BGer 5A_354/2012
 
BGer 5A_354/2012 vom 26.06.2014
{T 1/2}
5A_354/2012, 5A_374/2012
 
Urteil vom 26. Juni 2014
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann,
Gerichtsschreiber Zingg.
 
Verfahrensbeteiligte
1. Daniel L.  Vasella,
2.  Novartis AG,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Michèle Forster,
Beschwerdeführer im Verfahren 5A_354/2012 und Beschwerdegegner im Verfahren 5A_374/2012,
gegen
1. Erwin  Kessler,
2.  Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT),
beide vertreten durch Rechtsanwalt Rolf W. Rempfler,
Beschwerdegegner im Verfahren 5A_354/2012 und Beschwerdeführer im Verfahren 5A_374/2012.
Gegenstand
Persönlichkeitsverletzung,
Beschwerden gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 1. Dezember 2011.
 
Sachverhalt:
A. Erwin Kessler ist Präsident des Vereins gegen Tierfabriken Schweiz (VgT). Daniel L. Vasella war Vorsitzender der Geschäftsleitung (bis 2010) und Verwaltungsratspräsident (bis 2013) der Novartis AG. In der Nacht auf den 3. August 2009 verübten unbekannte Täter - mutmasslich militante Tierschützer - einen Brandanschlag auf das Jagdhaus von Daniel L. Vasella im Tirol.
1. Es steht mir und dem VgT.ch nicht zu, Aktionen anderer Tierschutzorganisationen, mit denen wir nichts zu tun haben, zu bewerten.
2. Insbesondere distanzieren wir uns nicht eiligst und gehorsamst von Aktionen anderer Tierschutzorganisationen, über die wir wenig oder nichts Gesichertes wissen, bloss um uns bei den Machthabenden beliebt zu machen.
3. Etwas zu kommentieren und zu bewerten, über das man gar nicht genau und zuverlässig informiert ist und mit dem man nichts zu tun hat, ist unseriös. Der VgT ist eine seriöse Tierschutzorganisation.
4. Wir stellen in diesem Zusammenhang jedoch ganz allgemein fest: Novartis und ihr Chef-Abzocker Vasella sind für Millionen schrecklicher Tierversuche und Misshandlungen von Versuchstieren verantwortlich, und diese Tatsache kommt erst jetzt in den Medien zur Sprache, nachdem es in diesem Zusammenhang gewalttätige Anschläge gegeben hat. Gewaltfreie Verlautbarungen dazu finden dagegen in den meisten Medien kaum ein Echo, ja es werden sogar tierversuchs-kritische Inserate unterdrückt wegen der grossen wirtschaftlichen Macht der Pharma- und Tierversuchsindustrie.
5. Weiter stellen wir fest: Die schlimmsten von uns aufgedeckten Missstände und die schlimmsten Tierfolterungen in den Labors der Pharma- und Tierversuchsindustrie finden nicht solche Publizität wie diese Anschläge gegen Novartis und Vasella, bei denen - wenn wir richtig informiert sind - niemand verletzt oder getötet wurde. Das Massenverbrechen von Vasella und Konsorten an Milliarden wehrlosen Versuchstieren interessiert diejenigen nicht, welche jetzt heuchlerisch Empörung über diese Anschläge zeigen - der übliche menschlich-arrogante, anthropozentrische Egoismus. Diese Diskriminierung des nichtmenschlichen Leidens ist zutiefst unethisch (siehe www.vgt.ch/doc/tier-mensch-vergleich/index.htm ).
6. Wenn Tierschützer ein leerstehendes Jagdhaus anzünden, sind sie Terroristen. Als Tierquäler vor drei Jahren mit Benzin meinHaus anzündeten ( Brandanschlag auf das Haus von VgT-Präsident Erwin Kessler), interessierte das die Medien kaum, und die Thurgauer Justiz weigerte sich sogar, ein Phantombild des Täters, der von zwei Zeugen gesehen wurde, zu erstellen. 1996 überlebte der bekannte Tierfilmer Manfred Karremann, der als erster die grauenhaften Zustände der Schlachttiertransporte in der EU bekannt gemacht hatte, einen Mordanschlag. Nicht überlebt hat ein niederländischer Veterinärbeamter, der von der Fleischmafia auf offener Strasse erschossen wurde, weil er nicht zu allen Missständen schwieg. Mir selber wurde schon unzählige male angedroht, ich würde erschossen.
