BGer 9C_662/2018 |
BGer 9C_662/2018 vom 29.01.2019 |
9C_662/2018 |
Urteil vom 29. Januar 2019 |
II. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
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Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
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Gerichtsschreiber R. Widmer.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter F. Siegen,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons Aargau,
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Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
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vom 6. August 2018 (VBE.2018.27).
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Sachverhalt: |
A. Die 1961 geborene A.________, von Beruf Köchin, war zuletzt als Mitarbeiterin eines Personalrestaurants angestellt. Am 21. Dezember 2015 meldete sie sich unter Hinweis auf unfallbedingte Beschwerden im linken Knie bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau zog u.a. die Akten der SWICA Versicherungen AG, bei welcher A.________ gegen Unfälle versichert war, bei, worunter ein vom Unfallversicherer eingeholtes Gutachten der Abklärungsstelle B.________ vom 22. September 2016, ergänzt auf Veranlassung der IV-Stelle am 5. Dezember 2016. Nach Beizug einer Stellungnahme des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 12. Juni 2017 lehnte die IV-Stelle den Anspruch der Versicherten auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 29. November 2017 ab, weil in einer leidensangepassten Tätigkeit gemäss ärztlichen Feststellungen eine Arbeitsfähigkeit von 75 % ausgewiesen sei. Bei den Haushaltarbeiten, auf welche 20 % des gesamten Pensums entfielen, sei sie nicht eingeschränkt.
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B. Die von A.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 6. August 2018 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zu weiterer Abklärung und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück zu weisen.
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Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: |
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
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2. |
2.1. Die Vorinstanz hat hinsichtlich der medizinischen Situation der Versicherten auf das von der Unfallversicherung SWICA eingeholte medizinische Gutachten der Abklärungsstelle B.________ vom 22. September/5. Dezember 2016 abgestellt, welches sie als voll beweiskräftig qualifiziert hat. Gestützt darauf ging sie von einer Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit von 75 % aus und ermittelte in Anwendung der gemischten Methode der Invaliditätsbemessung mit Anteilen von 80 % Erwerbstätigkeit und 20 % Haushaltarbeiten unter Annahme einer Beeinträchtigung von 25 % im erwerblichen und voller Einschränkung im Haushaltbereich einen Invaliditätsgrad von 38.16 %.
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2.2. Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie eine willkürliche Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung durch das kantonale Gericht. So habe das von der Unfallversicherung in Auftrag gegebene Gutachten der Abklärungsstelle B.________ vom 22. September 2016 die Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auf 50-75 % geschätzt. In seinem Ergänzungsschreiben vom 5. Dezember 2016 habe einer der Gutachter lediglich erklärt, weshalb nicht die vom RAD angenommene tiefere Einschränkung von lediglich 10-15 % vorliege. Eine Arbeitsunfähigkeit von 25 % habe er jedoch nicht bescheinigt. Die Frage, ob in einer angepassten Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von 50 % oder mehr oder von 75 % besteht, sei unbeantwortet geblieben. Gleichwohl habe die Vorinstanz festgehalten, Dr. med. C.________ sei von einer Erwerbsfähigkeit von 75 % ausgegangen. Diese Feststellung sei aktenwidrig und willkürlich. Sie wirke sich auch auf das Ergebnis aus: Würde von einer Einschränkung von über 25 % ausgegangen, hätte die Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente.
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3. |
3.1. Nach den zutreffenden Darlegungen der Vorinstanz kommt dem Gutachten der Abklärungsstelle B.________, das von der Unfallversicherung in Auftrag gegeben wurde, ohne dass Hinweise auf die Einhaltung der Mitwirkungs- und Parteirechte der versicherten Person erkennbar sind, nicht der nämliche Beweiswert zu wie einer nach Art. 44 ATSG eingeholten Expertise. Vielmehr sei ein solches Gutachten mit Bezug auf seinen Stellenwert mit einer versicherungsinternen ärztlichen Beurteilung vergleichbar. Wenn auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit einer solchen Beurteilung bestehen, seien ergänzende Abklärungen vorzunehmen, was an sich rechtlich zutrifft.
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Wie in der Beschwerde jedoch zutreffend vorgebracht wird, bestanden effektiv solche Zweifel, sah sich doch die IV-Stelle selber veranlasst, die Abklärungsstelle B.________ um eine ergänzende Stellungnahme zu ersuchen, welche Dr. med. C.________ von der Begutachtungsstelle am 5. Dezember 2016 abgegeben hat. Die übrigen an der Expertise vom 22. September 2016 beteiligten Ärzte äusserten sich zur explizit den Grad der Arbeitsunfähigkeit und die Diskrepanz zwischen dem Gutachten und der Stellungnahme des RAD (Einschränkung der Arbeitsfähigkeit 10-15 %) betreffenden Anfrage der IV-Stelle nicht. Wie in der Beschwerde ebenfalls zu Recht eingewendet wird, hat Dr. med. C.________ mit seiner am 5. Dezember 2016 auf 25 % bezifferten Einschränkung in der Leistungsfähigkeit die interdisziplinäre Beurteilung gemäss Gutachten, wonach die Arbeitsfähigkeit in einer leidensadaptierten Tätigkeit mindestens 50 % bis höchstens 75 % betrage, entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht widerrufen. Dies gilt umso mehr, als Dr. med. C.________ die Ergänzung nicht im Namen der Abklärungsstelle B.________, sondern lediglich in eigenem Namen verfasst hat.
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3.2. Die Vorinstanz hat den rechtserheblichen Sachverhalt hinsichtlich des für die Invaliditätsbemessung ausschlaggebenden Grades der Arbeitsunfähigkeit der Versicherten somit unvollständig festgestellt (E. 1 hievor). Sie hat die in der Beschwerde dargelegten Widersprüche zwischen den Aussagen der Begutachtungsstelle, des Dr. med. C.________ und des RAD nicht aufgelöst, weshalb ergänzende medizinische Abklärungen unabdingbar sind. Zu diesem Zweck ist die Sache entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Dieses wird gestützt auf die Aktenergänzung über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente neu entscheiden.
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4. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Diese hat der Beschwerdeführerin überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid vom 6. August 2018 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Personalvorsorgestiftung D.________ schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 29. Januar 2019
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Pfiffner
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Der Gerichtsschreiber: Widmer
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