BGer 2C_915/2019
 
BGer 2C_915/2019 vom 13.03.2020
 
2C_915/2019
 
Urteil vom 13. März 2020
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd,
Bundesrichter Beusch,
Gerichtsschreiberin de Sépibus.
 
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Katja Ammann,
gegen
Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen,
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung II, vom 26. September 2019 (B 2019/79).
 
Sachverhalt:
A. A.A.________ (geb. 1989) stammt aus dem Kosovo. Sie heiratete am 6. Januar 2010 in der Heimat den im Kanton St. Gallen niederlassungsberechtigten kosovarischen Staatsbürger B.A.________ (geb. 1989). Am 8. August 2010 reiste sie im Familiennachzug in die Schweiz ein, wo ihr die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Gatten erteilt wurde.
B. Am 22. Februar 2012 informierte das Einwohneramt U.________ das Migrationsamt des Kantons St. Gallen, dass die Ehegatten laut Angaben des Ehemanns getrennt leben würden und das Scheidungsverfahren bereits eingeleitet worden sei.
Am 14. März 2012 reichte A.A.________ bei der Kantonspolizei Zürich Strafanzeige gegen ihren Ehemann sowie dessen Vater wegen einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten und Drohung ein. B.A.________ und sein Vater ihrerseits stellten am 20. Juli 2012 ebenfalls Strafantrag gegen A.A.________ wegen mehrfacher Drohung, falscher Anschuldigung, mehrfachem unbefugten Aufnehmen von Gesprächen sowie Ehrverletzung. Alle Strafverfahren wurden in der Folge eingestellt.
Am 2. Juli 2014 wurde die Ehe von Edona und B.A.________ rechtskräftig geschieden. Das Migrationsamt des Kantons St. Gallen verfügte am 15. Februar 2016 die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.A.________ mit der Begründung, dass die Ehegemeinschaft lediglich eineinhalb Jahre gedauert habe und A.A.________ nicht als Opfer häuslicher oder ehelicher Gewalt gelten könne. Die Rückkehr in ihr Heimatland und die Wiedereingliederung in die dortigen Verhältnisse seien ihr zumutbar. Das Sicherheits- und Justizdepartement bestätigte diesen Entscheid am 14. Februar 2018.
Nachdem das Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen überspitzten Formalismus gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 24. April 2018 gutgeheissen hatte (Urteil 2C_469/2018 vom 6. Februar 2019), bestätigte das Verwaltungsgericht den Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements mit Urteil vom 26. September 2019.
C. A.A.________ beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vor Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen aufzuheben und das kantonale Sicherheits- und Justizdepartement anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Sie macht geltend, Opfer häuslicher Gewalt geworden zu sein. Im Übrigen sei ihre Eingliederung im Kosovo ernstlich gefährdet.
Das Sicherheits- und Justizdepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Migrationsamt des Kantons St. Gallen hat sich nicht vernehmen lassen. Am 14. November 2019 berichtigt das Verwaltungsgericht ein beanstandetes Fehlzitat. Am 15. Januar 2020 nimmt die Beschwerdeführerin zu dieser Berichtigung Stellung.
Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich in vertretbarer Weise auf einen Bewilligungsanspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG (SR 142.20), so dass ihre Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht, ist nicht im Rahmen des Eintretens zu prüfen, sondern bei der materiellen Beurteilung (BGE 137 I 305 E. 2.5 S. 315 f.; Urteil 2C_837/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 1.1). Weil auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Art. 89 Abs. 1 BGG, Art. 100 Abs. 1 BGG, Art. 42 BGG) gegeben sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten. Nicht einzutreten ist auf die gleichzeitig erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG).
