BGer 2C_871/2012 |
BGer 2C_871/2012 vom 28.01.2013 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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2C_871/2012
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Urteil vom 28. Januar 2013
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II. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Gerichtsschreiberin Genner.
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Verfahrensbeteiligte |
Bundesamt für Migration,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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X.________, vertreten durch
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Rechtsanwalt Dr. Roger Baumberger,
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Beschwerdegegner,
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Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau.
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Gegenstand
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Ausschaffungshaft/Haftüberprüfung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 7. August 2012.
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Sachverhalt:
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A.
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A.a X.________, geboren 1993, reiste gemäss eigenen Angaben am 1. Januar 2012 illegal in die Schweiz ein und stellte am 2. Januar 2012 ein Asylgesuch. Am 27. März 2012 wies das Bundesamt für Migration (BFM) das Gesuch wegen fehlender Flüchtlingseigenschaft ab und ordnete unter Androhung von Zwangsmitteln im Unterlassungsfall an, X.________ habe die Schweiz bis am 22. Mai 2012 zu verlassen. Der Kanton Aargau wurde mit dem Vollzug der Wegweisung beauftragt.
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A.b X.________ kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach. Das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau (nachfolgend: Migrationsamt) wies ihn wiederholt auf seine Pflicht hin, bei der Beschaffung von Reisepapieren mitzuwirken. Am 20. Juni 2012 gab X.________ an, guineischer Staatsbürger zu sein und nicht nach Guinea ausreisen zu wollen. Ein Herkunftsspezialist stellte am 17. Juli 2012 fest, X.________ spreche Wolof mit einem Akzent, wie er in Gambia gesprochen werde, und bestätigte, dieser habe zweifellos sein ganzes Leben in Gambia verbracht.
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A.c Am 6. August 2012 wurde X.________ von der Kantonspolizei Aargau festgenommen. Er erklärte sich weder bereit, nach Guinea noch nach Gambia auszureisen. Das Migrationsamt gewährte X.________ das rechtliche Gehör und eröffnete ihm sodann die Anordnung der Ausschaffungshaft für drei Monate.
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B.
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X.________ focht die Haftanordnung beim damaligen Rekursgericht im Ausländerrecht des Kantons Aargau (heute: Verwaltungsgericht des Kantons Aargau; nachfolgend: Verwaltungsgericht) erfolgreich an. Mit Urteil vom 7. August 2012 entschied das Verwaltungsgericht, die am 6. August 2012 durch das Migrationsamt angeordnete Ausschaffungshaft werde nicht bestätigt und X.________ sei unverzüglich aus der Ausschaffungshaft zu entlassen.
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C.
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Gegen diesen Entscheid erhob das BFM am 28. September 2012 Beschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. August 2012 sei aufzuheben.
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Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, ebenso X.________. Das Migrationsamt schliesst auf Gutheissung der Beschwerde.
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Erwägungen:
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1.
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1.1 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 der Organisationsverordnung vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (OV-EJPD; SR 172.213.1) ist das BFM in den Bereichen des Ausländer- und Bürgerrechts berechtigt, beim Bundesgericht Beschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zu führen. Das Beschwerderecht der Bundesbehörden soll den richtigen und rechtsgleichen Vollzug des Bundesverwaltungsrechts sicherstellen. Dabei muss grundsätzlich kein spezifisches öffentliches Interesse an der Anfechtung der Verfügung nachgewiesen werden; erforderlich ist nur, dass es der beschwerdeführenden Verwaltungseinheit nicht um die Behandlung abstrakter Fragen des objektiven Rechts, sondern um konkrete Rechtsfragen eines tatsächlich bestehenden Einzelfalles geht. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn sich eine neue Rechtsfrage stellt oder wenn es gilt, einer drohenden bundesrechtswidrigen Rechtsentwicklung in der kantonalen Praxis Einhalt zu gebieten (BGE 135 II 228 E. 1.2.1 S. 341 f.; 134 II 201 E. 1.1 S. 203, je mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Zum einen macht der Beschwerdeführer geltend, er habe im Hinblick auf zukünftige ähnliche Fälle ein grosses Interesse an der Klärung der Rechtsfragen, welche sich im Zusammenhang mit der vorliegenden Konstellation ergeben würden. Zum anderen möchte der Beschwerdeführer einer - seiner Auffassung nach - bundesrechtswidrigen Praxis zum Haftgrund der Untertauchensgefahr entgegenwirken.
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1.2 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, so dass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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2.
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2.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur beanstandet bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2.3 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Tatsachen oder Beweismittel, welche sich auf das vorinstanzliche Prozessthema beziehen, sich jedoch erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind, können von vornherein nicht durch das angefochtene Urteil veranlasst worden sein (vgl. Urteil 2C_833/2011 vom 6. Juni 2012 E. 1.2 mit Hinweis). Diese so genannten "echten Noven" sind im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unzulässig (BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 344).
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Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Beschwerdegegner sei am 4. September 2012 nicht zu den Zentralen Befragungen der gambischen Delegation in Bern erschienen, sowie das zugehörige Beweismittel (Schlussprotokoll der Zentralen Befragungen mit Vertretern des Staates Gambia in Bern vom 4. September 2012 inklusive E-Mail-Verkehr vom 13. September 2012) stellen echte Noven dar, weshalb sie im vorliegenden Verfahren unbeachtlich sind.
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Desgleichen ist das Schreiben des Beschwerdegegners vom 28. November 2012, worin er angibt, mit der guineischen Botschaft zusammenarbeiten zu wollen, um in sein Heimatland zurückzukehren, und sich nach den Voraussetzungen der Rückkehrhilfe erkundigt, als unzulässiges echtes Novum unbeachtlich.
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3.
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3.1 Die Vorinstanz räumt ein, der Beschwerdegegner habe mehrfach geäussert, nicht nach Guinea oder Gambia ausreisen zu wollen; zudem stehe seine Nationalität nach wie vor nicht fest. Es sei daher verständlich, wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Wegweisung gewisse Anzeichen einer Untertauchensgefahr sehe. Massgebend sei aber, ob aufgrund des gesamten Verhaltens des Beschwerdegegners konkrete Anzeichen darauf hindeuten würden, dass dieser sich einer Ausschaffung entziehen wolle. Dies sei hier nicht der Fall.
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3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Beschwerdegegner habe die Ausreisefrist ungenutzt verstreichen lassen und in den vorangegangenen Verfahren widersprüchliche Angaben zu seiner Herkunft gemacht. Im Asylverfahren habe er angegeben, Staatsangehöriger von Guinea zu sein. Am 17. Juli 2012 habe er gegenüber dem Herkunftsspezialisten erklärt, sich sein ganzes Leben in Gambia aufgehalten zu haben. Später habe er behauptet, sein Leben teils in Gambia, teils in Äquatorialguinea verbracht zu haben. Eine äquatorialguineische Staatsbürgerschaft sei wenig wahrscheinlich. Zudem habe der Herkunftsexperte den Beschwerdegegner zweifelsfrei als Staatsbürger von Gambia erkannt.
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Aus der Tatsache, dass sich der Beschwerdegegner bislang den Behörden immer zur Verfügung gehalten habe und nie unbekannten Aufenthalts gewesen sei, lasse sich nichts Verlässliches für die Prognose der Untertauchensgefahr ableiten. Dem Beschwerdegegner müsse bewusst gewesen sein, dass mangels Reisepapieren der behördliche Zugriff nicht unmittelbar drohte.
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Der Beschwerdegegner habe mit der Verheimlichung seiner wahren Herkunft die Behörden vorsätzlich getäuscht, um eine Rückführung zu verhindern. Er habe sich in keiner Weise bemüht, bei seiner Heimatvertretung ein Ersatzreisepapier zu beschaffen. Aufgrund seines aktiven und passiven Verhaltens sei die Untertauchensgefahr nach Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AuG zu bejahen.
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4.
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Streitig ist die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, beim Beschwerdegegner bestehe keine Untertauchensgefahr.
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4.1 Der Haftgrund der Untertauchensgefahr wird in Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AuG umschrieben. Eine Unterscheidung in zwei getrennte Haftgründe erscheint wenig sinnvoll; vielmehr sind die Ziff. 3 und 4 von Art. 76 Abs. 1 lit. b AuG als einheitlicher Haftgrund zu betrachten (ANDREAS ZÜND, in: Migrationsrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 76 AuG; TARKAN GÖKSU, in: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, N. 11 zu Art. 76 AuG). Nach der Rechtsprechung (noch zu Art. 13b Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG; BS 1 121]) liegt Untertauchensgefahr vor, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Dies ist nach der Praxis regelmässig der Fall, wenn er bereits einmal untergetaucht ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollziehungsbemühungen zu erschweren versucht oder sonst klar zu erkennen gibt, dass er nicht in seinen Heimatstaat zurückzukehren bereit ist (BGE 130 II 56 E. 3.1 S. 58 f. mit Hinweisen).
