BGer 2C_255/2013 |
BGer 2C_255/2013 vom 11.04.2014 |
{T 0/2}
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2C_255/2013
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Urteil vom 11. April 2014 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Bundesrichter Donzallaz,
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Bundesrichter Kneubühler,
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Gerichtsschreiber Egli.
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Verfahrensbeteiligte |
Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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1. A.________,
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2. B.________,
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Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Martin Pestalozzi,
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Gegenstand
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Verfügung über Realakte im Sinne von Art. 25a VwVG; Aufsicht über KKW Mühleberg,
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Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 7. Februar 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Die BKW Energie AG (nachfolgend: BKW) betreibt das Kernkraftwerk (KKW) Mühleberg. Mit Verfügung vom 18. März 2011 forderte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) alle schweizerischen Kernkraftwerke auf, unverzüglich mit der Überprüfung ihrer Auslegung bezüglich Erdbeben und Überflutung zu beginnen. Mit Verfügung vom 1. April 2011 legte das ENSI die entsprechenden Vorgehensvorgaben und Randbedingungen fest; unter anderem habe die BKW den deterministischen Nachweis für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers zu führen. Als Randbedingung hierzu forderte es namentlich, wenn eine Verstopfung oder Schädigung der Flusswasser-Einlaufbauwerke nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Ausfall der vom Hochwasser betroffenen Kühlwasserfassungen zu unterstellen. Die BKW reichte dem ENSI am 30. Juni 2011 den geforderten Nachweis ein. Das ENSI ging in seiner dazu ergangenen und als Aktennotiz bezeichneten Stellungnahme vom 31. August 2011 unter anderem davon aus, der Einsatz von mobilen Pumpen ermögliche die Kühlwasserversorgung des SUSAN-Notstandsystems auch bei einer allfälligen Verstopfung des SUSAN-Rechens.
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A.b. Diese Aktennotiz veranlasste A.________ und B.________ im Zeitraum von September 2011 bis Februar 2012 zu einem Briefwechsel mit dem ENSI-Rat und dem ENSI. Inhaltlich ging es darum, inwiefern das ENSI in dieser Einschätzung grundlegende Prinzipien der nuklearen Sicherheit missachte. Das ENSI und der ENSI-Rat vertraten im Wesentlichen die Ansicht, für bestehende Kernkraftwerke lasse das schweizerische Regelwerk die Kreditierung von auf dem Areal gelagerten mobilen Pumpen für die Störfallbeherrschung zu. Für den längerfristigen Betrieb werde aber eine zusätzliche Nachrüstung zur Verbesserung der Kühlwasserversorgung verlangt und ein längerfristiger Nachrüstbedarf sei kein Grund für eine sofortige Ausserbetriebnahme.
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B. |
B.a. Am 20. März 2012 beantragten A.________ und B.________ dem ENSI den Erlass einer Verfügung über Realakte im Sinne von Art. 25a VwVG (SR 172.021). Das ENSI trat mit Verfügung vom 5. Oktober 2012 auf das Begehren von A.________ und B.________ nicht ein, im Wesentlichen mit der Begründung, die Gesuchsteller hätten nicht plausibel dargelegt, inwiefern sie in eigenen Rechtspositionen berührt werden und dass dieses Berührtsein von einer gewissen Intensität sei.
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B.b. A.________ und B.________ erhoben mit Eingabe vom 5. November 2012 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen diese Verfügung. Sie beantragten deren Aufhebung und die Rückweisung zur materiellen Behandlung.
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C. |
D. |
E. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich zulässig (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Nach Art. 83 lit. n BGG ist die Beschwerde auf dem Gebiet der Kernenergie unzulässig (u.a.) gegen Entscheide betreffend das Erfordernis einer Freigabe und betreffend Freigaben. Vorliegend geht es aber weder um Freigaben (Art. 17 Abs. 1 lit. f, Art. 21 Abs. 1 lit. f, Art. 28, Art. 36 Abs. 1 lit. b, Art. 37 Abs. 3, Art. 65 Abs. 3 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003 [KEG; SR 732.1]) noch um einen Entscheid der Aufsichtsbehörde gemäss Art. 65 Abs. 5 lit. c KEG, ob eine Freigabe erforderlich sei. Die Ausnahmebestimmung kommt nicht zum Zuge (vgl. Urteile 2C_860/2012 vom 14. Mai 2013 E. 1.1; 2C_347/2012 / 2C_357/2012 vom 28. März 2013 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 139 II 185).
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1.2. Das ENSI ist zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSIG; SR 732.2]).
