BGer 5A_969/2018
 
BGer 5A_969/2018 vom 06.05.2019
 
5A_969/2018
 
Urteil vom 6. Mai 2019
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
Gerichtsschreiber Buss.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
Regionales Betreibungsamt Mutschellen-Kelleramt.
Gegenstand
Zahlungsbefehl, Rechtsmissbrauch (Rechtzeitigkeit der Beschwerde),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde, vom 5. November 2018 (KBE.2018.27 / CH / th).
 
Sachverhalt:
 
A.
Das Regionale Betreibungsamt Mutschellen-Kelleramt erliess am 14. Februar 2017 den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxx der B.________ AG (vormals C.________ AG) gegen A.________ für eine Forderung von Fr. 3'470.20 aus dem Pfändungsverlustschein vom 14. Juni 2013. Diesen Zahlungsbefehl stellte es A.________ am 8. März 2017 zu, woraufhin dieser am 17. März 2017 Rechtsvorschlag erhob. Nachdem der Präsident des Zivilgerichts des Bezirksgerichts Bremgarten das Rechtsöffnungsgesuch der Gläubigerin mit Entscheid vom 7. Februar 2018 abgewiesen hatte, wurde diese Betreibung auf Ersuchen der Gläubigerin vom 29. Mai 2018 aus dem Register gelöscht.
Am 26. April 2018 erliess das Betreibungsamt für dieselbe Forderung den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. yyy. A.________ erhob am 18. Mai 2018 Rechtsvorschlag.
 
B.
B.a. A.________ ersuchte mit Beschwerde vom 22. Mai 2018 (Postaufgabe) beim Präsidium des Zivilgerichts des Bezirksgerichts Bremgarten sinngemäss um Feststellung der Rechtsmissbräuchlichkeit und damit der Nichtigkeit der Betreibungen Nr. xxx und yyy.
B.b. Am 25. Juli 2018 wies die Präsidentin des Zivilgerichts des Bezirksgerichts Bremgarten als untere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat.
 
C.
C.a. A.________ wandte sich daraufhin mit Eingabe vom 14. September 2018 (Postaufgabe) an das Obergericht des Kantons Aargau als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde. Er stellte den sinngemässen Antrag, der Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und die erstinstanzliche Beschwerde gutzuheissen.
C.b. Mit Entscheid vom 5. November 2018 trat die obere Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde wegen Fristversäumnisses nicht ein.
 
D.
A.________ ist mit Eingabe vom 23. November 2018 (Postaufgabe) an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäss, der Entscheid der oberen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Beschwerde vom 14. September 2018 einzutreten.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig eines Streitwertes der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Die Beschwerde ist fristgerecht erhoben worden (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG) und grundsätzlich zulässig.
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).
 
