BGer 4A_439/2013
 
BGer 4A_439/2013 vom 03.02.2014
{T 0/2}
4A_439/2013
 
Urteil vom 3. Februar 2014
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
Bundesrichterin Kiss,
nebenamtlicher Bundesrichter Geiser Ch.,
Gerichtsschreiber Kölz.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________ GmbH,
vertreten durch Advokat Remo Gehr,
Beschwerdeführerin,
gegen
Y.________,
vertreten durch Advokat Dr. Christophe Sarasin,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Forderung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 29. Juli 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
Y.________ (Beschwerdegegnerin) ist Eigentümerin des Grundstücks Parzelle Nr. zzz an der Strasse S.________ in A.________. Am 2. September 2009 schloss sie mit der X.________ GmbH (Beschwerdeführerin) einen "Vermittlungs- und Verkaufsauftrag" zwecks Verkaufs ihrer Liegenschaft in A.________ ab. Darin erteilte sie der Beschwerdeführerin "den Alleinauftrag zum Verkauf bzw. zum Nachweis eines Käufers" für die Liegenschaft. Der Verkaufsrichtpreis wurde zunächst auf Fr. 2'420'000.-- festgesetzt. Betreffend die Vergütung der Beschwerdeführerin wurde unter dem Titel "5. Erfolgshonorar" folgendes vereinbart:
 
B.
Mit Klage vom 8. Juli 2011 beantragte die Beschwerdeführerin dem Zivilgericht Basel-Stadt, die Beschwerdegegnerin sei zur Zahlung von Fr. 40'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. Dezember 2010 zu verurteilen. Am 14. März 2012 verurteilte das Zivilgericht die Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin Fr. 20'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 1. Dezember 2010 zu bezahlen und wies das weitergehende Klagebegehren ab. Es erkannte, der "Vermittlungs- und Verkaufsauftrag" sei wegen Dissens nicht zustande gekommen. Die Leistungsbeziehung zwischen den Parteien sei nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung rückabzuwickeln. Ex aequo et bono habe die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin für deren Leistungen einen Wertersatz von Fr. 20'000.-- nebst Zins zu leisten.
 
C.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Entscheid des Appellationsgerichts vom 29. Juli 2013 sei aufzuheben, ihre Klage vom 8. Juli 2011 sei vollumfänglich gutzuheissen und die Beschwerdegegnerin sei zur Zahlung des Honorars von Fr. 40'000.-- zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Dezember 2010 zu verurteilen.
 
Erwägungen:
 
1.
Der angefochtene Entscheid des Appellationsgerichts ist ein verfahrensabschliessender Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Sodann übersteigt der Streitwert (Fr. 40'000.--) die Grenze nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
 
2.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1).
 
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine falsche Auslegung des Begriffs "abschlusswilliger Kaufinteressent" im Sinne von Ziff. 5 Abs. 3 lit. A des "Vermittlungs- und Verkaufsauftrags" durch die Vorinstanz.
3.1. Der Inhalt eines Vertrags bestimmt sich in erster Linie durch subjektive Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR). Wenn dieser unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (BGE 136 III 186 E. 3.2.1 S. 188; 132 III 24 E. 4; 131 III 606 E. 4.1 S. 611; 130 III 66 E. 3.2). Für die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses massgeblich. Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an die Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (vgl. Erwägung 2; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67 mit Hinweisen).
3.2. Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführerin habe aufgrund des "Vermittlungs- und Verkaufsauftrags" einen Vorvertrag für den Grundstückkauf ausgefertigt. Dieser sei aber von den Ehegatten C.________ nicht akzeptiert worden, womit feststehe, dass kein Kaufvertrag zustande gekommen sei und dass die Beschwerdeführerin nicht "durch Nachweis des nachmaligen Käufers, Vermittlung oder sonstige Mitwirkung den Abschluss eines öffentlich beurkundeten Kaufvertrags herbeigeführt" habe. Die Beschwerdegegnerin sei nicht bereit gewesen, auf den Änderungswunsch der Ehegatten C.________ einzugehen und eine Zahl- und Treuhandstelle einzusetzen. Es frage sich daher, ob das Honorar geschuldet sei, weil die Beschwerdeführerin "einen abschlusswilligen Kaufinteressenten beigebracht hat und der Auftraggeber (aus welchen Gründen auch immer) nicht mehr verkaufen will".
3.3. Die Vorinstanz stellte somit hinsichtlich des Begriffs "abschlusswilliger" Kaufinteressent keinen tatsächlich übereinstimmenden Parteiwillen fest, sondern legte dem Entscheid ihr objektiviertes Verständnis der Vertragsbestimmung zugrunde. Die Beschwerdeführerin macht denn auch nicht geltend, die Vorinstanz habe damit den Grundsatz des Vorranges der subjektiven vor der objektiven Vertragsauslegung verletzt (vgl. dazu BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123; siehe ferner BGE 123 III 35 E. 2b S. 40). Sie ist vielmehr auch selber der Ansicht, dass eine Auslegung nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen habe, hält indessen die Auslegung der Vorinstanz für falsch und unterbreitet dem Bundesgericht ihre eigene Auffassung.
3.4. Ausgehend vom Wortlaut ist ein Kaufinteressent "abschlusswillig", wenn er den Willen zum Vertragsabschluss hat. Unterschiedliche Auffassungen bestehen unter den Parteien darüber, 
3.5. Entgegen der Rüge der Beschwerdeführerin kann der Vorinstanz demnach nicht vorgeworfen werden, den Begriff "abschlusswilliger" Kaufinteressent falsch bzw. bundesrechtswidrig ausgelegt zu haben.
 
4.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, wonach die Familie C.________ keine "abschlusswillige" Kaufinteressentin gewesen sei, verletze das Willkürverbot und sei offensichtlich unrichtig. Die Vorinstanz habe einseitig das Argument der Beschwerdegegnerin hervorgehoben, dass die Ehegatten C.________ den Vorvertrag nicht unterschrieben hätten. Demgegenüber seien die von der Beschwerdeführerin eingereichten Beweise, nämlich, dass die Familie C.________ mit sämtlichen wesentlichen Vertragspunkten einverstanden gewesen sei und eine Finanzierungsbestätigung der Bank vorgelegt habe, nicht berücksichtigt worden. Ebenso wenig sei berücksichtigt worden, dass die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin "in keinem Zeitpunkt" mitgeteilt habe, die direkte Zahlung des Kaufpreises sei "zwingend". Wäre eine direkte Zahlung zwingend gewesen, hätte dies im Vertrag zwischen den Parteien festgehalten werden müssen. Mit dieser Argumentation habe sich die Vorinstanz nicht auseinander gesetzt
 
5.
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. Februar 2014
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Klett
Der Gerichtsschreiber: Kölz