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1.3. |
1.3.1. Die Beschwerde ist zulässig gegen End- oder Teilentscheide (Art. 90 und 91 BGG), gegen Vor- oder Zwischenentscheide jedoch nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG. Der angefochtene Entscheid weist die Sache zur materiellen Beurteilung an das ENSI zurück und gilt daher als Zwischenentscheid (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.). Weist ein Gericht eine Sache mit verbindlichen Vorgaben, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss, an eine Behörde zurück, so stellen diese Vorgaben für die Behörde einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) dar, weil sie entgegen ihrer Rechtsauffassung einen Entscheid erlassen müsste, den sie in der Folge nicht mehr anfechten kann (BGE 139 V 99 E. 1.4 S. 101; 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484 f.). Erschöpft sich der Rückweisungsentscheid darin, dass eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu prüfen sei, ohne dass damit materiellrechtliche Vorgaben verbunden sind, so entsteht der Behörde, an die zurückgewiesen wird, in der Regel kein nicht wieder gutzumachender Nachteil, führt die Rückweisung doch bloss zu einer dieses Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens (BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170 f.; 133 V 477 E. 5.2.2 S. 483 f.).
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1.3.2. Im Urteil 2C_860/2012 vom 14. Mai 2013 ging es um einen Fall, in welchem das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auf ein Begehren von Privaten um Entzug der Betriebsbewilligung für das KKW Mühleberg nicht eingetreten war, worauf das Bundesverwaltungsgericht auf Beschwerde hin die Sache zur materiellen Beurteilung an das UVEK zurückwies. Das Bundesgericht trat auf eine dagegen vom UVEK erhobene Beschwerde mangels eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht ein; wesentlich dafür war, dass in der grundsätzlichen Konzeption kein Dissens bestand zwischen UVEK und Bundesverwaltungsgericht, indem beide davon ausgingen, dass das UVEK zuständig ist für den Entzug der Betriebsbewilligung und dieser Entzug zu erfolgen hat, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Das UVEK stellte auch die Legitimation der damaligen Gesuchsteller nicht infrage. Unterschiedliche Auffassungen bestanden darüber, ob die von den damaligen Gegenparteien geltend gemachten Mängel gewichtig genug waren, um eine nähere Prüfung des Bewilligungsentzugs zu rechtfertigen; dies war aufgrund des Rückweisungsentscheids ohne materiellrechtliche Vorgabe zu prüfen. Vorliegend verhält es sich anders: Das ENSI bestreitet, dass die Beschwerdegegner unter den hier vorliegenden Umständen berechtigt seien, gestützt auf Art. 25a VwVG eine Verfügung betreffend aufsichtsrechtliche Realakte zu verlangen. Der angefochtene Entscheid verpflichtet das ENSI, entgegen seiner Rechtsauffassung eine solche Verfügung zu erlassen. Könnte das ENSI diesen Rückweisungsentscheid nicht anfechten, könnte es die von ihm bestrittene vorinstanzliche Rechtsauffassung nie überprüfen lassen; es erleidet damit einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Auf die Beschwerde ist einzutreten (vgl. Urteile 1C_455/2011 vom 12. März 2012 E. 1.1; 2C_239/2011 vom 21. Februar 2012 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 138 II 111).
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2. |
2.1. Gemäss Art. 25a Abs. 1 VwVG kann, wer ein schutzwürdiges Interesse hat, von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft (lit. a), die Folgen widerrechtlicher Handlungen beseitigt (lit. b) oder die Widerrechtlichkeit von Handlungen feststellt (lit. c). Dieser Artikel räumt der betroffenen Person das Recht auf ein eigenständiges, nachgeschaltetes Verwaltungsverfahren ein, das in eine Verfügung über den beanstandeten Realakt mündet (Art. 25a Abs. 2 VwVG; BGE 136 V 156 E. 4.2 S. 160). Das Gesuch muss sich gegen das widerrechtliche Handeln einer zuständigen Bundesbehörde richten. Nach der herrschenden Lehre kann mit dem Rechtsschutz gemäss Art. 25a VwVG über den Wortlaut des Gesetzes hinaus nicht nur ein behördliches Handeln, sondern auch ein Unterlassen beanstandet, mithin ein behördliches Handeln verlangt werden (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 737b; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 365; Moor/Poltier, Droit administratif, Bd. II, 3. Aufl. 2011, S. 43; Thierry Tanquerel, Manuel de droit administratif, 2011, Rz. 696; Isabelle Häner, in: Praxiskommentar VwVG, 2009, N. 11 zu Art. 25a VwVG; Beatrice Weber-Dürler, in: Kommentar zum VwVG, 2008, N. 11 zu Art. 25a VwVG; Markus Müller, Rechtsschutz gegen Verwaltungsrealakte, in: Neue Bundesrechtspflege, BTJP 2006, 2007, S. 313 ff., 355; Enrico Riva, Neue bundesrechtliche Regelung des Rechtsschutzes gegen Realakte, SJZ 2007 S. 337 ff., 342 f.; Markus H.F. Mohler, Zur Anfechtbarkeit polizeilicher intervenierender Realakte [...], AJP 2007 S. 461 ff., 470 f.). Staatliches Unterlassen kann allerdings nur dann widerrechtlich sein, wenn eine spezifische Handlungspflicht der Behörden besteht (Marianne Tschopp-Christen, Rechtsschutz gegenüber Realakten des Bundes [Artikel 25a VwVG], 2009, S. 143 f.).
