BGer 6B_1282/2017
 
BGer 6B_1282/2017 vom 23.03.2018
 
6B_1282/2017
 
Urteil vom 23. März 2018
 
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Bianchi.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Ulrich,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
ARV-Widerhandlungen; Grundsatz "in dubio pro reo",
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 5. September 2017 (2M 17 8).
 
Sachverhalt:
 
A.
Anlässlich der Kontrolle vom 4. November 2015 legte der Taxiunternehmer und -chauffeur X.________ der zuständigen Vollzugsbehörde das aktuelle Fahrtschreiber-Einlageblatt seines Taxis vor. Für die vorangehenden 28 Kalendertage führte er keine Kontrollmittel mit sich. Er gab an, sein Taxi sei in diesem Zeitraum nicht in Betrieb gewesen, zumal er in den Ferien gewesen sei. Im Laufe des Verfahrens schränkte er den Zeitraum seiner ferienbedingten Abwesenheit ein und verwies auf Wartungsarbeiten und eine Erkältung, welche die Inbetriebnahme seines Taxis verhindert hätten. Er weigerte sich, die Wartungsarbeiten und seine Krankheit gegenüber der zuständigen Vollzugsbehörde nachzuweisen.
 
B.
Am 25. Oktober 2016 sprach das Bezirksgericht Hochdorf X.________ der Verletzung der Auskunftspflicht gemäss Art. 23 Abs. 1 und Art. 16a der Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Führer von leichten Personentransportfahrzeugen und schweren Personenwagen (ARV 2; SR 822.222) i.V.m. Art. 18 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer und -führerinnen (ARV 1; SR 822.221) und Art. 20, 21 und 49 der Verordnung über die Kontrolle des Strassenverkehrs (SKV; SR 741.013), begangen am 4. November 2015 und 23. November 2015, schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 1'000.--. Das Kantonsgericht Luzern bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts am 5. September 2017.
 
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben.
 
Erwägungen:
 
1.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG muss die Rechtsschrift u.a. die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel enthalten. Das Rechtsbegehren, wonach das Urteil der Vorinstanz aufzuheben sei, genügt für sich allein den gesetzlichen Anforderungen in der Regel nicht. Nach der Rechtsprechung reicht ein kassatorisches Begehren aus, soweit sich aus der Begründung ergibt, was mit der Beschwerde angestrebt wird (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317; 134 III 379 E. 1.3 S. 383; mit Hinweisen). Dies ist hier der Fall. Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, dass er sich gegen die vorinstanzliche Verurteilung wegen Widerhandlung gegen die ARV 1 und der ARV 2wendet. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
 
2.
2.1. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung der aus dem Grundsatz "in dubio pro reo" abgeleiteten Beweislastregel geltend. Die Vorinstanz habe ihn mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. In diesem Zusammenhang beanstandet er die vorinstanzliche Erwägung, er habe die von ihm angegebenen Nichtbetriebszeiten zu belegen. Indem er der Vollzugsbehörde mitgeteilt habe, an welchen Tagen er nicht gearbeitet habe, sei er seiner Auskunftspflicht gemäss Art. 18 Abs. 1 ARV 1 nachgekommen. Es lasse sich Art. 18 Abs. 1 ARV 1 nicht entnehmen, dass er verpflichtet sei, seine Angaben zu belegen.
 
