BGer 2C_357/2016 |
BGer 2C_357/2016 vom 12.06.2017 |
2C_357/2016
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Urteil vom 12. Juni 2017 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Zünd,
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Bundesrichterin Aubry Girardin,
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Bundesrichter Donzallaz,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiberin Mayhall.
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Verfahrensbeteiligte |
1. Vera-Sammelstiftung in Liquidation,
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2. Pevos-Sammelstiftung in Liquidation,
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Beschwerdeführerinnen,
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beide vertreten durch Fürsprecher Dr. Fritz Rothenbühler,
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gegen
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Schweizerische Eidgenossenschaft,
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vertreten durch das Eidgenössische Finanzdepartement,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Staatshaftung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2016.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Die Vera- und Pevos-Sammelstiftungen wurden im Jahr 1984 bzw. 1985 als Stiftungen im Sinne der Art. 80 ff. ZGB errichtet. Sie bezweckten die versicherungsmässige Vorsorge für Arbeitnehmer von Unternehmungen des Handels, der Industrie und des Gewerbes in der ganzen Schweiz bei Alter und Invalidität bzw. bei Tod für deren Hinterbliebene. Als Vorsorgeeinrichtungen mit nationalem Charakter wurden sie mit Verfügungen vom 11. Februar 1985 bzw. 17. April 1985 der Aufsicht des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) unterstellt und provisorisch im Register für berufliche Vorsorge eingetragen. Am 8. August 1990 verfügte das BSV die definitive Registrierung der Vera-Sammelstiftung; eine definitive Registrierung der Pevos-Sammelstiftung erfolgte nicht. Die Vera- und Pevos-Sammelstiftungen bildeten zusammen mit der Vera-Anlagestiftung und der Pevos-Anlagestiftung einen Stiftungskomplex, der mit bis zu 40 weiteren Gesellschaften zu einer von Albert Heer beherrschten Unternehmensgruppe gehörte. Gemäss dem Motto "Aus der Region - für die Region" sollten die Vorsorgegelder in Bau- und Immobilienprojekte der betreffenden Region reinvestiert werden. Die einzelnen Unternehmen schlossen dabei zum Zweck der beruflichen Vorsorge mit der Vera- bzw. der Pevos-Sammelstiftung Anschlussverträge ab. Die künftig zu erbringenden Leistungen wurden mittels Kollektivversicherungsverträgen versichert, und gleichzeitig wurden die Versicherungsverträge belehnt ("Policendarlehen"), um mit den so erhaltenen Mitteln bei der jeweiligen Anlagestiftung VARIA-Anteilsscheine zu zeichnen, wobei die Versicherungsgesellschaften Policendarlehen im Umfang von 50 % des Deckungskapitals gewährten.
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A.b. Zu Beginn der Jahre 1990 hatten die Sammelstiftungen zunehmend mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Nachdem die Kontrollstelle in ihrem Bericht zum Geschäftsbericht und der Jahresrechnung 1992 erstmals auf eine mögliche Unterdeckung hingewiesen hatte, bestellte das BSV mit Schreiben vom 2. Juli 1993 eine Expertise zur Liegenschaftsbewertung betreffend die Vera-Anlagestiftung, die Wertverluste auf den Immobilien und damit bei den Anteilsscheinen bestätigte. Am 3. Februar 1994 verbot das BSV im Sinne von provisorischen vorsorglichen Massnahmen die künftige Verpfändung von Versicherungsverträgen und die weitere Zeichnung von VARIA-Anteilsscheinen und setzte zur Wahrung des Stiftungsinteresses und zur Unterstützung der Aufsichtsbehörde einen unabhängigen Sachverständigen ein. Im Mai 1994 unterbreitete der Experte dem BSV eine erste und am 10. Oktober 1995 eine aktualisierte Wirtschaftlichkeits-/Machbarkeitsstudie, welche die Grundlage für die Beurteilung der Überlebensfähigkeit der Anlagestiftungen und somit indirekt der Sammelstiftungen bildete. Die Studie enthielt zur Schadensbegrenzung das Konzept "Übernehmer". In der Folge wurden zur Rettung der Sammelstiftungen und der Anlagestiftungen verschiedene Auffangaktionen geprüft, dies unter Beizug des BSV, der Sammelstiftungen, der Anlagestiftungen, des Experten, des Sicherheitsfonds BVG sowie verschiedener Banken und Versicherungsgesellschaften. Mit Schreiben vom 3. Januar 1996 teilte der Experte dem BSV mit, dass die Sanierungsaussichten dahingefallen seien, und empfahl eine Liquidation der Sammelstiftungen. Am 9. Januar 1996 informierte das BSV die Sammelstiftungen mündlich darüber, dass es einen Entscheid über die Aufhebung der Sammelstiftungen erlassen werde; gleichzeitig nahm das BSV von der Absicht der Sammelstiftungen Kenntnis, ein Gesuch um Nachlassstundung einzureichen.