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2.2. Unbestritten ist das ENSI zuständig für die Aufsicht über das KKW Mühleberg (Art. 70 Abs. 1 lit. a KEG; Art. 2 Abs. 1 ENSIG) und stützen sich die entsprechenden Aufsichtshandlungen auf öffentliches Recht des Bundes. Die Beschwerdegegner machen geltend, das ENSI übe seine Aufsicht widerrechtlich aus, insbesondere indem es im Rahmen der Überprüfung des deterministischen Nachweises für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers im KKW Mühleberg (Art. 1 lit. e und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des UVEK vom 17. Juni 2009 über die Gefährdungsannahmen und die Bewertung des Schutzes gegen Störfälle in Kernanlagen [SR 732.112.2; nachfolgend: Gefährdungsannahmenverordnung]) den Einsatz von auf dem Areal gelagerten mobilen Pumpen zulasse. Dabei handelt es sich um Realakte im Sinne von Art. 25a VwVG. Offenbleiben kann im Rahmen der Eintretensprüfung, ob die Beschwerdegegner ein widerrechtliches Handeln oder ein widerrechtliches Unterlassen von Handlungen geltend machen, da das Realhandeln im Sinne von Art. 25a VwVG beides umfasst (oben E. 2.1).
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2.3. Umstritten ist einerseits, ob Art. 64 Abs. 3 KEG den Anspruch nach Art. 25a VwVG ausschliesst (unten E. 3). Andererseits sind die Eintretensvoraussetzungen des schutzwürdigen Interesses und des Berührtseins in Rechten oder Pflichten umstritten (unten E. 4 u. 5).
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2.3.1. Die Vorinstanz hat erwogen, das schutzwürdige Interesse im Sinne von Art. 25a VwVG sei gleich zu verstehen wie bei der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG und Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG. Nach der Praxis des (früher für KKW-Bewilligungen zuständigen) Bundesrates hätten in Bewilligungsverfahren für Kernkraftwerke zumindest die Anwohner in der Notfallplanungszone 1 Parteistellung, was zumindest für einen der (heutigen) Beschwerdegegner zutreffe. Er sei mehr als die Allgemeinheit dem Risiko des KKW Mühleberg ausgesetzt. Er habe ein aktuelles und praktisches Interesse an einer rechtmässigen Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen, damit das Risiko eines KKW-Unglücks vermindert werde, und folglich ein schutzwürdiges Interesse an einer Verfügung über Realakte. Sodann prüfte die Vorinstanz die Voraussetzung des Berührtseins in Rechten oder Pflichten. Dieses Tatbestandselement sei jedenfalls dann erfüllt, wenn grundrechtlich geschützte Positionen berührt seien. Aus dem Recht auf Leben (Art. 10 BV) ergebe sich eine Schutzpflicht des Staates, sofern das Leben von Menschen bedroht sei, wozu namentlich auch der Schutz vor Risiken der Zivilisation z.B. durch technische Grossanlagen gehöre. Die Ausnutzung der Kernkraft löse staatliche Schutzpflichten aus. Aufgrund des Gefährdungspotenzials von Kernkraftwerken sei jedenfalls der Schutzbereich von Art. 10 BV betroffen. Die Kernenergiegesetzgebung bezwecke den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergienutzung. Nach Auffassung der (heutigen) Beschwerdegegner entstehe durch die rechtswidrige Umsetzung der Gefährdungsannahmenverordnung ein erhöhtes Risiko. Weil diese Regelungen auch dem Schutz von Mensch und Umwelt dienten, sei in einem Fall, in dem konkrete Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko durch eine möglicherweise rechtswidrige Handhabung einer Rechtsgrundlage bestünden, die Schwelle vom Bagatellbereich zum rechtsschutzwürdigen Bereich überschritten und die Intensität des Berührtseins infolgedessen hinreichend.
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2.3.2. Das ENSI bestreitet zunächst, dass ein schutzwürdiges Interesse vorliege. Die Praxis bei KKW-Bewilligungsverfahren könne nicht undifferenziert im Rahmen von Art. 25a VwVG Anwendung finden. Nur Gefahren von einer gewissen Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vermöchten eine Legitimation zu begründen, nicht rein theoretische und weit entfernt mögliche Gefahren. Die Schutzwürdigkeit des Interesses sei nicht nach Massgabe des von der Anlage gesamthaft ausgehenden Risikos zu bemessen, sondern nach Massgabe der Risikorelevanz der konkret infrage stehenden Aufsichtshandlung. Einzelne Aufsichtshandlungen des ENSI hätten nicht die gleiche Risikorelevanz wie die Bewilligung für ein Kernkraftwerk. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdegegner durch die Kreditierung interner Notfallschutzmassnahmen in einem hinreichenden Ausmass in ihren schutzwürdigen Interessen berührt sein sollten; denn die Wahrscheinlichkeit, dass zur Aufrechterhaltung der Kühlwasserversorgung auf diese Einrichtungen zurückgegriffen werden müsse, sei sehr gering und könne nahezu ausgeschlossen werden. Es sei deshalb keine für eine Begründung der Legitimation hinreichende Risikoerhöhung erkennbar. Sodann habe die Vorinstanz ohne nähere Prüfung der Risikorelevanz das Berührtsein in Rechten oder Pflichten bejaht. Die blosse Behauptung, massgebende Rechtsvorschriften seien nicht richtig angewendet worden, könne nicht ausreichen, um einen Realakt überprüfen zu lassen.