2.2.
2.2.1. Gemäss dem in Art. 32 Abs. 1 BV und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Grundsatz "in dubio pro reo" ist bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld zu vermuten, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist verletzt, wenn das Strafgericht einen Angeklagten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Ebenso ist die Maxime verletzt, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass das Strafgericht von der falschen Meinung ausging, der Angeklagte habe seine Unschuld zu beweisen, und dass er ihn verurteilte, weil ihm dieser Beweis misslang. Ob der Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel verletzt ist, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f. mit Hinweisen).
2.2.2. Gemäss Art. 18 Abs. 1 ARV 1 müssen Arbeitgeber sowie Führer und Führerinnen der Vollzugsbehörde alle Auskünfte erteilen, die für die Anwendung der Verordnung und für die Kontrolle erforderlich sind. Die Regelungen der ARV 1 sollen in erster Linie die Verkehrssicherheit fördern (BGE 136 III 539 E. 2.5.3 S. 542 f.).
2.3. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer unterstehe grundsätzlich der ARV 2, wobei im Umfang der Verweisung gemäss Art. 16a ARV 2 aufgrund seines mit einem analogen Fahrtenschreiber ausgerüsteten Taxi die ARV 1 zur Anwendung komme (angefochtenes Urteil, E. 3.1). Das Aussageverhalten des Beschwerdeführers sei widersprüchlich gewesen, zumal er anfänglich angegeben habe, vier Wochen in den Ferien gewesen zu sein und dann im Laufe des Verfahrens den Zeitraum seiner ferienbedingten Abwesenheit einschränkte und nebst seinen Ferien Wartungsarbeiten sowie seine Krankheit als Grund für die fehlenden Fahrtschreiber-Einlageblätter nannte. Der Beschwerdeführer sei deswegen umso mehr verpflichtet gewesen, der Kontrollbehörde Auskunft zu geben und die behaupteten Nichtbetriebszeiten mit aussagekräftigen Nachweisen oder Bestätigungen, wie beispielsweise Zeugenbescheinigungen, Arbeitsbucheinträge oder Arztzeugnisse, zu belegen (angefochtenes Urteil, E. 5.4).
Da der Beschwerdeführer in seiner Berufungserklärung angegeben habe, ein Zeuge könne seine Wartungsarbeiten und Krankheit bestätigen, sei davon auszugehen, dass er gegenüber der Vollzugsbehörde imstande gewesen sei, die Wartungsarbeiten sowie seine Krankheit nachzuweisen (angefochtenes Urteil, E. 5.4). Indem er dies verweigert habe, sei er der Auskunftspflicht gemäss Art. 18 Abs. 1 ARV 1 nicht nachgekommen.
2.4. Gegenstand der vorliegenden Verurteilung ist die Verletzung der Auskunftspflicht. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seine Krankheit und die Wartungsarbeiten hätte nachweisen können, dies aber nicht getan hat. Die kantonalen Instanzen haben insoweit den im Zusammenhang mit der Auskunftspflicht relevanten Sachverhalt erstellt, ohne dem Beschwerdeführer die Beweislast zu überbinden. Eine allfällige Verletzung der Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten wird aus den fehlenden Nachweisen nicht abgeleitet. Die Kritik des Beschwerdeführers tangiert indes die Tragweite der in Art. 18 Abs. 1 ARV 1 vorgesehenen Auskunftspflicht.
Als Taxiunternehmer ist der Beschwerdeführer in einem regulierten Wirtschaftsbereich tätig und unterliegt insofern besonderen Auskunftspflichten. Art. 18 Abs. 1 ARV 1 sieht ausdrücklich vor, dass der Vollzugsbehörde "alle" Auskünfte zu erteilen sind, die für die Anwendung der Verordnung und für die Kontrolle erforderlich sind. Die Kontrolle soll in erster Linie die Verkehrssicherheit fördern (vgl. BGE 136 III 539 E. 2.5.3 S. 542 f.), weswegen insbesondere die Überprüfung der Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten anhand bestimmter Kontrollmittel vorgesehen ist. Für die zweckmässige Durchführung der Kontrolle kann es erforderlich sein, die Gründe für das Fehlen der vorgesehenen Kontrollmittel, insbesondere der Fahrtschreiber-Einlageblätter, zu verifizieren.
Gerade vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers (vgl. vorne, E. 2.3) war es für eine zweckmässige Kontrolle der Verordnung angezeigt, die Gründe für das Fehlen der Fahrtschreiber-Einlageblätter zu verifizieren. Demnach war der Beschwerdeführer gemäss Art. 18 Abs. 1 ARV 1 verpflichtet, seine Angaben hinsichtlich der Nichtbetriebszeiten sofern möglich gegenüber der Vollzugsbehörde zu belegen. Dass er sich damit hätte selber belasten müssen, macht er nicht geltend. Indem er sich unter den dargelegten Umständen weigerte, seine Wartungsarbeiten und seine Krankheit zu belegen, verletzte er die Auskunftspflicht gemäss Art. 18 Abs. 1 ARV 1.
 
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. März 2018
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Bianchi