BGer 5A_82/2017 |
BGer 5A_82/2017 vom 02.05.2017 |
5A_82/2017
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Urteil vom 2. Mai 2017 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Levante.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Konkursmasse der B.________ in Liquidation, vertreten durch Konkursamt Winterthur-Altstadt,
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vertreten durch C.________, Konkursamt Wetzikon, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mark Reutter,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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provisorische Verteilungsliste im Konkurs,
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Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil
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des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer,
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als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 16. Januar 2017 (PS160204-O/U).
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Am 28. April 2005 wurde über die B.________ der Konkurs eröffnet. A.________ nahm als Gläubiger und Vertreter von weiteren Gläubigern an der ersten Gläubigerversammlung vom 24. Oktober 2007 teil. Daselbst wurde beschlossen, das Konkursamt Winterthur-Altstadt als Konkursverwaltung einzusetzen und auf die Wahl eines Gläubigerausschusses zu verzichten. A.________ wehrte sich ohne Erfolg gegen das so beschlossene Verfahren (BGE 135 III 464 ff.)
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A.b. Das Konkursamt erstellte am 18. Juli 2016 eine provisorische Verteilungsliste für die Abschlagsverteilungen. Gleichentags zeigte es A.________ mit vier Anzeigen die Auszahlung von insgesamt Fr. 21'419.10 an. Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Bezirksgericht Winterthur als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Er beantragte, die Verteilungsliste und die Anzeigen ungültig zu erklären. Zuerst müsse ein (dritter) Kollokationsplan erstellt und rechtskräftig werden. Das Bezirksgericht trat mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 auf die Beschwerde nicht ein.
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B. Das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs wies die von A.________ gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingereichte Beschwerde am 16. Januar 2017 ab, soweit darauf einzutreten war.
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C. A.________ ist mit Eingabe vom 30. Januar 2017 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäss die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Zudem will er festgestellt haben, dass der Kollokationsplan Nr. 1 vom Januar 2014 nach wie vor seine Gültigkeit hat und demzufolge der Kollokationsplan Nr. 2 vom 20. Februar 2014, sowie alle vom Konkursamt alsdann vorgenommenen Handlungen - insbesondere die provisorische Verteilungsliste und die Abschlagszahlungen - nichtig sind.
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Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Zudem stellt er ein Sistierungsgesuch.
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Der Beschwerde ist antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt worden, als dass das Konkursamt während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens keine weiteren Verteilungen vornehmen darf.
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Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt worden.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, welcher eine konkursamtliche Verfügung zum Gegenstand hat. Die Beschwerde in Zivilsachen ist unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Dem Beschwerdeführer als Gläubiger kommt ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des Beschwerdeentscheides zu, zumal er im kantonalen Verfahren unterlegen ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) eingereichte Beschwerdeergänzungen können nicht berücksichtigt werden.
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1.2. Vor Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Missachtung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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1.3. Der Beschwerdeführer regt mit Blick auf eine Kollokationsklage die Sistierung des Verfahrens vor Bundesgericht an. Inwieweit eine solche (künftige) Klage die vorliegende Beschwerde beeinflussen könnte, ist nicht nachvollziehbar. Es sind keine Gründe ersichtlich, welche eine Sistierung als zweckmässig erscheinen lassen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 BZP). Das Gesuch ist daher abzuweisen.
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2. Anlass der Beschwerde bildet die Abschlagsverteilung in einem Konkursverfahren.
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2.1. Abschlagsverteilungen können nur im ordentlichen Konkursverfahren vorgenommen werden und zwar erst nach Ablauf der Frist zur Anfechtung des Kollokationsplanes (Art. 266 SchKG; BGE 117 III 44 E. 1). Vorab ist eine provisorische Verteilungsliste aufzustellen, welche unter Mitteilung an die Gläubiger während zehn Tagen beim Konkursamt aufzulegen ist und mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG bei der Aufsichtsbehörde angefochten werden kann (Art. 263 SchKG, Art. 82 Abs. 1 KOV; BGE 94 III 50 E. 5). Mit der Abschlagsverteilung können bestimmte Konkursforderungen ganz oder teilweise vor dem Abschluss des Konkursverfahrens getilgt werden (STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, § 11 Rz. 135). Eine Pflicht zur Durchführung einer Abschlagsverteilung besteht nicht. Der betreffende Entscheid liegt im Ermessen des zuständigen Organs (RÜETSCHI, in: Kommentar KOV, 2016, N. 1 f. zu Art. 82).
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2.2. Die Vorinstanz hat ein aktuelles praktisches Interesse an der Anfechtung der Abschlagsverteilung durch den Beschwerdeführer verneint, da die von ihm geltend gemachten Forderungen vollständig gedeckt werden. Das erforderliche Interesse ergebe sich auch nicht aus dem Bestreben des Beschwerdeführers, die Stimmenmehrheit an einer allfälligen künftigen Gläubigerversammlung zu gewinnen, da durch die Abschlagsverteilung das Teilnahmerecht nicht beeinflusst werde.