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2.3.3. Die Beschwerdegegner machen geltend, als Anwohner in der Notfallplanungszone 1 und 2 seien sie mehr als die Allgemeinheit betroffen und ihr Gesuch sei rechtsschutzwürdig, da es direkt um ihr Leben, ihre Gesundheit und Freiheit sowie ihr Eigentum gehe. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit sei vom Gefährdungspotenzial auszugehen; die Wahrscheinlichkeit einzelner Unfallszenarien spiele für die Legitimationsfrage keine Rolle. Bei der gerügten Aufsichtshandlung gehe es um Auslegungsstörfälle, bei denen Wahrscheinlichkeiten nicht zu prüfen seien. Die vom ENSI geführte Wahrscheinlichkeitsdiskussion habe im Bereich der Auslegungsstörfälle nichts zu suchen.
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3. |
3.1. Der Anspruch auf eine Verfügung nach Art. 25a VwVG besteht nicht, wenn die Gesetzgebung den Rechtsschutz gegenüber dem Realakt bewusst ausgeschlossen hat. Auch entfällt das schutzwürdige Interesse dort, wo genügender Rechtsschutz auf andere Weise möglich ist (BGE 136 V 156 E. 4.3 S. 160; vgl. zur "Subsidiarität" von Art. 25a VwVG Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 370; Weber-Dürler, a.a.O., N. 31 ff. zu Art. 25a VwVG). Um dies vorliegend zu beurteilen (E. 3.4), ist zunächst die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Aufsichts- und Bewilligungsbehörden darzulegen (E. 3.2), wobei zu beachten ist, dass im Verfahren der von den Aufsichtsbehörden zu erteilenden Freigaben gemäss Art. 64 Abs. 3 KEG nur die gesuchstellende Person Parteistellung hat (E. 3.3).
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3.2. Das Bundesgericht hat sich in BGE 139 II 185 mit der gesetzlichen Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden im Bereich der Kernenergiegesetzgebung befasst. Die laufende Aufsicht ist das gesetzlich vorgesehene Instrument, um nach der Bewilligungserteilung die Sicherheit fortdauernd zu gewährleisten bzw. zu verbessern (Art. 72 KEG; BGE 139 II 185 E. 10.2.2 S. 201). Die Bewilligungsbehörde kann grundsätzlich davon ausgehen, dass die Aufsichtsbehörde während des Betriebs des Kernkraftwerkes ihre Aufgabe wahrnehmen wird (BGE 139 II 185 E. 10.2.2 S. 201). Dass die Aufsichtsbehörden laufend die Sicherheit der Anlage überprüfen, neue Fragen aufwerfen und neue Massnahmen (z.B. Nachrüstungen) anordnen, ist der gesetzliche Normalfall (BGE 139 II 185 E. 10.7 S. 207 mit Verweis). Die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden führt dazu, dass Sicherheitsprobleme, die im Rahmen der laufenden Aufsicht bzw. durch Freigaben der Aufsichtsbehörden gelöst werden können, im Aufsichts- und nicht im Bewilligungsverfahren zu behandeln sind (BGE 139 II 185 E. 10.5 S. 206 u. E. 11.7 S. 214). Aus diesen Gründen hat es das Bundesgericht abgelehnt, die Betriebsbewilligung des KKW Mühleberg zu befristen. Die offenen Sicherheitsfragen und allfälligen Mängel konnten durch aufsichtsrechtliche Mittel behoben werden (BGE 139 II 185 E. 14.2.5 S. 226, E. 14.3.8 S. 230 u. E. 14.4.3 S. 231).
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3.3. Der Gesetzgeber hat den Rechtsschutz gegen das Aufsichtshandeln des ENSI nicht pauschal ausgeschlossen. Soweit Verfügungen betroffen sind, richtet sich das Verfahren nach dem VwVG (Art. 64 Abs. 1 KEG). Allerdings hat im Verfahren der von den Aufsichtsbehörden zu erteilenden Freigaben nur die gesuchstellende Person Parteistellung (Art. 64 Abs. 3 KEG). Solche Freigaben stellen Ausführungsbewilligungen ("permis d'exécution") für Detailarbeiten dar, die im Anschluss an ein öffentliches Bewilligungsverfahren ergehen. So sind Freigaben namentlich für einzelne Schritte im Rahmen der Erstellung (Art. 17 Abs. 1 lit. f KEG) oder der Inbetriebnahme (Art. 21 Abs. 1 lit. f KEG) sowie für geringfügigere Abweichungen von einer Bewilligung (Art. 65 Abs. 3 KEG) einzuholen. Die wesentlichen Grundlagen werden in öffentlichen Bewilligungsverfahren festgelegt, sodass darauf verzichtet wurde, die Ausführungsschritte ihrerseits als öffentliche Verfahren auszugestalten (Botschaft Kernenergiegesetz vom 28. Februar 2001 [nachfolgend: Botschaft KEG], BBl 2001 2665, 2788 Ziff. 8.6.4; ferner bereits Botschaft vom 19. Januar 1994 über eine Teilrevision des Atomgesetzes, BBl 1994 I 1361, 1374 f.).
