschwerdeführer voll arbeitsfähig. Nach dem erneuten Verlust der Arbeitsstelle Ende Februar 2008 habe der Beschwerdeführer an einer Gesundheitsbeeinträchtigung von einer gewissen Schwere gelitten und sei arbeitsunfähig gewesen. Nach dem Gutachten der Fachärztin seien die Arbeitsunfähigkeiten auf die nach dem Verlust der Arbeitsstellen aufgetretenen (reaktiven) depressiven Episoden zurückzuführen. Gemäss dem Gutachten seien die in der Kindheit und Jugend erlittenen sexuellen Missbräuche ohne Einfluss auf die psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sei deshalb ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen den sexuellen Übergriffen und einer allenfalls ab dem Jahre 2005 bestehenden schwerwiegenden psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung im Sinne von Art. 122 StGB zu verneinen (angefochtenes Urteil E. 4.7).
3.3.3 Gemäss dem Bericht des Facharztes vom 19. September 2006 machten sich beim Beschwerdeführer als Kind Verhaltensstörungen bemerkbar. In der Kinderkrippe und im Kindergarten fiel er durch stark aggressives und provokatives Verhalten auf. Mit sechs Jahren wurden ausgeprägte direkte und neurotische Reaktionen diagnostiziert. Nach Schwierigkeiten in der Schule verbrachte er seine Kindheit weitgehend in verschiedenen Heimen. Diagnostiziert wurden "frühkindliche affektive und erzieherische Karenz mit neurotischen Zügen. Verschiedene Hinweise einer POS Komponente unbekannter Genese". In einem Heim sei er von Mitbewohnern verprügelt, eingeschüchtert, schikaniert, vergewaltigt und über längere Zeit sexuell missbraucht worden. Bis zu seinem 17. Lebensjahr sei er unter Drohungen von einem erwachsenen Mann massiv sexuell missbraucht worden. Eine Lehre als Elektriker habe er abgebrochen. In der Rekrutenschule habe er einen Nervenzusammenbruch erlitten. Nach längerer Arbeitslosigkeit sei er als IT-System Engineer tätig gewesen und Ende 2004 freigestellt worden. Im November 2005 habe er den Facharzt aufgesucht, der ein ADHD seit der Kindheit mit schädlichem Gebrauch von Cannabis diagnostizierte. Der Beschwerdeführer zeige eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung mit selbstschädigendem Verhalten bei Depersonalisations- und Derealisationserleben unter stark belastenden Situationen. Die Destabilisierung führe zudem zu einer über eine Anpassungsstörung hinausgehenden mittelgradigen, phasenweise auch schweren, depressiven Episode mit somatischen Symptomen.
Im Kurzbericht vom 17. Dezember 2008 rapportierte der Facharzt gegenüber der IV-Stelle, dass beim Beschwerdeführer Mitte April 2008 die Ungerechtigkeiten aus der Kindheit hochgekommen seien, vor allem die sexuellen Missbräuche in diversen Heimen. Zudem beschreibe der Beschwerdeführer, "Persönlichkeitsswitches" zwischen männlich und weiblich zu machen.
Die Fachärztin fasste in ihrem Gutachten vom 15. Januar 2009 verschiedene Arztberichte zusammen. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2007 verschiedene Weiterbildungen im Rahmen der IV absolviert. Im Januar 2008 habe er eine Stelle gefunden, sei jedoch innerhalb der Probezeit entlassen worden. Die Fachärztin diagnostizierte eine depressive Episode, zu der es nach der Kündigung gekommen sei. Die Diagnose eines Depersonalisations- und Derealisationssyndroms lasse sich bestätigen. Es liege eine Persönlichkeitsstörung vor, die allerdings anhand der einmaligen Begutachtung nicht sicher diagnostiziert werden könne, was auch für die anamnestisch bestehende Diagnose der Aufmerksamkeitsstörung gelte. Das inhaltliche Denken des Beschwerdeführers weise keine Hinweise auf Zwänge, Hypochondrien oder Phobien auf, auch keine Wahnmerkmale. Jedoch seien überwertige Ideen nicht auszuschliessen. Der Realitätsgehalt besonders der aus der Kindheit und Jugend berichteten Kränkungen und Vergewaltigung sowie des mehrjährigen sexuellen Missbrauchs lasse sich anhand der Exploration und Datenlage nicht sicher einschätzen. Es scheine ebenso gut möglich, dass der Beschwerdeführer die geschilderten Vorfälle tatsächlich erlitten habe wie auch, dass eine spätere Fehlerinnerung oder eventuell Fehldeutung von zu Bewusstsein gedrängten Deckerinnerungen vorliegen könne. Auch eine Mischung aus beidem sei denkbar (S. 13). Der vom Facharzt diagnostisch angegebene sexuelle Missbrauch in der Kindheit durch Personen ausserhalb der engeren Familie könne angesichts einer "einzeitigen" Begutachtung nicht hinreichend beurteilt werden. Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sei dies nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weshalb von einer weiteren Exploration abgesehen worden sei (S. 15).