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A.c. Am 16. Januar 1996 hob das BSV die Sammelstiftungen infolge Überschuldung und Unerreichbarkeit ihres Zweckes auf, ordnete ihre Streichung aus dem Register für die berufliche Vorsorge an und beauftragte den Stiftungsrat, die Liquidation einzuleiten. Die Sammelstiftungen und die Anlagestiftungen teilten dem BSV mit Schreiben vom 8. Februar 1996 mit, dass die Nachlassstundungsgesuche erstellt seien und sie beabsichtigen würden, diese beim Nachlassrichter einzureichen. Am 8. März 1996 besetzte das BSV die beiden Stiftungsräte der Sammelstiftungen neu. Am 31. Juli 1996 erstellte ein promovierter Jurist einen Bericht zu Haftungsfragen. In den Jahren 1997 und 1998 musste der Sicherheitsfonds BVG gesetzliche Vorsorgeleistungen von insgesamt Fr. 62'500'000.-- für die Destinatäre der Vera-Sammelstiftung in Liquidation und Fr. 10'100'000.-- für diejenige der Pevos-Sammelstiftung sicherstellen (vgl. Verfahren 9C_92/2007).
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A.d. Mit separaten Eingaben vom 28. Februar 1997 machten die Vera- und Pevos-Sammelstiftungen in Liquidation beim Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) Staatshaftungsansprüche wegen Verletzung von Aufsichtspflichten durch das BSV wie folgt geltend:
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- für den Bilanzverlust (gemäss einer nach Bereinigung der Passiven und nach Verwertung der übrigen Aktiven, jedoch vor Abschluss des Liquidationsverfahrens zu erstellenden Zwischenbilanz, maximal Fr. 70'000'000.-- (Vera) bzw. Fr. 10'000'000.-- (Pevos); und
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- für verlorene bzw. nicht entstandene freie Stiftungsmittel in gemäss Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzender Höhe, mutmasslich in Höhe von ca. 20 % der Bilanzsumme per 31. Dezember 1995, somit Fr. 20'000'000.-- (Vera) bzw. Fr. 5'000'000.-- (Pevos); je zuzüglich Zins von 5 % seit Stichtag der zu erstellenden Zwischenbilanz, unter Kosten und Entschädigungsfolge [der Eidgenossenschaft].
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Nach einer Verfahrenssistierung und -vereinigung wies das EFD am 23. Mai 2011 die Schadenersatzbegehren der Vera- und Pevos-Sammelstiftungen in Liquidation ab, soweit es darauf eintrat.
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B. |
Mit Urteil vom 8. März 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die von den Sammelstiftungen in Liquidation dagegen erhobene Beschwerde ab.
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C. |
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. April 2016 beantragen die Vera-Sammelstiftung in Liquidation und die Pevos-Sammelstiftung in Liquidation, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2016 sei aufzuheben und die Schadenersatzbegehren seien gutzuheissen. Die Beschwerdegegnerin sei kostenfällig zu verpflichten, der Pevos-Sammelstiftung in Liquidation Fr. 7'598'843.35 und der Vera-Sammelstiftung in Liquidation Fr. 62'149'736.93 zu bezahlen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Darstellungen der Beschwerdeführerinnen vollumfänglich, beruft sich auf die Verwirkung allfälliger Ansprüche und beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Beschwerdeführerinnen verzichten auf eine Stellungnahme.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerdeführinnen haben frist- und formgerecht (im Sinne von Art. 100 Abs. 1 und Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 BGG) auf dem Gebiet der Staatshaftung. Vorbehältlich der medizinischen Haftung (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG; Art. 31 lit. d des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006; SR 173.110.131) unterliegen Entscheide auf dem Gebiet der Staatshaftung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht (Art. 82 lit. a BGG), sofern das Streitwerterfordernis von Fr. 30'000.-- (Art. 85 Abs. 1 lit a BGG) erfüllt ist (BGE 135 III 329 E. 1.1 S. 331). Das Streitwerterfordernis ist erfüllt, und das eingereichte Rechtsmittel ist zulässig.