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2.3. Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen die Abschlagsverteilung, da seiner Ansicht nach nur der Kollokationsplan Nr. 1 vom Januar 2014 den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Der Kollokationsplan Nr. 2 vom 20. Februar 2014 sei nichtig, da er und weitere 67 Gläubiger daraus gestrichen worden sind. Ein solcher "Raus-Kauf" sei gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unzulässig. Demzufolge seien auch alle nachfolgenden Handlungen des Konkursamtes nichtig. Zudem strebt der Beschwerdeführer die Einreichung einer Kollokationsklage an und verlangt vom Konkursamt, dass ihm entsprechend Frist angesetzt werde.
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2.4. Bei der Abschlagsverteilung darf in der provisorischen Verteilungsliste keine Forderung berücksichtigt werden, die aufgrund des Kollokationsplans noch strittig ist (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 266; JEANDIN, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 8 zu Art. 266). Ob der Kollokationsplan für alle Forderungen in Rechtskraft erwachsen ist, spielt hingegen keine Rolle. Im vorliegenden Fall sind die Forderungen des Beschwerdeführers zugelassen und ist die Zulassung nicht angefochten worden. Dass die auf der provisorischen Verteilungsliste basierenden Auszahlungen diesen Beträgen tatsächlich entsprechen und vollständig gedeckt werden, wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Damit durfte die Vorinstanz zu Recht davon ausgehen, dass es dem Beschwerdeführer an einem aktuellen und praktischen Interesse hinsichtlich der Anfechtung der Abschlagsverteilung fehle.
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2.5. Soweit der Beschwerdeführer einzig den Kollokationsplan Nr. 1 als gültig erachtet, kann ihm nicht gefolgt werden. Das Konkursamt hat in der Folge den Kollokationsplan Nr. 2 erstellt und dabei eine Reihe von Gläubigern gelöscht. Wie das Bundesgericht bereits in einem vorangehenden Verfahren betreffend die Beschlüsse der zweiten Gläubigerversammlung festgehalten hat, wurde seitens des Beschwerdeführers gegen die Streichung seiner Forderungen keine Beschwerde eingereicht, und gegen die Streichung von Forderungen anderer Gläubiger sei er nicht zur Beschwerde berechtigt gewesen (Urteil 5A_729/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 2.2). Der Beschwerdeführer besteht darauf, dass der Kollokationsplan Nr. 2 nichtig sei; seiner Ansicht nach hätte das Konkursamt Forderungen von ihm und von weiteren 67 Gläubigern trotz "Auskauf" nicht löschen dürfen.
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2.5.1. Mit seinen Vorbringen erneuert er im Wesentlichen seine Kritik am Vorgehen des Konkursamtes, welches mit Verfügung vom 20. Februar 2014 die Forderungen einer Reihe von Gläubigern gestrichen hat. Bereits im erwähnten Verfahren haben die kantonale Aufsichtsbehörde und das Bundesgericht keinen Anhaltspunkt für einen Nichtigkeitsgrund erblicken können (Urteil 5A_729/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 2.3). Die Frage der Zulässigkeit der Vorabbefriedigung von bestimmten kollozierten Forderungen durch die Zahlung eines Dritten (Urteil 5A_769/2013 vom 13. März 2013 E. 3) ist für den konkreten Fall nicht zu erörtern.
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2.5.2. Der Beschwerdeführer verweist auf BGE 108 III 23 (E. 3, 2 S. 24 ff.). In jenem Urteil ging es um die Neuauflage eines Kollokationsplanes, nachdem eine Forderung durch Kollokationsurteil festgestellt worden war, und deshalb den Gläubigern unmöglich das Recht verschaffen konnte, erneut Kollokationsklage zu erheben. Aus diesem Grund war jene Neuauflage nichtig bzw. konnte sie keine weitere Wirkung entfalten. Aus dem Hinweis kann der Beschwerdeführer nichts für sich ableiten. Aus welchen Gründen das Konkursamt dem Beschwerdeführer eine Frist zur Einreichung einer Kollokationsklage ansetzen sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal seine Forderungen gar nicht strittig sind. Der Hinweis auf das Urteil BGE 96 III 74 ff. ist in diesem Zusammenhang ohnehin unbehelflich. Im genannten Fall ging es um ein Lastenverzeichnis, das nachträglich geändert worden war. Wird es von einem Pfandgläubiger bestritten, da ein anderer Pfandgläubiger ihm neu im Rang vorgeht, so hat das Konkursamt dem Bestreitenden Frist zur Klage anzusetzen. Inwiefern die Verfügung vom 20. Februar 2014 nicht bloss anfechtbar, sondern nichtig sein soll, vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen.
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3. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Zufolge Aussichtslosigkeit der Begehren des Beschwerdeführers ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Das Sistierungsgesuch wird abgewiesen.
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2. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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4. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. Mai 2017
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Escher
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Der Gerichtsschreiber: Levante
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