BGer 8C_784/2018
 
BGer 8C_784/2018 vom 05.03.2019
 
8C_784/2018
 
Urteil vom 5. März 2019
 
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Frésard, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Evalotta Samuelsson,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung
(Verwaltungsverfahren; Prozessvoraussetzung),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 12. September 2018 (VV.2018.53/E).
 
Sachverhalt:
A. A.________, geboren 1988, zog sich am 11. Dezember 2015 bei seiner Tätigkeit als Bodenleger durch eine Betonschleifmaschine eine tiefe Schnitt-/Rissverletzung mit mehreren Frakturen an der rechten Hand zu. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Gestützt auf die Beurteilung ihrer Abteilung Versicherungsmedizin, Dr. med. B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 24. Oktober 2017 ging sie davon aus, dass der Endzustand erreicht sei. In einer den Unfallfolgen angepassten Tätigkeit sei A.________ voll arbeitsfähig und vermöchte ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen. Sie lehnte den Anspruch auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 9. November 2017 daher ab, sprach ihm jedoch eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 7,5 % zu. Auf die Einsprache von A.________, vertreten durch die Fortuna Rechtsschutz-Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Fortuna), trat sie wegen Verspätung nicht ein (Einspracheentscheid vom 2. Februar 2018).
B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 12. September 2018 ab.
C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zur materiellen Behandlung an die Suva zurückzuweisen.
Das Bundesgericht verzichtet auf die Durchführung eines Schriftenwechsels.
 
Erwägungen:
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist (Art. 97 Abs. 1 BGG) oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht.
2. Streitig ist, ob die vorinstanzliche Bestätigung des Nichteintretensentscheides wegen Fristversäumnis vor Bundesrecht standhält. Zur Frage steht dabei, zu welchem Zeitpunkt die Verfügung vom 9. November 2017 als zugestellt gelten konnte.
3. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Beginn des Fristenlaufs (Art. 38 Abs. 1 ATSG) und über die Fristwahrung bei schriftlichen Eingaben durch Übergabe an die Schweizerische Post am letzten Tag der Frist (Art. 39 Abs. 1 ATSG) zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.
4. Die Vorinstanz stellte fest, dass die Suva die Verfügung vom 9. November 2017 am Freitag, 10. November 2017, mittels "A-Post Plus" verschickt habe. Datum der Zustellung sei gemäss der Sendungsverfolgung "Track & Trace" der Post Samstag, der 11. November 2017. Sie sei durch Ablage des Briefes in eine Transportbox der Generali, zu welcher die Fortuna gehöre, auf der Poststelle erfolgt, entsprechend deren Abmachung mit der Swiss Post Solutions AG (SPS). Die 30-tägige Rechtsmittelfrist habe am Sonntag, 12. November 2017, zu laufen begonnen und am Montag, 11. Dezember 2017 geendet. Die am Mittwoch, 13. Dezember 2017, bei der Post aufgegebene Einsprache sei zu spät eingereicht worden.
5. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Sendung, wie auch mit entsprechendem Eingangsstempel vermerkt, erst am Montag, 13. November 2017 in den Machtbereich seiner vormaligen Rechtsvertreterin gelangt sei.
Das Bundesgericht hat sich jüngst mit Urteil 8C_586/2018 vom 6. Dezember 2018 zur Frage des Zeitpunktes der Zustellung geäussert, wenn die Empfängerin (auch in jenem Fall die Fortuna beziehungsweise ihre Muttergesellschaft Generali) eine Vereinbarung über zusätzliche Dienstleistungen mit der SPS getroffen hat. Es hat erkannt, dass die Zustellung eines uneingeschriebenen, mittels "A-Post Plus" versandten Briefes zum elektronisch erfassten Zeitpunkt der Ablage des Briefes durch die Schweizerische Post in die für die SPS zuhanden der Empfängerin bestimmte Transportbox erfolgt. Damit sei (auch mit Blick auf die diesbezüglichen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post) der Brief in den Machtbereich der Empfängerin gelangt. Daran ändere nichts, dass die Möglichkeit des faktischen Zugriffs in dieser Phase allein bei der SPS liege, was sich namentlich an Wochenenden und Feiertagen auswirken könne. Denn das gründe auf der Spezialvereinbarung mit der SPS. Diese gesonderte Abmachung über die Zustellung nicht mit der Post, sondern mit der SPS mache diese zur Hilfsperson der Empfängerin. Sie vermöge den Zeitpunkt der rechtlich relevanten Zustellung nicht zu deren Gunsten auf später zu verlegen. Die Absenderin habe diesbezüglich keinen Einfluss und brauche sich daher nicht entgegenhalten zu lassen, dass ihre Sendung entgegen der "Track & Trace"-Sendungsverfolgung erst später bei der Fortuna eingetroffen sei. Auch Gründe der Rechtssicherheit sprächen dafür, dass für die Zustellung auf den allein belegbaren Zeitpunkt der Ablage der Sendung in die Transportbox mittels elektronischer Erfassung durch die Schweizerische Post abgestellt werde. Daran vermöge weder der bereits erwähnte Umstand, dass die Fortuna durch die Vereinbarung mit der SPS faktisch an Samstagen keinen Zugriff auf ihre Post habe, etwas zu ändern noch die Gefahr, dass sie sich durch das von der SPS auf der Sendung allenfalls selbst angebrachte Datum täuschen lasse. Immerhin bleibe das Zustelldatum beim "A-Post Plus"-Versand mittels "Track & Trace" auch für sie zweifelsfrei feststellbar (Urteil 8C_586/2018 vom 6. Dezember 2018 E. 6 mit Hinweisen).
Dass das kantonale Gericht als Datum der Zustellung - gestützt auf die Sendungsverfolgung der Post - den 11. November 2017, Zeitpunkt der Ablage in die Transportbox, festgelegt hat, ist daher nicht bundesrechtswidrig. Die am 13. Dezember 2017 bei der Post aufgegebene Einsprache hat es zu Recht als verspätet qualifiziert.
6. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 5. März 2019
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Frésard
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo