BGer 2C_49/2014 |
BGer 2C_49/2014 vom 30.01.2015 |
{T 0/2}
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2C_49/2014
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Urteil vom 30. Januar 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Bundesrichter Kneubühler,
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Gerichtsschreiberin Hänni.
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Verfahrensbeteiligte |
1. A.________,
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2. B.________,
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gegen
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Regierungsrat des Kantons Aargau, Regierungsgebäude, 5001 Aarau.
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Gegenstand
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Gewässernutzungsbewilligung,
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Beschwerde gegen das Urteil des
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Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau,
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3. Kammer, vom 19. November 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auf dem Gebiet des Gewässerschutzrechts bzw. der Gebührenerhebung für die Nutzung von öffentlichen Sachen offen. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (Art. 83 BGG).
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1.2. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist legitimiert, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und über ein aktuelles schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung verfügt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Hinsichtlich der Frage, ob die Gewässernutzungsbewilligung nichtig oder zu widerrufen ist, erfüllen die Beschwerdeführer diese Voraussetzung. Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 100 Abs. 1 BGG), die sich gegen einen Endentscheid eines oberen Gerichts als letzte kantonale Instanz richtet (Art. 90 BGG; Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG), ist einzutreten.
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2. |
2.1. Die Beschwerdeführer machen geltend, das Verwaltungsgericht habe wesentliche Sachverhaltselemente und ihre Rügen zur Situation vor dem Zeitpunkt der Bewilligungsverfügung unbeachtet gelassen. So sei der Bach ursprünglich südlicher verlaufen. Die Gemeinde V.________ als damalige Bacheigentümerin habe ihre Rechtsvorgänger um Dienstbarkeitsverträge zur Um- oder Durchleitung des Baches auf ihre Grundstücke
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2.2. Die Beschwerdeführer bringen vor, es sei vor diesem Hintergrund störend, dass der Kanton nunmehr (d.h. seit 2004) Gebühren für den von ihm umgeleiteten Bach erhebe. Insbesondere stünden jedoch die Nebenauflagen der Bewilligung im Widerspruch zum Grundbucheintrag betreffend die beiden Parzellen Nr. xx und Nr. yy, der eine Dienstbarkeit "Bach" zugunsten des Kantons festhalte. Indem die Vorinstanz unbesehen dieser Gegebenheiten unter Heranziehung von § 116 Abs. 2 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen vom 19. Januar 1993 ([BauG/AG]; § 79 Abs. 2 des früheren Baugesetzes) das Eigentum sowie die Unterhaltspflicht und die Haftung für jegliche Schädigungen aus der Eindolung des Gewässers gegenüber dem Gemeinwesen und der Allgemeinheit auf die Beschwerdeführer übertrage, handle sie qualifiziert fehlerhaft. Ohne Erstellung der Sachverhaltselemente vor 2003 betreffend Eigentum und Unterhalt könne eine Nichtigkeit der Bewilligung vom 1. Juli 2004 bzw. der "zutiefst stossende" Mangel, der eventualiter einen Widerrufsgrund nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 4. Dezember 2007 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) darstelle, nicht nachvollzogen werden.
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3. |
3.1. Nach § 37 Abs. 1 VRPG "können Entscheide, die der Rechtslage oder den sachlichen Erfordernissen nicht entsprechen, ... durch die erlassende Behörde oder die Aufsichtsbehörde geändert oder aufgehoben werden, wenn das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung die Interessen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes überwiegt". Aus Sicht der Vorinstanz besteht vorliegend gestützt auf das kantonale Recht kein Anspruch auf Widerruf der Bewilligungsverfügung von 2004 (vgl. die sehr kurz gehaltene Begründung im angefochtenen Urteil E. 7.2 S. 11 Zeile 22-23). Nach dem Wortlaut behandelt die Bestimmung von § 37 VRPG Widerrufsvoraussetzungen in Fällen, in denen die Streitsache von Amtes wegen neu aufgegriffen wird (vgl. etwa Urteil 2C_426/2012 vom 18. Januar 2013 E. 2 und 3). Von den Beschwerdeführern werden keine weiteren kantonalen Bestimmungen angerufen, die ihnen einen Anspruch auf Wiedererwägung einräumen würden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unhaltbar, wenn die Vorinstanz einen Anspruch auf Wiedererwägung nach kantonalem Recht verneint (vgl. BGE 119 Ia 305 E. 4d S. 310; Urteil 1C_300/2011 vom 3. Februar 2012 E. 3.1).