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3.4. Vorliegend geht es nicht um eine Freigabe (oben E. 1.1), sondern um die Aufsichtstätigkeit im Anschluss an eine vom ENSI angeordnete Sicherheitsüberprüfung. Art. 64 Abs. 3 KEG greift damit vorliegend nicht und steht der Anwendbarkeit von Art. 25a VwVG nicht entgegen. Dies ist auch sachgerecht: An einer ordnungsgemässen Sicherheitsüberprüfung besteht ein ausgewiesenes Rechtsschutzinteresse, bildet sie doch die Grundlage, um im Rahmen der laufenden Aufsicht zu beurteilen, ob die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerkes weiterhin gewahrt ist, offene Sicherheitsfragen bestehen und allfällige Mängel durch Nachrüstungsmassnahmen behoben werden können. Für diese Fragen der laufenden Aufsicht ist die Bewilligungsbehörde nicht zuständig. Schliesslich handelt es sich hierbei nicht um blosse "Detailfragen". Vielmehr sind solche Sicherheitsüberprüfungen wesentlicher Bestandteil, um die nukleare Sicherheit der Anlage im Laufe der Zeit zu gewährleisten und zu verbessern (vgl. BGE 139 II 185 E. 10.1.3 S. 201 u. E. 10.2.2 S. 201).
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4. |
4.1. Art. 25a VwVG definiert das streitlagenspezifische Rechtsschutzinteresse (vgl. zum Begriff BGE 137 V 210 E. 3.4.2.4 S. 254 mit Hinweis) über ein aktbezogenes und ein subjektbezogenes Kriterium. Zum einen muss der Realakt "Rechte oder Pflichten berühren" (unten E. 4.3), zum anderen die gesuchstellende Person ein "schutzwürdiges Interesse" an einer Verfügung über einen Realakt aufweisen (unten E. 4.2). Obwohl die genannten Kriterien mit der Bestimmung des Rechtsschutzinteresses die gleiche Stossrichtung aufweisen, werden sie innerhalb von Art. 25a VwVG klar getrennt - im gleichen Sinne wird herkömmlicherweise bei Rechtsakten zwischen Anfechtungsobjekt (Art. 44 VwVG) und Beschwerdebefugnis (Art. 48 VwVG) unterschieden (vgl. zum Ganzen Müller, a.a.O., S. 348, 355).
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4.2. Das "schutzwürdige Interesse" im Sinne von Art. 25a VwVG ist grundsätzlich gleich zu verstehen wie beim Parteibegriff (Art. 6 VwVG) und der Beschwerdebefugnis nach Art. 48 Abs. 1 VwVG bzw. Art. 89 Abs. 1 BGG (vgl. Urteil 1C_455/2011 vom 12. März 2012 E. 4.4). Es muss demnach eine besondere Nähe der gesuchstellenden Person zum Realakt vorliegen (Pierre Tschannen, Amtliche Warnungen und Empfehlungen, ZSR 1999 II S. 353 ff., 445), wobei das schutzwürdige Interesse rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein kann, soweit die gesuchstellende Person an der Rechtsklärung mittels Verfügung über den Realakt einen praktischen Nutzen hat (vgl. sinngemäss BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282; 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f.).
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4.3. Art. 25a VwVG betrifft jene Fälle, in denen behördliches Verhalten nicht auf die Regelung von Rechten oder Pflichten gerichtet ist - dies ist Sache der Verfügung nach Art. 5 VwVG -, aber dennoch Rechte oder Pflichten berührt. Dies setzt nach herrschender Auffassung einen Eingriff in die persönliche Rechtssphäre der betroffenen Person voraus (Moor/Poltier, a.a.O., S. 44 f.; Tanquerel, a.a.O., Rz. 697; Häner, a.a.O., N. 18, 29 u. 35 zu Art. 25a VwVG; Müller, a.a.O., S. 350 ff.; Riva, a.a.O., S. 341 f.; Andreas Kley, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 12 zu Art. 29a BV; Beusch/Moser/Kneubühler, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 2008 S. 1 ff., 9; Bovet/Carvalho, Les actes attaquables, in: Le contentieux administratif, 2013, S. 77 ff., 109, mit Bezug auf die Praxis des BVGer; Jérôme Candrian, Introduction à la procédure administrative fédérale, 2013, Rz. 38). Schützenswerte Rechtspositionen ergeben sich im Kontext von Art. 25a VwVG vor allem aus Grundrechten; einzubeziehen sind aber auch rechtlich geschützte Interessen aus anderen Rechtstiteln (Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., Rz. 369; Häner, a.a.O., N. 19 zu Art. 25a VwVG; Weber-Dürler, a.a.O., N. 21 f. zu Art. 25a VwVG; vgl. Urteil 2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E. 4.4.5).