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts und damit auch die Beweiswürdigung gerügt werden, wenn die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist (Art. 9 BV) oder auf einer Rechtsverletzung beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn sie offensichtlich unhaltbar oder aktenwidrig ist oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges oder entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 I 114 E. 3.3.4 S. 123; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62 mit weiteren Hinweisen). Diesfalls weist das Bundesgericht die Sache regelmässig zu neuer oder weiterer Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG). Geht der zu ergänzende Sachverhalt jedoch eindeutig und unter gewahrtem Gehörsanspruch der Betroffenen aus den Akten hervor, käme eine Rückweisung an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsfeststellung einem unnötigen Leerlauf gleich, weshalb das Bundesgericht die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen auch selbst vornehmen kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; Art. 107 Abs. 2 BGG; BGE 131 II 470 E. 2 S. 476).
 
2.
2.1. Gemäss Art. 43 Abs. 1 AIG haben ausländische Ehegatten von Personen mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Nach Auflösung der Ehe oder der Ehegemeinschaft besteht der Anspruch des Ehegatten auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre gedauert hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG) oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG). Wichtige Gründe im Sinn von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG). Die Aufzählung dieser Gründe, welche alternativ zur Anwendung kommen, ist nicht abschliessend (BGE 136 II 1 E. 5.1-5.3).
2.2. Angesichts der kurzen Dauer der Ehegemeinschaft lässt die Beschwerdeführerin zu Recht unbeanstandet, dass die Vorinstanz einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG verneint hat. Sie ist jedoch der Auffassung, dass ein nachehelicher Härtefall (Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG) vorliege, weil sie in ihrer Ehe häuslicher Gewalt ausgesetzt worden sei bzw. weil ihre soziale Wiedereingliederung im Kosovo gefährdet wäre.
 
3.
3.1. Die Gewährung eines Aufenthaltsrechts für Opfer ehelicher Gewalt nach Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG soll verhindern, dass eine von ehelicher Gewalt betroffene Person nur deshalb in einer für sie objektiv unzumutbaren ehelichen Gemeinschaft verbleibt, weil die Trennung für sie nachteilige ausländerrechtliche Folgen zeitigen würde (vgl. BGE 138 II 229 E. 3.2.2 S. 233 f.). Kommt es in einer solchen Situation zur Trennung, wandelt sich der vormals aus der ehelichen Beziehung abgeleitete Aufenthaltsanspruch in einen selbständigen Aufenthaltsanspruch.
3.2. Ausgehend vom dargelegten Normzweck ist für die Annahme eines nachehelichen Härtefalls bei häuslicher Gewalt vorauszusetzen, dass ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen der ehelichen Gewalt und der Trennung besteht. Dieser wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Initiative für die Trennung nicht vom behaupteten Opfer kommt, sondern vom anderen Ehegatten (Urteil 2C_777/2018 vom 8. April 2019 E. 4.3).
3.3. Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 50 Abs. 2 AIG jede Form ehelicher bzw. häuslicher Gewalt, sei sie körperlicher oder psychischer Natur, ernst zu nehmen (Urteil 2C_155/2011 vom 7. Juli 2011 E. 4.3; vgl. etwa auch den Bericht des Bundesrates vom 13. Mai 2009 über Gewalt in Paarbeziehungen, BBl 2009 4087 ff., 4111 f.). Häusliche Gewalt bedeutet 
3.4. Nebst physischer Gewalt kann auch psychische bzw. sozio-ökonomische Druckausübung wie dauerndes Beschimpfen, Erniedrigen, Drohen und Einsperren einen für die Annahme eines nachehelichen Härtefalls relevanten Grad an unzulässiger Oppression erreichen. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die psychische Integrität des Opfers bei einer Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft schwer beeinträchtigt würde (vgl. Urteil 2C_221/2011 vom 30. Juli 2011 E. 2). Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung begründet indessen bereits einen nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Die anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der betroffenen Person bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt (BGE 138 II 229 E. 3.2.2 S. 233 f.)