Was "Terrorismus" ist, hängt offenbar nicht von den Taten ab, sondern davon, wer gegen wen Gewalt ausübt. Ich bin halt nicht Vasella, ist mir schon klar, und ich bin glücklich, dass ich nicht Vasella bin. Auf seine mit Massenverbrechen an Tieren gescheffelten Millionen verzichte ich gerne.
Novartis Forschungs-Chef Paul Herrling: "Einmal wurden uns Pistolenkugeln nach Hause geschickt, dann wurde ich als Pädophiler verleumdet." Kenn ich alles auch, Paul, von Eurer Tierquäler-Lobby. Einem Tierquäler musste kürzlich gerichtlich verboten werden, mich als Pädophiler zu verleumden, und hör dir mal diese Tierquälerstimmen an. Aber eben: Terrorismus ist es erst, wenn das gleiche von Tierschützern gegen euch Tierquäler gerichtet ist. »
B. Daniel L. Vasella und die Novartis AG (Kläger bzw. Kläger 1 und Klägerin 2) erhoben am 24. November 2009 am Bezirksgericht Münchwilen Klage gegen Erwin Kessler und den VgT (Beklagte bzw. Beklagter 1 und Beklagter 2). Sie beantragten, die Beklagten unter Androhung der Bestrafung gemäss Art. 292 StGB zu verpflichten, einzelne Passagen in den beiden Artikeln zu löschen. Es sei ihnen unter Strafandrohung unter anderem zu verbieten, die Kläger als Tierquäler oder Massenverbrecher zu bezeichnen und zu behaupten, sie würden sich mit Massenverbrechen an Tieren bereichern. Sie verlangten ausserdem die Publikation des Urteils auf der Website des VgT und in drei Tageszeitungen (Tagesanzeiger, Mittelland-Zeitung, Basler Zeitung) sowie eine Genugtuung von je Fr. 10'000.-- nebst Zins.
- Ziff. 1 lit. A Lemma 1 Rechtsbegehren: « Novartis und ihr Chef-Abzocker Vasella sind für Millionen schrecklicher Tierversuche und Misshandlungen von Versuchstieren verantwortlich, und diese Tatsache kommt erst jetzt in den Medien zur Sprache, nachdem es in diesem Zusammenhang gewalttätige Anschläge gegeben hat. »
- Ziff. 1 lit. A Lemma 2 Rechtsbegehren: « Das Massenverbrechen von Vasella und Konsorten an Milliarden wehrlosen Versuchstieren interessiert diejenigen nicht, welche jetzt heuchlerisch Empörung über diese Anschläge zeigen - der übliche menschlich-arrogante, anthropozentrische Egoismus. »
- Ziff. 1 lit. A Lemma 3 Rechtsbegehren: « Ich bin halt nicht Vasella, ist mir schon klar, und ich bin glücklich, dass ich nicht Vasella bin. Auf seine mit Massenverbrechen an Tieren gescheffelten Millionen verzichte ich gerne. »
- Ziff. 1 lit. A Lemma 4 Rechtsbegehren: « Novartis Forschungs-Chef Paul Herrling: "Einmal wurden uns Pistolenkugeln nach Hause geschickt, dann wurde ich als Pädophiler verleumdet." Kenn ich alles auch, Paul, von Eurer Tierquäler-Lobby. Einem Tierquäler musste kürzlich gerichtlich verboten werden, mich als Pädophiler zu verleumden, und hör dir mal diese Tierquälerstimmen an. Aber eben: Terrorismus ist es erst, wenn das gleiche von Tierschützern gegen euch Tierquäler gerichtet ist. »
Zudem verbot das Bezirksgericht den Beklagten unter Hinweis auf Art. 292 StGB, « sich Dritten gegenüber sinngemäss wie folgt zu äussern: [1. Lemma] der Kläger 1 und/oder die Klägerin 2 seien Tierquäler, [2. Lemma] der Kläger 1 und/oder die Klägerin 2 seien Massenverbrecher, [3. Lemma] der Kläger 1 und/oder die Klägerin 2 bereicherten sich mit Massenverbrechen an Tieren». Schliesslich verpflichtete es die Beklagten, den Entscheid im Dispositiv innert zehn Tagen nach Rechtskraft während eines Jahres auf der Homepage des VgT zu veröffentlichen. Im Übrigen wies das Bezirksgericht die Klage ab.
