BGer 1B_196/2015 |
BGer 1B_196/2015 vom 17.05.2016 |
{T 0/2}
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1B_196/2015
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Urteil vom 17. Mai 2016 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Kneubühler,
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Gerichtsschreiber Misic.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________, Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Christos Antoniadis,
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gegen
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B.________, Forensisches Institut Zürich, Postfach, 8021 Zürich,
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Beschwerdegegner,
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Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis.
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Gegenstand
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Strafverfahren; Auftrag für ein unfalltechnisches Gutachten; Ausstandspflicht,
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Beschwerde gegen den Beschluss vom 20. April 2015 des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer.
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Sachverhalt: |
A. Am 27. März 2014 ereignete sich auf der Albisstrasse in Mettmenstetten im Bereich einer Kurve mit Sicherheitslinie (ausserorts) ein Verkehrsunfall. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen konnten die Verantwortlichkeiten der am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkerinnen A.________, C.________ und D.________ nicht geklärt werden. Am 7. April 2014 erteilte die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis dem Forensischen Institut Zürich (FOR), zuhanden von B.________, dipl. phys. ETHZ, den Auftrag für die Erstattung eines Vorberichts (nachfolgend auch: Kurzbericht) mit Kostenvoranschlag für ein unfalltechnisches Gutachten. Den Akten ist zu entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft das FOR am 24. April 2014 zudem telefonisch ersuchte, im Rahmen des Vorberichts insbesondere zur Frage der Kollisionsstelle der in der ersten Phase erfolgten Frontalkollision zwischen A.________ und C.________ Stellung zu nehmen und einen möglichen Fragenkatalog für ein unfalltechnisches Gutachten vorzuschlagen.
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B. Am 2. Juli 2014 erstattete das FOR einen Vorbericht (inkl. Fragenkatalog) und veranschlagte die Kosten für ein unfalltechnisches Gutachten mit Fr. 4'000.--. Der Bericht wurde von folgenden Personen unterzeichnet: E.________, dipl. Automobil-Ing. FH, Experte Unfalluntersuchungen, unter dem Titel "Hauptsachbearbeitung", F.________, Sachbearbeiter Unfalluntersuchungen, unter dem Titel "Weitere Sachbearbeitung" und B.________, Fachbereichsleiter Unfälle/Technik, unter dem Titel "Kontrolle". Gemäss Vorbericht hat die erste Frontalkollision auf dem Fahrstreifen von C.________ stattgefunden und hat A.________ folglich die dortige Sicherheitslinie überfahren (bzw. ist auf die Gegenfahrbahn geraten). Anlässlich der staatsanwaltlichen Einvernahmen wurde dies von A.________ bestritten. C.________ blieb bei ihrer Aussage, dass A.________ die Sicherheitslinie überfahren habe und sie auf ihre Fahrbahn geraten sei. D.________ erklärte dagegen, C.________ habe mit ihrem Fahrzeug einen Schwenker auf die andere Fahrbahnseite (d.h. auf jene von A.________) gemacht.
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C. Mit Verfügung vom 5. Januar 2015 beauftragte die Staatsanwaltschaft das FOR, zuhanden von B.________, mit der Ausarbeitung eines unfalltechnischen Gutachtens. Der Auftrag enthielt den vom FOR im Rahmen der Vorberichterstattung vorgeschlagen Fragenkatalog. Dagegen erhob A.________ Beschwerde bei der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich. Sie machte gegen B.________ einen Ausstandsgrund geltend. Mit Beschluss vom 20. April 2015 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
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D. Mit Eingabe vom 1. Juni 2015 erhebt A.________ Beschwerde in Strafsachen mit dem Begehren, B.________ habe in den Ausstand zu treten. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft haben auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet. B.________ hat sich mit Eingabe vom 25. Juni 2014 geäussert. A.________ hat dazu Stellung genommen und beantragt die Gutheissung der Beschwerde.
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Erwägungen: |
1. In strafrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Strafsachen gegen einen selbständig eröffneten, kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren grundsätzlich zulässig (Art. 78 Abs. 1 i.V.m. Art. 92 Abs. 1 BGG und Art. 80 Abs. 1 BGG). Die Person, die am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids geltend macht, ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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2. Gemäss Art. 184 Abs. 3 Satz 1 StPO gibt die Verfahrensleitung den Parteien vorgängig der Erteilung eines Gutachtensauftrags Gelegenheit, sich zur sachverständigen Person und zu den Fragen zu äussern und dazu eigene Anträge zu stellen.
