BGer 8C_464/2018 |
BGer 8C_464/2018 vom 18.12.2018 |
8C_464/2018 |
Urteil vom 18. Dezember 2018 |
I. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
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Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
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Verfahrensbeteiligte |
Staatsrat des Kantons Wallis,
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Regierungsgebäude,
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Place de la Planta 3, 1950 Sitten,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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A.________, vertreten
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durch Rechtsanwältin Graziella Walker Salzmann,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Öffentliches Personalrecht
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(Beendigung des Arbeitsverhältnisses),
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Beschwerde gegen den Entscheid
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des Kantonsgerichts Wallis
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vom 2. Mai 2018 (A1 17 167).
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Sachverhalt: |
A. A.________ hatte seit 6. Januar 2014 als Vorsteherin des Amtes B.________ gearbeitet. Am 23. August 2017 verfügte der Staatsrat des Kantons Wallis die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses; zugleich entzog er einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Zur Begründung führte er im Wesentlichen "dauerhafte Mängel" im Verhalten an, da sich A.________ gegenüber ihren Vorgesetzten regelmässig illoyal und unkooperativ verhalten und deren Position nicht respektiert habe.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Wallis mit Entscheid vom 2. Mai 2018 gut, soweit es darauf eintrat (Dispositivziffer 1). Es gelangte zum Schluss, dass A.________ in einigen Situationen besser und in einem angepassten Tonfall hätte kommunizieren können, aber insgesamt kein hinreichender, sachlicher Grund für eine ordentliche Kündigung gemäss kantonalem Personalgesetz vorliege. Es obliege dem Staatsrat als Anstellungsbehörde, eine Entschädigung für die rechtlich unbegründete Kündigung des Arbeitsverhältnisses festzulegen (Dispositivziffer 2).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der Staatsrat des Kantons Wallis die Aufhebung dieses Gerichtsentscheids und die Bestätigung seiner Verfügung vom 23. August 2017.
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Das Kantonsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A.________ lässt beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und gegen Teilentscheide, die nur einen Teil der gestellten Begehren behandeln, wenn diese unabhängig von den anderen beurteilt werden können, oder die das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen abschliessen (Art. 91 BGG). Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist hingegen die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481). Anders verhält es sich nur dann, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 135 V 141 E. 1.1 S. 143; 134 II 124 E. 1.3 S. 127).
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Ein Nachteil ist im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachend, wenn er rechtlicher Natur und auch mit einem für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar ist. Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur ergänzenden Abklärung und neuen Entscheidung bewirkt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, es sei denn, die Verwaltung werde durch einen kantonalen Rückweisungsentscheid gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen (BGE 133 V 645 E. 2.1 S. 647; 133 V 477 E. 5.2 S. 483; vgl. auch BGE 140 V 321 E. 3.7.1 und 3.7.2 S. 327).
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1.2. Mit Entscheid vom 5. Mai 2018 stellte die Vorinstanz die Unrechtmässigkeit der ausgesprochenen Kündigung fest und verpflichtete den Staatsrat zur Festsetzung einer Entschädigung. Damit hat die Vorinstanz lediglich über den ersten Teil im Rahmen des zweistufigen Verfahrens bei der Auflösung öffentlich-rechtlicher Arbeitsverhältnisse entschieden, so dass es sich beim angefochtenen Entscheid nicht um einen Teil- oder Endentscheid handelt (Urteile 8C_300/2018 vom 16. November 2018, 8C_130/2018 vom 31. August 2018, 8C_856/2015 vom 26. Januar 2016 E. 3 und 8C_724/2014 vom 29. Mai 2015 E. 4). Da der Staatsrat durch den vorinstanzlichen Entscheid zum Erlass einer seines Erachtens rechtswidrigen Verfügung verpflichtet wird (vgl. dazu Art. 66 des Gesetzes vom 19. November 2010 über das Personal des Staates Wallis [kGPers; SGS 172.2] und Art. 27 der Verordnung vom 22. Juni 2011 über das Personal des Staates Wallis [kVPers; SGS 172.200]), bewirkt dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für den Beschwerdeführer (vgl. allgemein zur Beschwerdelegitimation des Gemeinwesens in Zusammenhang mit Streitigkeiten im Rahmen des öffentlichen Personalrechts BGE 140 V 328 E. 6.3 S. 333 mit Verweis auf BGE 134 I 204 E. 2.3 S. 206). Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen, namentlich der Streitwert nach Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG, gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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2. |
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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2.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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Die beschwerdeführende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen).
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2.3. Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen).
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3. Streitig ist, ob die Vorinstanz die Rechtmässigkeit der Kündigung durch den Staatsrat zu Recht verneint hat.
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4. Soweit der Staatsrat in seiner Beschwerde den Sachverhalt aus seiner Sicht darlegt, vermag dies den Anforderungen an die Rüge eines unvollständigen resp. willkürlich festgestellten Sachverhalts nicht zu genügen (E. 2.2). Folglich ist im Weiteren vom Sachverhalt gemäss vorinstanzlichem Entscheid auszugehen.
