BGer 5A_865/2013
 
BGer 5A_865/2013 vom 21.01.2014
{T 0/2}
5A_865/2013
 
Urteil vom 21. Januar 2014
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Möckli.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________ AG in Konkursliquidation,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Hunkeler,
Beschwerdeführerin,
gegen
Y.________,
vertreten durch Avocat Julien Liechti,
Beschwerdegegner,
Konkursamt des Kantons Zug,
Grundbuch- und Vermessungsamt,
Handelsregisteramt des Kantons Zug,
Betreibungsamt Zug.
Gegenstand
Konkurseröffnung,
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, vom 16. Oktober 2013.
 
Sachverhalt:
A. Am 22. August 2013 stellte Y.________ in der Betreibung Nr. zzz des Betreibungsamtes Zug gegen die X.________ AG das Konkursbegehren.
B. Am 30. September 2013 reichte die Konkursitin gegen das Konkurserkenntnis eine Beschwerde ein. Unter Beilage einer Abrechnung des Betreibungsamtes Zug vom 27. September 2013 machte sie geltend, am 26. September 2013 den Betrag von Fr. 28'799.35 an das Betreibungsamt überwiesen und damit die betriebene Forderung samt Zinsen und Kosten getilgt zu haben.
C. Gegen diesen Entscheid hat die Konkursitin, nunmehr anwaltlich vertreten, am 15. November 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung, eventualiter um Rückweisung der Sache an das Obergericht. Mit Vernehmlassung vom 16. Dezember 2013 beantragte das Obergericht die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. In seiner Vernehmlassung vom 3. Januar 2014 schloss der Gläubiger auf Abweisung der Beschwerde; ferner verlangte er, die Konkursitin sei zu einer Sicherheitsleistung von Fr. 20'000.-- zu verpflichten.
 
Erwägungen:
1. Angefochten ist ein obergerichtlicher Entscheid betreffend Konkurseröffnung (Art. 174 SchKG), welcher streitwertunabhängig in den Anwendungsbereich der Beschwerde in Zivilsachen fällt (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 1 BGG).
2. Die Beschwerdeführerin verfolgt mehrere Argumentationslinien. Kern ihrer Ausführungen ist, dass sie mit der Zahlung des fraglichen Betrages beim Betreibungsamt gar nicht die Schuld im Sinn von Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG habe tilgen wollen, sondern dass es sich um eine Hinterlegung gemäss Art. 174 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG gehandelt habe und das Betreibungsamt deshalb ohne Erhebung von Inkassogebühren gestützt auf Art. 32 Abs. 2 SchKG zur Weiterleitung des Betrages an das Obergericht als zuständige Hinterlegungsstelle verpflichtet gewesen wäre. All dies habe das Obergericht verkannt, indem es von einer Schuldtilgung ausgegangen sei; dies stelle eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung, eine Verletzung von Bundesrecht und einen Verstoss gegen das Verbot des überspitzten Formalismus dar. Hilfsweise wird geltend gemacht, dass zufolge eröffneten Konkurses das Betreibungsamt gar nicht mehr zur Entgegennahme des Geldes zuständig gewesen wäre und die betreffenden Akte nichtig seien. Ferner wird geltend gemacht, eventuell hätte das Obergericht eine Nachfrist zur Bezahlung der betreibungsamtlichen Gebühr von Fr. 133.-- ansetzen müssen oder eventuell hätte es das Betreibungsamt auch anweisen sollen, die Gebühr separat in Rechnung zu stellen.
3. Das Hauptargument der Beschwerdeführerin scheitert an ihrer eigenen kantonalen Beschwerde, in welcher sie mehrmals von Schuldtilgung sprach und sich auf S. 6 oben in Rz. 16 ausdrücklich auf den Konkursaufhebungsgrund von Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG berief, während von einer Hinterlegung nirgends die Rede war. Dem Obergericht ist deshalb nichts vorzuwerfen, wenn es (einzig) den Konkursaufhebungsgrund von Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG geprüft hat, zumal die Behauptung nicht verfängt, eine Schuldtilgung beim Betreibungsamt wäre zufolge eröffneten Konkurses möglicherweise nichtig: Auch wenn es von der zeitlichen Abfolge her nach der erstinstanzlichen Konkurseröffnung an sich keine Spezialexekution mehr gibt, hat Art. 174 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG offensichtlich nicht nur die direkte Bezahlung an den Gläubiger, sondern auch die Tilgung der Schuld beim Betreibungsamt im Sinn von Art. 12 SchKG im Auge. Alle drei in Art. 174 Abs. 2 SchKG erwähnten Konkursaufhebungsgründe betreffen echte Noven, also Tatsachen, welche nach dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Konkurseröffnung eingetreten sind. Kraft gesetzlicher Ausgestaltung, welche es zu respektieren gilt, ist also die Schuldtilgung beim Betreibungsamt zwecks Schaffung eines Konkursaufhebungsgrundes bis zum Ablauf der Beschwerdefrist möglich. Eine andere (vorliegend nicht relevante) Frage ist, wie diese Zahlung bei nicht gewährter aufschiebender Wirkung und Abweisung der Beschwerde konkursrechtlich zu behandeln ist (vgl. zum Problem BRÖNNIMANN, Novenrecht und Weiterziehung gemäss Art. 174 E SchKG, in: Recht und Rechtsdurchsetzung, Zürich 1994, S. 445; GIROUD, in: Basler Kommentar, N. 25 zu Art. 174 SchKG; DIGGELMANN/MÜLLER, in: KuKo SchKG, N. 8 zu Art. 174 SchKG).
4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch der Gegenpartei um Sicherheitsleistung (Art. 62 Abs. 2 BGG) wurde zusammen mit der Vernehmlassung und damit in einem Zeitpunkt gestellt, in welchem der anwaltliche Aufwand bereits entstanden war; es ist deshalb gegenstandslos, weil nur zukünftiger Aufwand sichergestellt werden kann (BGE 118 II 87 E. 2 S. 88; 132 I 134 E. 2.2. S. 138).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtsgebühren von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Konkursamt des Kantons Zug, dem Grundbuch- und Vermessungsamt, dem Handelsregisteramt des Kantons Zug, dem Betreibungsamt Zug und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. Januar 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Möckli