BGer 2C_699/2018 |
BGer 2C_699/2018 vom 11.06.2019 |
2C_699/2018 |
Urteil vom 11. Juni 2019 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiber Businger.
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Verfahrensbeteiligte |
1. A.________,
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2. B.________,
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3. C.E.________ und D.E.________,
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4. F.________,
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5. G.________,
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6. H.________,
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Beschwerdeführer,
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alle vertreten durch Rechtsanwalt H.________,
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gegen
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Einwohnergemeinde U.________,
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Beschwerdegegnerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Müller.
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Gegenstand
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Perimeterbeiträge,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 15. Juni 2018 (VWBES.2017.108).
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Sachverhalt: |
A. |
Die Einwohnergemeinde U.________ legte im Juni/Juli 2011 den Beitragsplan und die Beitragsberechnung "Ausbau Schulstrasse (Verkehr und Kanalisation) " öffentlich auf und teilte den Grundeigentümern die voraussichtlichen Betreffnisse mit. Die hiergegen erhobene Einsprache wies der Gemeinderat grösstenteils ab. Die Schätzungskommission des Kantons Solothurn hiess am 27. Mai 2014 eine Beschwerde der Grundeigentümer teilweise gut und wies die Sache zur Anpassung der Beitragsberechnung bezüglich Ausscheidung der Werkleitungsgräben zurück. Mit Urteil vom 8. September 2015 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerden von zwei Grundeigentümern gut und befreite sie von der Beitragspflicht. Die weiteren Beschwerden hiess es teilweise gut; es bestätigte die Beitragspflicht im Grundsatz und wies die Gemeinde an, die Beiträge neu zu berechnen. Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 2C_927/2015 vom 21. Oktober 2015).
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B. |
Vom 8. Januar 2016 bis 6. Februar 2016 legte die Gemeinde den neuen Beitragsplan und die neue Berechnung öffentlich auf. Es ergaben sich voraussichtliche Betreffnisse von Fr. 31.94/m2 (Strassenbau) bzw. Fr. 44.59/m2 (Kanalisation). Die Einsprache der Grundeigentümer wies die Gemeinde ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Schätzungskommission am 23. Februar 2017 ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war. Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 15. Juni 2018.
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C. |
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. August 2018 beantragt H.________ für sich und weitere Grundeigentümer, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Grundeigentümer keine Beiträge zu leisten haben. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz, subeventualiter an den Gemeinderat zurückzuweisen. Die Einwohnergemeinde U.________ und das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Mit Eingabe vom 19. November 2018 halten die Beschwerdeführer an ihren Anträgen fest.
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Erwägungen: |
1. |
Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Die von den Beitragspflicht betroffenen Grundeigentümer sind zur Beschwerdeerhebung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG) und die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingereicht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG).
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2. |
Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG).
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2.1. Das Beitragsverfahren ist in der Verordnung (des Kantons Solothurn) über Grundeigentümerbeiträge und -gebühren vom 3. Juli 1978 (GBV/SO; BGS 711.41) geregelt. In einem ersten Schritt legt der Gemeinderat den Beitragsplan öffentlich auf (§ 15 GBV/SO). Der Plan kann mit Einsprache und danach mit Beschwerde bei der Kantonalen Schätzungskommission und dem Verwaltungsgericht angefochten werden (§ 16 f. GBV/SO). Nach Erstellung der Anlage werden den Grundeigentümern die Abrechnungssumme und die daraus sich ergebenden definitiven Beiträge mitgeteilt. Dagegen stehen dieselben Rechtsmittel wie gegen den Beitragsplan zur Verfügung, wobei nur noch die Abrechnungssumme beanstandet werden kann (§ 18 GBV/SO).
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2.2. Das Bundesgericht ist in früheren Entscheiden zum Beitragsverfahren des Kantons Solothurn teilweise davon ausgegangen, dass der Entscheid über die Beitragspflicht und die provisorische Beitragsberechnung einen Zwischenentscheid darstelle, weil das Beitragsverfahren erst durch die definitive Beitragsverfügung abgeschlossen werde (vgl. Urteile 2D_81/2007 vom 4. Dezember 2007 E. 1.2.3; 1P.649/2002 vom 23. April 2003 E. 1.2). Gleich hat es in Bezug auf Akontozahlungen im Quartierplanverfahren nach dem Bau- und Planungsrecht des Kantons Zürich entschieden und erst die definitive Kostenverteilung für anfechtbar erklärt (BGE 115 Ia 315). Dagegen ist es in anderen Fällen betreffend das Solothurner Beitragsverfahren ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass der Entscheid über die Beitragspflicht bzw. provisorische Beitragsberechnung einen anfechtbaren Endentscheid darstelle (vgl. Urteile 2C_619/2011 vom 19. April 2012; 2C_638/2009 vom 17. Mai 2010; 2C_794/2008 vom 14. April 2009; 1P.604/2006 vom 29. Januar 2007; 1P.695/1998 vom 2. März 1999). Ebenso hat es in Bezug auf andere Kantone entschieden, sofern die definitive Kostenverteilung in der Folge durch eine blosse Rechenoperation vorgenommen werden konnte (vgl. etwa Urteile 1C_481/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 1.1; 1C_75/2012 vom 10. Juli 2012 E. 1.1; 2C_665/2009 vom 25. Februar 2011 E. 1.2). Schliesslich hat es das Einleitungsverfahren im Kanton Graubünden zur Erhebung von Grundeigentümerbeiträgen als eigenständiges Verfahren und den entsprechenden Entscheid als Endentscheid qualifiziert (BGE 110 Ia 134; Urteil 2C_434/2008 vom 3. März 2009 E. 1.3). In der neueren Praxis zu Art. 90 BGG hat sich das Bundesgericht in BGE 135 II 310 zum zweistufigen Enteignungsverfahren des Kantons Schwyz geäussert. Während auf der ersten Stufe der Bezirksrat über Zulässigkeit und Umfang der Enteignung entschied, legte die Schätzungskommission auf der zweiten Stufe die Entschädigungssumme fest. Das Bundesgericht stufte den Entscheid über Zulässigkeit und Umfang der Enteignung als Endentscheid ein. Ebenso qualifizierte es in BGE 140 II 25 den Beschluss über die Einleitung eines amtlichen Quartierplanverfahrens als Endentscheid. Massgebend war in beiden Fällen, dass es sich jeweils um in sich abgeschlossene, selbständige Verfahren handelte, in denen sich unterschiedliche Rechtsfragen stellten und teilweise auch verschiedene Behörden zuständig waren (vgl. auch BGE 135 II 30 E. 1.3.1 S. 33 f.; Urteil 1C_266/2012 vom 28. August 2012 E. 1.1).
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2.3. Im vorliegenden Fall rügen die Beschwerdeführer hauptsächlich, dass zusammen mit dem Strassenbelag auch sämtliche Leitungen saniert worden seien und deshalb die Leitungsinhaber einen Beitrag an die Sanierung zu leisten hätten. In diesem Zusammenhang bringen die Beschwerdeführer zudem vor, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Die Vorinstanz hat zu dieser Thematik erwogen, dass die detaillierte Ausscheidung der von den Leitungsinhabern zu tragenden Kosten im Beitragsplan nicht möglich sei und erst in der Schlussabrechnung vorgenommen werde. Die exakten Zahlen würden bei der definitiven Beitragserhebung überprüft (vgl. E. 4.7, E. 5.2 sowie E. 7.3.5 des angefochtenen Entscheids). Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass ein Teil der Rügen der Beschwerdeführer erst mit Vorliegen der definitiven Abrechnung abschliessend beurteilt werden kann, weshalb es keinen Sinn macht, wenn sich das Bundesgericht zuerst zur provisorischen Berechnung und hernach in einem weiteren Verfahren zur definitiven Abrechnung äussert. Dies widerspräche auch dem gesetzgeberischen Willen, wonach sich das Bundesgericht grundsätzlich nur einmal mit einer Streitsache befassen soll (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4331 f.). Ebenso kann nicht gesagt werden, dass die definitive Kostenverteilung angesichts der noch vorzunehmenden Kostenausscheidung durch eine blosse Rechenoperation erfolgt. Der Entscheid über die Beitragspflicht und die provisorische Beitragsberechnung stellt somit einen materiell-rechtlichen Grundsatzentscheid über einen Aspekt der Streitsache dar. Er ist als Zwischenentscheid zu qualifizieren, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG anfechtbar ist (vgl. auch BGE 142 II 20 E. 1.2 S. 23 f.; 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481).
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3. |
3.1. Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die Beschwerdeführer bringen vor, der angefochtene Zwischenentscheid bewirke einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, weil er verbindlich festlege, welche Beträge sie zu bezahlen hätten. Dies könne im Rechtsmittelverfahren gegen die definitive Beitragsverfügung nicht mehr gerügt werden. Zudem würde eine Gutheissung der Beschwerde und die Verneinung der Beitragspflicht einen bedeutenden Aufwand ersparen.
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3.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Fall kein nicht wieder gutzumachender Nachteil ersichtlich. Wohl legt der angefochtene Entscheid die Beitragspflicht und die provisorische Beitragsberechnung fest und kann dies im Rechtsmittelverfahren gegen die definitive Beitragsverfügung nicht mehr infrage gestellt werden (§ 18 Abs. 2 GBV/SO). Diese Einschränkung des Streitgegenstands gilt indessen nur für das kantonale Verfahren. Der letztinstanzliche kantonale Entscheid über die definitive Beitragsverfügung kann beim Bundesgericht angefochten werden, wobei der vorliegende Zwischenentscheid nach Art. 93 Abs. 3 BGG mitangefochten werden kann. Somit können die Beschwerdeführer mit der Beschwerde gegen die definitive Beitragsverfügung vor Bundesgericht sowohl die Beitragspflicht wie auch die Berechnung infrage stellen. Ihnen droht folglich kein Rechtsverlust.
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3.3. Es trifft zu, dass eine vollumfängliche Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen würde. Doch damit liesse sich kein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen. Das Verfahren zur definitiven Festlegung der Beiträge gestützt auf die Schlussabrechnung kann angesichts der bereits erstellten provisorischen Berechnung nicht als besonders aufwendig bezeichnet werden; es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit hierfür ein (weitläufiges) Beweisverfahren notwendig wäre.
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3.4. Zusammenfassend liegen die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht vor. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
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4. |
Angesichts der nicht eindeutigen Praxis zu Art. 90 BGG (vgl. vorne E. 2.2) rechtfertigt es sich, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdeführern steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 1 BGG). Dasselbe gilt für die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegende Gemeinde (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. Juni 2019
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Businger
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