3.5. Die ausländische Person trifft bei den Feststellungen des entsprechenden Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. hierzu BGE 126 II 335 E. 2b/cc S. 342; 124 II 361 E. 2b S. 365). Sie muss die eheliche Gewalt bzw. häusliche Oppression in geeigneter Weise glaubhaft machen (Arztberichte oder psychiatrische Gutachten, Polizeirapporte, Berichte/Einschätzungen von Fachstellen [Frauenhäuser, Opferhilfe usw.], glaubwürdige Zeugenaussagen von weiteren Angehörigen oder Nachbarn etc.). Allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen genügen nicht; wird häusliche Gewalt in Form psychischer Oppression behauptet, muss vielmehr die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden. Der Beweis ist geleistet, wenn sich das Gericht in Anwendung des zutreffenden Beweismass von deren Vorhandensein überzeugt hat; bei Anwendbarkeit des Beweismass der Glaubhaftmachung ist ausreichend, dass die Möglichkeit eines Zutreffens der behaupteten Tatsachen höher eingeschätzt wird als deren Gegenteil (vgl. Urteil 2C_58/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2.2.1).
 
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 50 AIG, Art. 9 und Art. 29 BV sowie Art. 8 und Art 13 EMRK. Als Beweis für die erlittene häusliche Gewalt offerierte die Beschwerdeführerin in den vorinstanzlichen Verfahren insbesondere die schriftlichen Stellungnahmen von Bekannten und ihren Schwestern, die Berichte der Beratungs- und Informationsstelle für Frauen gegen Gewalt in der Ehe und Partnerschaft (bif) vom 6. November 2012, 31. Juli 2014 und 7. März 2016, welche die Beschwerdeführerin vom 14. März bis Oktober 2012 beriet, Arztberichte der Psychiaterin vom 14. Juni 2012, 31. Juli 2014 und 11. März 2016, zu welcher die Beschwerdeführerin vom 23. März 2012 bis am 23. August 2013 in Therapie ging, sowie das polizeiliche Protokoll im Rahmen ihrer Strafanzeige vom 14. März 2012.
4.2. Wenn die Vorinstanz zwar nicht in Abrede stellte, dass in der Familie ihres ehemaligen Ehemannes die im Kosovo gewohnten patriarchalischen Strukturen geherrscht haben mögen, kam sie zum Schluss, dass aus den eingereichten Unterlagen nicht glaubhaft hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin seitens ihres ehemaligen Ehemannes häusliche Gewalt erlitten habe.
4.3. Die Beschwerdeführerin habe zwar die schwierige Situation in der Ehe und mit dem Schwiegervater aufzeigen können, es fehle jedoch an der rechtsprechungsgemäss geforderten Systematik von Misshandlungen bzw. deren zeitliches Andauern. Die gegenüber der Polizei erwähnten zwei Ohrfeigen und die im Streit geäusserten Beschimpfungen und Drohungen seitens ihres Ex-Ehemanns reichten nicht aus, die verlangte Intensität und insbesondere das zeitliche Andauern der häuslichen Gewalt zu belegen. Dasselbe gelte für den Umstand, dass die Beschwerdeführerin nach einem Streit aus der Wohnung verwiesen wurde, ohne körperliche oder psychische Schäden erlitten zu haben. Die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Strafanzeige zu Protokoll gegebenen Drohungen seien zudem zu relativieren, da auch die Beschwerdeführerin nicht vor Drohungen zurückgeschreckt sei und sich verbal zu wehren gewusst habe.
4.4. Den Stellungnahmen der Bekannten und Arbeitskollegen sei nicht viel Gewicht beizumessen, da diese nicht frei von einer gewissen Gefälligkeit seien und lediglich die Angaben der Beschwerdeführerin und subjektive Eindrücke der Bekannten widerspiegelten. Schliesslich könne auch den Berichten der bif und der Psychiaterin der Beschwerdeführerin nur eine beschränkte Aussagekraft zugemessen werden. Unbestritten sei zwar, dass sich die Beschwerdeführerin wegen "möglicherweise gewaltbedingter Symptome" in psychiatrischer und medikamentöser Behandlung befunden habe, die Psychiaterin habe aber in ihren Berichten lediglich auf Angaben der Beschwerdeführerin beruhende, vorübergehende Symptome beschrieben, ohne eine Diagnose zu stellen. Ausserdem enthielten die Berichte der bif und der Psychiaterin keine Ausführungen zu der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin Deutschkurse besuchen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen sowie alleine in ihr Heimatland zu ihrer Familie fliegen und regelmässig ihre Schwester treffen konnte.
