BGer 9C_118/2016 |
BGer 9C_118/2016 vom 19.04.2016 |
{T 0/2}
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9C_118/2016
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Urteil vom 19. April 2016 |
II. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
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Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
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Gerichtsschreiber Fessler.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch B.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Gemeinde Maur, Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Zürichstrasse 8, 8124 Maur,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Ergänzungsleistung zur AHV/IV
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(Prozessvoraussetzung; Rechtzeitigkeit),
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Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 4. Januar 2016.
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Sachverhalt: |
A. Am 25. September 2015 (Datum Poststempel) erhob A.________ Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der Gemeinde Maur, Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, vom 24. August 2015. Mit Beschluss vom 4. Januar 2016 trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf das Rechtsmittel nicht ein, weil verspätet.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ zur Hauptsache, der Beschluss vom 4. Januar 2016 sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen; eventualiter sei diese anzuweisen, auf die Beschwerde vom 24. September 2015 einzutreten, unter Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten.
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Die Gemeinde Maur, Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV verweist auf den angefochtenen Entscheid, ohne einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Es steht fest (Art. 105 Abs. 1 BGG), dass die Frist von 30 Tagen zur Einreichung von Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 24. August 2015 (Art. 60 Abs. 1 und Abs. 2 ATSG i.V.m. Art. 39 Abs. 1 ATSG) am 24. September 2015 ablief, der Briefumschlag, in welchem die auf diesen Tag datierte Rechtsschrift samt Beilagen enthalten war, jedoch den Poststempel vom 25. September 2015 trug. Umstritten ist, ob die Sendung bereits am Vortag in einen Briefkasten der Post eingeworfen wurde, wie die Beschwerdeführerin bereits vor Vorinstanz geltend machte, womit die Aufgabe rechtzeitig erfolgt wäre (vgl. BGE 127 I 133 E. 7b S. 139; 124 V 372 E. 3b S. 375; Urteil 1F_10/2010 vom 17. Mai 2010).
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1.2. Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat seine gegenteilige Auffassung im Wesentlichen wie folgt begründet: Geeignet für den Beweis des Einwurfs des Briefumschlags mit der Rechtsschrift in einen Briefkasten rechtzeitig vor Mitternacht des letzten Tages der Frist sei der klare und unzweifelhafte Beweis durch unabhängige Zeugen. Als solche könnten weder die Beschwerdeführerin noch ihre Tochter aufgrund des engen verwandtschaftlichen Verhältnisses gelten. Auf deren detaillierte und übereinstimmende Aussagen, wonach der Rechtsvertreter die Sendung am 24. September 2015 noch vor Mitternacht in einen Briefkasten der Post eingeworfen habe, könne daher nicht abgestellt werden (vgl. Urteil 9C_681/2015 vom 13. November 2015 E. 3). "So oder anders bestätigen die beiden Damen lediglich, dass ein Briefumschlag mit der Adresse des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich eingeworfen worden sei. Dass es sich dabei um die Beschwerde der Beschwerdeführerin handelte, wird nicht bestätigt. Da eine unterschriftliche Bestätigung auf dem Briefumschlag selber fehlt, ist der Nachweis, dass es sich bei der am 24. September 2015 vor Mitternacht eingeworfenen Sendung tatsächlich auch um die beim hiesigen Gericht am 28. September 2015 eingegangene Sendung handelt, nicht erbracht. Abgesehen davon sind keine Umstände ersichtlich noch werden solche geltend gemacht, welche den Verzicht auf den normalen Weg der eingeschriebenen Sendung zu erklären vermöchten (BGE 109 Ib 343 E. 2b S. 345) ".
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In dem von der Vorinstanz erwähnten Fall 9C_681/2015 war das Bundesgericht bei vergleichbaren Umständen nicht auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten der nämlichen Beschwerdeführerin eingetreten.
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2. |
2.1. Unbestritten ist die Beschwerdeführerin mit dem - vollen (BGE 121 V 5 E. 3b S. 6) - Beweis der Rechtzeitigkeit der Einreichung der Beschwerde beim kantonalen Sozialversicherungsgericht belastet (Art. 8 ZGB; Urteil 8C_953/2009 vom 23. Februar 2010 E. 5.3.2). Umgekehrt hat sie Anspruch darauf, mit allen hierzu tauglich scheinenden Beweismitteln zugelassen (gehört) zu werden (BGE 124 V 372 E. 3b S. 375; Urteil 2A.635/1998 vom 15. April 1999 E. 3b, in: Pra 1999 Nr. 170 S. 886). Die Rechtsprechung anerkennt im Besonderen den Zeugenbeweis im Sinne der Bestätigung des Einwurfs der Sendung mit der Rechtsschrift in einen Briefkasten der Post am letzten Tag der Frist durch die Partei oder deren Rechtsvertretung. Die Beschwerdeführerin erwähnt vorab das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 77/03 vom 1. Mai 2005 sowie die Urteile des Bundesgerichts 1C_ 66/2014 vom 14. März 2014, 5A_267/2008 vom 16. Oktober 2008 sowie BGE 97 II 112. Nach Art. 169 ZPO (i.V.m. § 28 lit. a des zürcherischen Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht; GSVGer; LS 212.81), kann, wer nicht Partei ist, über Tatsachen Zeugnis ablegen, die er oder sie unmittelbar wahrgenommen hat. Danach kann namentlich auch der Rechtsvertreter Zeuge sein; seine Nähe zur Prozesspartei ist eine Frage der Beweiswürdigung und nicht eine solche der Zeugnisfähigkeit (Urteil 4A_140/ 2013 vom 4. Juli 2013 E. 1 mit Hinweis auf die Lehre; vgl. auch Philippe Weissenberger/Astrid Hirzel, in: Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVG], Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, Rz. 5 zu Art. 14 VwVG). Im Übrigen ist die im Zentrum stehende Frage der Glaubwürdigkeit einer Person, welche den Einwurf der Sendung mit der Rechtsschrift in einen Briefkasten der Post am letzten Tag der Frist durch eine Partei bestätigt, im Lichte der gesamten (personen- und situationsbezogenen) Umstände zu prüfen.
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2.2. Vorliegend bestätigten die Beschwerdeführerin und deren Tochter (nachträglich) sowie ihr Rechtsvertreter den Einwurf des Briefumschlags mit der Beschwerdeschrift und den Beilagen in einen genau bezeichneten Briefkasten der Post am 24. September 2015 vor Mitternacht, womit die Frist gewahrt wäre. Das kantonale Sozialversicherungsgericht hat - soweit überhaupt ein entsprechender Antrag als gestellt erachtet werden kann - implizit auf eine Befragung zu den näheren Umständen verzichtet, da sie hauptsächlich die Glaubwürdigkeit von vornherein nicht als gegeben erachtet. Die Beschwerdeführerin vermag nicht substanziiert in einer der qualifizierten Rügepflicht nach Art. 97 Abs. 1 BGG genügenden Weise (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153) aufzuzeigen, dass und inwiefern diese antizipierte Beweiswürdigung willkürlich sein soll (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148).
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2.3. Die Beschwerde ist unbegründet.
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3. Ausgangsgemäss wird grundsätzlich die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Abs. 4 dieser Bestimmung hingewiesen, wonach sie der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von der Bezahlung von Gerichtskosten wird gutgeheissen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 19. April 2016
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Glanzmann
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Der Gerichtsschreiber: Fessler
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