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4.4. Mit der gesetzlichen Umschreibung des Rechtsschutzinteresses soll angemessener Rechtsschutz im Bereich der Realakte sichergestellt werden, ohne Bagatellfälle dem Rechtsschutz zuzuführen und damit den abschüssigen Weg hin zur "Popularnörgelei" (Fritz Gygi, Ein gesetzgeberischer Versuch zur Lösung des Problems des Klagerechtes im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsprozess, Archiv des öffentlichen Rechts [AöR] 1963 S. 411 ff., 413) zu beschreiten.
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4.5. Entgegen einem Teil der Lehre fügt sich Art. 25a VwVG und namentlich das Kriterium des "Berührtseins in Rechten oder Pflichten" in die Ordnung des VwVG ein (a.M. insb. Weber-Dürler, a.a.O., N. 19 zu Art. 25a VwVG; daran anschliessend Daniela Thurnherr, Verfahrensgrundrechte und Verwaltungshandeln, 2013, Rz. 759; Tschopp-Christen, a.a.O., S. 118 ff.). Die gesetzliche Umschreibung des Rechtsschutzinteresses darf nicht einzig an der Parteistellung (Art. 6 VwVG) und dem (Dritt-) Beschwerderecht (Art. 48 VwVG) gemessen werden, die ein schutzwürdiges faktisches Interesse ausreichen lassen (oben E. 4.2; BGE 108 Ib 92 E. 3b/bb S. 93 ff.; 97 I 591 E. 2 S. 592 f.). Dabei fiele ausser Betracht, dass das Verwaltungsverfahren nach überkommener Konzeption auf die Verfügung nach Art. 5 VwVG ausgerichtet ist (Art. 1 VwVG) : Liegt keine Verfügung vor, so besteht kein Verwaltungsrechtsschutz, weder für diejenigen, deren Rechte und Pflichten berührt sind, noch für Dritte.
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4.6. Schützenswerte Rechtspositionen für die Anwohner ergeben sich vorliegend aus der Kernenergiegesetzgebung. Sie bezweckt insbesondere den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergie (Art. 1 KEG; Peter Hettich, Kooperative Risikovorsorge, 2014, Rz. 390 ff.). Das Gesetz verfolgt gemäss bundesrätlicher Botschaft grösstenteils polizeiliche Schutzziele, wobei der Schutz von Mensch und Umwelt "oberstes Gebot" ist (Botschaft KEG, BBl 2001 2754 Ziff. 8.1.1). Zentral hierfür ist die in Art. 4 Abs. 1 KEG enthaltene Verpflichtung, gegen eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe sowie gegen eine unzulässige Bestrahlung von Personen im Normalbetrieb und bei Störfällen Vorsorge zu treffen (Botschaft KEG, BBl 2001 2758 Ziff. 8.2.1; BGE 139 II 185 E. 11.1 S. 207). Die im Sinne der Vorsorge zu treffenden Vorkehren nach Art. 4 Abs. 3 KEG dienen nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch den Anwohnern, die durch das Kernkraftwerk und das dadurch geschaffene Gefährdungspotenzial besonders betroffen sind.
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4.7. Die genannte Rechtsprechung trägt dazu bei, dem materiellen Recht zum Durchbruch zu verhelfen und damit Rechtsschutzlücken zu vermeiden. Wenn aufgrund des grossen Gefährdungspotenzials von Kernkraftwerken bereits kleine Eintrittswahrscheinlichkeiten ein Handeln der Aufsichtsbehörden erfordern (Art. 4 Abs. 3 KEG; BGE 139 II 185 E. 11 S. 207 ff.; Botschaft Kernenergiegesetz, 2758 f. Ziff. 8.2.1; allgemein Hansjörg Seiler, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl., Stand: 2000, N. 76 zu Art. 29a USG), wäre es nicht sachgerecht, die Schwelle für die Öffnung des Rechtsweges ohne triftige Gründe höher anzulegen. Ansonsten würden Drittbeschwerden im Vorsorgebereich nach Art. 4 KEG praktisch ausgeschlossen und dieser in weitem Umfang von gerichtlicher Kontrolle freigestellt (vgl. allgemein Brigitte Fasel, La précaution en matière de santé publique, démarche ou principe?, 2011, S. 117, 187 f.; ferner bereits Rudolf Steinberg, Der ökologische Verfassungsstaat, 1998, S. 307 ff.). In gleicher Stossrichtung hat das Bundesgericht festgehalten, der Perimeter der Beschwerdeberechtigung bei neuen Technologien mit schwer abschätzbaren Gefahren dürfe nicht zu eng gezogen werden (BGE 129 II 286 E. 4.3.2 S. 293; vgl. ferner BGE 120 Ib 379 E. 4c S. 387 f.; Alain Griffel, Die Grundprinzipien des schweizerischen Umweltrechts, 2001, Rz. 179; Fabia JUNGO, Le principe de précaution en droit de l'environnement suisse, 2012, S. 308 ff.).