C. Gegen diesen Entscheid erhoben Erwin Kessler und der VgT am 4. April 2011 Berufung. Sinngemäss ersuchten sie darum, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurückzuweisen, allenfalls die Klage abzuweisen. Daniel L. Vasella und die Novartis AG erhoben kein Rechtsmittel.
- Ziff. 1 lit. A Lemma 2 Rechtsbegehren: « Das Massenverbrechen von Vasella und Konsorten an Milliarden wehrlosen Versuchstieren interessiert diejenigen nicht ... »
- Ziff. 1 lit. A Lemma 3 Rechtsbegehren: « Ich bin halt nicht Vasella, ist mir schon klar, und ich bin glücklich, dass ich nicht Vasella bin. Auf seine mit Massenverbrechen an Tieren gescheffelten Millionen verzichte ich gerne. »
Dispositiv-Ziffer 3 lautet wie folgt:
 
D.
D.a. Gegen diesen Entscheid haben Daniel L. Vasella und die Novartis AG am 14. Mai 2012 Beschwerde in Zivilsachen erhoben (Verfahren 5A_354/2012). Sie beantragen, das angefochtene Urteil in Bezug auf die Klageabweisung und die Kostenverteilung (Dispositiv-Ziff. 6 und 7) aufzuheben und ihre Klage im selben Umfang gutzuheissen, wie sie vom Bezirksgericht gutgeheissen worden ist.
D.b. Am 15. Mai 2012 haben auch Erwin Kessler und der VgT Beschwerde in Zivilsachen gegen den obergerichtlichen Entscheid erhoben (Verfahren 5A_374/2012). Sie beantragen die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 2, 3, 4 und 7 des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage.
- Ziff. 1 lit. A Lemma 2 Rechtsbegehren: « Das - nicht im strafrechtlichen, sondern im moralisch-ethischen Sinne zu verstehende - Massenverbrechen von Vasella und Konsorten an Milliarden wehrlosen Versuchstieren interessiert diejenigen nicht ... »
- Ziff. 1 lit. A Lemma 3 Rechtsbegehren: « Ich bin halt nicht Vasella, ist mir schon klar, und ich bin glücklich, dass ich nicht Vasella bin. Auf seine mit - nicht im strafrechtlichen, sondern im moralisch-ethischen Sinne zu verstehenden - Massenverbrechen an Tieren gescheffelten Millionen verzichte ich gerne. »
Es sei den Beklagten demgemäss unter Straffolge zu verbieten, den Klägern gegenüber Dritten Massenverbrechen an Tieren vorzuwerfen, ohne zugleich ausdrücklich klarzustellen, dass dieser Vorwurf nicht im strafrechtlichen, sondern im moralisch-ethischen Sinne zu verstehen ist.
D.c. Mit Verfügung vom 16. August 2012 hat das Bundesgericht das Ablehnungsgesuch gegen Bundesrichterin Hohl abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. In den beiden Verfahren 5A_354/2012 und 5A_374/2012 wird dasselbe Urteil angefochten und es werden Rechtsfragen aufgeworfen, die zusammen behandelt werden müssen. Die beiden Verfahren sind zu vereinigen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 3 BZP [SR 273] e contrario).
1.2. Die beiden Beschwerden in Zivilsachen sind grundsätzlich zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art. 75, Art. 76 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG). Auf formelle Einzelfragen ist im Sachzusammenhang einzugehen.
