BGer 2C_596/2014 |
BGer 2C_596/2014 vom 06.03.2015 |
{T 0/2}
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2C_596/2014
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Urteil vom 6. März 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Stadelmann,
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Gerichtsschreiberin Genner.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Gesundheitsdirektion des Kantons Zug,
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Regierungsrat Kanton Zug, handelnd durch Sicherheitsdirektion.
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Gegenstand
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Einsicht in Krankenakte; Kostenvorschuss,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 29. April 2014.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Das angefochtene Urteil bestätigt einen Abschreibungsentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (bei einer Gesundheitsbehörde beantragte Einsicht in Patientenakten). Dieser Endentscheid unterliegt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG, Art. 90 BGG). Vorinstanz ist eine letztinstanzliche kantonale Gerichtsbehörde im Sinn von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG und Art. 86 Abs. 2 BGG. Eine Ausnahme nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die Beschwerde ist zulässig.
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1.2. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen. Sie ist durch das angefochtene Urteil besonders berührt und hat an dessen Aufhebung oder Änderung ein schutzwürdiges Interesse. Sie ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerdeführung legitimiert.
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1.3. Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist insoweit einzutreten, als damit die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt wird. Der Antrag, die von der Vorinstanz auferlegten Verfahrenskosten aufzuheben, kann als Eventualantrag entgegengenommen werden. Der Antrag, es sei der Beschwerdeführerin Einsicht in die Krankenakte ihrer verstorbenen Mutter zu gewähren, ist vom Streitgegenstand nicht erfasst, so dass nicht darauf einzutreten ist.
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2. |
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).
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2.2. Das angefochtene Urteil stützt sich auf die Verfahrensgesetzgebung des Kantons Zug. Die rechtsfehlerhafte Auslegung von kantonalem Gesetzes- und Verordnungsrecht bildet keinen eigenständigen Rügegrund; sie wird nur auf Verletzungen verfassungsmässiger Rechte, namentlich unter dem Gesichtspunkt der Willkür, geprüft (BGE 136 I 316 E. 2.2.1 S. 318 mit Hinweisen). Für die beschwerdeführende Partei gilt dabei eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232); auf appellatorische Kritik in Bezug auf Grundrechtsverletzungen, insbesondere des Willkürverbots, geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 489 E. 2.8 S. 494).
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3. |
3.1. Die für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens zuständige Sicherheitsdirektion hatte der Beschwerdeführerin am 7. Dezember 2012 eine Frist zur Bezahlung eines Kostenvorschusses von Fr. 1'200.-- bis zum 4. Januar 2013 gesetzt. Diese Verfügung stützte sich auf § 26 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zug vom 1. April 1976 (BGS 162.1; nachfolgend: VRG/ZG), wonach die Behörde von demjenigen, der eine Amtshandlung beantragt oder ein Verfahren einleitet, einen angemessenen Kostenvorschuss verlangen kann.
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3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zuständigkeit der Sicherheitsdirektion und zieht daraus den Schluss, der Abschreibungsentscheid sei nichtig.
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3.3. Die Beschwerdeführerin moniert, die Sicherheitsdirektion habe ihr den Zugang zum Gericht im Sinn von Art. 29a BV i.V.m. Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verwehrt, indem sie ihr die verlangte Rechtsmittelbelehrung nicht mitgeteilt habe, um die Verfügung über den Kostenvorschuss anzufechten.
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3.3.1. Die Garantien nach Art. 29a BV, Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK beziehen sich ausschliesslich auf Verfahren vor richterlichen Behörden, weshalb sie im hier zu beurteilenden Verwaltungsbeschwerdeverfahren nicht zur Anwendung gelangen. Die Vorbringen sind indessen unter dem Blickwinkel von Art. 111 Abs. 3 BGG zu prüfen, wie nachfolgend darzulegen ist.
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3.3.2. Betreffend die Rüge der fehlenden Rechtsmittelbelehrung hat die Vorinstanz erwogen, die Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses stelle keinen Nachteil dar, weil der bezahlte Betrag im Fall des Obsiegens zurückerstattet werde.
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3.3.3. Aus mangelhafter Eröffnung darf den Parteien kein Nachteil erwachsen. Dies ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wenngleich er im VRG/ZG nicht niedergelegt ist (vgl. für den Bund Art. 38 VwVG bzw. Art. 49 BGG; ferner Urteile 5P.468/2006 vom 28. März 2007 E. 3.1; 5P.195/2006 vom 20. Juni 2006 E. 5.2; BGE 118 Ia 223 E. 2 S. 228). Der Nachteil lag hier darin, dass die Beschwerdeführerin bei korrekter Eröffnung der Kostenvorschussverfügung diese hätte anfechten und nach erfolgloser Anfechtung den Kostenvorschuss noch hätte bezahlen können, um eine materielle Behandlung der Streitsache zu erwirken. Dieser Nachteil ist auszugleichen, indem der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben wird, den Kostenvorschuss für das Verfahren vor dem Regierungsrat zu bezahlen (vgl. E. 3.7 hiernach).
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3.4. Hinsichtlich der - von der Beschwerdeführerin als prohibitiv beanstandeten - Höhe des Kostenvorschusses kann auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden. Die Vorinstanz legt einlässlich dar, dass der zuständigen Behörde bei der betragsmässigen Festsetzung des Kostenvorschusses ein sehr grosser Ermessensspielraum zukommt, den auch sie selbst zu respektieren hat.
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3.5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Sicherheitsdirektion hätte vor der Aufforderung zum Kostenvorschuss den Entscheid des Regierungsrates betreffend Kostenbefreiung abwarten müssen. Die Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses sei durch die Einreichung des Antrags auf Kostenbefreiung gemäss § 25 Abs. 1 lit. a VRG/ZG unterbrochen worden. Die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Frist abgelaufen sei.
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3.6. Die Beschwerdeführerin trägt vor, § 26 VRG/ZG, welcher die Befugnis der Behörde zur Erhebung eines Kostenvorschusses und die Rechtsfolgen bei Nichtbezahlung regelt, sei eine Kann-Bestimmung. Von dieser dürfe aus Billigkeitsgründen abgewichen werden, wenn der Entscheid der Vorinstanz - wie hier - offensichtlich fehlerhaft sei. Die Sicherheitsdirektion hätte daher auf die Erhebung des Kostenvorschusses verzichten müssen. Zudem habe sie - die Beschwerdeführerin - die Rechtsfolge bei Nichtleisten des Kostenvorschusses nicht absehen können, weil ihr nicht angedroht worden sei, dass das Verfahren diesfalls tatsächlich abgeschrieben werde.
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3.7. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich Folgendes: Das angefochtene Urteil ist insoweit zu bestätigen, als es die Pflicht zur Leistung des Kostenvorschusses von Fr. 1'200.-- im Verfahren vor dem Regierungsrat bejaht. Es ist insoweit aufzuheben, als es den Abschreibungsbeschluss bestätigt. Der Beschwerdeführerin ist Gelegenheit zu geben, den Kostenvorschuss zu bezahlen, um eine materielle Beurteilung der Streitsache zu erwirken.
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4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird im Sinn der Erwägungen gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 29. April 2014 wird aufgehoben. Die Sache wird an die Sicherheitsdirektion des Kantons Zug zurückgewiesen, damit sie der Beschwerdeführerin eine Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses ansetze.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 6. März 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Genner
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