BGer 9C_489/2017
 
BGer 9C_489/2017 vom 05.03.2018
 
9C_489/2017
 
Urteil vom 5. März 2018
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless.
Gerichtsschreiber Attinger.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ilija Penon,
Beschwerdeführerin,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (Gebäudeunterhaltskosten bei Wohnrecht),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 13. Juni 2017 (200 17 106 EL).
 
Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 17. Oktober 2016 und Einspracheentscheid vom 5. Januar 2017 verneinte die Ausgleichskasse des Kantons Bern einen Anspruch der 1938 geborenen A.________ auf Ergänzungsleistungen zu ihrer Altersrente wegen eines Einnahmenüberschusses.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 13. Juni 2017 teilweise gut und sprach der Versicherten eine Ergänzungsleistung von Fr. 448.- pro Monat zu.
A.________ lässt Beschwerde ans Bundesgericht führen mit dem Antrag, es sei ihr ab 1. Juni 2016 eine Ergänzungsleistung von Fr. 608.- pro Monat auszurichten. Überdies lässt sie um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne unentgeltlicher Prozessführung und Verbeiständung) ersuchen.
Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde.
 
Erwägungen:
1. Mit einer Ausnahme sind letztinstanzlich die EL-Berechnungsfaktoren unter den Verfahrensbeteiligten unbestritten (anerkannte Ausgaben: Lebensbedarf Fr. 19'290.-, Krankenkassenprämie Fr. 5'280.-, Mietwert Fr. 9'620.-, Nebenkosten Fr. 1'680.-; anrechenbare Einnahmen: Altersrente Fr. 20'880.-, Wohnrecht Fr. 9'620.-). Streitig ist nunmehr einzig, ob auch die Gebäudeunterhaltskosten als Ausgaben zu berücksichtigen sind.
2. Gebäudeunterhaltskosten und Hypothekarzinse werden (zusammen) bis zur Höhe des Bruttoertrages der Liegenschaft als Ausgaben anerkannt, wobei für die Gebäudeunterhaltskosten der für die direkte kantonale Steuer im Wohnsitzkanton anwendbare Pauschalabzug gilt (Art. 10 Abs. 3 lit. b ELG [SR 831.30] in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 ELV [SR 831.301]; BGE 138 V 17 E. 4.2.1 S. 20).
Im Urteil 9C_822/2009 vom 7. Mai 2010 E. 3.4 (in: SVR 2011 EL Nr. 2 S. 5) stützte sich das Bundesgericht im Falle einer Nutzniessungsberechtigten auf die hievor angeführten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen. Entgegen der - nicht näher erläuterten - Auffassung der Vorinstanz sind keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb beim Inhaber oder der Inhaberin eines Wohnrechts hinsichtlich des Abzugs der Gebäudeunterhaltskosten anders zu verfahren wäre (vgl. Urteil P 80/99 vom 16. Februar 2001 E. 3b/bb). Sowohl bei der Nutzniessung als auch beim (ausschliesslichen) Wohnrecht ist gesetzlich vorgesehen, dass der Berechtigte die Lasten des gewöhnlichen Unterhalts trägt (Art. 765 Abs. 1 und Art. 778 Abs. 1 ZGB). Weil die letztzitierte Vorschrift dispositiver Natur ist (Amédéo Wermelinger, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. II, 2016, N. 5 zu Art. 778 ZGB), bleibt in jedem Fall die konkrete Ausgestaltung des Wohnrechts zu prüfen. Nur wenn die berechtigte Person tatsächlich für die Gebäudeunterhaltskosten aufzukommen hat, rechtfertigt sich der (Pauschal-) Abzug nach Art. 16 ELV (vgl. Jöhl/Usinger-Egger, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 1786 Rz. 103 Fn. 411).
3. Laut Abtretungs- und Erbvertrag vom 11. Dezember 2001 tragen die beiden Wohnberechtigten (damals noch die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann) die Nebenkosten (Strom, Wasser etc.) sowie die Lasten des gewöhnlichen Unterhalts. Einer Berücksichtigung der Pauschale für die Gebäudeunterhaltskosten in Höhe von Fr. 1'924.-, d.h. 20 % des Bruttoertrages der Liegenschaft von Fr. 9'620.- (vgl. E. 1 hievor), steht nach dem Gesagten nichts im Wege (Art. 36 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 [StG/BE; BGS 661.11] in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 lit. b der Verordnung über die Unterhalts-, Betriebs- und Verwaltungskosten von Grundstücken vom 12. November 1980 [VUBV; BGS 661.312.51]). Den anerkannten Ausgaben von nunmehr Fr. 37'794.- (Fr. 19'290.- + Fr. 5'280.- + Fr. 9'620.- + Fr. 1'680.- + Fr. 1'924.-) stehen anrechenbare Einnahmen von Fr. 30'500.- (Fr. 20'880.- + Fr. 9'620.-) gegenüber. Der Ausgabenüberschuss von Fr. 7'294.- führt zur jährlichen Ergänzungsleistung vom selben Umfang. Die Beschwerdeführerin hat somit ab 1. Juni 2016 Anspruch auf eine Ergänzungsleistung von Fr. 608.- pro Monat.
4. Ausgangsgemäss trägt die Ausgleichskasse die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG); überdies hat sie der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor dem Bundesgericht ist demzufolge gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 13. Juni 2017 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 5. Januar 2017 werden aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin ab 1. Juni 2016 eine Ergänzungsleistung von Fr. 608.- pro Monat auszurichten.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3. Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. März 2018
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Meyer
Der Gerichtsschreiber: Attinger