2. In den vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um die persönlichkeitsrechtliche Beurteilung (Art. 28 ff. ZGB) verschiedener Begriffe, die die Beklagten im Artikel vom 5. August 2009 auf die Kläger angewandt haben. Einerseits handelt es sich um die Ausdrücke "Misshandlungen von Versuchstieren" und "Tierquäler" (Verfahren 5A_354/2012; unten E. 4.2), andererseits um den Begriff "Massenverbrechen an (Versuchs-) Tieren" (Verfahren 5A_374/2012; unten E. 4.3). Nicht Gegenstand der vorliegenden Verfahren ist der Artikel vom 15. August 2009 (dazu aus strafrechtlicher Sicht Urteil 6B_422/2012 vom 25. April 2013 E. 4).
3. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Widerrechtlich ist eine Verletzung, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Vom Gesetzeswortlaut her ist jede Persönlichkeitsverletzung widerrechtlich, wenn kein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Praxisgemäss ist in zwei Schritten zu prüfen, ob (1.) eine Persönlichkeitsverletzung und (2.) ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (BGE 136 III 410 E. 2.2.1 S. 412 f. mit Hinweisen).
 
4.
4.1. Massgebend für die Frage, ob die umstrittenen Äusserungen die Persönlichkeitsrechte der Kläger verletzen, ist - wie soeben gesagt - das Verständnis des Durchschnittslesers.
4.2. Zunächst ist die Frage zu behandeln, ob die Verwendung der Begriffe "Tierquäler" und "Misshandlungen von Versuchstieren" im Artikel vom 5. August 2009 persönlichkeitsverletzend ist. Das Obergericht hat dies zu Recht verneint.
4.2.1. Gemäss Duden bedeutet Tierquälerei "unnötiges Quälen, rohes Misshandeln von Tieren" ( www.duden.de, Stichwort "Tierquälerei"). Dies deckt sich mit dem Begriff der "Misshandlung von Tieren". Der Duden definiert den Begriff "misshandeln" mit der Umschreibung "einem Menschen, einem Tier in roher, brutaler Weise körperlichen (und seelischen) Schaden zufügen" ( www.duden.de; Stichwort "misshandeln").
4.2.2. Die Beklagten haben demnach durch die Verwendung der umstrittenen Begriffe die Persönlichkeitsrechte der Kläger nicht verletzt. Die Beschwerde im Verfahren 5A_354/2012 ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
4.3. Sodann ist auf den Begriff "Massenverbrechen an (Versuchs-) Tieren" einzugehen. Die Vorinstanz hat die Verwendung dieses Ausdrucks als persönlichkeitsverletzend erachtet. Sie hat darin eine Bezugnahme auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gräueltaten gegen eine Vielzahl von Menschen gesehen, beispielsweise die Verbrechen von Unrechtsregimes wie des Dritten Reichs oder der stalinistischen UdSSR. Die Kläger würden dadurch in die Nähe von Tätern solcher Verbrechen gerückt, worin eine Ehrverletzung liege. Dem kann nicht gefolgt werden.
4.3.1. Der Begriff "Massenverbrechen" selber wird im Artikel durchwegs auf (Versuchs-) Tiere bezogen. An ihnen sollen diese Verbrechen verübt worden sein bzw. immer noch verübt werden. Für den durchschnittlichen Leser ist klar, dass damit die im Text ebenfalls ausdrücklich genannten Tierversuche gemeint sein sollen. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist zugestanden und unbestritten, dass die Kläger über Tochtergesellschaften der Klägerin 2 Tierversuche durchführen bzw. durchführen liessen. Insoweit geht es um ein gemischtes Werturteil: Abstellend auf das unbestrittene Tatsachenelement der Durchführung von Tierversuchen wird dieses Verhalten als "Massenverbrechen" bewertet. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann darin jedoch keine Ehrverletzung erblickt werden. Aus dem Artikel ergibt sich nicht, dass die Kläger in die Nähe der grössten Verbrecher der Menschheitsgeschichte gestellt werden. Der Artikel bringt zum Ausdruck, dass die Beklagten Tierversuche generell ablehnen. Was das Wort "Verbrechen" betrifft, so kann auch der Durchschnittsleser erkennen, dass es nicht um einen strafrechtlichen Vorwurf geht. Es wird nirgends angedeutet, dass sich die Kläger illegal verhalten hätten. Vielmehr sind damit Tierversuche gemeint, die nach der geltenden Rechtsordnung legal durchgeführt werden. Die Beklagten verwenden das Wort demnach in einem übertragenen Sinn. Sie drücken damit aus, dass sie Tierversuche nicht nur ablehnen, sondern für verwerflich und verabscheuungswürdig halten. Mit dem Begriff "Verbrechen" kann umgangssprachlich ausgedrückt werden, dass der Sprecher ein bestimmtes Verhalten für schlimm, abscheulich oder ungerecht hält, ohne dass damit ein juristischer Vorwurf verbunden wäre (vgl. www.duden.de; Stichwort "Verbrechen"). Tierversuche als Verbrechen zu betrachten, entspricht denn auch der sog. egalitaristischen Weltanschauung der Beklagten. Diese Ideologie geht von einer weitgehenden Gleichheit von Mensch und Tier aus und wird im Artikel vom 5. August 2009 etwa mit den Begriffen "anthropozentrischer Egoismus" und "Diskriminierung des nichtmenschlichen Leidens" angedeutet (vgl. Urteil 6B_412/2012 vom 25. April 2013 E. 3.6.3). Durch das Attribut "Massen-" drücken die Beklagten aus, dass dieses "Verbrechen" massenhaft, d.h. in grosser Anzahl, vorgenommen wird. Ein Zusammenhang mit Massenverbrechen an Menschen besteht bei alldem nicht. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Sprachgebrauch der Beklagten von gutem Geschmack zeugt. Vom Durchschnittsleser ist jedoch zu erwarten, dass er den Artikel und die beanstandeten Ausdrücke entsprechend der Weltanschauung der Beklagten einzuordnen weiss. Damit erscheint der Ausdruck "Massenverbrechen an (Versuchs-) Tieren" in den Augen des Durchschnittslesers nicht als Herabsetzung der Kläger, sondern als provokante Qualifizierung von (legalen) Tierversuchen, die die erkennbare ethische und politische Auffassung der Beklagten widerspiegelt.
4.3.2. Die Verwendung des Begriffs "Massenverbrechen an (Versuchs-) Tieren" im Artikel vom 5. August 2009 war auch Gegenstand eines Strafverfahrens. Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat Erwin Kessler vom Vorwurf der Verleumdung (Art. 174 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) freigesprochen (Urteil 6B_412/2012 vom 25. April 2013 E. 3). Die zivilrechtliche Beurteilung des Begriffs "Massenverbrechen" deckt sich somit mit der strafrechtlichen (vgl. auch BGE 125 III 401 E. 3 S. 411).
4.3.3. Die Beschwerde im Verfahren 5A_374/2012 ist demnach gutzuheissen. Es erübrigt sich, auf die zahlreichen Eventualanträge der Beklagten und ihre weiteren Vorbringen insbesondere prozessualer Natur und hinsichtlich der kantonalen Kosten, einzugehen.
5. Bei diesem Ergebnis tragen die Kläger die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Nicht zu berücksichtigen ist das Zwischenverfahren über die Ablehnung von Bundesrichterin Hohl. Über dessen Kosten ist in der Verfügung vom 16. August 2012 befunden worden. Über die Gerichtskosten des kantonalen Verfahrens hat das Obergericht neu zu entscheiden. Die Sache ist zu diesem Zweck an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 67 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Verfahren 5A_354/2012 und 5A_374/2012 werden vereinigt.
2. Die Beschwerde von Daniel L. Vasella und der Novartis AG (5A_354/2012) wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3. Die Beschwerde von Erwin Kessler und des Vereins gegen Tierfabriken Schweiz (5A_374/2012) wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 1. Dezember 2011 wird aufgehoben. Die Klage von Daniel L. Vasella und der Novartis AG wird abgewiesen.
4. Zur Neuverlegung der kantonalen Gerichts- und Parteikosten wird die Angelegenheit an das Obergericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.
5. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden Daniel L. Vasella und der Novartis AG unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
6. Daniel L. Vasella und die Novartis AG haben unter solidarischer Haftbarkeit Erwin Kessler und den Verein gegen Tierfabriken Schweiz (VgT) mit Fr. 12'000.-- zu entschädigen.
7. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Juni 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Zingg