4.5. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Strafanzeige dem Ex-Ehemann und Schwiegervater zur Last gelegten Vorfälle teils nicht hätten objektiviert werden können. Schliesslich fände auch die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe alles von ihr auf der Arbeit verdiente Geld sofort der Familie des Ehemannes abtreten müssen, in den Akten keine Stütze.
5. Der Schluss der Vorinstanz, aus den ins Recht gelegten Dokumenten gehe häusliche Gewalt nicht glaubhaft hervor, ist unhaltbar. Sie verkennt sowohl den Sinn der Schutznorm von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG als auch die Tragweite der eingereichten Beweismittel:
5.1. Gemäss der Vorinstanz stellen die patriarchalischen Strukturen allein, soweit sie nicht über ein in der hiesigen Kultur nicht mehr tolerierbares Mass hinausgingen, keine eheliche Gewalt dar. Die Beschwerdeführerin hätte zudem angesichts dessen, dass ihre Ehe durch die Väter der Eheleute arrangiert worden war, nicht zum Vornherein annehmen dürfen, dass diese problemlos und harmonisch verlaufen würde. Es hätte ihr vielmehr bewusst sein müssen, dass sie bei Auftreten von erheblichen ehelichen Problemen bzw. einer Trennung gegebenenfalls wieder in die Heimat zurückkehren müsse. Im Übrigen stelle auch eine schlechte Behandlung seitens ihres Schwiegervaters, bzw. der Befehl, diesem zu "dienen", soweit dies unter Berücksichtigung des im kosovarischen Kulturkreis herrschenden Familienverständnisses nicht ungewöhnlich sei, keine psychische Gewalt dar.
5.2. Solche Aussagen sind, insofern sie einem je nach der kulturellen Zugehörigkeit einer Migrantin zu differenzierenden Verständnis des Begriffes häuslicher Gewalt das Wort reden, nicht mit dem im Lichte des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (SR 0.311.35, Istanbul-Konvention) auszulegenden Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG vereinbar.
Gemäss Art. 1 Istanbul-Konvention hat sich die Schweiz verpflichtet, jegliche Form von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu bekämpfen und einen Beitrag zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau zu leisten, insbesondere was besonders schutzbedürftige Gruppen wie Migrantinnen anbelangt (Botschaft zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 2. Dezember 2016, BBl 2017 185, 213). Zu dieser Gruppe gehört die Beschwerdeführerin ganz offensichtlich, weshalb die grundrechtlichen staatlichen Schutzpflichten (Art. 7 und Art. 35 Abs. 1 und 3 BV; Art. 3 und Art. 8 EMRK; sowie Art. 5 und Art. 12 Istanbul-Konvention), insbesondere der Schutz vor unwürdiger, erniedrigender Behandlung, es gebieten, nicht nur jede Form von Diskriminierung der Frau zu unterbinden, sondern auch an den Aufenthaltsanspruch von Migrantinnen, die häusliche Gewalt erlitten, keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Urteil 2C_1072/2014 vom 9. Juli 2015 E. 2.3 und 3.3).
5.3. Die Vorinstanz geht des Weiteren fehl, wenn sie die durch den Ex-Ehemann gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochenen Drohungen dadurch relativiert, dass ein rauer Umgangston geherrscht habe, bzw. die Beschwerdeführerin sich verbal zu wehren wusste und selbst nicht vor Drohungen zurückschreckte. Häusliche Gewalt wird nicht dadurch legitimer, dass sich das Opfer zu wehren versucht.
