BGer 4A_493/2016 |
BGer 4A_493/2016 vom 05.10.2016 |
{T 0/2}
|
4A_493/2016
|
Urteil vom 5. Oktober 2016 |
I. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
|
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
|
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Hohl,
|
Gerichtsschreiberin Reitze-Page.
|
Verfahrensbeteiligte |
A.________,
|
vertreten durch Fürsprecher Martin Birchler,
|
Beschwerdeführer,
|
gegen
|
B.________ AG,
|
Beschwerdegegnerin.
|
Gegenstand
|
Krankentaggeld,
|
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
|
Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, vom 1. Juli 2016.
|
Sachverhalt: |
A. |
A.a. A.________ (Versicherter, Kläger, Beschwerdeführer) ist als selbstständiger Wirt tätig und bei der B.________ AG (Versicherung, Beklagte, Beschwerdegegnerin) krankenversichert. Dazu besteht als Zusatzversicherung eine Krankentaggeldversicherung.
|
A.b. Am 8. November 2013 meldete der Versicherte der Versicherung eine seit 23. September 2013 bestehende Arbeitsunfähigkeit von 100 % und verlangte Taggeld.
|
Am 13. Januar 2015 teilte die Versicherung dem Versicherten mit, gestützt auf den Bericht ihres Vertrauensarztes Dr. med. C.________ sei er ab sofort wieder zu 80 % arbeitsfähig. Ab dem 19. Januar 2015 bestehe deshalb kein Taggeldanspruch mehr.
|
A.c. Der Hausarzt des Versicherten, Dr. med. D.________, wies in seinem Bericht vom 17. Februar 2015 jedoch auf eine unveränderte Lage hin und erachtete den Versicherten nach wie vor als arbeitsunfähig. Erst per 1. Mai 2015 wies er auf die Aufnahme eines vollen Arbeitspensums hin.
|
B. |
Am 29. Februar 2016 erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage beim Obergericht Appenzell Ausserrhoden und beantragte, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 19. Januar 2015 bis 30. April 2015 die versicherte Taggeldleistung von Fr. 164.40 während 101 Tagen (davon 69 Tage à 60 % und 32 Tage à 100 %), ausmachend gesamthaft Fr. 12'067.65 zuzüglich Zins, zu zahlen.
|
Mit Entscheid vom 1. Juli 2016 wies der Einzelrichter des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden die Klage ab.
|
C. |
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht sinngemäss, der Entscheid vom 1. Juli 2016 des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden sei aufzuheben und seine Klage gutzuheissen.
|
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
|
Erwägungen: |
1. |
Zu beurteilen ist die Leistungspflicht aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, KVAG; SR 832.12; bis zum 1. Januar 2016: Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [KVG; SR 832.10], vgl. Botschaft zum Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung, BBl 2012 S. 1941 ff., S. 1956) dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, womit als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG in Betracht kommt (BGE 138 III 2 E. 1.1 S. 3; 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f. mit Hinweis).
|
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG). Das Obergericht Appenzell Ausserrhoden hat als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 7 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG entschieden, weshalb die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Erreichen der Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 BGG zulässig ist (vgl. BGE 138 III 2 E. 1.2.2 S. 4 ff., 799 E. 1.1 S. 800). Die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist unter Vorbehalt rechtsgenügend begründeter Rügen (vgl. E. 2 hiernach) auf die Beschwerde einzutreten.
|
2. |
2.1. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Mit Blick auf die Begründungspflicht des Beschwerdeführers (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 134 III 102 E. 1.1 S. 104).
|
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
|
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
|
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
|
3. |
3.1. Gemäss Ziffer 12 der auf den Versicherungsvertrag anwendbaren Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB; Ausgabe 2006), bezahlt die Beschwerdegegnerin ein Taggeld, wenn der Versicherte nach ärztlicher Feststellung arbeitsunfähig ist. Bei voller Arbeitsunfähigkeit wird das volle Taggeld ausgerichtet, bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit von mindestens 25 % ein Taggeld entsprechend dem Grad der Arbeitsunfähigkeit (Art. 13 AVB). Arbeitsunfähigkeit ist gemäss der Begriffsdefinition in Ziffer 16 AVB die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit bedingte volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.
|
3.2. Die Beschwerdegegnerin stellte ihre Taggeldleistungen per 19. Januar 2015 ein, da gemäss dem Bericht ihres Vertrauensarztes, Dr. med. C.________, keine leistungsbegründende Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers (mehr) bestand. Der Beschwerdeführer stellte sich aber auf den Standpunkt, er sei gemäss dem Bericht seines Hausarztes, Dr. med. D.________, weiterhin, jedenfalls bis zum 1. Mai 2015 arbeitsunfähig. Entsprechend prüfte die Vorinstanz, ob dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 19. Januar bis zum 1. Mai 2015 weiterhin ein Taggeldanspruch zustand.