Im Bericht der Poliklinik des Universitätsspitals vom 12. Januar 2009 wird festgehalten, anamnestisch seien die vom Beschwerdeführer geschilderten Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Missbrauch in der Kindheit und Jugendzeit und Reaktivierung durch Mobbingsituation und Kündigung der Arbeitsstelle nachzuweisen. In der aktuellen Beurteilung sei nicht klarzustellen, inwiefern die Verhaltensauffälligkeiten Folgen der Traumatisierung oder einer unabhängigen, vorbestehenden Störung der Persönlichkeitsstruktur seien.
Aus den Strafuntersuchungsakten bzw. den darin rapportierten Schilderungen des Beschwerdeführers ergibt sich unter anderem, dass er zwischen seinem 10. und 18. Lebensjahr von einer pädophil veranlagten erwachsenen Person wiederholt sadistisch missbraucht und zu sexuellen Handlungen gezwungen worden sein soll. Laut dem Bericht der Kantonspolizei wurde gegen die vom Beschwerdeführer beschuldigte Person im Zeitraum von 1996 bis 1999 mehrfach einschlägig rapportiert (Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 25. Dezember 2008 S. 5).
3.3.4 Die Berichte und Gutachten haben die Frage nach der Diagnose und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Gegenstand. Sie befassen sich aber nicht mit der hier interessierenden Frage, ob die diagnostizierten psychischen Leiden durch die in der Kindheit und Jugend erlittenen sexuellen Missbräuche verursacht oder zumindest mitverursacht wurden und - gegebenenfalls - ob diese von solcher Schwere sind, dass darin eine schwere Körperverletzung zu erblicken ist.
In den Berichten des behandelnden Facharztes aus dem Jahre 2006 wird denn auch nur beiläufig erwähnt, der Beschwerdeführer sei bis zu seinem 17. Lebensjahr sexuell missbraucht worden. Es finden sich aber keine Ausführungen zur Genese der diagnostizierten pathologischen Befunde. Ein Zusammenhang zwischen den sexuellen Übergriffen und den Befunden wird nicht erwähnt. Gemäss dem Bericht vom 17. Dezember 2008 sollen dem Beschwerdeführer denn auch erst im Laufe des Jahres 2008 die "Ungerechtigkeiten" aus seiner Kindheit hochgekommen sein.
Im Gutachten vom 15. Januar 2009 zweifelte die Fachärztin am Realitätsgehalt der vom Beschwerdeführer geschilderten sexuellen Übergriffe. Aus dem Bericht ist zu schliessen, dass ihr die in den Strafakten liegenden Schilderungen des Beschwerdeführers nicht vorlagen. Sie wusste demnach nicht, dass gegen die vom Beschwerdeführer beschuldigte Person im Zeitraum von 1996 bis 1999 einschlägig rapportiert wurde. Diese Kenntnis dürfte für die Beurteilung des Realitätsgehalts nicht unwesentlich sein. Die Fachärztin ging davon aus, dass die Frage der sexuellen Übergriffe angesichts der eingeschränkten Begutachtung nicht hinreichend beurteilt werden könne. Da die Frage für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht ausschlaggebend sei, habe sie von einer weiteren Exploration abgesehen. Sie hat sich demnach nicht zur Frage des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem vom Beschwerdeführer geschilderten sexuellen Missbrauch und den diagnostizierten psychischen Leiden geäussert.
Im Bericht der Poliklinik wird die Frage des Kausalzusammenhangs ebenfalls nicht beantwortet. Ob die Straftaten die psychischen Leiden verursachten, war nicht die Fragestellung. Vielmehr wird ausdrücklich ausgeführt, der Bericht stelle nicht klar, inwiefern die Verhaltensauffälligkeiten Folge der Traumatisierung oder einer unabhängigen, vorbestehenden Störung der Persönlichkeitsstruktur seien.
3.3.5 Es ist willkürlich, wenn die Vorinstanz unter diesen Umständen von einer klaren medizinischen Aktenlage spricht und in antizipierter Beweiswürdigung auf die entscheidenden Abklärungen mittels eines spezifischen ärztlichen Fachgutachtens verzichtet. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.
4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die beigezogenen Akten der Strafuntersuchung seien unvollständig. Die Vorinstanz sei seinem Antrag auf Beizug der vollständigen Strafakten nicht nachgekommen. Die Akten des militärärztlichen Dienstes seien über weite Strecken unlesbar. Seinem Antrag auf Beizug der Originale habe die Vorinstanz nicht entsprochen. Damit habe die Vorinstanz seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
4.2 Aus der Garantie des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich die behördliche Begründungspflicht. Die Begründung eines Verwaltungsakts oder eines Entscheids muss so abgefasst sein, dass die Betroffenen ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten können. Das ist nur möglich, wenn sich sowohl die Betroffenen als auch die Rechtsmittelinstanzen über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236; 126 I 97 E. 2b S. 102; je mit Hinweisen).