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1.2. Die Beschwerdeführerinnen, die am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen haben und mit ihren Anträgen unterlegen sind, haben ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der Gutheissung ihrer Entschädigungsanträge. Sie sind zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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1.3. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweis). Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde auf alle sich stellenden rechtlichen Fragen einzugehen, wenn diese ihm nicht mehr unterbreitet werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; Urteil 2C_625/2016 vom 12. Dezember 2016 E. 1.5, zur Publ. vorg.). Das Bundesgericht ist weder an die Begründung der Vorinstanz noch an diejenige der Beschwerde gebunden, sondern kann letztere auch aus anderen Gründen abweisen (Motivsubstitution; BGE 138 III 537 E. 2.2 S. 540; 137 III 385 E. 3 S. 386; 135 III 397 E. 1.4 S. 400; 133 II 249 E. 2.2 S. 550).
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1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. |
Vorab zu prüfen ist die sowohl im erstinstanzlichen wie im vorinstanzlichen Verfahren erhobene Einwendung der Beschwerdegegnerin, die geltend gemachten Ansprüche aus Staatshaftungsrecht seien wegen Ablaufs der relativen Verwirkungsfrist von Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (VG; SR 170.32) im Zeitpunkt der Einreichung des Schadenersatzbegehrens beim EFD am 28. Februar 1997 untergegangen.
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2.1. Das vorliegende Beschwerdeverfahren hat haftungsrechtliche Ansprüche zum Gegenstand, welche die Beschwerdeführerinnen (in ihrer Eigenschaft als geschädigte Vorsorgeeinrichtungen) gegen ihre Aufsichtsbehörde, das BSV und damit gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft (JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, La responsabilité de l'Etat pour la surveillance des marchés financiers, in: La responsabilité de l'Etat, 2012, S. 192) für mangelhafte Aufsicht geltend machen. In zeitlicher Hinsicht anwendbar ist das Recht, welches im Zeitpunkt der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes in Kraft stand (BGE 139 V 335 E. 6.2 S. 338; Urteil 2C_195/2016 vom 26. September 2016 E. 2.2.2; vgl. bereits BGE 111 II 186 E. 6 S. 190 ff.). Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) enthält und enthielt im massgeblichen Zeitpunkt keine spezielle Haftungsregelung für Aufsichtsbehörden: Art. 52 BVG regelt nur die Haftung der Organe der Vorsorgeeinrichtung bzw. der gemäss aArt. 53 BVG vorgesehenen Kontrollstellen und anerkannten Experten (Urteil 2A.35/1997 vom 28. Januar 1998 E. 1d; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Staatliche Haftung bei mangelhafter BVG-Aufsichtstätigkeit, Diss. Zürich 1997, S. 112; zur davon zu unterscheidenden Konstellation des Regressrechts des Sicherheitsfonds BVG gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft BGE 139 V 127 E. 5.1 S. 133; Urteil 9C_735/2015 vom 14. September 2016 E. 5.1). Die Haftung der Schweizerischen Eidgenossenschaft für eine allfällige mangelhafte Aufsichtstätigkeit des BSV über die Beschwerdeführerinnen (in ihrer Eigenschaft als geschädigte Vorsorgeeinrichtungen) richtet sich somit nach dem VG (Art. 3 Abs. 2
