BGer 5A_655/2013 |
BGer 5A_655/2013 vom 29.10.2013 |
{T 0/2}
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5A_655/2013
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Urteil vom 29. Oktober 2013 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter von Werdt, Präsident,
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Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Zbinden.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwältin Karin Meyer,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Bezirksgericht Bremgarten, Familiengericht, Rathausplatz 1, 5620 Bremgarten AG.
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Gegenstand
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Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens (Erwachsenenschutz),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
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des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, vom 22. Juli 2013.
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Sachverhalt: |
A.
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A.a. Mit Verfügung vom 30. Januar 2013 ordnete der Gerichtspräsident des Familiengerichts Bremgarten die psychiatrische Begutachtung von A.________, geb. xx.xx.1964, an und gab ihr Gelegenheit, zur Fragestellung an den Gutachter Stellung zu nehmen sowie Änderungs- und Ergänzungsanträge zu stellen. In der Folge war A.________ über längere Zeit landesabwesend.
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A.b. Mit Eingabe vom 17. Mai 2013 ersuchte A.________, nunmehr vertreten durch Rechtsanwältin Karin Meyer, die Verfügung vom 30. Januar 2013 in Wiedererwägung zu ziehen, auf welchen Antrag der Gerichtspräsident des Familiengerichts Bremgarten mit Verfügung vom 21. Mai 2013 eintrat und ihn abwies.
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B. |
C. |
D. |
E. |
Erwägungen: |
1.
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1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts betreffend zwei Beweisverfügungen (Anordnungen der psychiatrischen Begutachtung in Anwendung von Art. 446 Abs. 2 ZGB). Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid. Die Anordnung, sich einer psychiatrischen Begutachtung zu unterziehen, greift unwiderruflich in das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) ein und kann daher einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; Urteil 1P.662/2004 vom 3. Februar 2005 E. 1.1 unter Hinweis auf Art. 87 Abs. 2 OG und BGE 127 I 92 E. 1c S. 94). Soweit sich aus BGE 138 V 271 E. 2 und 3 etwas anderes ergibt, ist dem im vorliegenden Fall nicht zu folgen. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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1.2. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Replik die Beschwerde mit Vorbringen ergänzt (fehlende Rechtsmittelbelehrung), die sie hätte in der Beschwerde vorbringen können. Auf ihre Ausführungen ist infolge Ablaufs der Rechtsmittelfrist nicht einzutreten (Art. 100 Abs. 1 BGG).
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2. |
2.1. Vorliegend geht es um die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung gestützt auf Art. 446 Abs. 2 ZGB, mithin um eine Beweismassnahme im Rahmen des Erwachsenenschutzes. Nach § 60c Abs. 1 des aargauischen Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz (EGZGB/AG) vom 27. März 1911 (Stand 1. August 2013; SGS 210.100) ist auf alle im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht zu entscheidenden Fälle das summarische Verfahren gemäss den Art. 248 ff. der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) anwendbar; der Fristenstillstand gemäss den Art. 145 f. ZPO gilt weder in erster noch in zweiter Instanz (Art. 60c Abs. 2 EGZGB/AG). Nach der auf das Rechtsmittelverfahren anwendbaren ZPO (Art. 450f ZGB) sind andere als die in Art. 319 lit. a erwähnten erstinstanzlichen Entscheide und prozessleitenden Verfügungen mit Beschwerde anfechtbar, wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO). Mit Bezug auf Entscheide, die im summarischen Verfahren ergangen sind, beträgt die Beschwerdefrist 10 Tage (Art. 321 Abs. 2 ZPO). Die Verfügung vom 30. Januar 2013, die der Beschwerdeführerin am 31. Januar 2013 zugestellt worden ist, wurde demnach mit der Eingabe vom 27. Mai 2013 nicht rechtzeitig angefochten. Das Obergericht ist demnach insoweit zu Recht auf die Beschwerde nicht eingetreten.
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2.2. Die Beschwerdeführerin hat auch die Verfügung vom 21. Mai 2013 angefochten, wobei hier die Beschwerde unbestrittenermassen rechtzeitig eingereicht worden ist. Dabei handelt es sich um eine Wiedererwägung derjenigen vom 30. Januar 2013. Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob die Wiedererwägung unter der Herrschaft der Zivilprozessordnung überhaupt zulässig ist. Zu berücksichtigen gilt es indes, dass es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt, die in engem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht. Überdies hat die erste Instanz ihre ursprüngliche Verfügung tatsächlich in Wiedererwägung gezogen. Beim Rechtsbehelf der Wiedererwägung wird in einem ersten Schritt geprüft, ob Gründe für ein Rückkommen auf eine Verfügung bestehen; in einem zweiten Schritt geht es darum, ob diese Gründe eine Änderung der Verfügung rechtfertigen ( HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 1032, 1042 ff.; zum Ganzen: Urteil 8C_264/2009 vom 19. Mai 2009 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist der Gerichtspräsident auf das Gesuch um Wiedererwägung eingetreten und hat es abgewiesen. Damit erging ein neuer Entscheid in der Sache, der an die Stelle der in Wiedererwägung gezogenen Verfügung vom 30. Januar 2013 trat. Diese neue Verfügung ist selbständig anfechtbar, selbst wenn sie im Ergebnis die ursprüngliche Verfügung bestätigt ( WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 1994, S. 155 Ziff. 2).
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2.3. Wie in Erwägung 1 bereits aufgezeigt worden ist, greift die Anordnung, sich einer psychiatrischen Begutachtung zu unterziehen, unwiderruflich in das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) ein und stellt daher einen drohenden nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur dar. Im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich nicht vertreten, ein drohender nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinn von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO sei nicht dargetan. Der Standpunkt des Obergerichts erweist sich damit als unhaltbar.
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3. |
4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1.
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2.
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3.
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4.
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Lausanne, 29. Oktober 2013
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: von Werdt
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Der Gerichtsschreiber: Zbinden
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