4.3 Die Vorinstanz hat weder die offenbar unvollständigen Strafakten ergänzen lassen noch die Originalakten des militärärztlichen Dienstes, dessen Kopien weitgehend unleserlich sind, beigezogen. Die konkludente Abweisung der entsprechenden Anträge des Beschwerdeführers wurde nicht begründet. Darin liegt eine Gehörsverletzung. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als begründet.
5.
5.1 Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV). Die Vorinstanz habe keinen Zuschlag von 20% auf dem anrechenbaren Einkommen gewährt. Die prozessuale Bedürftigkeit beurteile sich nach der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden. Dazu gehörten sämtliche finanziellen Verpflichtungen sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
5.2 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
5.3 Eine Person ist bedürftig, wenn sie nicht in der Lage ist, für die Prozesskosten aufzukommen, ohne dass sie Mittel beanspruchen müsste, die zur Deckung des Grundbedarfs für sie und ihre Familie notwendig sind (BGE 128 I 225 E. 2.5.1 S. 232). Einige Kantone gewähren bei der Ermittlung des prozessualen Zwangsbedarfs Zuschläge zum betreibungsrechtlichen Existenzminimum. Andere wollen solche Zuschläge nicht schematisch gehandhabt wissen (vgl. Urteil 5P.295/2005 vom 4. Oktober 2005 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Allein im Fehlen eines solchen Zuschlags ist keine Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV zu erblicken (Urteil 5P.396/1995 vom 14. Februar 1996 E. 5b, nicht publiziert in BGE 122 I 5). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abgestellt werden. Die individuellen Umstände sind zu berücksichtigen (BGE 124 I 1 E. 2a S. 2). Die unentgeltliche Prozessführung kann namentlich verweigert werden, falls der Gesuchsteller die erforderlichen Gerichts- und Anwaltskosten in absehbarer Zeit bzw. innert einiger Monate aus Einkommensüberschüssen zu bezahlen vermag (BGE 118 Ia 369 E. 4a S. 370 f.).
5.4 Die Vorinstanz hat keine Kosten erhoben und eine Entschädigung des Vertreters des Beschwerdeführers abgelehnt. Nach ihrer Feststellung verfügt der Beschwerdeführer über ein Einkommen von Fr. 4'150.--, anrechenbare Ausgaben von Fr. 3'222.10, einen Freibetrag von Fr. 300.-- und einen monatlichen Überschuss von Fr. 627.90. Die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers sei deshalb zu verneinen. Das Vermögen des Beschwerdeführers, insbesondere der Verbleib der Nachzahlungen der beruflichen Vorsorgeeinrichtungen von Fr. 54'952.90, müsse nicht weiter abgeklärt werden.
Selbst unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführers geltend gemachten Mietzinses von Fr. 1'523.-- (anstelle von Fr. 1'400.--) resultiert ein Überschuss von Fr. 504.90. Die übrigen vom Beschwerdeführer erwähnten Positionen betreffen sein Vermögen. Dass namentlich die Nachzahlungen der beruflichen Vorsorge zur Tilgung dieser Positionen nicht ausreichen sollen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Er führt zudem nicht aus, inwiefern er angesichts des Überschusses von Fr. 504.90 nicht in der Lage sein sollte, die Prozesskosten bzw. die Kosten der Rechtsverbeiständung innert angemessener Frist zu finanzieren. Die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet, ohne dass auf die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers zur Vermögenssituation und namentlich auf die Frage des Notgroschens einzugehen ist, zumal der Beschwerdeführer nicht geltend macht, er müsse zur Finanzierung des Prozesses sein Vermögen angreifen.
6.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Ziff. 1 des angefochtenen Entscheids ist aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.
Der Beschwerdeführer hat ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt. Das Verfahren vor Bundesgericht ist indessen kostenlos (vgl. Art. 16 aOHG bzw. Art. 30 OHG; BGE 122 II 211 E. 4b S. 217 f.). Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Kanton Zürich den Vertreter des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Im Übrigen ist der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung unter Hinweis auf das oben Gesagte abzuweisen, soweit er sich nicht als gegenstandslos erweist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, Ziff. 1 des Urteils vom 28. Juni 2010 des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Zürich hat den Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Oskar Müller, mit Fr. 2'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen. Im Übrigen wird das Gesuch auf unentgeltliche Verbeiständung abgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kanton Zürich, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, II. Kammer, und dem Bundesamt für Justiz schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. März 2011
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Fonjallaz Christen