BGer 8C_434/2014
 
BGer 8C_434/2014 vom 19.12.2014
{T 0/2}
8C_434/2014
 
Urteil vom 19. Dezember 2014
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.
 
Verfahrensbeteiligte
1.  A.________,
2.  B.________ AG,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Martin Heuberger,
Beschwerdeführer,
gegen
SOLIDA Versicherungen AG,
Saumackerstrasse 35, 8048 Zürich,
vertreten durch Fürsprecher Martin Bürkle,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 1. April 2014.
 
Sachverhalt:
A. Der 1977 geborene A.________ arbeitete in einem vollen Pensum als Kundenberater bei der Unternehmung C.________ und war dadurch bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana) unter anderem gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Daneben war er im Sinne einer Nebenbeschäftigung seit dem 1. August 2011 bei der Firma B.________ AG im Bereiche des EDV-Supports tätig und dabei bei der SOLIDA Versicherungen AG (im weiteren: Solida) gemäss UVG versichert, als er am 24. September 2011 bei Gartenarbeiten verunfallte. Er zog sich dabei einen Schädelbruch mit Hirnblutungen zu. Beiden Versicherungen wurde der Nichtberufsunfall gemeldet. Mit Verfügung vom 20. August 2012 teilte die Solida A.________ mit, für den Unfall vom 24. September 2011 bestehe keine Deckung, da er bei dieser Versicherung nur für Berufsunfälle versichert sei. Daran hielt die Unfallversicherung auch auf Einsprache) hin fest (Entscheid vom 13. Mai 2013).
B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 1. April 2014 ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lassen A.________ (Beschwerdeführer 1) und die B.________ AG (Beschwerdeführerin 2) die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und die Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen durch die Solida beantragen.
Die Solida schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf Vernehmlassung.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind.
1.2. Im Streit, ob für ein Unfallereignis Versicherungsdeckung besteht, kommt die Ausnahmeregelung des Art. 105 Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2) BGG ungeachtet dessen, dass von der Beurteilung der Streitfrage auch Ansprüche auf Geldleistungen der obligatorischen Unfallversicherung abhängen können, nicht zur Anwendung. Das Bundesgericht kann somit die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüfen (BGE 135 V 412). Demnach legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
1.3. Dem kantonalen Versicherungsgericht steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen). Inwiefern das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis).
2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie für das Unfallereignis vom 24. September 2011, welches unstreitig als Nichtberufsunfall zu qualifizieren ist, eine Leistungspflicht der Solida mangels Versicherungsdeckung verneinte.
2.1. Der Unfallversicherer hat - soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt - die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten zu erbringen (Art. 6 Abs. 1 UVG). Als Berufsunfälle gelten Unfälle, die dem Versicherten bei Arbeiten, die er auf Anordnung des Arbeitgebers oder in dessen Interesse ausführt (Art. 7 Abs. 1 lit. a UVG), während der Arbeitspausen sowie vor und nach der Arbeit, wenn er sich befugterweise auf der Arbeitsstätte oder im Bereiche der mit seiner beruflichen Tätigkeit zusammenhängenden Gefahren aufhält (Art. 7 Abs. 1 lit. b UVG), zustossen. Alle anderen Unfälle, bei denen keines dieser genannten Kriterien erfüllt ist, fallen unter den Begriff des Nichtberufsunfalls (Art. 8 Abs. 1 UVG). Nur Teilzeitbeschäftigte, deren wöchentliche Arbeitszeit bei einem Arbeitgeber mindestens acht Stunden beträgt, sind auch gegen Nichtberufsunfälle versichert (Art. 7 Abs. 1 und 2 UVG i.V.m. Art. 13 UVV).
2.2. Ist die versicherte Person infolge des Unfalles voll oder teilweise arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG), so hat sie gestützt auf Art. 16 Abs. 1 UVG Anspruch auf ein Taggeld, welches gemäss Art. 17 Abs. 1 UVG bei voller Arbeitsunfähigkeit 80 % des versicherten Verdienstes beträgt und bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit entsprechend gekürzt wird. Taggelder und Renten werden nach dem versicherten Verdienst bemessen (Art. 15 Abs. 1 UVG). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfallereignis bezogene Lohn (Art. 15 Abs. 2 erster Teilsatz UVG). Nach Art. 15 Abs. 3 UVG erlässt der Bundesrat Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen. Gestützt auf diese Delegation wird in Art. 23 Abs. 5 UVV für Versicherte, welche vor dem Unfall bei mehr als einem Arbeitgeber tätig waren, der Gesamtlohn als massgebend erklärt.
3. Zu prüfen ist die Frage, ob der Beschwerdeführer 1 während mindestens acht Stunden in der Woche bei der B.________ AG tätig und damit bei der Solida auch für die Folgen von Nichtberufsunfällen versichert war. Darüber hinaus ist umstritten, ob für die Bemessung des versicherten Verdienstes für Taggeld überhaupt relevant ist, ob der Beschwerdeführer 1 sowohl bei der Helsana als auch bei der Solida gegen Nichtberufsunfälle versichert war.