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5. |
5.1. Was der Staatsrat gegen den vorinstanzlichen Entscheid vorbringt, erschöpft sich in weiten Teilen in appellatorischer Kritik, auf welche das Bundesgericht nicht eingeht (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253; 140 III 264 E. 2.3 S. 266, je mit Hinweisen). So gibt der Staatsrat zwar die Erwägungen der Vorinstanz wieder; er legt jedoch nicht dar, inwiefern diese gegen Bundesrecht verstossen sollen. Es fehlt demnach an der erforderlichen Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid. Dies gilt etwa für die Ausführungen in Zusammenhang mit den Kompetenzen im Rahmen der Aufsicht. Somit kann offen bleiben, ob das Gutachten des Prof. Dr. iur. C.________ vom 13. Juni 2018 ein zulässiges Novum nach Art. 99 BGG darstellt.
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5.2. Im Wesentlichen rügt der Staatsrat, die Vorinstanz habe eine Überschreitung ihrer Überprüfungsbefugnis nach Art. 78 des Gesetzes des Kantons Wallis vom 6. Oktober 1976 über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege (VVRG; SGS 172.6) begangen.
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Entgegen seiner Ansicht liegt keine willkürliche Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts vor. Denn die Vorinstanz hat nicht die Zweckmässigkeit der Kündigung in Frage gestellt, sondern diese mangels Vorliegens eines sachlich gerechtfertigten Grundes als unrechtmässig qualifiziert. Ihre Formulierung am Ende von E. 7.4 ("Unter den genannten Umständen war es entgegen der Ansicht des Staatsrates nicht erforderlich, das Arbeitsverhältnis der Beschwerdeführerin zu beenden um das öffentliche Interesse an einer gut funktionierenden Verwaltung zu gewährleisten.") lässt den Entscheid nicht zu einem blossen Ermessensentscheid werden. Dem erwähnten Satz war die (rechtliche) Überprüfung, ob das zur Last gelegte Verhalten einen sachlichen Kündigungsgrund darstellt, vorausgegangen. So ist auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Frage des Vorliegens eines sachlichen Kündigungsgrundes beantwortet hat; vielmehr ist das - nebst der Einhaltung allfälliger Formalitäten - der Kern einer Überprüfung der Rechtmässigkeit einer Kündigung. Dass die Vorinstanz dieses Verhalten unter Anwendung von Art. 58 und Art. 20 kGPers beurteilte, vermag ebenfalls keine Überschreitung ihrer Überprüfungsbefugnis zu begründen, stellt die rechtliche Subsumtion doch die genuine Aufgabe des Gerichts dar. Jedenfalls liegt in einem solchen Vorgehen keine Willkür. Insgesamt vermag der Staatsrat nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzliche Würdigung des Verhaltens der Beschwerdegegnerin - trotz festgestellter diskutabler Tonalität seitens der Arbeitnehmerin - als nicht hinreichend für einen sachlichen Kündigungsgrund willkürlich sein soll. Daran ändert nichts, dass eine andere Beurteilung ebenso zutreffend oder allenfalls gar überzeugender wäre (E. 2.3).
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5.3. Weiter macht der Staatsrat geltend, die Überprüfungsbefugnis der Vorinstanz beschränke sich bei der Frage, ob die anstellende Behörde im Rahmen der Kündigung den ihr zustehenden weiten Ermessensspielraum überschritten oder missbraucht habe, wie beim Bundesgericht auf Willkür. Dies trifft so nicht zu: Der Beschwerdeführer verkennt, dass es sich bei der streitbetroffenen Kündigung keineswegs um einen reinen Ermessensentscheid handelt. Die von ihm verfochtene Beschränkung lässt sich aus Art. 78 VVRG nicht ableiten und widerspräche im Übrigen auch der Rechtsweggarantie von Art. 29a BV (vgl. BGE 144 I 181 E. 5.3.2 S. 190; Urteil 1C_92/2018 vom 9. Juli 2018 E. 3.3, je mit Hinweisen). Davon abgesehen ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Vorinstanz die erwähnte kantonale Verfahrensnorm in willkürlicher Weise angewendet haben sollte.
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5.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Staatsrat nicht aufzeigt, dass die differenzierten und unter Berücksichtigung der kantonalen Rechtslage und Praxis ergangenen vorinstanzlichen Erwägungen bundesrechtswidrig sein sollen. Auch legt er nicht in rechtsgenüglicher Weise (Art. 106 Abs. 2 BGG; E. 2.3) dar, dass diese Ausführungen eine willkürliche Anwendung oder Auslegung des kantonalen Rechts darstellen würden. Seine Beschwerde ist demnach abzuweisen.
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6. Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Staatsrat hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 18. Dezember 2018
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
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