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Das Bundesgericht hat diese Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten des AuG am 1. Januar 2008 bestätigt (vgl. Urteile 2C_1272/2012 vom 16. Januar 2012 E. 3; 2C_1139/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 3.2) und insbesondere das Erfordernis konkreter Hinweise für eine Untertauchensgefahr betont (vgl. Urteile 2C_1017/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 4.1.1, 2C_505/2012 vom 19. Juni 2012 E. 4.1 mit weiteren Hinweisen).
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4.2 Der Beschwerdegegner ist bis zum Datum des angefochtenen Urteils nicht untergetaucht. Nach den - für das Bundesgericht verbindlichen - Feststellungen der Vorinstanz ist der Beschwerdegegner allen Vorladungen im Zusammenhang mit der Klärung seiner Identität gefolgt. Er habe sich den Behörden immer zur Verfügung gehalten und sei nie unbekannten Aufenthalts gewesen.
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Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es könne aus diesen (unbestrittenen) Tatumständen nichts zu Gunsten des Beschwerdegegners abgeleitet werden, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung spricht der Umstand, dass sich die betroffene Person während längerer Zeit und ununterbrochen den Behörden zur Verfügung gehalten hat, gegen das Risiko des Untertauchens (Urteil 2C_478/2012 vom 14. Juni 2012 E. 2.2 am Ende). Dass die Ausschaffung wegen fehlender Reisepapiere nicht unmittelbar drohte, ist im Ablauf einer zu vollziehenden Wegweisung begründet und kann der Person, welche sich den Behörden zur Verfügung hält, nicht zum Nachteil gereichen.
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4.3 Es trifft zu, dass der Beschwerdegegner im Asylverfahren und im Verfahren vor dem Migrationsamt widersprüchliche Angaben zu seiner Herkunft gemacht hat. Fraglich ist jedoch, ob er die Vollziehungsbemühungen des Migrationsamts dadurch aktiv zu erschweren versucht hat (vgl. E. 4.1 am Ende).
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Aus der Verhandlung vor der Vorinstanz vom 7. August 2012 geht hervor, dass der Beschwerdegegner aufgrund der Tatsache, dass sein Vater (den er nie gekannt hatte) nach Angabe seiner Mutter aus Guinea stammte, im Asylverfahren angegeben hatte, guineischer Staatsangehöriger zu sein. Er habe noch nie eine Identitätskarte oder einen Reisepass besessen. Seine Mutter stamme aus Gambia, wo er bis zu seinem neunten Altersjahr gelebt habe. Danach habe er in Äquatorialguinea gelebt und sei von dort in die Schweiz gekommen. Er sei bereit, dorthin zurückzureisen.
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Die Vorinstanz hat aus diesen Angaben - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich - geschlossen, der Beschwerdegegner wisse selbst nicht genau, welche Staatsangehörigkeit er besitzt. Allerdings hätte es ihm im Rahmen der Mitwirkungspflicht gemäss Art. 90 AuG obgelegen, diesbezüglich Erkundigungen einzuholen. Daraus, dass seine Nationalität nicht feststeht, kann der Beschwerdegegner nichts für sich ableiten, solange er nichts zur Klärung dieser Frage beigetragen hat. Die Vorinstanz weist in ihrer Vernehmlassung aber zu Recht darauf hin, dass mit Hilfe eines Herkunftsspezialisten die Staatsangehörigkeit einer Person nicht bewiesen werden kann. Mit Blick auf die Tatsache, dass der Beschwerdegegner den Vorladungen der Behörden im Zusammenhang mit der Klärung seiner Identität jeweils Folge leistete (vgl. E. 4.2), kann nicht angenommen werden, er habe die Wegweisung aktiv zu erschweren versucht.
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4.4 Im Verfahren vor der Vorinstanz erklärte sich der Beschwerdegegner bereit, nach Äquatorialguinea auszureisen. Die Vorinstanz erwog, gemäss den Aussagen des Migrationsamts befinde sich die Botschaft dieses Staates in Paris. Dies verunmögliche es dem Beschwerdegegner, die nötigen Papiere zu beschaffen.