4. Die Beschwerdeführer bringen vor, gemäss Art. 23 Abs. 5 UVV sei für die Bemessung des versicherten Verdienstes für Taggeld der Gesamtlohn beider Arbeitgeber massgebend. Dies gelte unabhängig davon, ob er bei beiden Arbeitgebern auch gegen die Folgen von Nichtberufsunfällen versichert gewesen sei. Dieses Argument ist vorab zu prüfen, da bei dessen Bejahung die Frage nach den vom Beschwerdeführer geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden offenbleiben kann.
4.1. War die versicherte Person bei mehr als einem Arbeitgeber beschäftigt, so ist gemäss Art. 23 Abs. 5 UVV der Gesamtlohn massgebend. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeiten bei unterschiedlichen Versicherungsträgern versichert sind. Indessen gilt rechtsprechungsgemäss, dass nur Löhne, auf welchen Beiträge zur Finanzierung des versicherten Risikos erhoben worden sind, zum massgebenden Lohn gehören (BGE 126 V 26 E. 3c S. 29; ALFRED MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 2. Aufl. 1989, S. 328). Dies ist namentlich bei Nichtberufsunfällen von Bedeutung, wenn die versicherte Person neben ihrer Haupterwerbstätigkeit noch eine Nebenerwerbstätigkeit im Umfang von weniger als acht Stunden ausübt. Diesfalls ist bei der Bemessung des versicherten Verdienstes lediglich das Einkommen aus der Haupterwerbstätigkeit massgebend ( ANDRÉ PIERRE HOLZER, Der versicherte Verdienst in der obligatorischen Unfallversicherung, SZS, 54/2010 S. 218).
4.2. Angesichts der dargelegten Rechtsprechung bleibt für die in der Beschwerde vorgebrachte Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen kein Raum. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bundesrat in seiner Botschaft vom 30. Mai 2008 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (BBl 2008 5395) unter anderem vorgeschlagen hatte, dass - in Konkretisierung und Ergänzung von Art. 15 UVG - für die Bemessung der Taggelder und Renten künftig der bei allen Arbeitgebern erzielte Gesamtlohn massgebend sein soll. Dies gelte unabhängig davon, ob bei allen eine Nichtberufsunfallversicherung bestehe und ob eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit ausgeübt werde, für welche eine freiwillige Versicherung bestehe. Wie das Bundesgericht in BGE 139 V 148 E. 724 S. 158 bereits ausführte, war schon im Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht absehbar, ob das Gesetz tatsächlich in diesem Sinne abgeändert werde. Inzwischen hat der Bundesrat mit Datum vom 19. September 2014 eine Zusatzbotschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung erlassen (BBl 2014 7911). Darin wird unter anderem beantragt, den erwähnten Entwurf gemäss Botschaft vom 30. Mai 2008 abzuschreiben. Im neuen Entwurf wird von einem Antrag zu Art. 15 UVG abgesehen. Damit besteht auch für das Bundesgericht kein Anlass, von seiner ständigen Rechtsprechung abzuweichen. Art. 23 Abs. 5 UVV gilt demnach in Nachachtung des Äquivalenzprinzipes nur für Einkommen, für welche eine Versicherungsdeckung besteht. Bei einem Nichtberufsunfall wie dem Vorliegenden ist dafür - wie dargelegt (E. 2.1) - vorausgesetzt, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers mindestens acht Stunden beträgt (Art. 13 Abs. 1 UVV).
5. Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer 1 bei der B.________ AG während mindestens acht Stunden in der Woche gearbeitet hatte.
5.1. Die Vorinstanz hat nach eingehender Würdigung der gesamten Aktenlage erkannt, es sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der Verunfallte während mindestens acht Stunden pro Woche für die genannte Firma gearbeitet habe. Demgegenüber stellen sich die Beschwerdeführer auf den Standpunkt, das kantonale Gericht habe zu Unrecht nicht auf die Angaben in der Schadenmeldung UVG vom 7. Oktober 2011 abgestellt, wonach der Verunfallte zu einem Grad von 20 % beschäftigt sei. Dies habe den vertraglichen Abmachungen entsprochen. Die Angaben im Fragebogen vom 21. Oktober 2011 - wöchentliche Arbeitszeit von 5 bis 6 Stunden - habe er nicht selbst gemacht, sondern die Angaben seiner Ehefrau bloss unterzeichnet. Wegen seines damaligen Gesundheitszustandes sei ihm zuzugestehen, dass er damals geschäftsunfähig gewesen sei, weshalb die gemachten Angaben nicht übernommen werden dürften.
5.2. Die Tatsachenfeststellung des kantonalen Gerichts, dass sich weder aus der Aktenlage noch aus den Ausführungen der Parteien eruieren lasse, ob der Beschwerdeführer 1 tatsächlich während acht Stunden pro Woche für die Beschwerdeführerin 2 gearbeitet habe, womit die Beschwerdeführer die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen hätten, ist im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (E. 1.2 und 1.3 hievor). Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorinstanzlichen Verfahren im Recht gelegenen Berichte neu zu würdigen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts zu korrigieren.
 