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Mit Blick auf die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge, sie habe sich nicht vorgängig äussern können, weshalb ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei, ist Folgendes zu bemerken: Es trifft zu, dass die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gegeben hat, vorgängig des Gutachtensauftrags Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen vorzubringen. Sie informierte die Beschwerdeführerin aber noch vor der vorgesehenen Begutachtung - mit der Zustellung des Gutachtensauftrags am 7. Januar 2015 - über die Person des Gutachters und den Fragenkatalog. Zudem enthielt der Gutachtensauftrag den ausdrücklichen Hinweis, dass die Beschwerdeführerin berechtigt sei, sich gegenüber der Verfahrensleitung innert 10 Tagen zur sachverständigen Person und zu den Fragen zu äussern sowie eigene Anträge zu stellen (vgl. Verfügung vom 5. Januar 2015, S. 3). Dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, muss sich die Beschwerdeführerin selber anrechnen lassen. Zudem lässt sich weder der Beschwerde noch den Akten entnehmen, welche Ergänzungs- oder Zusatzfragen die Beschwerdeführerin hätte stellen wollen. Es liegt deshalb keine Verletzung von Art. 184 Abs. 3 Satz 1 StPO vor.
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Da Art. 29 Abs. 2 BV dem Betroffenen lediglich das Recht einräumt, nachträglich zur Person und zum Gutachten eines Sachverständigen Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Ergänzungsfragen zu stellen (BGE 125 V 332 E. 4b S. 337; 120 V 357 E. 1c S. 362; 119 Ia 260 E. 6c; vgl. auch Urteil 6B_298/2012 vom 16. Juli 2012 E. 3.3), ist insoweit auch keine Grundrechtsverletzung ersichtlich.
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3. |
3.1. In der Hauptsache rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 183 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 56 lit. b und f StPO. Der Beschwerdegegner habe den Vorbericht mitunterzeichnet und sei in der Folge mit der Ausarbeitung des unfalltechnischen Gutachtens beauftragt worden. Daher sei er vorbefasst bzw. befangen und es müsse befürchtet werden, dass er im zu erstattenden Gutachten zum gleichen Ergebnis gelangen werde wie im Vorbericht.
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3.2. Gemäss Art. 182 StPO ziehen Staatsanwaltschaft und Gerichte eine oder mehrere sachverständige Personen bei, wenn sie nicht über die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Feststellung oder Beurteilung eines Sachverhalts erforderlich sind. Die Anforderungen an die sachverständige Person sowie die bei deren Ernennung und bei der Erstellung des Gutachtens zu beachtenden Vorschriften sind in Art. 183 ff. StPO geregelt.
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3.3. Für Sachverständige gelten die Ausstandsgründe nach Art. 56 StPO (Art. 183 Abs. 3 StPO). Danach tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person namentlich in den Ausstand, wenn sie in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeistand einer Partei, als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, in der gleichen Sache tätig war (lit. b) oder aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (lit. f). Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Ziff. 1 UNO-Pakt II hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter entschieden wird. Diese Verfahrensgarantie wird nach der Rechtsprechung sinngemäss auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Sachverständigen übertragen (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109; 126 III 249 E. 3c S. 253; je mit Hinweis), wobei sich die Anforderungen bei administrativ bestellten Hilfspersonen formell nach Art. 29 Abs. 1 BV richten (vgl. GEROLD STEINMANN, in: St. Galler Kommentar BV, 3. Aufl. 2014, Rz. 35 zu Art. 29 BV mit weiteren Nachweisen). Hinsichtlich der Unparteilichkeit und Unbefangenheit kommt Art. 29 Abs. 1 BV indessen ein mit Art. 30 Abs. 1 BV weitgehend übereinstimmender Gehalt zu (BGE 127 I 196 E. 2b S. 198).