2.
Streitgegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens kann nur sein, ob die Vorinstanz zu Recht auf die bei ihr erhobene Beschwerde nicht eingetreten ist.
2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die von der Vorinstanz angenommene Fristversäumnis liege nicht vor. Zur Begründung führt er aus, dass das betreffende Einschreiben immer nur als "Brief" bezeichnet worden sei, so dass kein gerichtliches Urteil erkennbar gewesen sei. Einschreiben bedeute für ihn als Normalbürger immer, dass der Tag des Direktempfanges oder des effektiven Abholtages den eigentlichen Empfang darstelle. Er habe geglaubt, dass der der Post erteilte Auftrag, die Aufbewahrungsfrist bis zum 4. September 2018 zu verlängern, der Einhaltung allfälliger Fristen nicht entgegenstehe. Eine sogenannte Zustellfiktion sei ihm nicht bekannt gewesen und hätte ihm auch nicht bekannt sein müssen.
2.2. Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden.
2.2.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Schweizerische Post den erstinstanzlichen Entscheid vom 25. Juli 2018 nach erfolglosem Zustellversuch am 7. August 2018 mittels Abholungseinladung zur Abholung bis am 14. August 2018 gemeldet hat.
2.2.2. Die Zustellung des Entscheids der unteren Aufsichtsbehörde vom 25. Juli 2018 ist gesetzeskonform durch eingeschriebene Postsendung erfolgt (vgl. Art. 34 Abs. 1 SchKG). Wird der Adressat anlässlich einer versuchten Zustellung nicht angetroffen und daher eine Abholungseinladung in seinen Briefkasten oder sein Postfach gelegt, so gilt die Zustellung spätestens am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern der Adressat mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 31 SchKG i.V.m. Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO; BGE 130 III 396 E. 1.2.3). Diese bundesrechtliche Zustellfiktion gilt gleichsam in Fällen, in denen es die Schweizerische Post erlaubt, die Post auch später abzuholen (vgl. BGE 141 II 429 E. 3.1; Urteil 5A_677/2013 vom 6. Dezember 2013 E. 2.1; BAERISWYL/MILANI/SCHMID, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl. 2017, N. 17 zu Art. 34 SchKG). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, dass der erstinstanzliche Entscheid am 14. August 2018 als zugestellt zu gelten hat und die zehntägige Beschwerdefrist nach Art. 18 Abs. 1 SchKG folglich am 24. August 2018 abgelaufen ist.
2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer betont, dass er juristischer Laie sei und sich damit sinngemäss gegen die vorinstanzliche Beurteilung wendet, wonach keine Wiederherstellung der Frist nach Art. 33 Abs. 4 SchKG gewährt werden könne, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Art. 33 Abs. 4 SchKG knüpft die Wiederherstellung einer Frist im SchKG an das Vorhandensein eines absolut unverschuldeten Hindernisses (Urteil 7B.171/2005 vom 26. Oktober 2005 E. 3.2.3). Die blosse Unkenntnis von Rechtsregeln - hier die Unkenntnis, dass Entscheide der Aufsichtsbehörden rechtmässig durch eingeschriebenen Brief zugestellt werden können bzw. nicht innert sieben Tagen abgeholte eingeschriebene Postsendungen als zugestellt gelten - stellt vorbehältlich besonderer Umstände kein unverschuldetes Hindernis dar (KREN KOSTKIEWICZ, Kommentar SchKG, 19. Aufl. 2016, N. 12 zu Art. 33 SchKG; in Bezug auf Art. 50 Abs. 1 BGG vgl. AMSTUTZ/ARNOLD, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 19 zu Art. 50 BGG sowie das Urteil 2F_10/2014 vom 27. Juni 2014 E. 2.2.1).
Vorliegend hat der Beschwerdeführer das erstinstanzliche Verfahren selbst eingeleitet, weshalb er mit einem Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde rechnen musste. Der Beschwerdeführer hätte nicht einfach die Abholfrist verlängern dürfen, ohne sich vorher nach dem Absender des avisierten eingeschriebenen Briefes zu erkundigen. Dass der Beschwerdeführer keine geeigneten Vorkehren für die Zustellbarkeit des erstinstanzlichen Entscheids getroffen hat, muss er sich entgegenhalten lassen. Seine Berufung darauf, dass er nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, ist unbehelflich, denn dass nach Einreichung eines Rechtsmittels in absehbarer Zeit ein Urteil ergehen kann, liegt in der Natur der Sache (Urteile 8C_53/2017 vom 2. März 2017 E. 4.3 und 2F_10/2014 vom 27. Juni 2014 E. 2.2.1). Die Vorinstanz hat damit kein Bundesrecht verletzt, indem sie das Vorliegen eines absolut unverschuldeten Hindernisses im Sinne von Art. 33 Abs. 4 SchKG verneint hat.
 
3.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG)
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Regionalen Betreibungsamt Mutschellen-Kelleramt und dem Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als oberer betreibungsrechtlicher Aufsichtsbehörde, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Mai 2019
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Buss