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3.2. Aus dem Bundesrecht ergibt sich nichts anderes: Nach Art. 29 BV ist eine Verwaltungsbehörde verpflichtet, auf einen rechtskräftigen Entscheid zurückzukommen und eine neue Prüfung vorzunehmen, wenn ein Revisionsgrund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen oder Beweismittel anführt, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 127 I 133 E. 6 S. 137; 124 II 1 E. 3a S. 6). Die Wiedererwägung von Verwaltungsentscheiden darf namentlich nicht dazu dienen, rechtskräftige Verwaltungsentscheide immer wieder infrage zu stellen oder die Fristen für das Ergreifen von Rechtsmitteln zu umgehen (BGE 136 II 177 E. 2.1; 120 Ib 42 E. 2b S. 47 mit Hinweisen; Urteil 2C_760/2009 vom 17. April 2010 E. 2.2). Die Beschwerdeführer vermögen nicht darzulegen, inwiefern ihnen die Vorbringen zu den Grundbuchbelegen beim Erlass der Bewilligungsverfügung im Jahr 2004 nicht hätten bekannt sein können. Der effektive, dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt hat sich seit 2004 nicht geändert; die Grundbuchbelege lagen damals wie heute vor. Bei Belegen zum Grundbuch handelt es sich auch nicht um Umstände, die schon damals geltend zu machen für die Beschwerdeführer rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand. Ein Rückkommensgrund im Sinne eines Anspruchs der Beschwerdeführer, die Bewilligungsverfügung in Wiedererwägung zu ziehen, besteht damit von Bundesrechts wegen nicht.
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4. |
4.1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind fehlerhafte Verwaltungsakte in der Regel nicht nichtig, hingegen kann mit Beschwerde ihre Aufhebung beantragt werden; bei unterbliebener Anfechtung erwachsen sie in Rechtskraft. Nichtigkeit der Verfügung oder des Entscheids liegt nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung vor, wenn:
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4.2. Das Verwaltungsgericht hält zunächst fest, dass der Bach als öffentliches Gewässer im Eigentum des Kantons steht (§ 116 Abs. 1 BauG/AG, vgl. Art. 664 Abs. 2 ZGB). Es verweist auf § 116 Abs. 2 BauG/AG, wonach sich das Eigentum auf sämtliche Bestandteile des Baches erstreckt, "nicht aber auf Bauten und Anlagen, die einer bewilligten Nutzung am Gewässer dienen und im Eigentum der Berechtigten stehen". Weitere Sachverhaltselemente zieht die Vorinstanz nicht in Betracht. Die Beschwerdeführer stellen die Abgrenzung des Eigentums an öffentlichen Gewässern im Allgemeinen und von Bauten an diesen sowie die damit einhergehende Nutzungsbewilligungspflicht nicht grundsätzlich infrage, bestehen aber auf Besonderheiten in ihrem Fall, welche darauf zurückzuführen sind, dass das Gewässer ursprünglich einen anderen Lauf gehabt habe und seinerzeit zugunsten des Gemeinwesens eine Bachdienstbarkeit errichtet wurde (vgl. hievor E. 2).
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4.3. Die Vorbringen der Beschwerdeführer sind nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. So haben diese bereits zu Beginn des Verfahrens Grundbucheintragungen und -belege vorgelegt, die eine Dienstbarkeit "Bach z. G. Einwohnergemeinde V.________" festhalten (vgl. Grundbucheintragungen Parzellen Nrn. xx, yy, V.________); die Bachparzelle der Gemeinde wurde für die Errichtung des Durchleitungsbauwerks unentgeltlich an die damaligen Parzelleneigentümer übertragen und mit deren Grundstück vereinigt (vgl. Beleg ss, Abtretungsvertrag 8. August 1922). Wie aus Grundbuchbelegen hervorgeht, wurde später der
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5. |
5.1. Nach dem Gesagten konnten die Nebenauflagen zur Bewilligung hinsichtlich der Unterhaltspflicht (und damit auch hinsichtlich der Haftung aus dem Unterhalt) aufgrund des offensichtlichen Widerspruchs zu den Eintragungen im Grundbuch keine Wirkungen entfalten. Die ungültige Bewilligungsauflage betreffend Unterhalt steht allerdings weder in unauflöslichem Zusammenhang zu einer (Mit-) Nutzung noch zum Eigentum am Eindolungswerk (vgl. oben E. 4.3). Die Gewässernutzungsbewilligung als solche und die damit verbundene Gebührenpflicht sind nicht nichtig.
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5.2. Die Beschwerde ist im Sinne der Erwägungen teilweise gutzuheissen und das Urteil vom 19. November 2013 aufzuheben. Den Beschwerdeführern sind reduzierte Gerichtskosten aufzuerlegen und der Kanton Aargau ist zur Bezahlung einer reduzierten Parteientschädigung zu verpflichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Gerichtskosten trägt der Kanton Aargau nicht.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. November 2013 wird aufgehoben, soweit es eine Unterhaltspflicht der Beschwerdeführer für das bzw. eine Haftung aus dem Eindolungsbauwerk bestätigt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt.
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3. Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
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4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kostenfolgen des kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
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5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, und dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, Rechtsabteilung, sowie - zur Kenntnisnahme - dem Grundbuchamt Baden schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. Januar 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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