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Obwohl die Staatsangehörigkeit des Beschwerdegegners auch im vorinstanzlichen Verfahren nicht eruiert werden konnte und daher unklar ist, in welches Land der Beschwerdegegner ausreisen kann, bleibt dennoch festzuhalten, dass er sich zur Ausreise aus der Schweiz bereit erklärt hat. Dies ist als Indiz gegen die Gefahr des Untertauchens zu werten.
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4.5 Was die Mitwirkungspflicht des Beschwerdegegners bei der Beschaffung von Reisepapieren betrifft, sind trotz zweimaliger Aufforderung durch das Migrationsamt (am 11. Juni 2012 und am 9. Juli 2012) keine entsprechenden Bemühungen ersichtlich; am 11. Juni 2012 hatte das Migrationsamt den Beschwerdegegner zusätzlich darauf hingewiesen, er könne sich mit Fragen betreffend die Papierbeschaffung melden. Anlässlich der Verhandlung vor der Vorinstanz sagte der Beschwerdegegner, er wisse nicht, wo er Papiere beschaffen könne. Soweit die Vorinstanz zum Schluss gekommen ist, er habe seine Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Papierbeschaffung nicht verletzt, kann ihr nicht gefolgt werden. Indem der Beschwerdegegner trotz mehrmaliger Aufforderung, gültige Reisedokumente zu beschaffen, untätig blieb und auch die angebotene Unterstützung des Migrationsamts nicht in Anspruch nahm, hat er seine Mitwirkungspflicht gemäss Art. 90 lit. c AuG verletzt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er den Vorladungen des Migrationsamts stets Folge geleistet hat, wenngleich dieser Umstand positiv ins Gewicht fällt (vgl. E. 4.2).
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Nach einer früheren Rechtsprechung wurde passives Verhalten bei der Papierbeschaffung - im Unterschied zu eigentlichen Täuschungsmanövern - generell nicht als ausreichend für die Annahme der Untertauchensgefahr erachtet (vgl. BGE 129 I 139 E. 4.2.1 S. 146 f.; 122 II 49 E. 2a S. 51). Mit der Revision des Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (Fassung vom 19. Dezember 2003, AS 2004 1633 1647) sollte die Verletzung der Mitwirkungspflicht der aktiven Vereitelung des Wegweisungsvollzugs gleichgesetzt werden (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.2.3 S. 382 f.). Diese Regelung findet sich heute in Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 AuG, welcher auf die in Art. 90 AuG verankerte Mitwirkungspflicht verweist. Der Passus "insbesondere weil sie [die betroffene Person] der Mitwirkungspflicht nach Art. 90 [...] nicht nachkommt" stellt eine (widerlegbare) gesetzliche Tatsachenvermutung für das Vorliegen der Untertauchensgefahr dar (vgl. auch THOMAS HUGI YAR, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, S. 417 ff., Rz. 10.90). Aufgrund der Widerlegbarkeit der Vermutung führt die Verletzung der Mitwirkungspflicht im Sinn von Art. 90 lit. c AuG nicht zwingend zur Bejahung des Haftgrunds der Untertauchensgefahr und damit zur Anordnung der Ausschaffungshaft. Die durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht indizierte Untertauchensgefahr kann durch andere Elemente relativiert oder bekräftigt werden. So bejahte das Bundesgericht die Untertauchensgefahr bei einem papierlosen Nigerianer, der eine Rückkehr explizit abgelehnt und - mit Ausnahme eines Besuchs bei der nigerianischen Botschaft, wo ihm angeblich gesagt worden sei, er müsse warten - keine konkreten Anstrengungen unternommen hatte, um die Schweiz verlassen zu können (vgl. Urteil 2C_945/2010 vom 5. Januar 2011 E. 2.3).
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Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass der Beschwerdegegner durch seine Passivität im Zusammenhang mit der Beschaffung von Reisepapieren seine Mitwirkungspflicht gemäss Art. 90 lit. c AuG verletzt hat. Wie dargelegt kann dieser Umstand zur Annahme einer Untertauchensgefahr führen. Eine Würdigung aller Indizien muss zeigen, ob dieser Haftgrund zu bejahen ist.
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4.6 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdegegner bisher nicht untergetaucht ist, sondern sich den Behörden zur Verfügung gehalten hat, und dass er bereit ist, die Schweiz zu verlassen. Diese beiden Elemente sprechen gegen die Gefahr des Untertauchens, während die widersprüchlichen Angaben zur Herkunft und die fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Reisepapieren Indizien für die Annahme dieses Risikos darstellen. Die entlastenden Umstände lassen die Gefahr des Untertauchens eher gering erscheinen. Es ist fraglich, ob die Verletzung der Mitwirkungspflicht in diesem Fall zur Befürchtung Anlass gibt, der Beschwerdegegner werde untertauchen, um sich der Ausschaffung zu entziehen. Sein Verhalten deutet eher darauf hin, dass er Zeit gewinnen will; andernfalls wäre er kaum allen Vorladungen nachgekommen und hätte erklärt, er könne nach Äquatorialguinea ausreisen. Insgesamt kann aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdegegners nicht geschlossen werden, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzen wird. Die Vorinstanz hat somit im Ergebnis das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Untertauchensgefahr gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 und 4 AuG zu Recht verneint.
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5.
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5.1 Dieses Resultat ergibt sich auch aus Art. 5 Abs. 2 BV sowie aus der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98 ff. (Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG), zu deren Umsetzung sich die Schweiz mit Notenaustausch vom 30. Januar 2009 verpflichtet hat.
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5.2 Die Ausschaffungshaft muss verhältnismässig und zweckbezogen auf die Sicherung eines Wegweisungsverfahrens ausgerichtet sein; es muss jeweils aufgrund sämtlicher Umstände geklärt werden, ob sie geeignet, erforderlich und zumutbar ist (vgl. Urteil 2C_749/2012 vom 28. August 2012 E. 3.1.1). Hinsichtlich des Verhältnismässigkeitsprinzips gilt für den Haftgrund der Untertauchensgefahr die Besonderheit, dass die Kriterien für die Beurteilung dieses Risikos und der Verhältnismässigkeit der Haft teilweise identisch sind. Namentlich bildet das Verhalten der ausländischen Person einen Gesichtspunkt bei der Frage, ob mildere Massnahmen den Wegweisungsvollzug hinreichend sicherzustellen vermögen (vgl. Urteil 2A.127/1998 vom 7. April 1998 E. 3d).
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5.3 Solange der Vollzug der Wegweisung - wie vorliegend - möglich ist, erscheint die Haft als ein geeignetes Mittel, diesen sicherzustellen; fraglich ist die Erforderlichkeit und die Zumutbarkeit der Massnahme. Gemäss Art. 15 Abs. 1 RL 2008/115/EG darf die Haft nur angeordnet werden, sofern keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmassnahmen wirksam angewandt werden können. Als mildere Mittel nennt Art. 7 Abs. 3 RL 2008/115/EG eine regelmässige Meldepflicht bei den Behörden, die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, das Einreichen von Papieren und die Verpflichtung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten (vgl. ANDRÉ EQUEY, Änderungen im Bereich der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht aufgrund der Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie durch die Schweiz, AJP 2011, S. 924 ff., hier S. 936). Diese Verpflichtungen haben als Art. 64e AuG Eingang ins nationale Recht gefunden.
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Bei der Frage, ob mildere Mittel anstelle von Zwangsmassnahmen angezeigt seien, übt das Bundesgericht Zurückhaltung (HUGI YAR, a.a.O., Rz. 10.116). Vorliegend sprechen jedoch die gleichen Gründe, welche zur Verneinung der Untertauchensgefahr geführt haben, für die Wirksamkeit milderer Mittel, insbesondere der Meldepflicht gemäss Art. 64e lit. a AuG. Nachdem der Beschwerdegegner den behördlichen Vorladungen jeweils gefolgt ist und sich zur Ausreise aus der Schweiz bereit erklärt hat, erscheint es nicht erforderlich, ihn wegen der Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Papierbeschaffung in Ausschaffungshaft zu nehmen. Der Vollzug der Wegweisung hätte, soweit notwendig, durch eine Meldepflicht im Sinn von Art. 64e lit. a AuG sichergestellt werden können. Was die Zumutbarkeit betrifft, so vermöchte die Verletzung der Mitwirkungspflicht allein den Freiheitsentzug mit Blick auf die entlastenden Umstände nicht zu rechtfertigen. Die Anordnung der Ausschaffungshaft wäre somit unverhältnismässig.
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6.
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Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde unbegründet und daher abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Bundesgericht angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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3.
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Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 28. Januar 2013
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Genner
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