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2.2. Gemäss Art. 3 Abs. 1 VG haftet der Bund für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt, ohne Rücksicht auf das Verschulden des Beamten. Der Rechtsbegriff des Schadens und die Rechtsgrundsätze zur Schadensberechnung stimmen grundlegend mit demjenigen des Privatrechts überein (TOBIAS JAAG, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band I/3: Staats- und Beamtenhaftung, 3. Aufl. 2017, N. 164; VETTER-SCHREIBER, a.a.O., S. 128 f.). Der Schaden, für den Ersatz verlangt werden kann, besteht auch im öffentlichen Verantwortlichkeitsrecht in der Differenz zwischen dem gegenwärtigen Stand des Vermögens und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis erreicht hätte (Art. 3 Abs. 1 VG; BGE 107 Ib 160 E. 2a S. 162; ROLAND BREHM, Berner Kommentar zum Obligationenrecht, 4. Aufl. 2013, N. 70b zu Art. 41 OR). Bestand und Höhe des Schadens sind Tatfragen, die vom Bundesgericht nur auf Rechtsverletzungen, insbesondere auf Willkür (Art. 9 BV) überprüft werden können (Art. 97 BGG). Nach ständiger bundesgerichtlicher Praxis findet die bundesrechtliche Beweisvorschrift von Art. 42 Abs. 2 OR, die dem Geschädigten den Schadensnachweis erleichtern soll, auch im Staatshaftungsrecht des Bundes Anwendung (BGE 108 Ib 97 E. 1c S. 100; Urteil 2C_192/2015 vom 1. August 2015 E. 3.6; VETTER-SCHREIBER, a.a.O., S. 131). Diese Bestimmung räumt dem Sachgericht in Fällen, in denen ein strikter Nachweis des Schadens oder des Schadenseintritts ausgeschlossen ist, ein weites Tatbestandsermessen in Form einer ermessensweisen Schadensschätzung ein (BGE 140 III 409 E. 4.3.1 S. 416; 122 III 219 E. 3a S. 221, E. 3b S. 222; Urteil 4A_463/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 6; ALEXANDER R. MARKUS, Berner Kommentar der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Artikel 1-149 ZPO, 2012, N. 6 ff. zu Art. 85 ZPO).
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2.3. Staatshaftungsansprüche gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft sind innerhalb der in Art. 20 VG festgesetzten Fristen geltend zu machen. Die Haftung des Bundes erlischt, wenn der Geschädigte sein Begehren auf Schadenersatz oder Genugtuung nicht innert eines Jahres seit Kenntnis des Schadens einreicht, auf alle Fälle nach zehn Jahren seit dem Tage der schädigenden Handlung des Beamten. Gesetzessystematisch übereinstimmend mit Art. 60 OR (vgl. zum Verhältnis zwischen den beiden Gesetzesartikeln BGE 126 II 145 E. 4 S. 155 ff.; 136 II 187 E. 7.4.4 S. 198 f.) beginnt die relative Verwirkungsfrist von Art. 20 Abs. 1 VG zu laufen, wenn der Geschädigte Kenntnis von der Person des Schädigers und der wesentlichen Elemente des Schadens hat, die es ihm erlauben, den gesamten Schaden grob zu überblicken und sein Staatshaftungsbegehren in den Grundzügen zu begründen (BGE 108 Ib 97 E. 1c S. 100; Urteile 2C_192/2015 vom 1. August 2015 E. 3.6; 2C_956/2011 vom 2. April 2012 E. 3.4; 2C_640/2011 vom 1. Februar 2012 E. 2; BREHM, a.a.O., N. 34b zu Art. 60 OR). Dagegen braucht der Geschädigte nicht zu wissen, wie hoch ziffernmässig der Schaden ist, kann doch der Geschädigte auf Ersatz künftigen Schadens klagen, selbst wenn dessen Umfang noch nicht sicher feststeht, weil künftige Ereignisse ihn noch erhöhen oder vermindern können. Der Satz, wonach der ziffernmässig nicht nachweisbare Schaden nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abgeschätzt werden soll (Art. 42 Abs. 2 OR), ist nicht nur auf den bereits eingetretenen, aber schwer nachweisbaren Schaden zugeschnitten, sondern auch auf die Nachteile, die der Betroffene wegen der schädigenden Handlung voraussichtlich noch erleiden wird (BGE 114 II 253 E. 2a S. 256; 108 Ib 97 E. 1c S. 100; Urteil 2C_192/2015 vom 1. August 2015 E. 3.6).