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4.8. Grundrechtliche Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis, wobei mit der Vorinstanz namentlich das Recht auf Leben (Art. 10 Abs. 1 BV) und die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) zu erwähnen sind. Besonders bei modernen Technologien mit hohem Gefährdungspotenzial wächst das Bedürfnis nach vorsorgenden Schutzmassnahmen des Staates ( RAINER J. SCHWEIZER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 35 f. zu Art. 10 BV u. N. 14 zu Art. 35 BV; siehe auch MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 53 f.; WALTER HALLER, Persönliche Freiheit, in: Kommentar zur aBV, Stand: 1987, Rz. 111; PATRICIA EGLI, Drittwirkung von Grundrechten, 2002, S. 300; ALEXANDER RUCH, Regulierungsfragen der Gentechnologie und des Internet, ZSR 2004 II S. 373 ff., 394 f.). Beispielhaft hierfür sind Kernkraftwerke, bei denen das sehr grosse Gefährdungspotenzial anerkannt ist (BGE 139 II 185 E. 11.4 S. 210).
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4.9. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verpflichtet die Staaten, im Umgang mit gefährlichen Aktivitäten frühzeitig für die Einhaltung der Konventionsgarantien zu sorgen und nicht erst bei erfolgter, potenziell irreversibler Gesundheitsschädigung zu handeln (Katharina Braig, Umweltschutz durch die Europäische Menschenrechtskonvention, 2013, S. 201 ff.; Keller/Cirigliano, Grundrechtliche Ansprüche an den Service Public: Am Beispiel der italienischen Abfallkrise, URP 2012 S. 831 ff.). Im Urteil di Sarno und andere gegen Italien vom 10. Januar 2012 (Nr. 30765/08) führte der Gerichtshof mit Blick auf Art. 8 EMRK aus, die Staaten seien namentlich bei gefährlichen Tätigkeiten verpflichtet, eine den Umständen angepasste Regelung zu erlassen, die der Besonderheit der Tätigkeit und insbesondere dem Mass der sich aus ihr möglicherweise ergebenden Gefahr entspreche (§ 106). Diese Regelung müsse sich auf die Genehmigung, die Aufnahme, den Betrieb, die Sicherheit und die Kontrolle der jeweiligen Tätigkeit beziehen und alle Beteiligten zu angemessenen praktischen Massnahmen verpflichten, um einen wirksamen Schutz der Bürger zu garantieren, deren Leben den vom Betrieb verursachten Gefahren ausgesetzt sei (vgl. dazu sinngemäss Urteil des EGMR Öneryildiz gegen Türkei vom 30. November 2004 [Nr. 48939/99], Recueil CourEDH 2004-XII S. 1 § 90 [zu Art. 2 EMRK]). Im Urteil Hardy und Maile gegen Vereinigtes Königreich vom 14. Februar 2012 (Nr. 31965/07) war eine Beschwerde von Anwohnern gegen den Bau einer Hafenanlage zu beurteilen, in der u.a. Flüssigerdgas umgeladen werden sollte. Dabei erstreckte der EGMR den Schutzbereich von Art. 8 EMRK auf die Risikovorsorge und zog mögliche (potenzielle) Störfälle mit ein (§ 187 ff.). Daran anschliessend formulierte der EGMR Beteiligungs- und Informationsrechte der betroffenen Personen (§ 217 ff.) und der Öffentlichkeit (§ 245 ff.). Solche abgestuften Beteiligungs- und Informationsrechte sind auch der Aarhus-Konvention zu entnehmen (vgl. Art. 4 ff. des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten [Aarhus-Konvention; SR 0.814.07]).
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5. |
5.1. Die Beschwerdegegner leben in den Notfallplanungszonen 1 und 2 um das KKW Mühleberg (vgl. Art. 3 der Verordnung vom 20. Oktober 2010 über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen [Notfallschutzverordnung, NFSV; SR 732.33]). Die Notfallplanungszone 1 umfasst das Gebiet um eine Kernanlage im Umkreis von 3 bis 5 Kilometer, in dem bei einem schweren Störfall eine Gefahr für die Bevölkerung entstehen kann, die Schutzmassnahmen sofort erforderlich macht (Art. 3 Abs. 1 lit. a und Anhang 2 NFSV). Zumindest für Anwohner in diesem Gebiet ist gemäss der Rechtsprechung die Befugnis zur Teilnahme am KKW-Bewilligungsverfahren anerkannt (oben E. 4.6; statt aller VPB 42 [1978] Nr. 96 S. 422 ff., 430 f.). In der Folge sind die Anwohner der Notfallplanungszone 1 auch befugt, eine Verfügung über aufsichtsrechtliche Realakte des ENSI zu verlangen, wenn die nukleare Sicherheit des KKW Mühleberg auf dem Spiel steht. Da die Beschwerdegegner gemeinsam auftreten und zumindest einer von ihnen ein genügendes Rechtsschutzinteresse aufweist, hat die Vorinstanz das Rechtsschutzinteresse des in der Notfallplanungszone 2 lebenden Beschwerdegegners nicht abschliessend geprüft.