5.4. Unhaltbar ist ferner die Würdigung der Vorinstanz der Beweismittel, insbesondere die vorgenommene Relativierung der Berichte der bif und der Psychiaterin. Zwar muss bei häuslicher Gewalt in Form psychischer Oppression die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden (vgl. Urteil 2C_1072/2018 vom 1. Juli 2019 E. 2.5), die Glaubhaftigkeit einer Expertenmeinung wird jedoch nicht schon dadurch geschmälert, dass der mutmassliche Täter häuslicher Gewalt die ihm vorgeworfenen Handlungen bestreitet. Fehl geht zudem das Argument, dass die Berichte der bif sowie der Psychiaterin nicht "unbesehen als Indizien gewertet werden" können, weil sie nicht erwähnen, dass die Beschwerdeführerin trotz der patriarchalischen Familienstruktur der Familie A.________ über eine gewisse Autonomie in ihrer Lebensführung verfügte. Solche Berichte müssen nicht die Gesamtheit der Umstände erfassen.
5.5. Auf einer willkürlichen Beweiswürdigung fusst ferner die Feststellung der Vorinstanz, dass nebst den zwei im Polizeiprotokoll erwähnten Vorfällen (Ohrfeigen, Packen am Hals) und den im Streit ausgesprochenen Drohungen, die Beschwerdeführerin keine weiteren Angaben hinsichtlich physischer und psychischer Gewalt seitens ihres Ehemannes gemacht habe. So gab die Beschwerdeführerin insbesondere anlässlich ihrer polizeilichen Einvernahme zu Protokoll, grosse Angst davor zu haben, ihr Ehemann könne sie umbringen. Auszüge aus von der Beschwerdeführerin aufgenommenen Gesprächen mit ihrem Ex-Ehemann und Ex-Schwiegervater weisen schliesslich auf Einschüchterungen mit Todesdrohungen hin, wie dies Ausdrücke wie "ich mach dich fertig" oder "ich schneide dir den Kopf ab" belegen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Gemäss dem Bericht der bif vom 6. November 2012 hat die Beschwerdeführerin die Unterstützung der bif in Anspruch genommen, um die traumatischen Folgen der ihr durch ihren Ex-Ehemann und dessen Vater zugefügten lange andauernden, regelmässigen psychischen und physischen Gewalt, bestehend insbesondere aus wiederholtem Schlagen, ständigen Demütigungen, Beschimpfungen und Entwertungen, ständiger Kontrolle und Todesdrohungen verarbeiten zu können. Die Expertin der bif schätzte diese Aussagen sowohl betreffend die erlebte psychische und physische Gewalt als auch in Bezug auf die sich dadurch ergebende psychische Beeinträchtigung als wahr bzw. als "glaubwürdig" ein. Im gleichen Sinne urteilte die von der Beschwerdeführerin aufgesuchte Psychiaterin, die in ihrem Bericht vom 2. November 2012 festhielt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der in der Ehe erlebten psychischen Gewalt ausgeprägte Angst und depressive Symptome entwickelt habe, deren Therapie zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet war. Schliesslich sind in diesem Zusammenhang auch noch die schriftlich niedergelegten Aussagen der Bekannten und Familienangehörigen der Beschwerdeführerin zu erwähnen, welche die von der Beschwerdeführerin erlittenen traumatischen Erfahrungen im Zusammenhang mit ihrem gewalttätigen Ex-Ehemann bestätigen.
5.6. Wenig akkurat erscheint schliesslich auch der Verweis der Vorinstanz auf die Ausführungen der Psychiaterin, welche lediglich vorübergehende Symptome beschrieben haben soll, ohne eine Diagnose zu stellen. So kann dem Bericht der Psychiaterin vom 11. März 2016 entnommen werden, die Beschwerdeführerin sei nach der Arbeit am Abend immer wieder von zuhause weggeschickt, als "Hure" beschimpft, vom Ex-Ehemann geschlagen sowie mit dem Tod bedroht worden, was dazu geführt habe, dass sie während Wochen unter Todeswünschen, Trauer und Angst gelitten habe.
