BGer 9C_939/2015 |
BGer 9C_939/2015 vom 23.02.2016 |
{T 0/2}
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9C_939/2015
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Urteil vom 23. Februar 2016 |
II. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
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Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
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Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
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Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
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vom 5. November 2015.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. A.________, geboren 1971, meldete sich am 1. Juni 2001 erstmals zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen verfügte am 28. Mai 2002 nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen die Abweisung des Gesuchs. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 1. Mai 2003 ab. Eine zweite Anmeldung vom 28. Mai 2003 war ebenso erfolglos (vgl. Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 781/04 vom 7. Februar 2005) wie ein "Revisionsgesuch" vom 20. April 2005 und weitere Neuanmeldungen vom 12. Januar 2007(Nichteintreten letztinstanzlich bestätigt mit Urteil 9C_888/2008 vom 26. Januar 2009) und 24. August 2010.
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A.b. Bereits rund drei Monate nach Erlass der das Neuanmeldungsgesuch vom 24. August 2010 abweisenden Verfügung vom 11. Juni 2012 reichte A.________ am 13. September 2012 ein weiteres Leistungsgesuch ein. Die IV-Stelle verfügte am 21. August 2013 dessen Abweisung.
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B. Die dagegen von A.________ eingereichte Beschwerde wies das kantonale Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 5. November 2015 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Zusprechung einer ganzen Rente "seit wann rechtens, spätestens ab Juli 2013" beantragen. Eventuell sei die Sache an die IV-Stelle, allenfalls an die Vorinstanz, zur weiteren Abklärung zurückzuweisen.
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Erwägungen: |
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Grundlagen zur Neuanmeldung (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV) und zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG i.V.m. Art. 6-8 ATSG; Art. 28a IVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
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3. |
3.1. Die Vorinstanz erwog, die Gutachter der Medas Ostschweiz, St. Gallen, hätten in ihrer - im Rahmen des letzten Neuanmeldungsverfahrens veranlassten - Expertise vom 15. März 2012 die qualitativen Einschränkungen des Versicherten aufgrund der Rückenbeschwerden ausführlich und gut begründet. Abgesehen von einer vorübergehenden Verschlechterung nach einer missglückten Implantation und anschliessenden Entfernung eines Neurostimulators (im Sommer 2012) sei eine somatische Veränderung nicht ausgewiesen, namentlich nicht durch die Berichte der behandelnden Ärzte. In psychischer Hinsicht sei im massgebenden Verfügungszeitpunkt von einer uneingeschränkten Leistungsfähigkeit auszugehen.
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3.2. Der Beschwerdeführer rügt eine unvollständige Sachverhaltsabklärung. Die im Anschluss an den misslungenen Behandlungsversuch eingetretene Verschlechterung des vorbestandenen anhaltenden Schmerzsyndroms sei eine neue medizinische Erkenntnis. Eine solche enthalte auch der Bericht des Dr. med. B.________, leitender Arzt an der Klinik für Neurochirurgie des Spitals C.________, vom 10. Dezember 2014. Dessen Einschätzung einer 50%igen Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit decke sich mit derjenigen des Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Neurochirurgie (vom 4. März 2013). Zwischenzeitlich habe er zahlreiche Konsultationen im psychiatrischen Zentrum E.________ gehabt, wo eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.51) diagnostiziert worden sei. RAD-Arzt Dr. med. F.________ habe diese Diagnose in Frage gestellt, ohne über eine psychiatrische Ausbildung zu verfügen. Die Akten erlaubten keine Beurteilung anhand der mit BGE 141 V 281 eingeführten Standardindikatoren. Die Sache sei nicht spruchreif, die Zweifel an der Schlüssigkeit und Zuverlässigkeit der Aktenbeurteilung durch den RAD seien zu gross.
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4. Was der Beschwerdeführer vorbringt, vermag die vorinstanzlichen Feststellungen, wonach der missglückte Behandlungsversuch mit einem Neurostimulator lediglich vorübergehend eine somatische Verschlechterung bewirkte und eine erhebliche psychische Beeinträchtigung nach wie vor fehle, nicht als qualifiziert unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG erscheinen zu lassen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass er nach dem erfolglosen Behandlungsversuch mit einer operativ eingesetzten und anschliessend wieder entfernten Elektrode enttäuscht war und den Eingriff rückblickend bereute. Die behandelnden Ärzte Dres. med. D.________ und B.________ hielten in ihren - nach Erlass der Verfügung vom 11. Juni 2012 datierenden - Beurteilungen zwar eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit in sämtlichen Tätigkeiten fest. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, ist aber (auch) ihren Ausführungen nichts zu entnehmen, was auf eine wesentliche und dauerhafte Verschlechterung im Anschluss an die wegen einer Infektion nötig gewordene operative Entfernung des Neurostimulators schliessen liesse. Dr. med. D.________ erklärte mit Blick auf eine MRI-Untersuchung vom 2. April 2013, welche keinen relevanten Erkenntnisgewinn brachte, er finde "objektiv keine klare Ursache für die persistierenden Beschwerden". Auch Dr. med. B.________ konnte mit Ausnahme einer allfälligen Reizsymptomatik, welche er offensichtlich lediglich als vorübergehend erachtete ("zurzeit"), keine Verschlechterung objektivieren. Selbst wenn seine Einschätzung, eine berufliche Reintegration von mehr als 50 % sei "utopisch", realistisch wäre, kann sie eine schlüssige Begründung für die hier einzig relevante Frage nach einer erheblichen Gesundheitsveränderung (E. 2 hievor) nicht ersetzen. Dies gilt umso mehr, als sich auch dem Bericht der am 12. November 2013 (somit ebenfalls nach Erlass der anspruchsverneinenden Verfügung vom 21. August 2013) mit dem Versicherten befasst gewesenen Ärzten des Schmerzzentrums am Spital C.________ keinerlei Hinweise auf eine dauerhafte Veränderung des Gesundheitszustandes seit der Begutachtung in der Medas Ostschweiz entnehmen lassen. Dr. med. G.________, Oberarzt am psychiatrischen Zentrum E.________, klassifizierte die Beschwerden am 4. Juli 2013 als Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41). Seinen Ausführungen ist aber ebenfalls nichts zu entnehmen, was auf eine veränderte Gesundheitssituation hindeutet. Im Gegenteil spricht er von einem zwischen Mai 2012 (Behandlungsbeginn) und Berichtszeitpunkt "eigentlich unveränderten" Status. Damit bleiben die Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Verneinung einer erheblichen Gesundheitsveränderung im angefochtenen Entscheid ist in allen Teilen bundesrechtskonform. Weiterungen mit Blick auf die Praxisänderung von BGE 141 V 281 erübrigen sich. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die neue Rechtsprechung für sich allein weder einen Neuanmeldungs- noch einen Revisionsgrund darstellt (BGE 141 V 585 E. 5.3 S. 588). Ein zusätzliches Gutachten vermöchte nichts zu ändern, weshalb der vorinstanzliche Verzicht darauf kein Bundesrecht verletzt.
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5. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid und mit summarischer Begründung im Sinne von Abs. 3 dieser Bestimmung erledigt.
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6. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 23. Februar 2016
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Glanzmann
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Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle
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