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3. |
3.1. Die Beschwerdegegnerin hat bereits im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren die (materielle) Einwendung der Verwirkung erhoben, woraufhin das EFD mit Verfügung vom 27. Januar 2014 die Schadenersatzbegehren der Beschwerdeführerinnen abwies. Die Vorinstanz hat zur Verwirkung erwogen, dass bei den Beschwerdeführerinnen weder im Zeitpunkt der feststehenden Undurchführbarkeit des Konzepts "Übernehmer" noch im Zeitpunkt der Liquidation der Stiftung am 16. Januar 1996 eine hinreichende Schadenskenntnis vorhanden war, was im Wesentlichen auch für die Zwischenbilanz per 30. Juni 1995 gelte, welche offenbar dem Entwurf um Nachlassstundung beilag (angefochtenes Urteil, E. 3.4, S. 16). Im Sinne einer Eventualbegründung erwog die Vorinstanz weiter, selbst bei früherer Schadenskenntnis wären die Schadenersatzansprüche nicht verwirkt; von den damaligen Stiftungsräten könne nicht verlangt werden, dass sie zum damaligen Zeitpunkt auch Schadenersatzansprüche gegen die Beschwerdegegnerin hätten erheben müssen mit der Begründung, die Aufsichtsbehörde hätte aufsichtsrechtlich gegen die eigene und explizit gewollte Geschäftspolitik vorzugehen gehabt. Die damaligen Stiftungsratsmitglieder, die bis zur Neubesetzung der Stiftungsräte im März 1996 in ihrer Funktion verblieben seien, hätten sich damit selbst eines Fehlverhaltens bezichtigen müssen, was nicht angehe (angefochtenes Urteil, E. 3.5, S. 16 f.).
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3.2. Die Beschwerdegegnerin hält in ihrer Vernehmlassung vom 11. Juli 2016 an das Bundesgericht an ihrer Rechtsauffassung fest, die Ansprüche der Beschwerdeführerinnen seien wegen Ablauf der relativen Verwirkungsfrist von Art. 20 VG verwirkt. Der Auffassung der Vorinstanz könne nicht gefolgt werden, weil der Anspruch des Geschädigten auf Schadenersatz oder Genugtuung in einem Jahr vom Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt habe, verwirke; der Geschädigte könne mit der Geltendmachung des Schadens nicht bis zu jenem Zeitpunkt zuwarten, in welchem das absolut genaue Ausmass seines Verlustes bekannt sei. Den Beschwerdeführerinnen seien die tatsächlichen Umstände über die Existenz, die Beschaffenheit und die wesentlichen Merkmale des Schadens gestützt auf die in diesem Zeitpunkt erstellten Gutachten bereits im Jahr 1993/1994 bekannt gewesen; im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass bei Einreichung des Schadenersatzgesuchs am 28. Februar 1997 die Verwirkungsfrist von einem Jahr auch abgelaufen gewesen wäre, wenn der Abschluss der Sanierungsbemühungen im Dezember 1995 als fristauslösend betrachtet würde. Das Argument der Vorinstanz, dass von den damaligen Stiftungsräten der Beschwerdeführerinnen nicht habe verlangt werden können, Schadenersatzansprüche geltend zu machen mit der Begründung, die Aufsichtsbehörde hätte gegen die eigene und explizit gewollte Geschäftspolitik einschreiten müssen, sei nach bisheriger Praxis deswegen nicht stichhaltig, weil dieser Gesichtspunkt für die Berechnung der relativen Verwirkungsfrist nicht ausschlaggebend sei. Die Einsetzung neuer Organe habe keine neue relative Verwirkungsfrist ausgelöst; für den Fall, dass die Beschwerdeführerinnen nach deren Einsetzung der Auffassung gewesen wären, die Frist von Art. 20 VG sei unverschuldet nicht eingehalten worden, hätten sie um Wiederherstellung dieser Frist ersuchen müssen.
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3.3. Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, die Vorinstanz habe den Rechtsbegriff der fristauslösenden Schadenskenntnis im Sinne von Art. 20 VG verkannt, ist zutreffend.