5.7. Wie die Vorinstanz angesichts dieser Beweislage zum Schluss gelangt, die Beschwerdeführerin habe die eheliche Wohnung nach einem Streit verlassen, ohne physische oder psychische Schäden erlitten zu haben, ist unverständlich. Wenn zwar nicht in Abrede gestellt wird, dass auf Aussagen der Beschwerdeführerin beruhende, vom mutmasslichen Täter häuslicher Gewalt ausdrücklich bestrittene Ausführungen, nicht unbesehen für bare Münze zu nehmen sind, so bestehen vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte, dass die konsultierten Fachkräfte durch die Beschwerdeführerin in die Irre geleitet worden wären, bzw. ihr Urteil mangelnde Sachkompetenz widerspiegle. Dass die Beschwerdeführerin während vielen Monaten in engmaschigem Kontakt sowohl zur bif als auch zu ihrer Psychiaterin stand, ist vielmehr ein aussagekräftiges Indiz, dass sie infolge der ehelichen Gewalt unter gravierenden psychischen Folgen litt.
5.8. Wenn die Vorinstanz schliesslich zwar zu Recht darauf hinweist, dass die Beschwerdeführerin sich mit der bevorstehenden Scheidung in einer schwierigen Lebenslage befand und sie überdies befürchten musste, die Schweiz Richtung Heimatland verlassen zu müssen, so stellt dies noch keinen Grund dar, die von ihr erlittene eheliche Gewalt grundsätzlich anzuzweifeln. Dass die Beschwerdeführerin diese zwecks Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung vorgetäuscht hätte, ist zudem weder dargelegt worden noch ersichtlich. Es besteht vielmehr eine Mehrzahl von Indizien, die nahelegen, dass der Ex-Ehemann die prekäre ausländerrechtliche Situation der Beschwerdeführerin benutzt hat, um zusätzlich Druck auf diese auszuüben, wie dies insbesondere die Drohungen, sie in den Kosovo zurückzuschicken, oder auch die Tatsache, dass er sieben Tage nach der Trennung die Behörden informierte, die Scheidungsklage sei eingereicht worden, belegen.
5.9. Die Vorinstanz hat offensichtlich die Tragweite und den Sinn der ins Recht gelegten Beweismittel verkannt und ist dadurch in Willkür verfallen (Art. 9 BV). Gestützt auf eine Gesamtwürdigung ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin durch ihren Ex-Ehemann, B.A.________, häusliche Gewalt erlitten hat und diese eine besondere Intensität erreicht bzw. lang genug gedauert hat, um die Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne von Artikel 50 Abs. 1 lit. b AIG zu erfüllen.
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin wegen häuslicher Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG sind somit erfüllt. Angesichts dessen, dass die selbstständige Anspruchsvoraussetzung der häuslichen Gewalt als wichtiger Grund für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung erfüllt ist, muss eine Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat nicht geprüft werden.
5.10. Aufgrund dieses Ausgangs des Verfahrens erübrigt es sich auf die Rügen betreffend die Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. die Verfassungswidrigkeit der durch die Vorinstanz festgesetzten Entschädigung der Anwältin der Beschwerdeführerin im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Stellung zu nehmen.
6. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und das kantonale Migrationsamt angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin zu verlängern. Auf die erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. Damit wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos.
Bei diesem Verfahrensausgang werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton St. Gallen hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche und das vorinstanzliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 26. September 2019 aufgehoben. Das Migrationsamt des Kantons St. Gallen wird angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin zu verlängern.
2. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4. Der Kanton St. Gallen hat der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
5. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen der kantonalen Rechtsmittelverfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen.
6. Dieses Urteil wird den Vefahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. März 2020
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Die Gerichtsschreiberin: de Sépibus