|
Nach den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid litt der Beschwerdeführer unter urologischen Beschwerden, Bluthochdruckproblemen sowie Hämorrhoiden. Hinsichtlich dem urologischen Problem folgte die Vorinstanz dem Bericht des Urologen Dr. E.________. Dieser hielt den Beschwerdeführer grundsätzlich für arbeitsfähig, attestierte aber aufgrund des konkreten Arbeitsplatzes aus urologischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit von 10 bis 20 %. Hinsichtlich den Hämorrhoiden hielt die Vorinstanz fest, dass kein Bezug zur Arbeitsfähigkeit behauptet worden sei. Diese würden bloss eine nachvollziehbare Einschränkung des Wohlbefindens bewirken. Entsprechend prüfte die Vorinstanz, ob das Bluthochdruckproblem einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers hatte. Dabei hielt sie fest, dass die Meinungen von Dr. med. D.________ und Dr. med. C.________ auseinandergehen würden: Dr. C.________ hielt den Beschwerdeführer in seinem Bericht vom 17. Dezember 2014 für arbeitsfähig. Er führte aus, der ungenügend eingestellte Blutdruck stelle keine Reduktion der Arbeitsfähigkeit dar. Demgegenüber hielt Dr. med. D.________ fest, dass keine neuen medizinischen Fakten zu Tage getreten seien, womit er den Beschwerdeführer (aufgrund seines Bluthochdruckproblems) weiterhin, entsprechend seinen früheren Berichten, für arbeitsunfähig hielt. Die Vorinstanz hielt jedoch fest, dass keiner der beiden Ärzte ihren Standpunkt begründen würden, weshalb es nicht möglich sei, diese Standpunkte von einer objektiven Warte her einer Überprüfung zu unterziehen. Es stehe Meinung gegen Meinung, woraus sich eine Patt-Situation ergebe. Beide Ärzte würden zudem eine gewisse Nähe zur Partei aufweisen, die von ihr profitiere. Mit Blick auf die Beweislastverteilung sei es darüber hinaus müssig zu sinnieren, ob allenfalls die Glaubwürdigkeit von Dr. med. C.________, dessen Distanz zur Beschwerdegegnerin wohl etwas grösser sei als diejenige von Dr. med. D.________ zum Beschwerdeführer, leicht erhöht sei. Unterbleiben könne auch eine Befragung von Dr. med. D.________ sowie die Einholung eines Gutachtens, denn der Beschwerdeführer sei seit einem Jahr wieder voll arbeitsfähig, weshalb von einem gegenüber der fraglichen Periode veränderten Gesundheitszustand ausgegangen werden müsse. Es könnte lediglich ein Aktengutachten erstellt werden, wovon jedoch angesichts der wenigen Unterlagen keine wesentlichen Erkenntnisse zu erwarten seien. Schliesslich lasse sich aus dem Bericht von Dr. med. F.________ vom 22. April 2015 hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen Bluthochdruck und Arbeitsfähigkeit nichts entnehmen. Insgesamt sei damit festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, im eingeklagten Zeitraum mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über 25 % liegende Arbeitsunfähigkeit zu beweisen. Für die Zeit vom 19. Januar 2015 bis Ende April 2015 bestehe damit Beweislosigkeit, welche zu Lasten des Beschwerdeführers gehe. Mithin habe die Beschwerdegegnerin ihre Leistungspflicht zu Recht verneint.
|
3.3. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung. Im Wesentlichen macht er geltend, er habe der Beschwerdegegnerin für die Zeit vom 19. Januar bis 30. April 2015 vier Arztzeugnisse von seinem Hausarzt, Dr. med. D.________, eingereicht, in welchen weiterhin eine (teilweise) Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei. Ärzte seien verpflichtet, Arztzeugnisse wahrheitsgetreu zu verfassen, weshalb die Beschwerdegegnerin darauf habe abstellen müssen und ihre Leistungen nicht hätte einstellen dürfen. Wäre sie der Ansicht gewesen, dass die Zeugnisse nicht den Tatsachen entsprochen hätten, hätte sie auf den ausstellenden Arzt Rückgriff nehmen müssen, was sie jedoch unterlassen habe.
|
Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend mit dem angefochtenen Entscheid auseinander, womit keine gen ügende Willkürrüge vorliegt. Die Willkürrüge wäre aber ohnehin unbegründet. Denn wie die Vorinstanz richtig festgehalten hat und wovon auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausgeht, musste er eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür nachweisen, dass er im Zeitraum von Januar bis Mai 2015 noch (über 25 %) arbeitsunfähig war. Dafür hat er sich nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid "ausschliesslich" auf die Ausführungen seines Hausarztes, Dr. med. D.________, gestützt, woraufhin die Vorinstanz festgehalten hat, dass diese Berichte inhaltlich vom Bericht von Dr. med. C.________ abweichen würden. Dass er sich im vorinstanzlichen Verfahren auch auf die vier Arztzeugnisse berufen hätte, tut der Beschwerdeführer nicht dar (zur Sachverhaltsermittlung im Bereich der Untersuchungsmaxime vgl. Urteil 4A_360/2015 vom 12. November 2005 mit Hinweisen). Ohnehin ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht dargelegt, welche entscheidrelevanten Tatsachen sich aus diesen vier Arztzeugnissen ergeben hätten. Denn wie der Beschwerdeführer ausführt und dies im Übrigen auch dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen ist, hat der Hausarzt dem Beschwerdeführer darin bloss für einen gewissen Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeit attestiert. Dass er darin auch seinen Standpunkt einlässlich begründet hätte, aus welchem Grund der Bluthochdruck einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers gehabt hätte und weshalb die Vorinstanz darauf hätte abstellen müssen, tut der Beschwerdeführer mit keinem Wort dar.
|
4. |
Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
|
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
|
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
|
3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
|
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
|
Lausanne, 5. Oktober 2016
|
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
|
des Schweizerischen Bundesgerichts
|
Die Präsidentin: Kiss
|
Die Gerichtsschreiberin: Reitze-Page
|