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3.3.1. Gemäss ständiger Praxis und herrschender Lehre kann der Geschädigte mit der Einreichung eines Gesuchs um Leistung von Schadenersatz nicht zuwarten, bis er den ihm in groben Zügen bekannten Schaden ziffernmässig berechnen kann (oben, E. 2.3). Von diesem Begriff der Schadenskenntnis sind letztlich auch die Beschwerdeführerinnen ausgegangen, haben sie doch am 28. Februar 1997 ein Ermessensgesuch (im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OR) mit einem Maximalbetrag eingereicht. Aus welchen Gründen mit der Einreichung eines Ermessensgesuchs bis zu diesem Zeitpunkt hätte zugewartet werden müssen erschliesst sich weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den Akten. Aus den Akten geht vielmehr hervor, dass sowohl die Aufsichtsbehörde BSV in ihrer Verfügung über die Aufhebung und Liquidation der Beschwerdeführerinnen vom 16. Januar 1996 (S. 6) wie auch die Beschwerdeführerinnen in ihrem eigenen Entwurf vom 30. Januar 1996 (S. 9) um ein Gesuch um Bewilligung einer Nachlassstundung gemäss Art. 293 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG; SR 281.1) auf den bereinigten Zwischenabschluss per 30. Juni 1995 abgestellt haben. Dieser bereinigte Zwischenabschluss per 30. Juni 1995, gestützt auf welchen von der Aufsichtsbehörde mit Verfügung vom 16. Januar 1996 nichts Geringeres als die Liquidation der Beschwerdeführerinnen angeordnet worden ist, enthält genügend Anhaltspunkte für eine hinreichende Substanziierung eines Ermessensgesuchs um Schadenersatz, weshalb spätestens die Kenntnis der Liquidation der Beschwerdeführerinnen und dieser Zwischenbilanz den Fristenlauf der relativen Verwirkungsfrist von Art. 20 VG auszulösen vermochte. Damit erweist sich das am 28. Februar 1997 von den Beschwerdeführerinnen eingereichte Gesuch gegen die Beschwerdegegnerin auf Leistung von Schadenersatz auf jeden Fall als verspätet.
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3.3.2. Am Fristenlauf gemäss Art. 20 VG vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Stiftungsorgane ein Ermessensgesuch um Leistung von Schadenersatz gegen die Beschwerdegegnerin wegen mangelhafter Aufsicht damit hätten begründen müssen, die Beschwerdegegnerin hätte gegen ihre eigene und explizit gewünschte Geschäftspolitik einschreiten müssen.
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Das Wissen der Stiftungsorgane ist den Beschwerdeführerinnen zuzurechnen (BGE 124 III 418 E. 1a S. 420), was vorliegend nicht bestritten ist. Die Stiftungsorgane haben - als Ausfluss ihrer Treuepflicht - den Stiftungszweck und nicht fremde oder gar ihre eigenen Interessen zu wahren (ROMAN BAUMANN LORANT, Der Stiftungsrat - Das oberste Organ gewöhnlicher Stiftungen, Diss. Zürich 2009, S. 205 f., S. 310); die Aufsichtsbehörde hat ebenfalls dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinem Zweck entsprechend verwendet wird (Art. 84 Abs. 2 ZGB; vgl. dazu ausführlich Urteil 2C_1059/2014 vom 25. Mai 2016 E. 6.3.1). Im Falle eines Interessenkonflikts hat ein Stiftungsorgan zu Gunsten der Stiftung zu handeln, ansonsten es sich pflichtwidrig verhält und, sofern erforderlich, abzuberufen ist (BAUMANN LORANT, a.a.O., S. 311 f.; vgl. auch BGE 105 II 321 E. 5 S. 326 ff.). Entgegen der vorinstanzlichen Rechtsauffassung bildet der mögliche Interessenkonflikt der damaligen Stiftungsorgane somit keinen objektiven Grund dafür, dass vorliegend vom Erfordernis der Einhaltung der relativen Verwirkungsfrist von Art. 20 VG abgesehen werden könnte, sondern hätte allenfalls zu deren Ausstand oder gar Abberufung führen müssen.
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4. |
Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass bei zutreffender Auslegung und Anwendung des Schadenskenntnisbegriffes von Art. 20 VG das Gesuch der Beschwerdeführerinnen um Schadenersatz vom 28. Februar 1997 verspätet erfolgte und deren allfällige Ansprüche aus Staatshaftungsrecht wegen mangelnder Aufsicht der Beschwerdegegnerin verwirkt und damit untergegangen sind. Mit dieser geänderten rechtlichen Begründung (vgl. zur Zulässigkeit einer Motivsubstitution im bundesgerichtlichen Verfahren oben, E. 1.3) ist die Beschwerde abzuweisen, ohne dass auf die weitere Beschwerdebegründung einzugehen wäre.
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5. |
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführerinnen zu gleichen Teilen und in solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 20'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen zu gleichen Teilen und in solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 12. Juni 2017
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
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