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3.4. Voreingenommenheit bzw. Befangenheit werden bejaht, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Sachverständigen oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Hierbei ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen, sondern das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Der Ausgang des Verfahrens muss aus Sicht aller Beteiligten als offen erscheinen (BGE 140 I 326 E. 5.1 S. 328 mit Hinweis). Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Sachverständige tatsächlich voreingenommen ist; es genügt, wenn die Gegebenheiten den Anschein der Befangenheit zu begründen vermögen (BGE 140 I 240 E. 2.2 S. 242; 137 I 227 E. 2.1 S. 229; je mit Hinweisen).
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4. |
4.1. Ob eine unzulässige, den Verfahrensausgang vorwegnehmende Vorbefassung vorliegt, kann nicht generell gesagt werden; nach der Rechtsprechung ist vielmehr im Einzelfall anhand der Umstände zu untersuchen, ob die konkret zu entscheidende Rechtsfrage trotz Vorbefassung als noch offen erscheint (BGE 131 I 117 E. 3.4 S. 116 f.; 114 Ia 50 E. 3d S. 59; je mit Hinweisen).
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4.2. Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdegegner würde sich als Sachverständiger im Rahmen der Erstattung des Unfallgutachtens mit dem gleichen Untersuchungsgegenstand befassen wie anlässlich der Kontrolle des Vorberichts. Eine "gleiche Sache" i.S.v. Art. 56 lit. b StPO sei auch zu bejahen, wenn eine sachverständige Person ausser- oder vorprozessual mit demselben Untersuchungsgegenstand bereits befasst gewesen sei. Insofern gelte der Beschwerdegegner "grundsätzlich als vorbefasst". Die Vorbefassung sei aber vorliegend nicht unzulässig.
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4.3. Dies wird von der Beschwerdeführerin bestritten. Sie bringt im Wesentlichen vor, der Beschwerdegegner könne als Gutachter gar nicht anders, als die Ergebnisse des Vorberichts, die er kontrolliert hat, zu bestätigen, da er sich sonst den Vorwurf der Unsorgfalt gefallen lassen müsste. Dies umso mehr, als die Rekonstruktion des Unfallablaufs "nach eingehender Prüfung" erfolgt und es somit "naheliegend" sei, dass ein detailliertes unfallanalytisches Gutachten "die grundlegenden Resultate" bestätigen werde (vgl. Stellungnahme des Beschwerdegegners vor dem Obergericht vom 9. Februar 2015, S. 3). Damit steht nach Auffassung der Beschwerdeführerin das Resultat des zu erstellenden Gutachtens bereits fest.
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4.4. |
4.4.1. Die im Vorbericht behandelten Sachverhaltsfragen - insbesondere diejenige zur Kollisionsstelle zwischen dem Personenwagen von C.________ und dem Personenwagen der Beschwerdeführerin - sind weitgehend naturwissenschaftlich-technischer Natur. Sie lassen sich mit Hilfe von Computerprogrammen aufgrund der spurenkundlichen (objektiven) Anknüpfungstatsachen (Spurenbilder, Übertragungsspuren, Fahrzeugbeschädigungen, Mikrospuren, dokumentierte Fahrzeugendlagen, Verletzungen von beteiligten Personen etc.) und der unfallanalytischen Grundlagen, die wiederum auf physikalischen Gesetzmässigkeiten und mathematischen Berechnungsmethoden basieren, beantworten (zur Unfallrekonstruktion im Einzelnen vgl. HERMANN APPEL/ GERALD KRABBEL/DIRK VETTER, Unfallforschung, Unfallmechanik und Unfallrekonstruktion, 2. Aufl. 2002, S. 143 ff.; zur Entwicklung der technisch-physikalischen Unfallanalyse in der Schweiz vgl. ERICH PETER, Physik ist für alle gleich - Erfahrungen aus über 35 Jahren Gutachtertätigkeit zu Verkehrsunfällen, in: Kieser/Lendfers (Hrsg.), Sachverhaltsabklärung in der Sozialversicherung, 2014, S. 46 ff.; WERNER MÖLLER/ JOCHEN BUCK/CHRISTOPH MÜLLER, Unfallanalytik - Technische Fragestellungen, in: Buck/Krumbholz [Hrsg.] Sachverständigenbeweis im Verkehrsrecht, 2008, Rz. 6 ff. und 43 ff. zu § 1). Je mehr objektive Anknüpfungstatsachen vorliegen, desto kleiner sind auch die Toleranzen für den Auswerter. Bei einer guten, unumstrittenen Spurenlage und einem aussagekräftigen Gesamtspurenbild kann es daher vorkommen, dass nur noch ein einziger Unfallablauf (in engen Toleranzen) mit den objektiven Anknüpfungstatsachen vereinbar ist, wie der Beschwerdegegner vorbringt. Solche Fälle lassen dem Unfallgutachter nur noch einen geringen Spielraum offen.