5.3.
5.3.1. Die Einwände der Beschwerdeführer wiederholen in weiten Teilen das schon vor dem kantonalen Gericht Vorgebrachte und beinhalten darüber hinaus eine unzulässige appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Diese kann zum vornherein nicht beachtet werden (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), da sie nicht geeignet ist, die vorinstanzlichen Feststellungen als offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.
5.3.2. Entgegen der Darstellung in der Beschwerde hat das kantonale Gericht nicht einzig auf die Angaben im Fragebogen vom 21. Oktober 2011 abgestellt und dabei die Schadenmeldung vom 7. Oktober 2011 ausser Acht gelassen. Vielmehr hat es eingehend begründet dargelegt, dass hinsichtlich der Anzahl Stunden, die der Verunfallte wöchentlich bei der Firma seines Vaters gearbeitet hatte, keine widerspruchsfreien Äusserungen vorliegen. Diese Feststellungen sind nicht aktenwidrig. Auch aus der Schadenmeldung können keine Angaben über wöchentliche Arbeitsstunden entnommen werden. Es ist lediglich vermerkt, der Arbeitnehmer arbeite "ca. 20 %" für die B.________ AG. Später äusserte sich der Vater des Beschwerdeführers 1 als Firmeninhaber der Beschwerdeführerin 2 gegenüber der Helsana am 7. November 2011 dahin gehend, sein Sohn habe im Rahmen von 25 bis 30 % für die B.________ AG gearbeitet. Schliesslich konnte der Vater des Verunfallten am 8. November 2011 gar keine Angaben über die geleisteten Arbeitsstunden machen, weil darüber keine vertraglichen Abmachungen getroffen worden seien und auch keine Abrechnungen über geleistete Stunden vorliegen würden. Die Vorinstanz hat sich mit allen Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt und diese gewürdigt. Sie durfte ob dieser widersprüchlichen Angaben den Schluss ziehen, es sei nicht rechtsgenüglich erhärtet, dass der Verunfallte wöchentlich mindestens während acht Stunden für die B.________ AG gearbeitet hatte. Jedenfalls ist eine entsprechende Feststellung und die daraus gezogene Schlussfolgerung weder offensichtlich unrichtig noch eine Missachtung des dem kantonalen Gericht zustehenden Ermessensspielraumes. Damit bestand für das Unfallereignis vom 24. September 2011 keine Deckung bei der Solida, weshalb diese auch keine Versicherungsleistungen zu erbringen hat.
6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Dezember 2014
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Leuzinger
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer