BGer 8C_606/2019 |
BGer 8C_606/2019 vom 05.12.2019 |
8C_606/2019 |
Urteil vom 5. Dezember 2019 |
I. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
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Gerichtsschreiber Hochuli.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom
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29. Juli 2019 (5V 18 303).
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. A.________ arbeitete seit dem 1. Juni 1990 bei der B.________ AG. Am 1. Se ptember 2000 meldete sie sich wegen verschiedener seit 1993 geklagter Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern sprach ihr bei einem Invaliditätsgrad von 50 % ab 1. Februar 2000 eine halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom 13. Oktober 2004). Gestützt auf die Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket) überprüfte die IV-Stelle den Rentenanspruch. Basierend auf dem interdisziplinären Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung in Basel (ZMB) vom 27. März 2015 hob sie die halbe Rente mit Verfügung vom 24. November 2015 auf, woran das Kantonsgericht Luzern fest hielt (Entscheid vom 29. November 2016). Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht ab (Urteil 8C_80/2017 vom 20. April 2017).
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A.b. Am 17. November 2017 meldete sich A.________ erneut wegen seit 1999 anhaltender Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens trat die IV-Stelle mangels Glaubhaftmachung einer wesentlichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse seit 24. November 2015 auf die Neuanmeldung nicht ein (Verfügung vom 2. Juli 2018).
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B. Die Beschwerde der A.________ wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 29. Juli 2019 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten stellt A.________ das Rechtsbegehren, die IV-Stelle habe unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheides auf das Neuanmeldungsgesuch einzutreten.
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Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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2. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie mit angefochtenem Entscheid die Verfügung vom 2. Juli 2018 bestätigte, womit die IV-Stelle auf das Neuanmeldungsgesuch vom 17. November 2017 nicht eintrat.
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3.
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3.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Grundlagen (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV) und die Grundsätze (BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.; 109 V 108 E. 2b S. 114; 262 E. 3 S. 264; Urteil 8C_315/2016 vom 20. Juni 2016 E. 2.1 mit Hinweisen) für das Eintreten auf eine Neuanmeldung nach vorangegangener rechtskräftiger Rentenaufhebung zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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3.2. Eine Neuanmeldung nach Rentenaufhebung wird nur geprüft, wenn die gesuchstellende Person glaubhaft macht, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV). Eine solche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse kann namentlich in einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit entsprechend verminderter Arbeitsfähigkeit oder in geänderten erwerblichen Auswirkungen einer im Wesentlichen gleich gebliebenen Beeinträchtigung der Gesundheit liegen. Dagegen stellt eine bloss abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts keine relevante Änderung dar (Urteil 8C_207/2019 vom 3. Juli 2019 E. 3.1 mit Hinweis).
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3.3. Im Verfahren der Neuanmeldung nach Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV spielt der Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 IVG und Art. 2 ATSG) insoweit nicht, als die versicherte Person in Bezug auf das Vorliegen einer glaubhaften Änderung der tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten rechtskräftigen Leistungsverweigerung eine Beweisführungslast trifft (SVR 2016 IV Nr. 57 S. 188, 9C_367/2016 E. 2.3).
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4.
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4.1. Das kantonale Gericht hat nach eingehender Beweiswürdigung mit in allen Teilen überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend erkannt, dass die Versicherte im unbestritten massgebenden Vergleichszeitraum zwischen der am 24. November 2015 verfügten Rentenaufhebung und dem Erlass der hier strittigen Nichteintretensverfügung vom 2. Juli 2018 keine anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen vermochte.
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4.2. Was die Beschwerdeführerin hiegegen vorbringt, ist offensichtlich unbegründet.
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4.2.1. Soweit sie vor Bundesgericht erstmals neu geltend macht, infolge der Outlet Obstruction könne sie seit der erfolglosen Behandlung der chronischen Obstipation im Jahre 2017 den Stuhlgang "nur noch mit digitalem Ausräumen" auslösen, weshalb sie nur noch ein reduziertes Arbeitspensum zu verrichten vermöge, handelt es sich um unzulässige neue Tatsachenvorbringen (E. 1.2 i.f.; vgl. BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 22 f.).
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4.2.2. Weiter wendet die Versicherte ein, die Vorinstanz hätte auch die erstmals im kantonalen Verfahren eingereichten medizinischen Berichte des Dr. med. C.________ vom 10. Juli 2018 und des Dr. med. D.________ zur Ganzkörperskelettszintigraphie vom 18. Juli 2018 mitberücksichtigen müssen.
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Es versteht sich jedoch von selbst, dass Aktenstücke, die erst nach Erlass der Eintretensverfügung entstanden sind, nicht dazu beitragen können, einen bestimmten Sachverhalt im Zeitpunkt des Entscheides über das Eintreten auf eine Neuanmeldung glaubhafter zu machen. Für die beschwerdeweise Überprüfung einer Nichteintretensverfügung ist somit der Sachverhalt, wie er sich der Verwaltung bot, resp. die Aktenlage bei Erlass dieser Verfügung massgeblich (BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.; Urteil 8C_315/2016 vom 20. Juni 2016 E. 4.3 mit Hinweis; vgl. dazu auch BGE 121 V 362 E. 1b S. 366 mit Hinweisen).
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4.2.3. Schliesslich legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern die tatsächlichen Feststellungen gemäss angefochtenem Entscheid zur Entwicklung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit innerhalb des Vergleichszeitraumes offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig sein sollten. Die Diagnosen des seit 2010 behandelnden Psychiaters Dr. med. E.________ blieben seit Sommer 2015 ebenso unverändert wie deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit. Mit Blick auf die wenigen neuen somatischen Verdachtsdiagnosen, welche der schmerztherapeutisch behandelnde Dr. med. F.________ gemäss Bericht vom 8. Januar 2018 stellte, schloss das kantonale Gericht nachvollziehbar und überzeugend darauf, dass diese geringfügigen Abweichungen im Vergleich zum bestätigten Gesamtumfang der bekannten organischen Gesundheitsstörungen von untergeordneter Bedeutung seien. Obwohl Dr. med. F.________ das chronische ISG-Schmerzsyndrom unklarer Ätiologie im Rahmen eines möglichen Panvertebralsyndroms oder femoro-acetabulären Impingements einordnete, wies er ausdrücklich darauf hin, dass der Hüftspezialist diesbezüglich keine Indikation zur Operation sehe. Jedenfalls liessen die neuen Hinweise nicht auf eine in somatischer Hinsicht anspruchserhebliche Veränderung des Gesundheitszustandes schliessen.
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4.3. Die Versicherte vermag zusammenfassend nicht darzulegen, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG auf einer Rechtsverletzung beruhen oder qualifiziert unzutreffend (unhaltbar, willkürlich: BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Urteil 8C_836/2018 vom 18. März 2019 E. 4.2) oder die darauf beruhenden Erwägungen in Bezug auf die Vergleichszeitpunkte vom 24. November 2015 und 2. Juli 2018 rechtsfehlerhaft (vgl. Art. 95 BGG) sein sollen. Hat das kantonale Gericht rechtsfehlerfrei die Glaubhaftmachung einer anspruchserheblichen gesundheitlichen Veränderung verneint, ist die Nichteintretensverfügung der IV-Stelle vom 2. Juli 2018 nicht als bundesrechtswidrig zu beanstanden.
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5. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid (Abs. 3) erledigt.
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6. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 5. Dezember 2019
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Der Gerichtsschreiber: Hochuli
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