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5.2. |
5.2.1. Das ENSI bringt vor, das Rechtsschutzinteresse sei nicht nach Massgabe des vom Kernkraftwerk (gesamthaft) ausgehenden Risikos zu bemessen, sondern nach Massgabe der Risikorelevanz der konkret infrage stehenden Aufsichtshandlung festzulegen. Vorliegend fehle es an einer legitimationsbegründenden Risikoerhöhung. Der Sicherheitsnachweis betreffe mit dem 10'000-jährlichen Hochwasser ein ausserordentlich seltenes Extremereignis und die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem solchen Ereignis auf mobile Pumpen zurückgegriffen werden müsse, sei sehr klein und könne nahezu ausgeschlossen werden. Auch hätten die mobilen und unklassierten Einrichtungen nicht per se eine geringere Zuverlässigkeit als ein klassiertes System.
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5.2.2. Eine durch ein Naturereignis ausgelöste externe Überflutung bildet einen Störfall mit Ursprung ausserhalb der Anlage, wobei für den Nachweis des ausreichenden Schutzes Gefährdungen mit einer Häufigkeit grösser gleich 10-4 zu berücksichtigen und zu bewerten sind (Art. 8 der Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 [KEV; SR 732.11] und Art. 5 Gefährdungsannahmenverordnung). In der Folge der Ereignisse von Fukushima forderte das ENSI die Betreiberin des KKW Mühleberg auf, die Auslegung bezüglich Erdbeben und Überflutung unverzüglich zu überprüfen und namentlich den deterministischen Nachweis der Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers zu führen (Art. 2 Abs. 1 lit. d der Verordnung des UVEK vom 16. April 2008 über die Methodik und die Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien für die vorläufige Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken [SR 732.114.5; nachfolgend: Ausserbetriebnahmeverordnung]; vgl. BGE 139 II 185 E. 11.7 S. 214 f.). Ergibt die Überprüfung, dass die Dosisgrenzwerte nach Art. 94 Abs. 3-5 und Art. 96 Abs. 5 der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (StSV; SR 814.501) nicht eingehalten werden, ist das Kernkraftwerk unverzüglich vorläufig ausser Betrieb zu nehmen und nachzurüsten (Art. 22 Abs. 3 KEG; Art. 44 Abs. 1 lit. a KEV; Art. 3 Ausserbetriebnahmeverordnung).
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5.2.3. Gegenstand des Gesuchs der Beschwerdegegner ist der Sicherheitsnachweis für das Beherrschen eines Auslegungsstörfalls. Ohne diesen Nachweis ist die nukleare Sicherheit des KKW Mühleberg nicht (mehr) gewährleistet. An der Kontrolle der Aufsichtstätigkeit im Bereich der Sicherheitsüberprüfung besteht ein ausgewiesenes Rechtsschutzinteresse (oben E. 3.4). Dabei kann der Rechtsschutz bei Drittbeschwerden nicht deswegen versagt werden, weil der zu beurteilende Störfall (10'000-jährliches Hochwasser) nur selten eintritt. Ansonsten würde der Bereich der gesetzlichen Störfallvorsorge und damit ein zentraler Baustein der Gewährleistung der nuklearen Sicherheit von der gerichtlichen Kontrolle weitgehend freigestellt (oben E. 4.7). Ebenso wenig kann das Rechtsschutzinteresse isoliert auf die Risikorelevanz der einzelnen strittigen Schutzmassnahme eingeengt werden. Denn diese Massnahme - die Einspeisung mit mobilen Pumpen - ist Bestandteil eines umfassenden Konzepts der Sicherheitsvorsorge, das durch hintereinander gestaffelte und voneinander unabhängige Sicherheitsmassnahmen die Kühlwasserversorgung bei einem 10'000-jährlichen Hochwasser gewährleisten soll (vgl. allgemein zum Konzept der gestaffelten Sicherheitsvorsorge ["Defence-in-Depth"] Art. 18 Ziff. I des Übereinkommens vom 17. Juni 1994 über nukleare Sicherheit [SR 0.732.020]; Art. 5 Abs. 1 KEG; Art. 1 lit. c Gefährdungsannahmenverordnung). Die Beschwerdegegner haben demnach ein schutzwürdiges Interesse daran, dass überprüft wird, ob der Sicherheitsnachweis für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers erbracht ist und damit die auch ihrem Schutz dienenden Normen zur Störfallvorsorge eingehalten werden.
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5.3. Aus dem Gesagten folgt, dass die strittigen Eintretensvoraussetzungen des schutzwürdigen Interesses und des Berührtseins in Rechten oder Pflichten erfüllt sind. Entsprechend ist der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen, wonach das Gesuch um Erlass einer Verfügung über den beanstandeten aufsichtsrechtlichen Realakt des ENSI materiell zu beurteilen ist.
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6. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1.
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2.
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3.
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4.
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Lausanne, 11. April 2014
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Egli
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