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4.4.2. Der Beschwerdegegner bezeichnet die spurenkundlichen Grundlagen für die Unfallanalyse als "sehr gut", insbesondere aufgrund der Fotos, die der Unfalltechnische Dienst der Kantonspolizei Zürich am Unfallort erstellt hat und die im Rahmen des Vorberichts "eingehend" geprüft wurden (vgl. Kurzbericht S. 2). Sachbearbeiter des FOR haben einen beteiligten Unfallwagen zudem ergänzend selber besichtigt. Damit ist zu erwarten, dass die Kollisionskonfigurationen, die sich aufgrund der festgestellten Fahrzeugschäden ableiten lassen, aufgrund der physikalischen Gesetzmässigkeiten in relativ engen Toleranzen rekonstruierbar sind. Der Gutachter verfügt insoweit über wenig Entscheidungsspielraum. Darauf bezieht sich der Beschwerdegegner, wenn er in der Stellungnahme vom 9. Februar 2015 ausführt, es sei "naheliegend", dass ein detailliertes unfallanalytisches Gutachten die grundlegenden Resultate der Vorabklärung zum Sachverhalt bestätigen dürfte. Es ist aber auch nicht ganz ausgeschlossen, dass im Laufe der Begutachtung noch neue Tatsachen zu berücksichtigen sind, zumal dem Vorbericht entnommen werden kann, dass die bei der Spurensicherung mittels Klebebandmethode abgenommenen Mikrospuren noch nicht ausgewertet wurden. Welche Erkenntnisse diese Spurenauswertung bringen wird, ist vorderhand noch offen.
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4.4.3. Der Umstand, dass das Ergebnis des Unfallgutachtens aufgrund der objektiven Anknüpfungstatsachen und unfallanalytischen Grundlagen in relativ hohem Masse als vorbestimmt erscheint, liegt somit vorab in der Sache und nicht in der Person des Beschwerdegegners begründet, was die Vorinstanz zutreffend hervorgehoben hat.
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Indessen ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Sachbearbeiter des FOR und der Beschwerdegegner im Vorbericht über den Unfallhergang "nach eingehender Prüfung" bereits weitgehend festgelegt haben, ohne an die für den Beizug von Expertenwissen geltenden Formen gebunden und ordnungsgemäss in die Pflicht genommen worden zu sein, worauf sie im Kurzbericht selber hingewiesen haben. Auch wenn die Auswertung der Spuren vorliegend weitgehend auf naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen und Gesetzmässigkeiten beruhen mag, erweckt die Feststellung im Vorbericht - objektiv betrachtet - den Eindruck, die Mitarbeiter des FOR gingen davon aus, sie hätten alle für die Rekonstruktion des Unfalls wesentlichen Elemente geeignet einbezogen und würden als Gutachter kaum zu anderen Schlüssen gelangen als im Vorbericht. Das Ergebnis der Begutachtung scheint damit für die Beteiligten, namentlich für die Beschwerdeführerin, nicht mehr ergebnisoffen. Vielmehr geht der Beschwerdegegner selber davon aus, es sei naheliegend, dass das detaillierte unfallanalytische Gutachten angesichts der guten Spurenlage die grundlegenden Resultate der Vorabklärung bestätigen werde. Der Umstand, dass dies hauptsächlich auf das aussagekräftige Gesamtspurenbild zurückzuführen ist, lässt die Person des Beschwerdegegners und der Mitwirkenden am Vorbericht - aus der Sicht der Beteiligten - aber nicht vollständig in den Hintergrund treten. Die Person des Gutachters kann bei der Analyse eines komplexen Unfallgeschehens objektiv betrachtet kaum vollständig aus der Gutachtertätigkeit weggedacht werden, zumal für den Beizug der Anknüpfungstatsachen mitunter bestimmte Annahmen oder Interpretationen getroffen werden müssen und die Erfahrung eine gewisse Rolle spielt.
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Vorliegend haben zwei Sachbearbeiter des FOR den einen beteiligten Unfallwagen ebenfalls persönlich in Augenschein genommen und eine ergänzende Spurensicherung durchgeführt (Kurzbericht, S. 2). Das Gesetz sieht für den Beizug von naturwissenschaftlich-technischen und anderen Sachverständigen und deren Ausstandspflichten keine unterschiedlichen Regeln vor; für alle gelten die Art. 182 ff. und Art. 56 StPO. Es wäre kompliziert und kaum praktikabel, bei Vorberichten mit anschliessendem Gutachten wie hier im Detail zu analysieren, ob und in welchem Umfang neben rein naturwissenschaftlich-technischen Feststellungen und Berechnungen auch bestimmte Annahmen, eigene Feststellungen und Interpretationen Berücksichtigung gefunden haben, bei denen die Person des Beauftragten eine gewisse Rolle spielen kann. Dies umso mehr, als nicht ausschlaggebend ist, ob diese Anknüpfungselemente sachkundig einbezogen worden und fachlich gerechtfertigt sind, sondern ob sie objektiv betrachtet beim Beteiligten den Anschein erwecken können, der (Mit-) Unterzeichner des Vorberichts sei für eine anschliessende Gutachtertätigkeit nicht mehr unvoreingenommen (vgl. E. 4.4 hiervor). Auf eine solche Situation kann sich die Beschwerdeführerin berufen. Die persönliche Integrität und der einwandfreie Ruf des bezeichneten Experten als Wissenschaftler und Fachperson vermögen das bei ihr aufgrund der Vorbefassung entstandene Misstrauen aus nachvollziehbaren Gründen nicht genügend zu beseitigen. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet.
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4.4.4. Will die Staatsanwaltschaft in einer ersten Phase einen sachverständigen Vorbericht zu einem Unfallgeschehen bzw. ein Kurzgutachten erstellen lassen, was durchaus zweckdienlich und ökonomisch sein kann, so muss sie demnach die beigezogenen sachverständigen Personen bereits in dieser Phase nach den Vorschriften der Art. 182 ff. StPO beauftragen, wenn ihnen oder einem von ihnen später die Ausarbeitung eines weiterführenden Gutachtens über dasselbe Geschehen übertragen werden soll. Es steht nichts entgegen, einen ordnungsgemäss bestellten Experten über den gleichen Sachverhalt mehrmals als Gutachter zu befragen bzw. auch für ergänzende oder vertiefende Arbeiten als Sachverständigen beizuziehen. Er gilt nach einer ersten Äusserung als Experte, wie in einem Kurz- oder Vorabgutachten (z.B. über die Gefährlichkeit eines Beschuldigten), nicht als vorbefasst i.S.v. Art. 56 lit. b StPO (Urteile 1B_45/2015 vom 29. April 2015 E. 2.3 und 1B_362/2015 vom 10. Dezember 2015 E. 3.2.1; MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Rz. 28 zu Art. 56 StPO, m.w.H.; vgl. auch Art. 189 StPO), ebenso wenig wie im Allgemeinen der Richter, der im Laufe eines Verfahrens vor dem instanzabschliessenden Entscheid Verfahrenshandlungen vorgenommen hat und Vor- bzw. Zwischenentscheide gefällt hat (BGE 131 I 113 E. 3.5 S. 117 ff.). Indessen lassen die Vorschriften über den Ausstand nicht zu, eine über besonderes Fachwissen verfügende Person im Rahmen einer Strafuntersuchung betreffend ein Unfallgeschehen konkret zum Ablauf Stellung beziehen zu lassen und sie hernach als Experten für die Analyse des Hergangs zu ernennen. Ein solches Vorgehen kann bei den Beteiligten den Anschein erwecken, der Experte sei im Zeitpunkt seiner Ernennung nicht mehr frei, von seiner zuvor in anderer Stellung geäusserten Auffassung abzurücken bzw. nicht mehr unvoreingenommen.
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5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen. Es liegt - objektiv betrachtet - ein Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. b StPO vor. Der Beschwerdegegner hat in den Ausstand zu treten.
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Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 20. April 2015 wird aufgehoben. Der Beschwerdegegner hat in den Ausstand zu treten.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Limmattal/ Albis und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 17. Mai 2016
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Misic
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